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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.09.2003
Aktenzeichen: 8 TG 2479/03
Rechtsgebiete: HGO, VwGO
Vorschriften:
HGO § 8b Abs. 2 Nr. 2 | |
HGO § 8b Abs. 2 Nr. 3 | |
VwGO § 123 Abs. 1 S. 1 |
2. Die Anzahl der hauptamtlichen Beigeordneten einer Gemeinde stellt keine einem Bürgerbegehren/Bürgerentscheid entzogene Frage der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung, sondern eine einer solchen plebiszitären Entscheidung zugängliche kommunalverfassungsrechtliche Grundentscheidung über die Zusammensetzung der Behördenleitung dar.
3. Ein Bürgerbegehren/Bürgerentscheid über diese durch abstrakt-generell wirkende Satzung zu entscheidende Frage ist nicht mehr zulässig, wenn dadurch der konkrete Rechtsanspruch eines bereits gewählten Beigeordneten auf Einführung in sein Amt betroffen ist.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Kommunalrechts/Bürgerbegehren auf Verringerung der Zahl der hauptamtlichen Stadträte
hier: Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 8. Senat - durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Nassauer, Richter am Hess. VGH Jeuthe
am 30. September 2003 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 1. September 2003 - 8 G 3040/03 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 4.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragsteller sind Unterzeichner und Vertrauenspersonen eines am 31. März 2003 eingereichten Bürgerbegehrens, das das Ziel verfolgt, die Anzahl der hauptamtlichen Stadträte, die neben Oberbürgermeister, Bürgermeister und elf ehrenamtlichen Stadträten zum Magistrat der Antragsgegnerin gehören, von zwei auf einen durch eine zum 1. März 2004 in Kraft tretende Änderung der Hauptsatzung zu verringern.
Die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin erklärte das Bürgerbegehren in ihrer Sitzung vom 18. Juni 2003 für unzulässig, weil es Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung betreffe; dagegen haben die Antragsteller am 8. Juli 2003 beim Verwaltungsgericht Gießen Klage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erhoben.
Im Hinblick auf die Ende Februar 2004 auslaufende Amtszeit und die vorher zu erwartende Wiederwahl der beiden amtierenden hauptamtlichen Stadträte gab das Verwaltungsgericht auf Antrag der Antragsteller der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 1. September 2003 auf, "bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens 8 E 2513/03 nur solche Wahlhandlungen durchzuführen, dass der hauptamtliche Magistrat aus nicht mehr als drei Mitgliedern besteht."
Gegen den ihr am gleichen Tag per Telefax zugegangenen und am 3. September 2003 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 3. September 2003 Beschwerde eingelegt und diese mit am 18. September 2003 eingegangenem Schriftsatz vom 10. September 2003 begründet und beantragt,
"den Beschluss vom 01.09.03 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 147 Abs. 1 und § 146 Abs. 4 VwGO zulässig, aber in der Sache nicht begründet.
Die von der Antragsgegnerin unter dem 10. September 2003 dargelegten Beschwerdegründe, auf die die Prüfungskompetenz des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zunächst in einer ersten Prüfungsstufe beschränkt ist (vgl. dazu und zum Folgenden: Hess. VGH, Beschluss vom 3. Dezember 2002 - 8 TG 2413/02 - juris m.w.N.), sind - in Anlehnung an die Darlegungsvoraussetzungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - nicht geeignet, tragende Erwägungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage zu stellen, dass die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses erfolgreich in Zweifel gezogen wird; damit ist es dem Senat verwehrt, die Erfolgsaussichten des einstweiligen Rechtsschutzantrags über die fristgemäßen Darlegungen in der Beschwerdebegründungsschrift hinaus uneingeschränkt und umfassend selbst in der Sache zu prüfen.
Die Einwände der Antragsgegnerin gegen die Richtigkeit des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 1. September 2003 sind nicht überzeugend.
