Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.09.2009
Aktenzeichen: 1 B 2196/09
Rechtsgebiete: BGleiG


Vorschriften:

BGleiG § 9 Abs. 1
Aus § 9 Abs. 1 Satz 1 BGleiG ergeben sich keine zusätzlichen Anforderungen an den Inhalt eines Anforderungsprofils im Rahmen einer Stellenausschreibung.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 B 2196/09

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Beförderung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 1. Senat - durch

Präsident des Hess. VGH Reimers, Richter am Hess. VGH Dr. Bark, Richterin am Hess. VGH Schild

am 18. September 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juni 2009 - 9 L 338/09.F (2) - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung aufgehoben.

Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 9.228,64 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hätte der Antragsgegnerin nicht im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagen dürfen, den Dienstposten "Arbeitsbereichsleiter/in Haushalt, Sachbearbeiter/in Haushalt, DKfz-Angelegenheiten, Telekommunikation in herausgehobener Stellung" beim Hauptzollamt C-Stadt; Dienstposten A3/A31, lfd. Nr. 8 mit dem Beigeladenen zu besetzen. Ein dahin gehender Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht worden. Die getroffene Personalentscheidung verletzt den Antragsteller nicht in seinem Bewerbungsverfahrensrecht, das eine faire und (chancen-)gleiche Behandlung seiner Bewerbung mit rechtsfehlerfreier Wahrnehmung der Beurteilungsermächtigung sowie die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens einschließlich etwaiger Anhörungs- und Beteiligungsrechte umfasst (vgl. zum Inhalt des Bewerbungsverfahrensanspruchs eingehend: Beschluss des Senats vom 26. Oktober 1993 - 1 TG 1585/93 - DVBl. 1994, 593 = ZBR 1994, 347).

Das Verwaltungsgericht hält das Auswahlverfahren für fehlerhaft, weil es an einer "hinreichend nachvollziehbaren, substanziellen Abwägung der maßgeblichen Fähigkeits- und Eignungsprofile des Antragstellers und des Beigeladenen nach Maßgabe spezifischer Qualifikationsanforderungen der Stelle" (S. 4 des Abdrucks) fehle. Das von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Anforderungsprofil sei nicht hinreichend differenziert und damit nicht aussagekräftig. Dem vermag der Senat sich nicht anzuschließen.

Zwar trifft es zu, dass das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle sich auf zwei obligatorische Merkmale (Führungs- und Sozialkompetenz, Team- und Kommunikationsfähigkeit) beschränkt. Dies hat die Antragsgegnerin damit erklärt, dass im Rahmen der Neustrukturierung der Zollverwaltung bundesweit alle Dienstposten ab der Bewertung nach A 12 BBesO offen ausgeschrieben worden seien. Dabei sei es das Ziel gewesen, mit Ausnahme der Akquisition von Beamten mit Spezialkenntnissen keine Einschränkung auf einen bestimmten, kleinen Bewerberkreis vorzunehmen, sondern die Mobilität der Bediensteten zu fördern. Deshalb seien in der Ausschreibung nur die genannten, gemeinsamen Eignungsmerkmale genannt worden.

