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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.04.2001
Aktenzeichen: 8 UZ 3098/00
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO
Vorschriften:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1 | |
VwGO § 153 | |
VwGO § 80 Abs. 7 | |
ZPO § 178 |
Nachträgliche Änderungen sind nicht zu berücksichtigen, weil sie auch das Verwaltungsgericht nicht beachten konnte.
Gründe:
Der von der Klägerin im Berufungszulassungsantrag vom 23. August 2000 geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) lässt sich dem Vortrag der Klägerin im Zulassungsantrag nicht entnehmen. Die Klägerin hat weder einen "tragenden Rechtssatz" noch eine "erhebliche Tatsachenfeststellung", also eine entscheidungserhebliche rechtliche oder tatsächliche Begründung des Verwaltungsgerichts, mit "schlüssigen Gegenargumenten" so infrage gestellt, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung nach summarischer, das Berufungsverfahren nicht vorwegnehmender Prüfung nicht nur hinsichtlich einzelner Begründungen, sondern im Ergebnis als fehlerhaft und deshalb der Erfolg der Berufung wahrscheinlicher erscheint als der Misserfolg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 - DVBl. 2000, 1458 f.; Hess. VGH, Beschlüsse vom 24. November 1999 - 8 UZ 993/99 - Juris, und vom 2. April 2001 - 8 TZ 908/01 - S. 2 des amtlichen Umdrucks).
Ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen, hat das Berufungsgericht anhand der für das Verwaltungsgericht maßgeblichen Sach- und Rechtslage zu prüfen. Nachträgliche Änderungen sind nicht zu berücksichtigen, weil sie auch das Verwaltungsgericht nicht beachten konnte. Sie sind in Ermangelung des von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geforderten Bezugs zu der Entscheidung des Verwaltungsgerichts prinzipiell nicht geeignet, die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu erfüllen. Für eine Beschränkung der Prüfung im Zulassungsverfahren allein auf die dem Verwaltungsgericht zur Verfügung stehende Entscheidungsgrundlage spricht auch, dass nach der Neufassung der Verwaltungsgerichtsordnung die Verfahren im Interesse der Entlastung der zweiten Instanz grundsätzlich in der ersten Instanz abgeschlossen werden sollen und dass für die Geltendmachung nachträglich veränderter Umstände grundsätzlich das Wiederaufnahmeverfahren gemäß § 153 VwGO i.V.m. § 178 ff. ZPO bzw. das Abänderungsverfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO vorgesehen ist. Dafür spricht weiterhin, dass der Zwang zu einem bereits erstinstanzlich umfassenden und abschließenden Vortrag der Konzentration und Beschleunigung der Verfahren dient (vgl. Hess. VGH, Beschlüsse vom 26. März 1998 - 6 TG 4017/97 - ESVGH 48, 223 ff., 225, 17. Februar 1997 - 14 TH 385/97 - NVwZ-RR 1998, 78, 30. Januar 1998 - 14 TH 2416/97 - NVwZ 1998, 755 f., 23. Juli 1997 - 13 TZ 2320/97 - Juris; VGH Mannheim, Beschlüsse vom 15. Juli 1997 - 1 S 1640/97 - NVwZ 1998, 199, 16. Februar 1998 - 11 S 3158/97 - NVwZ 1998, 758; Rennert, NVwZ 1998, 665 ff., 672, linke Spalte; Bader, in: Bader/Funke/Kaiser/Kuntze/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 1999, Rdnr. 12 und Rdnrn. 29 bis 32 zu § 124; a.A. insbesondere Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., 2000, Rdnr. 7c zu § 124, m.w.N.).