Sie hält dem Verwaltungsgericht zu Unrecht entgegen, es hätte einen Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht bejahen dürfen, weil nicht erkennbar sei, dass bei einer Wahl von zwei hauptamtlichen Stadträten in dem von der Hessischen Gemeindeordnung vorgeschriebenen Zeitrahmen das Recht der Antragsteller auf Durchführung eines Bürgerbegehrens/Bürgerentscheids vereitelt würde; wenn zu einem späteren Zeitpunkt im Hauptsacheverfahren die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens rechtskräftig festgestellt würde, könne nach einem erfolgreichen Bürgerentscheid die Hauptsatzung in der begehrten Weise geändert und damit das Ziel des Bürgerbegehrens/Bürgerentscheids in absehbarer Zeit erreicht werden. Dann würde ebenfalls in absehbarer Zeit, nämlich nach Ablauf der Amtszeit der zwischen dem 1. September und 30. November 2003 zu wählenden beiden hauptamtlichen Beigeordneten, die angestrebte Folge eintreten, dass nämlich nur noch eine entsprechende Stelle zur Besetzung vorhanden wäre.
Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass das Bürgerbegehren auf das Inkrafttreten der Änderungssatzung zum 1. März 2004 gerichtet sei und nach einer vorher durchgeführten Wahl der beiden hauptamtlichen Stadträte für deren Amtszeit folgenlos bliebe.
Dem ist mit folgenden Ergänzungen zuzustimmen:
Die vorherige Wahl der beiden hauptamtlichen Beigeordneten würde den nachfolgenden Bürgerentscheid entweder unzulässig oder wirkungslos machen.
Nach der vom Verwaltungsgericht im Rahmen der Begründetheitsprüfung auf Seite 8 ff. seiner Entscheidungsgründe vertretenen - und vom Senat geteilten - Auffassung darf ein Bürgerentscheid gemäß § 8 b Abs. 2 Nr. 3 HGO nicht über die Rechtsverhältnisse schon gewählter Mandatsträger und eingestellter Gemeindebediensteter stattfinden, wohl aber zulässigerweise über kommunalverfassungsrechtliche Fragen, die durch abstrakt-generell wirkende Satzung entschieden werden, noch ehe die Person, die von der Entscheidung betroffen sein wird, bestimmt ist. Weiterhin ist danach ein hauptamtlicher Wahlbeamter in diesem Sinne bestimmt, wenn die insoweit notwendige Wahl gemäß § 55 HGO durch die Gemeindevertretung durchgeführt worden ist.
Danach wäre der Bürgerentscheid gemäß § 8 b Abs. 2 Nr. 3 HGO unzulässig, wenn er nach erfolgter Wahl und vor dem 1. März 2004 durchgeführt würde, weil die dadurch gemäß § 8 b Abs. 7 Satz 1 HGO herbeigeführte Satzungsänderung schon mit Beginn der vorgesehenen neuen Amtszeit der beiden hauptamtlichen Stadträte wirksam würde und damit den auf Grund ihrer Wahl gemäß § 46 Abs. 1 HGO entstandenen Rechtsanspruch auf Ernennung beträfe (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 18. April 1978 - II OG 140/77 - HessVGRspr 1978 S. 95 f.).
Würde der Bürgerentscheid - was wahrscheinlicher wäre - erst nach dem 1. März 2004 durchgeführt, würde die nachträgliche Satzungsänderung das konkrete Rechtsverhältnis der bereits gewählten und gemäß § 46 Abs. 1 HGO in ihr Amt eingeführten hauptamtlichen Stadträte wegen des beamtenrechtlichen Grundsatzes der Ämterstabilität nicht mehr betreffen. Dann wäre der Bürgerentscheid zwar zulässig, bliebe aber - in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht - für die Dauer der Amtszeit der gewählten Stadträte folgenlos, weil die letztlich angestrebte Reduzierung des hauptamtlichen Magistrats um eine Beigeordnetenstelle während dieser Zeit nicht einträte. Da diese Amtszeit gemäß § 39 a Abs. 2 Satz 1 HGO immerhin sechs Jahre beträgt, kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass die mit dem Bürgerbegehren angestrebten Folgen in so "absehbarer Zeit" einträten, dass ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens zumutbar und deshalb ein Anordnungsgrund zu verneinen wäre.