Das ist gerichtlich nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt die Festlegung von Anforderungen für die Wahrnehmung eines Dienstpostens eine organisatorische Maßnahme dar, mit deren Hilfe der Dienstherr die bestmögliche Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben realisieren will. Ob und inwieweit die auf einem Dienstposten anfallenden Aufgaben eine besondere Erfahrung, einen bestimmten Fachvorlauf oder spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit, die vom Gericht lediglich eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. August 2001 - 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 = ZBR 2002, 207; s. zuletzt, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41 m. w. N.). Grundsätzlich ist es Sache des Dienstherrn, zu entscheiden, ob er den Kreis der Bewerber für einen bestimmten Dienstposten durch die Aufstellung eines differenzierten Kriterienkataloges von vornherein verkleinern will oder nicht; er kann hierfür einen weiten Organisationsspielraum in Anspruch nehmen (vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Beschluss vom 10. November 1993 - 2 ER 301.93 - DVBl. 1994, 118 = ZBR 1994, 52; Beschluss des Senats vom 20. September 1994 - 1 TG 1261/94 - HessVGRspr. 1995, 52; zuletzt Beschluss vom 31. August 2007 - 1 TG 1322/07 -). Verzichtet er darauf, so hat dies lediglich zur Folge, dass dem Gebot der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) in erster Linie nach Leistungsgesichtspunkten zu genügen ist.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts führt ein allgemein gehaltenes Anforderungsprofil nicht zur Verletzung des Bewerbungsverfahrensrechts des unterlegenen Bewerbers. Dies ergibt sich im vorliegenden Fall bereits aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin sämtlichen Bewerbern, auch dem Antragsteller, die grundsätzliche Eignung am Maßstab des Anforderungsprofils zuerkannt hat. Es ist daher nicht ersichtlich, welches subjektive öffentliche Recht des Antragstellers im Bewerbungsverfahren durch die Eignungsprognose verletzt worden sein könnte. Zum selben Ergebnis führt aber auch die Prüfung der vom Verwaltungsgericht ins Zentrum seiner Entscheidung gestellten Frage, welche Anforderungen an den Inhalt eines Anforderungsprofils zu stellen sind.

Der Senat hat bereits entschieden, dass sich aus der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 BGleiG keine Mindestanforderungen an den Inhalt von Anforderungsprofilen im Rahmen einer Stellenausschreibung herleiten lassen (vgl. Beschluss des Senats vom 7. November 2005 - 1 UE 3659/04 - ZBR 2006, 173 m. Nachw. der Senatsrspr. zu § 10 HGlG). Er hat dies u. a. wie folgt begründet:

"Das Bundesgleichstellungsgesetz dient nach der programmatischen Bestimmung des Gesetzeszwecks in § 1 Abs. 1 BGleiG der Gleichstellung von Frauen und Männern, der Beseitigung bzw. Verhinderung geschlechtsbezogener Diskriminierungen, der Förderung von Frauen zum Abbau von Benachteiligungen und der Verbesserung der Bedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Im Licht dieser Zielsetzung ist auch die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 BGleiG zu interpretieren, nach der sich die Feststellung der Qualifikation "ausschließlich nach den Anforderungen der zu besetzenden Arbeitsplätze, insbesondere nach den Ausbildungsvoraussetzungen und den beruflichen Erfahrungen" bestimmt. Die Vorschrift kann unter dem Blickwinkel der Gleichstellung der Frau nur dahin verstanden werden, dass die Aufstellung sachlich nicht gebotener Kriterien für Stellenbesetzungen verhindert werden soll, damit Bewerber/innen, die sich nicht ohne Rücksicht auf familiäre Belange uneingeschränkt auf berufliche Wunschvorstellungen von Arbeitgebern bzw. Dienstherren einlassen können, nicht von vornherein vom Besetzungsverfahren ausgeschlossen werden können. (...)

Für den Senat ist nicht erkennbar, dass die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 BGleiG über diese rechtspolitische Zielsetzung hinaus Elemente eines wie immer gearteten Mindestinhalts von dienstlichen Beurteilungen oder von Anforderungsprofilen im Rahmen einer Stellenausschreibung enthalten und bestehende gesetzliche und untergesetzliche Normen im Bereich des Beurteilungs- und Stellenbesetzungswesens unter der Geltung des Leistungsprinzips ändern, ergänzen oder aufheben könnte (...)."

Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 9 BGleiG ergibt sich nichts anderes. Es heißt dort lediglich, § 9 Abs. 1 Satz 1 BGleiG stelle sicher, dass sich die Anforderungsprofile bei den im Gesetz bezeichneten Personalentscheidungen an einheitlichen Maßstäben orientierten, und zwar ausschließlich an denjenigen des zu besetzenden Arbeitsplatzes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2006 - 2 B 2.06 - NVwZ-RR 2007, 790). Die Vorschrift dient damit dem Schutz vor sach- und fachfremden Eignungskriterien bei der Personalauswahl. Ein gesetzliches Gebot an den Dienstherrn, einer jeglichen Stellenausschreibung eine differenzierte Arbeitsplatzbeschreibung mit genauer Kennzeichnung der dienstlichen Aufgaben zugrunde zu legen, ist der Norm nicht zu entnehmen. Die in der streitgegenständlichen Ausschreibung genannten Eignungsmerkmale sind jedenfalls recht- und zweckmäßig; dies bestreitet auch der Antragsteller nicht.

Die Antragsgegnerin war nicht gehindert, ihre Entscheidung ausgehend von einer gleichen Eignung der Bewerber auf die Regelbeurteilungen über den Antragsteller und den Beigeladenen vom 21. Dezember 2007 zum Stichtag 31. Oktober 2007 zu stützen. Auch insoweit begründet die neuerdings gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 BLV ausdrücklich in Bezug genommene Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 BGleiG keine besonderen inhaltlichen Anforderungen (so ausdrücklich Beschluss des Senats vom 7. November 2005 - 1 UE 3659/04 - a. a. O.). Die Antragsgegnerin war auch nicht gehalten, aus Anlass des Stellenbesetzungsverfahrens mit bundesweiter Ausschreibung für sämtliche Beamte Anlassbeurteilungen zu erstellen. Die Beurteilungsformen unterscheiden sich hauptsächlich dadurch, dass die Anlassbeurteilung regelmäßig Aussagen zur Eignung des Beamten für die Wahrnehmung der Aufgaben eines bestimmten Dienstpostens enthält. Auf einen bestimmten Inhalt dienstlicher Beurteilungen besteht jedoch kein Anspruch. Ist eine Vielzahl von Stellen zu vergeben, so erscheint eine differenzierte Eignungsprognose von vornherein unzweckmäßig. Eine beurteilungsfehlerfreie Auswahlentscheidung kann in solchen Fällen auch auf das Ergebnis eines wertenden Vergleichs von Regelbeurteilungen gestützt werden.

Dieser Vergleich hat im vorliegenden Verfahren einen eindeutigen Leistungsvorsprung des Beigeladenen ergeben, und zwar im Umfang von zwei Notenstufen ("Tritt erheblich hervor" gegenüber "Entspricht voll den Anforderungen"); dem entspricht es, dass der Beigeladene wie bereits in seiner Regelbeurteilung vom 9. Mai 2005 für die Verwendung als Vorsteher eines Zollamts (A 12) oder Sachbearbeiter HZA - in herausgehobener Stellung (A 12) vorgeschlagen wird, während der Antragsteller nach Einschätzung seiner Beurteiler lediglich für die Verwendung als Sachbearbeiter Hauptzollamt (A 9 g - A 11) geeignet erscheint. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die zusätzlichen, außerhalb des förmlichen Beurteilungsverfahrens entstandenen "Stellungnahmen zur Eignung" betreffend den Antragsteller vom 26. September 2008 und den Beigeladenen vom 23. September 2008 bei der Auswahlentscheidung verwertet werden durften; denn der vorhandene Leistungsvorsprung des Beigeladenen hätte allenfalls durch eine erheblich bessere Eignung des Antragstellers kompensiert werden können (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 16. Juni 1998 - 1 TZ 45/98 - HessVGRspr. 1999, 33).

Als unterliegende Partei hat der Antragsteller nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, ihm nach § 162 Abs. 3 VwGO auch die im erstinstanzlichen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29. April 2009 die Zurückweisung des Antrags beantragt hat. Für den Beschwerderechtszug besteht hierzu kein Anlass, da der Beigeladene keine Anträge gestellt und somit kein Kostenrisiko übernommen hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG. Der Senat berechnet den Streitwert ebenso wie das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs.1 VwGO).

Ende der Entscheidung

Zurück