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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.01.2008
Aktenzeichen: 1 TG 2464/07
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 91
VwGO § 146 Abs. 4 S. 3
VwGO § 146 Abs. 4 S. 6
Eine Antragserweiterung findet im Verfahren über Beschwerden gegen Beschlüsse nach §§ 80, 80a oder 123 VwGO nicht statt.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 TG 2464/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Umsetzung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 1. Senat - durch

Präsident des Hess. VGH Reimers, Richter am Hess. VGH Dr. Bark, Richterin am Hess. VGH Schild

am 9. Januar 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Oktober 2007 - 9 G 2463/07 (2) - wird verworfen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird unter entsprechender Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Rechtszüge auf je 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist zu verwerfen; denn sie ist unzulässig.

Dem Antragsteller fehlt das in jedem Stadium des Verfahrens als Sachentscheidungsvoraussetzung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die mit dem ursprünglich angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. August 2007 verfügte Umsetzung des Antragstellers auf einen Dienstposten bei der Organisationseinheit V. in Bonn mit Wirkung vom 21. August bis zum Ablauf des 16. November 2007 hat sich während des Beschwerdeverfahrens durch Zeitablauf erledigt. Der mit Schriftsatz vom 30. November 2007 zur Entscheidung des Senats gestellte Antrag, im Wege der Antragsänderung bzw. -erweiterung die Verfügung der Antragsgegnerin vom 13. November 2007 einzubeziehen, ist nicht statthaft und damit ebenfalls unzulässig. Eine entsprechende Anwendung des § 91 Abs. 1 VwGO kommt im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht.

Einer Antragserweiterung im Verfahren über Beschwerden gegen Beschlüsse nach §§ 80, 80a oder 123 VwGO stehen die in § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987) getroffenen Regelungen entgegen, aus denen einwandfrei zu schließen ist, dass das Beschwerdegericht regelmäßig (nur) zur Überprüfung der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung berufen ist und jedenfalls insoweit keine eigene, originäre Entscheidung trifft. Die Einbeziehung eines nach Erhebung der Beschwerde ergangenen Bescheides käme einer Auswechslung des Streitgegenstandes gleich, für die auch unter Berücksichtigung der Belange eines effektiven Rechtsschutzes im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz kein Raum ist. Eine Zweispurigkeit des gerichtlichen Verfahrens (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., Rn. 42 zu § 146) entsteht nicht, weil der den Ausgangsbescheid betreffende Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Dementsprechend geht die obergerichtliche Rechtsprechung nahezu einhellig von der Unzulässigkeit einer Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren aus (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. Juli 2002 - 18 B 1136/02 - NVwZ-RR 2003, 72; OVG Hamburg, Beschluss vom 22. August 2003 - 4 Bs 278/03 - NVwZ-RR 2004, 621; OVG Berlin, Beschluss vom 8. April 2004 - 8 S 37/04 - Juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. September 2004 - 12 S 1750/04 - VBlBW 2004, 483; im Ergebnis ebenso bereits Beschluss des Senats vom 7. November 2007 - 1 TG 1847/07 -; vgl. auch Kopp/Schenke a. a. O., Rn. 1 zu § 91, 43 zu § 146).

Die mit der Beschwerde angeführte Rechtsprechung stützt die Rechtsauffassung des Antragstellers nicht. In der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5.Januar 2004 - 9 TG 2872/03 - (DÖV 2004, 444) wird die Frage einer Antragserweiterung im Beschwerderechtszug offen gelassen. Der Beschluss vom 18. Mai 2004 - 8 TG 1420/03 - (ESVGH 55, 58 - Ls -) betrifft einen Einzelfall, in dem der Beschwerdegegner sich rügelos (vgl. § 91 Abs. 2 VwGO) auf den Antrag eingelassen hatte; die Entscheidung vom 3. Dezember 2002 - 8 TG 2413/02 - (NVwZ-RR 2003, 756) verhält sich nur zu der Frage der Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts im Rahmen des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO. Nach Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Beschlüsse vom 9. Juni 2005 - 11 Cs 05.478 - VRS 109, 141 und vom 23. Oktober 2006 - 15 CE 06.2064 - juris) wird eine Antragsänderung grundsätzlich für möglich erachtet; die Regelung des § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO bleibt jedoch unerörtert.

Bei dieser Sachlage ist es dem Senat verwehrt, auf die materielle Rechtmäßigkeit der Umsetzungsverfügung näher einzugehen. Beachtlich ist jedoch der Hinweis des Verwaltungsgerichts darauf, dass der streitgegenständlichen Umsetzung bereits die Versetzung des Antragstellers zum Betrieb V. mit Wirkung vom 1. Juli 2004 vorausgegangen war; diese ist bestandskräftig. Im übrigen spricht viel für die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung, dass dem Antragsteller zugemutet werden könne, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, da schwerwiegende und anders nicht abwendbare Nachteile im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, die ausnahmsweise eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnten, nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht worden sind.

Da die Beschwerde erfolglos bleibt, hat der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG. Der Senat geht in Verfahren über eine Umsetzung vom sog. Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG aus, halbiert diesen Wert jedoch im Hinblick auf die Vorläufigkeit des begehrten Rechtsschutzes auch dann, wenn das Ergebnis in der Hauptsache vorweggenommen werden soll (vgl. zuletzt Beschluss vom 6. November 2007 - 1 TG 1648/07 - m. w. N.). Die Befugnis zur Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 2 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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