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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.03.2009
Aktenzeichen: 1 A 1604/08.Z
Rechtsgebiete: BeamtVG, VwVfG
Vorschriften:
BeamtVG § 52 Abs. 2 | |
VwVfG § 49a Abs. 1 S. 2 |
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 1. Senat - durch
Präsident des Hess. VGH Reimers, Richter am Hess. VGH Dr. Bark, Richterin am Hess. VGH Schild
am 25. März 2009 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 10. Juli 2008 - 9 E 1455/07 (2) - wird abgelehnt.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 2.789,93 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen der von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO liegen nicht vor.
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), mit dem das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge abgewiesen hat. Der Senat würde in einem Berufungsverfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 bzw. § 130b Satz 2 VwGO auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug nehmen. Insbesondere bestehen keine Zweifel daran, dass der Beklagte befugt ist, die Forderung gegenüber der Klägerin durch Verwaltungsakt geltend zu machen, obwohl die Klägerin selbst als Körperschaft des öffentlichen Rechts Trägerin hoheitlicher Gewalt ist.
Die Befugnis der Beklagten ergibt sich der Sache nach aus § 49a Abs. 1 Satz 2 VwVfG. Die Vorschrift begründet die Möglichkeit der Behörde, in Erstattungsfällen der in Satz 1 der Vorschrift genannten Art die Rückforderung durch Leistungsbescheid selbst zu betreiben, ohne auf eine gerichtliche Klage angewiesen zu sein. Zwar besteht für die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge in § 52 Abs. 2 BeamtVG eine spezielle fachrechtliche Anspruchsgrundlage, die der Regelung in § 49a VwVfG grundsätzlich vorgeht (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1999 - 2 C 11.99 - BVerwGE 109, 365 = ZBR 2000, 126; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., Rn. 5 zu § 49a). Die spezialgesetzliche Regelung ist jedoch nicht abschließend; denn sie schreibt der Behörde keine bestimmte Form des Verwaltungshandelns zur Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs vor. Daher ist § 49a Abs. 1 Satz 2 VwVfG ergänzend heranzuziehen.
Es handelt sich dabei um eine positivrechtliche Ausgestaltung der in der Rechtsprechung entwickelten Regel des actus contrarius, die besagt, dass durch Verwaltungsakt gewährte Leistungen auch durch Verwaltungsakt zurückgefordert werden dürfen, wenn sie zu Unrecht erbracht worden sind; der Erstattungsanspruch ist die Kehrseite des Leistungsanspruchs (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Februar 1965 - VII C 71.63 - BVerwGE 20, 295 = NJW 1965, 1344; vom 28. Juni 1968 - VII C 118.66 - NJW 1969, 809; vom 17. März 1977 - VII C 59.75 - NJW 1977, 1838 sowie vom 11. Februar 1983 - 7 C 70.80 - DVBl. 1983, 810; s. auch OVG Thüringen, Urteil vom 18. Februar 1999 - 2 KO 61/996 - NVwZ-RR 1999, 435: Kopp/Ramsauer, a. a. O., Rn. 1, 4 zu § 49a). Dieser Grundsatz ist im vorliegenden Fall anwendbar, wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat; denn nicht nur die Rechtsbeziehung zwischen dem Beklagten und dem Versorgungsempfänger, sondern auch diejenige zu der Klägerin ist durch den Erlass von Verwaltungsakten geprägt, und zwar durch den Überleitungsbescheid vom 19. September 1981.
Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin als Hoheitsträgerin durch Verwaltungsakt tätig geworden ist (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. November 2003 - 4 A 2618/02 - NVwZ-RR 2004, 317; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., Rn. 34 zu § 49a, jeweils m. w. N.). Ausschlaggebend ist hierbei, dass die Klägerin nicht in dem ihr allein vorbehaltenen Bereich hoheitlichen Handelns bei der Festsetzung und Erbringung von Sozialleistungen, sondern lediglich in ihrer Eigenschaft als Sozialhilfeträgerin im Bereich rein fiskalischen Handelns in Anspruch genommen wird.
Ermessenserwägungen waren vor der Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs nicht geboten, weil die Gewährung von Versorgungsbezügen entsprechend dem zutreffenden Hinweis des Verwaltungsgerichts grundsätzlich unter dem immanenten Vorbehalt der späteren Anrechnung anderer Leistungen aus öffentlichen Kassen steht. Dem Anrechnungsvorbehalt entsprechen die Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften der §§ 53 - 57 BeamtVG. Die vorherige Rücknahme des ursprünglichen Bewilligungsbescheides war unter diesen Umständen entbehrlich; auch insoweit war für eine Ermessensausübung kein Raum.
Ob sich ein Schuldner auf Entreicherung berufen kann, richtet sich bei der Rückforderung von Versorgungsbezügen nach § 52 Abs. 2 BeamtVG i. V. m. § 818 Abs. 3 BGB. Diese fachrechtliche Regelung geht der allgemeinen Vorschrift des § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG vor. Der öffentlichen Hand ist es allerdings grundsätzlich versagt, gegenüber Erstattungsansprüchen eine Entreicherung geltend zu machen (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. September 1970 - 2 C 48.68 - BVerwGE 36, 108 = ZBR 1971, 92 und vom 12. März 1985 - 7 C 48.82 - BVerwGE 71, 85 = NJW 1985, 2436; Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. O., Rn. 46 zu § 49a m. w. N.); dies gilt auch für Ansprüche nach § 49a Abs. 1 VwVfG (so Bayerischer VGH, Urteil vom 6. April 2001 - 4 B 00.334 - BayVBl. 2002, 80).
Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Der Rechtsfrage,
ob eine Körperschaft des öffentlichen Rechts durch Verwaltungsakt gegenüber einem Träger der Sozialhilfe überzahlte Leistungen zurückfordern kann, die im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung zu einem Dritten erfolgt sind,
kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; denn sie lässt sich an Hand von Gesetz und Rechtsprechung ohne weiteres beantworten.
Da der Zulassungsantrag erfolglos bleibt, hat die Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG. Der Streitwert entspricht dem Rückforderungsbetrag.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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