Hinzu kommt, dass ein erfolgreicher Bürgerentscheid, der gemäß § 8 b Abs. 7 Satz 1 HGO die Wirkung eines endgültigen Beschlusses der Gemeindevertretung hat, von der Gemeindevertretung nach Satz 2 dieser Vorschrift bereits nach drei Jahren, also voraussichtlich lange vor Ablauf der am 1. März 2004 beginnenden Amtszeit der Beigeordneten abgeändert werden könnte. Die angestrebte Satzungsänderung bliebe dann nicht nur vorübergehend für die Dauer ihrer sechsjährigen Amtszeit folgenlos, sondern könnte bis zu deren Ablauf wieder rückgängig gemacht werden und würde damit endgültig keine Wirkung entfalten. Dies käme aber letztlich einem drohenden Rechtsverlust gleich, so dass der obige Einwand der Antragsgegnerin nicht geeignet ist, ernstliche Zweifel an dem vom Verwaltungsgericht bejahten Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu begründen.
Dasselbe gilt nach diesen Ausführungen für ihre weiteren Einwände, es drohe keine rechtsgefährdende Veränderung des bestehenden satzungsrechtlichen Zustands; es sei danach zu differenzieren, ob es um die Wiederbesetzung einer vorhandenen oder die erstmalige Besetzung einer neu geschaffenen Beigeordnetenstelle gehe; das Ziel der Satzungsänderung zum 1. März 2004 sei objektiv unmöglich zu erreichen und eine - vom Verwaltungsgericht unterlassene, aber gebotene - Interessenabwägung müsse zu Lasten der Antragsteller gehen.
Nach Obigem führt die Wahl der beiden hauptamtlichen Beigeordneten und ihre zum 1. März 2004 vorgesehene Amtseinführung zu einer Veränderung des durch den Ablauf ihrer bisherigen Amtszeit zum 29. Februar 2004 gekennzeichneten Zustands mit der Folge, dass der Bürgerentscheid entweder unzulässig wird oder aber jedenfalls die mit dem Bürgerbegehren/Bürgerentscheid letztlich angestrebten Folgen mindestens sechs Jahre lang, aber voraussichtlich sogar endgültig nicht erreicht werden können. Da im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes nicht auf die bloße Satzungsänderung, sondern auf die mit ihr beabsichtigte Wirkung abzustellen ist, kommt es auf eine Differenzierung zwischen Wieder- und Erstbesetzung einer Beigeordnetenstelle nicht an. Angesichts des mit der Wahl der Beigeordneten drohenden Verlusts bzw. der drohenden Wirkungslosigkeit des Bürgerrechts auf Durchführung des mit einem erfolgreichen Bürgerbegehren beantragten Bürgerentscheids erscheint es im Rahmen einer Interessenabwägung für die Antragsgegnerin auch zumutbar, auf einen hauptamtlichen Beigeordneten/Dezernenten für die Dauer des Hauptsacheverfahrens zu verzichten. Wenn eine entsprechende einstweilige Anordnung nach erst- und zweitinstanzlicher Prüfung als zulässig und begründet erachtet und deshalb erlassen worden ist, ist es höchst unwahrscheinlich, dass das Klageverfahren über diese bereits - wenn auch nur summarisch - geprüften Fragen noch erhebliche Zeit in Anspruch nehmen wird.
Nicht überzeugend sind auch die Einwände der Antragsgegnerin gegen die verwaltungsgerichtliche Bejahung eines Anordnungsanspruchs.