Mit dem Berufungszulassungsantrag vom 23. August 2000 hat die Klägerin eine schriftliche Bestätigung des Beraters vom 16. August 2000 vorgelegt, wonach er das (Beratungs-)Honorar in Höhe von 5.750,00 DM am 2. April 1996 "per bar erhalten" habe. Diese Bescheinigung lag dem Verwaltungsgericht zur Zeit seiner Entscheidung nicht vor. Die Vorlage der Bescheinigung stellt eine wesentliche nachträgliche Änderung der tatsächlichen Entscheidungsvoraussetzungen dar, denn im erstinstanzlichen Verfahren hatte die Klägerin zwar ebenfalls behauptet, die Kosten der Beratung am 2. April 1996 an den Berater bar bezahlt zu haben. Auf der von der Klägerin mit der Klageschrift in Kopie vorgelegten Honorarabrechnung des Beraters vom 15. März 1996 befindet sich jedoch ein handschriftlicher Zusatz, wonach der Gesamtbetrag von 5.750,00 DM von der Klägerin abzüglich des Zuschusses bar bezahlt worden sei. Dazu hat sie in der Klageschrift selbst vorgetragen, sie habe bereits durch die Vorlage der Honorarabrechnung mit der handschriftlichen Quittung des Beraters gegenüber der Beklagten die Zahlung nachgewiesen. Dementsprechend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, soweit die Klägerin behaupte, sie habe das Honorar vor Antragstellung in voller Höhe bezahlt, setze sie sich in Widerspruch zu ihrem eigenen Vorbringen im Verwaltungsprozess. In der Klageschrift habe sie nämlich vortragen lassen, dass der Berater auf der Rechnung den Empfang des Honorars quittiert habe. Hierzu habe sie eine Fotokopie der Rechnung mit dem entsprechenden Vermerk eingereicht. In der mündlichen Verhandlung habe der Bevollmächtigte der Klägerin dem Gericht auch das Original vorgelegt. Auf der Rechnung sei mit Bleistift ohne Datum und Unterzeichnung vermerkt, dass das Honorar abzüglich des Zuschusses für die Existenzgründung bezahlt worden sei.
Nach dem oben Gesagten ist es der Klägerin im Berufungszulassungsverfahren verwehrt, ihren Vortrag nun wesentlich dahin abzuändern, dass der mit Bleistift geschriebene Zusatz nicht von dem Diplom-Kaufmann stamme, der die Unternehmensberatung durchgeführt habe, sondern von dem Steuerberater der Klägerin.
Ist nach allem davon auszugehen, dass die Klägerin nicht das vollständige Beratungshonorar an den Unternehmensberater bar bezahlt hat, sondern nur diesen Betrag abzüglich des Zuschusses, so erweist sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus den von ihm genannten Gründen als richtig.
Soweit die Klägerin im vorletzten Absatz auf Seite 2 des Berufungszulassungsantrags einen Verfahrensmangel darin sieht, dass das Gericht nicht auf Antrag der Klägerin den Berater als Zeugen dazu vernommen hat, dass die Bezahlung des Beraterhonorars bereits vor Antragstellung in voller Höhe bar erfolgt sei, macht die Klägerin zwar einen Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend. Ein solcher Verfahrensmangel lässt sich dem zitierten Text im Zulassungsantrag jedoch nicht entnehmen, weil ein Verwaltungsgericht grundsätzlich nicht gegen seine Aufklärungspflicht verstößt, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter von einem Beweisantrag absieht (vgl. Bader, a.a.O., Rdnr. 69 zu § 124 VwGO). Das Verwaltungsgericht war auch nicht verpflichtet, ohne Beweisantrag von Amts wegen die angesprochene Zeugenvernehmung durchzuführen, denn es mussten sich dem Verwaltungsgericht keine Zweifel daran aufdrängen, dass die Klägerin den Sachverhalt in der Klageschrift vom 14. Dezember 1999 zutreffend wiedergegeben hatte, dass es sich also bei dem Vermerk auf der Honorarabrechnung um einen Vermerk des Unternehmensberaters handelt.
Nach allem ist der Berufungszulassungsantrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2 i.V.m. § 14 Gerichtskostengesetz (GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
Ende der Entscheidung
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