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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.09.2004
Aktenzeichen: 1 TG 2282/04
Rechtsgebiete: HVwVfG, StellenabbauG, VwGO


Vorschriften:

HVwVfG § 35
StellenabbauG § 1
StellenabbauG § 3 Abs. 2 S. 2
VwGO § 44a S. 1
Die Meldung eines Beamten an die Personalvermittlungsstelle beim Hessischen Ministerium der Finanzen ist kein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 HessVwVfG.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

1. Senat

1 TG 2282/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Rechts der Landesbeamten

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 1. Senat - durch

Richter am Hess. VGH Thorn, Richter am Hess. VGH Kohlstädt, Richter am Hess. VGH Dr. Bark

am 27. September 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 7. Juli 2004 - 5 G 1241/04 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung abgeändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Meldung zur Personalvermittlungsstelle wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg.

Vorläufiger Rechtsschutz gegen die am 23. März 2004 erfolgte, auf § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den Abbau von Stellen in der Landesverwaltung - StellenabbauG - vom 18. Dezember 2003 (GVBl. I S. 513) gestützte Meldung des Antragstellers zur Personalvermittlungsstelle beim Ministerium der Finanzen (PVS) ist nicht statthaft; denn dabei handelt es sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von §§ 35 HessVwVfG, 80 Abs. 1 VwGO, sondern lediglich um eine behördliche Verfahrenshandlung, die nur gleichzeitig mit der Sachentscheidung angefochten werden kann (§ 44a Satz 1 VwGO). Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtzusammenhang des im Stellenabbaugesetz und den hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften geregelten Konzepts der Personalvermittlung im öffentlichen Dienst des Antragsgegners.

Das Verwaltungsgericht hat die Meldung zur PVS im Wesentlichen aus folgenden Gründen als Verwaltungsakt qualifiziert: Der Meldung als Vorentscheidung über eine zukünftige Stellenbesetzung gehe ein im einzelnen geregeltes Auswahlverfahren voraus. Könne der betroffene Beamte Fehler dieses Auswahlverfahrens, insbesondere der vorgesehenen Sozialauswahl, später nicht mehr rügen, so führe dies zu einer Verkürzung des Rechtsschutzes. Gehe man von einer Überprüfbarkeit der Meldung im späteren Stellenbesetzungsverfahren aus, so bestehe die Gefahr erheblicher Fehlinvestitionen, zumal eine nachträgliche Rückabwicklung praktisch nicht möglich sei. Die Meldung sei keine bloße Organisationsmaßnahme, sondern entfalte eine unmittelbare rechtliche Wirkung für den Betroffenen, dessen Persönlichkeitsrecht durch die im Rahmen der Erarbeitung eines Erwartungs- und Zumutbarkeitsprofils für die spätere Verwendung erforderlichen Auskünfte berührt werde.

Dieser Begründung vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Sie wird der rechtlichen Bedeutung der Meldung zur PVS innerhalb des Regelungsmodells des Stellenabbaugesetzes nicht gerecht. Nach diesem Modell erfolgt der Personalabbau durch Streichung besetzter Stellen und Neuverteilung des freigesetzten Personals in mehreren Stufen: Feststellung der zu streichenden Stellen (§ 2 Abs. 1 und 2 StellenabbauG); Personalisierung durch Auswahl der Beschäftigten (§ 2 Abs. 1 i. V. m. den Auswahlrichtlinien in der Fassung des Kabinettsbeschlusses vom 22. Dezember 2003, StAnz. 2004, 873); Meldung des Überhangpersonals an die PVS (§ 3 Abs. 2 Satz 1 StellenabbauG i. V. m. den Verfahrensregelungen zur Personalvermittlungsstelle, StAnz. 2004, 871); Betreuung und ggf. Weiterqualifizierung durch die PVS (Nr. 4 und 6 der Verfahrensregelungen) mit dem Ziel der Vermittlung auf wiederbesetzbare Stellen in der Landesverwaltung (§ 1 Abs. 1 StellenabbauG).

Bei der rechtlichen Bewertung dieses Modells ist das Verwaltungsgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die angefochtene Meldung des Antragstellers zur PVS keine versetzungsähnliche Maßnahme darstelle, weil er weder seines Dienstpostens enthoben noch etwa der PVS als neuer Dienststelle zugewiesen werde, sondern sein konkret-funktionelles Amt unverändert beibehalte (so ausdrücklich Nr. 2.1 des Konzepts zur Umwandlung der Personalentwicklungsbörse in eine Personalvermittlungsstelle i. d. F. des Kabinettsbeschlusses vom 22. Dezember 2003, StAnz. 2004, 872). Diese Feststellung ist dahin zu erweitern, dass der beamtenrechtliche Status eines gemeldeten Beamten auch in der Zeit danach während der Betreuung durch die PVS unberührt bleibt; denn es ist zunächst offen, ob und wann ein neues Arbeitsfeld für den Beamten gefunden wird und welche Art der Personalmaßnahme daraufhin erforderlich wird (vgl. VG Darmstadt, Beschlüsse vom 29. März 2004 - 1 G 643/04 und 1 G 718/04 - Juris). Darin liegt zugleich das charakteristische Merkmal des hier zu beurteilenden Personalvermittlungskonzepts, bei dem der Beamte einerseits nicht zwangsweise zu einem Stellenpool oder einer lediglich der Vermittlung dienenden Behörde versetzt wird, andererseits aber auch nicht nur auf freiwilliger Basis über eine Stellenbörse einen besetzbaren Dienstposten suchen kann. Vielmehr verbleibt er so lange auf seinem bisherigen Dienstposten, bis ihm im Wege einer entsprechenden Personalmaßnahme ein neues, seinem statusrechtlichen Amt angemessenes Betätigungsfeld eröffnet werden kann.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Meldung zur PVS nach § 3 Abs. 2 Satz 1 StellenabbauG als geradezu typische Verfahrenshandlung im Sinne des § 44a Satz 1 VwGO, die der Vorbereitung der eigentlichen Vermittlung nach § 1 Abs. 1 StellenabbauG dient, wobei der Begriff der Vermittlung die im Einzelfall denkbaren beamtenrechtlichen Maßnahmen der Abordnung, Umsetzung oder Versetzung (§§ 28 ff. HBG) in sich schließt (wie hier VG Darmstadt, Beschlüsse vom 29. März 2004 a. a. O.; Battis/Kersten, Personalvermittlung in der öffentlichen Verwaltung am Beispiel des hessischen Zukunftssicherungsgesetzes, DÖV 2004, 596).