Dem Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der überwiegenden Auffassung und entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin darin zuzustimmen, dass die Zahl der hauptamtlichen Beigeordneten nach Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck des Ausschlusstatbestandes des § 8 b Abs. 2 Nr. 2 HGO keine Frage der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung ist, sondern die "äußere Verfassung" der Gemeinde betrifft (vgl. S. 3 der Entscheidungsgründe) und deshalb eine kommunalverfassungsrechtliche Grundentscheidung darstellt, die einem Bürgerentscheid zugänglich ist (vgl. u.a. Hannappel/Meireis, Leitfaden Volksbegehren und Bürgerbegehren im Lande Hessen, Ausgabe 1997, S. 45 Rdnr. 91; Steinwachs/Zeiss, Änderung der Zahl der hauptamtlichen Magistratsmitglieder durch Bürgerentscheid?, VR 1998 S. 203 ff.; Spies, Bürgerversammlung - Bürgerbegehren - Bürgerentscheid, Elemente direkter Demokratie, dargestellt am hessischen Kommunalrecht, 1999, S. 205 f.; andeutungsweise ebenso, aber offengelassen: OVG NW, Beschluss vom 12. Februar 1996 - 15 B 134/96 - NVwZ-RR 1997 S. 110; a.A.: Bennemann in Bennemann/Beinlich/Brodbeck u.a., Kommunalverfassungsrecht Hessen, Stand: Dezember 2002, Rdnr. 31 ff. zu § 8 b HGO jeweils m.w.N.).
Dieser Auffassung steht der von der Antragsgegnerin ab Seite 4 ihrer Beschwerdebegründung unter Nummer (2.) zunächst geltend gemachte Einwand nicht entgegen, ihre Stadtverwaltung sei entsprechend der Zahl der hauptamtlichen Wahlbeamten, nämlich Oberbürgermeister, Bürgermeister und die beiden hauptamtlichen Stadträte, in vier Dezernate gegliedert, die als jeweils selbständige Organisationseinheiten von den vier Dezernenten einschließlich Dienst- und Fachaufsicht über die nachgeordneten Amtsleitungen geführt würden, so dass eine Reduzierung des hauptamtlichen Magistrats um eine Stelle die Zerschlagung eines Dezernats und die Neuverteilung der betroffenen Ämter und Aufgaben auf die verbleibenden Dezernenten und damit eine Zerstörung der bewährten Struktur der Verwaltung und eine deutliche Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit zur Folge hätte.
Die Veränderung der Beigeordnetenzahl stellt auch nach Auffassung des Senats keinen dem Ausschlusstatbestand des § 8 b Abs. 2 Nr. 2 HGO allein unterliegenden unmittelbaren Eingriff in die innere Organisation der Gemeindeverwaltung, sondern eine von dieser Regelung nicht erfasste Veränderung ihres äußeren, kommunalverfassungsrechtlichen Rahmens dar, die lediglich als mittelbare Folge i.d.R. zur Anpassung der inneren Verwaltungsstrukturen führt.
Nach seiner Einführung im Jahre 1992 haben die wahlberechtigten Einwohner hessischer Gemeinden gemäß § 8 b Abs. 1 HGO grundsätzlich die Möglichkeit, über wichtige Angelegenheiten der Gemeinde im Wege direkter, plebiszitärer Demokratie selbst in Form eines Bürgerentscheids abzustimmen. Der Negativkatalog des Absatzes 2 dieser Vorschrift nimmt davon als Ausnahmeregelung bestimmte, einzeln aufgeführte Angelegenheiten aus, die sich aus rechtlichen oder ordnungspolitischen Gründen für einen Bürgerentscheid nicht eignen.
Aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte des Ausschlusstatbestandes des § 8 b Abs. 2 Nr. 2 HGO, die diesen vom Bürgerentscheid ausgenommenen Bereich durch die Begriffe "innere Organisation" und "Gemeindeverwaltung" eingrenzt und ihn aus ordnungspolitischen Erwägungen den zuständigen Gemeindeorganen vorbehält, ergibt sich, dass er beschränkt ist auf die traditionellen Gegenstände der Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt, deren Ausübung bestimmt wird durch fachlich-technische Zweckmäßigkeitserwägungen der Behördenleitung (vgl. OVG NW a.a.O.), und dass diese Vorschrift den Zweck verfolgt, die Funktionsfähigkeit des gemeindlichen Verwaltungshandelns und den Kernbereich organschaftlicher Tätigkeitsbefugnisse zu wahren (vgl. Steinwachs/Zeiss a.a.O. S. 204 und 206). Die Zahl der hauptamtlichen Beigeordneten betrifft aber nicht die durch fachlich-technische Zeckmäßigkeitserwägungen der Behördenleitung bestimmte Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt innerhalb des gemeindlichen "Verwaltungsapparats", sondern vielmehr auch die für die Außenvertretung und Repräsentation maßgebliche "äußere Verfassung" der Gemeinde, also die kommunalverfassungsrechtliche Grundentscheidung über die Zusammensetzung der Behördenleitung selbst (vgl. OVG NW a.a.O., Hannappel/Meireis a.a.O.), der dann die "innere Organisation der Gemeindeverwaltung" etwa durch Zuteilung entsprechender Dezernate anzupassen ist. Die bloße Veränderung der Dezernentenzahl hat auch noch keinen unmittelbaren Einfluss auf die innere Struktur und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungskörpers.
Dass die Verwaltungsstrukturen der Behördenleitung angepasst werden (müssen), macht die Zusammensetzung der Behördenleitung selbst noch nicht zu einer Frage der inneren Verwaltungsorganisation, sondern wirft diese Frage als verwaltungstechnische Folgemaßnahme erst auf. Andernfalls könnten mit dieser Begründung alle wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde über den Ausschlusstatbestand des § 8 b Abs. 2 Nr. 2 HGO einem Bürgerbegehren/Bürgerentscheid entzogen werden, die - wie etwa die im Positivkatalog in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ausdrücklich aufgeführte Errichtung, wesentliche Erweiterung und Aufhebung öffentlicher gemeindlicher Einrichtungen - für ihre Durchführung innerorganisatorische Maßnahmen der Gemeindeverwaltung erfordern.
Dementsprechend ist auch der ergänzende Einwand der Antragsgegnerin, der hauptamtliche Magistrat könne nicht losgelöst von der übrigen Führungsebene der Stadtverwaltung betrachtet werden, nicht überzeugend, weil damit wiederum nur das Erfordernis der Anpassung der Verwaltungsstruktur an die Zusammensetzung der Behördenleitung angesprochen wird. Dasselbe gilt für die von der Antragsgegnerin zitierte Begründung Bennemanns (a.a.O. Rdnr. 31), es mache "einen erheblichen Unterschied, ob eine Gemeindeverwaltung von einem hauptamtlichen Bürgermeister als alleiniger Spitze geleitet wird, oder ob weitere Dezernenten vorhanden sind," bzw. es mache "für die innere Organisation der Gemeindeverwaltung ... einen großen Unterschied, ob es nur einen hauptamtlichen Dezernenten oder mehrere gibt" (so das Zitat der Antragsgegnerin). Entgegen ihrer auf Seite 9 ihres Begründungsschriftsatzes geäußerten Ansicht ist es insoweit auch unerheblich, ob die Dezernentenzahl vermindert oder durch "Besetzung einer neu geschaffenen Stelle" vergrößert wird, weil in beiden Fällen die innere Verwaltungsstruktur der veränderten Zusammensetzung des Magistrats angepasst wird.
Für eine einschränkende Interpretation spricht zudem der systematische Gesichtspunkt, dass der Ausschlusstatbestand des § 8 b Abs. 2 Nr. 2 HGO als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist, um Bürgerbegehren und Bürgerentscheid als Element direkter Demokratie in möglichst weitem Umfang für solche Fragen zuzulassen (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 2. Januar 1996 - 4 CE 95.4200 - NVwZ 1996 S. 719 f.), die - wie die Frage der Außenvertretung und Repräsentation der Gemeinde - die Bürger unmittelbar berühren (vgl. Steinwachs/Zeiss a.a.O. S. 204 f.).
Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch die rechtsvergleichende Betrachtung der Gemeindeordnungen anderer Bundesländer. So soll etwa nach der amtlichen Begründung zu dem gleichlautenden Ausschlusstatbestand des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 GmO RH.-Pf. die Frage der Zahl der hauptamtlichen Beigeordneten "selbstverständlich einem Bürgerentscheid unterliegen" und ist trotz des gleichlautenden Ausschlusstatbestandes in § 16 g Abs. 2 Nr. 3 GO Schl.-H. in Nummer 5 dieser Vorschrift zusätzlich ein Bürgerentscheid über "die Hauptsatzung" und damit über die Beigeordnetenzahl ausdrücklich ausgeschlossen (vgl. Bennemann a.a.O. Rdnr. 31), was im Umkehrschluss ergibt, dass diese in der Hauptsatzung zu regelnden Fragen nach Auffassung des dortigen Landesgesetzgebers nicht zur inneren Organisation der Gemeindeverwaltung gehört. So wird auch in der Literatur zu § 21 Abs. 2 Nr. 2 GemO Bad.-Württ. und § 26 Abs. 5 Nr. 1 NW GO die hier vertretene Auffassung geteilt, während die gegenteilige Ansicht zur GemO Sachs.-Anh. ersichtlich nur darauf beruht, dass dort die Änderung der Hauptsatzung einer Genehmigung der Kommunalaufsicht bedarf und deren Beteiligungsrecht gegenüber einem Bürgerentscheid gewahrt werden soll (vgl. Steinwachs/Zeiss a.a.O. S. 204 und 206).
Entgegen dem weiteren Vortrag der Antragsgegnerin auf Seite 8 f. ihres Begründungsschriftsatzes lässt sich der vom Verwaltungsgericht vertretenen und vom Senat geteilten einschränkenden Auslegung des § 8 b Abs. 2 Nr. 2 HGO weiterhin nicht überzeugend entgegenhalten, danach sei es einer qualifizierten Minderheit der Bürgerschaft möglich, den Magistrat auf den direkt gewählten Bürgermeister und die nach § 44 Abs. 2 HGO gesetzliche Mindestzahl von zwei ehrenamtlichen Beigeordneten zu reduzieren und damit die Hessische Gemeindeordnung "auszuhebeln." Da die Gemeindeordnung diese Mindestzahl ausdrücklich zulässt, würde sie durch eine solche gesetzeskonforme Reduzierung der Magistratsmitglieder nicht "ausgehebelt", und zum anderen steht diese Möglichkeit der (nur) repräsentativ gewählten Gemeindevertretung ebenso zur Verfügung, so dass nicht ersichtlich ist, warum diese kommunalverfassungsrechtliche Grundentscheidung einer plebiszitären Entscheidung der Gemeindebürger entzogen sein sollte. Diese Sichtweise der Antragsgegnerin, wie auch ihre unter - kaum verifizierbarer - Bezugnahme auf die Kommentierung Bennemanns herangezogene Argumentation, bei einem Bürgerbegehren werde "regelmäßig nach dem populistischen Argument einer unnötigen Aufblähung der Verwaltung eine Entscheidung an der Urne getroffen" (Zitat der Antragsgegnerin), verkennt die Rolle des Bürgers als Souverän aller staatlicher Gewalt (vgl. Steinwachs/Zeiss a.a.O. S. 207).