Die der Meldung vorangehende Auswahlentscheidung, die in § 3 Abs. 1 StellenabbauG und den hierzu ergangenen Auswahlrichtlinien eingehend geregelt ist, wird zwar, worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat, von der Beschäftigungsdienststelle und nicht von der PVS getroffen. Gleichwohl besteht auch unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) kein hinreichender Grund für eine Qualifizierung der auf der Auswahl beruhenden Meldung als Verwaltungsakt. Die Vorauswahl nach § 3 Abs. 1 StellenabbauG ist eine notwendige Voraussetzung der eigentlichen Personalentscheidung. Als solche ist sie, wie § 44a Satz 1 VwGO zeigt, im Verfahren über die Anfechtung der Personalmaßnahme mit dieser überprüfbar und unterliegt wie diese der Begründungspflicht nach § 39 Abs. 1 HessVwVfG. Der Antragsgegner hat dementsprechend mit Schriftsatz vom 11. August 2004 (S. 8, Bl. 128 d. A.) ausdrücklich bestätigt, dass dem betroffenen Beamten uneingeschränkter Rechtsschutz zur Verfügung stehe, falls Fehler bei der Meldung zur PVS auf die spätere Personalentscheidung durchschlagen sollten.

Das Risiko derartiger Fehler trägt nach der Ausgestaltung des Personalvermittlungskonzepts der Dienstherr, wie das Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehoben hat. Für die rechtliche Einordnung der Meldung zur PVS ist dies allerdings unerheblich; es ist auch nicht ersichtlich, welches subjektive öffentliche Recht des Antragstellers in Fällen fehlgeschlagener Vermittlung durch "Fehlinvestitionen" des Dienstherrn während der Betreuung durch die PVS betroffen sein könnte.

Der Senat vermag des weiteren nicht nachzuvollziehen, in welcher Weise durch die Meldung zur PVS Persönlichkeitsrechte des Antragstellers im Sinne der unmittelbaren rechtlichen Wirkung eines Verwaltungsakts (§ 35 Satz 1 HessVwVfG) eingeschränkt werden könnten. Die für die Meldung als solche erforderlichen Daten ergeben sich in aller Regel ohne weiteres aus der Personalakte. Ihre Verarbeitung ist durch § 34 Abs. 1 Satz 1 Hessisches Datenschutzgesetz (HDSG) dem Grunde nach gedeckt. Die PVS ist ihrerseits gemäß § 3 Abs. 3 StellenabbauG datenverarbeitende Stelle im Sinne des § 34 HDSG und ist somit an datenschutzrechtliche Bestimmungen auch hinsichtlich weiterer persönlicher Daten und Auskünfte gebunden, die etwa zum Zweck der zwischenzeitlichen Beschäftigung, der Weiterqualifizierung oder der endgültigen Vermittlung des Beamten erhoben werden.

Schließlich ist auch nicht ersichtlich, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt die ausdrückliche Normierung der Meldung zur PVS in § 3 StellenabbauG im Sinne einer Indizwirkung für eine rechtliche Einstufung als Verwaltungsakt sprechen soll. Der Begriff der "Meldung" hat im Beamtenrecht weder eine bestimmte Tradition noch eine besondere Bedeutung im Hinblick auf Personalmaßnahmen. Der vom Antragsteller angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 = DVBl. 1980, 882) ist für die Differenzierung zwischen verschiedenen Personalmaßnahmen mit und ohne Verwaltungsaktqualität (Abordnung und Versetzung, Umsetzung) lediglich zu entnehmen, dass das Fehlen einer näheren gesetzlichen Ausgestaltung der Umsetzung auf die Absicht des Gesetzgebers hindeuten könne, die Umsetzung als innerorganisatorische Maßnahme zu werten. Für einen Umkehrschluss auf den Verwaltungsaktcharakter einer gesetzlich geregelten Maßnahme wie der Meldung zur PVS spricht jedoch nichts. Entscheidend ist allein, dass der beamtenrechtliche Status des Antragstellers ebenso wie sein konkret-funktionelles Amt bis zur endgültigen Entscheidung über seine weitere Verwendung unverändert bleiben und insbesondere von der Meldung nicht berührt werden.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 GKG. Das Gesetz ist in der ab 1. Juli 2004 gültigen Fassung vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) anzuwenden, da das Rechtsmittel nach diesem Zeitpunkt eingelegt worden ist (§ 72 GKG). Im übrigen bemisst der Senat den Streitwert ebenso wie das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO).



Ende der Entscheidung

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