Aus diesem Grund ist auch das weitere von Bennemann übernommene Argument nicht stichhaltig, durch einen Bürgerentscheid über die Zahl der hauptamtlichen Beigeordneten werde "der demokratisch gewählten Mehrheit der Gemeindevertretung die einzige Möglichkeit, auf die Geschäftsverteilung in der Verwaltung dadurch Einfluss zu nehmen, dass ein hauptamtlicher Beigeordneter in ein bestimmtes Dezernat gewählt wird ...", genommen (a.a.O. Rdnr. 32), bzw. ihr diese oftmals "einzige Möglichkeit, ... eine Repräsentanz und Vertretung ihrer Ziele in der Verwaltungsführung zu erreichen", zu nehmen, bedeute im Ergebnis "eine drastische Schwächung der Gemeindevertretung zu Gunsten des Bürgermeisters" (Zitat der Antragsgegnerin). Einem im Wege direkter Demokratie erfolgreich durchgeführten Bürgerentscheid kommt die höhere demokratische Legitimation zu. Dem hat der Landesgesetzgeber erkennbar dadurch Rechnung getragen, dass ein Bürgerentscheid gemäß § 8 b Abs. 7 Satz 1 HGO einem Beschluss der (nur) repräsentativen Gemeindevertretung vorgeht und diesen ersetzt, denn die Gemeindevertretung soll ja gerade nur den Bürgerwillen repräsentieren.
Schließlich ist das Vorbringen der Antragsgegnerin auf Seite 10 ihres Begründungsschriftsatzes, die derzeitigen und wiederzuwählenden Amtsinhaber seien von dem Bürgerentscheid konkret betroffen, nicht geeignet, die im Anschluss an den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Januar 1996 (a.a.O.) vertretene Auffassung des Verwaltungsgerichts ernstlich in Zweifel zu ziehen, im Wege eines Bürgerbegehrens/Bürgerentscheids könne hier über die kommunalverfassungsrechtliche, abstrakt-generell durch die Hauptsatzung geregelte Frage der Zahl der hauptamtlichen Beigeordneten entschieden werden, ohne dass dem der Ausschlusstatbestand des § 8 b Abs. 2 Nr. 3 HGO entgegenstünde, weil dieser nach seinem Sinn und Zweck nur eine Entscheidung über bereits bestehende konkrete Rechtsverhältnisse schon gewählter Mandatsträger und eingestellter Gemeindebediensteter ausschließe, also (noch) nicht eingreife, solange die von der Entscheidung betroffene Person noch nicht bestimmt, also gewählt sei.
In diesem Sinne ist die derzeit bestehende konkrete Rechtsstellung der beiden hauptamtlichen Stadträte der Antragsgegnerin, deren Amtszeit zum 29. Februar 2004 abläuft, durch die erst für die Zeit danach, nämlich zum 1. März 2004 geforderte Änderung der Hauptsatzung nicht betroffen, obwohl ihre Wiederwahl gemäß § 40 HGO beabsichtigt ist. Solange diese Wiederwahl noch nicht erfolgt, also eine anderweitige Neubesetzung der Beigeordnetenstellen noch offen ist, ist zwischen ihnen und der Stadt auch noch kein neues konkretes Rechtsverhältnis zu Stande gekommen, das dem Schutz des so verstandenen § 8 b Abs. 2 Nr. 3 HGO unterläge.
Ob ein solches mit dem Verwaltungsgericht auf Seite 6 seiner Entscheidungsgründe schon mit der Wahl in Form eines einklagbaren Ernennungsanspruchs oder erst mit der Ernennung gemäß § 46 Abs. 2 HGO begründet wird (so Steinwachs/Zeiss a.a.O. S. 209), spielt hier keine Rolle, weil schon eine Wiederwahl jedenfalls des zweiten Stadtrats noch nicht stattgefunden hat und durch die vom Verwaltungsgericht erlassene einstweilige Anordnung zur Sicherung der Durchführbarkeit des Bürgerentscheids auch gerade untersagt worden ist.
Nach alledem ist die Beschwerde der Antragsgegnerin mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 20 Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 und § 14 GKG und folgt der Begründung des Verwaltungsgerichts.
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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