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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.05.2007
Aktenzeichen: 1 TP 238/07
Rechtsgebiete: BÄO


Vorschriften:

BÄO § 10 Abs. 4
BÄO § 10 Abs. 5
Eine ärztliche Erlaubnis für die Tätigkeit als Arzt im Praktikum kann nur erteilt werden, wenn das im Ausland mit einer Prüfung abgeschlossene Studium wissenschaftlichen Kriterien genügt.

Eine Gleichwertigkeitsprüfung wie bei der ärztlichen Approbation nach abgeschlossener Ausbildung im Ausland findet nicht statt (abweichend zu Hess. VGH, Beschluss vom 19.01.1996 - 11 TG 2340/95 -).


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 TP 238/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Rechts der Ärzte

hier: Prozesskostenhilfe

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 1. Senat - durch

Präsident des Hess. VGH Reimers, Richter am Hess. VGH Kohlstädt, Richterin am Hess. VGH Schild

am 14. Mai 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main vom 23. Oktober 2006 - 12 E 447/05(V) - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin im Ergebnis zu Recht die begehrte Prozesskostenhilfe versagt, weil die erstinstanzliche Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 166 VwGO i. V. m. 114 ff. ZPO bietet. Allerdings erscheint es wenig sachgerecht, dass das Verwaltungsgericht bereits zwei Tage nach der ablehnenden Prozesskostenhilfeentscheidung auch die Klage abgewiesen hat und der Klägerin so die Möglichkeit genommen wurde, zunächst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache überprüfen zu lassen und gegebenenfalls ihre Klage - kostensparend - zurückzunehmen.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Erlaubnis für die Tätigkeit als Ärztin im Praktikum nach § 10 Abs. 5 Bundesärzteordnung ( BÄO ) i.V.m. dem insoweit noch weiter geltenden § 10 Abs. 4 BÄO in der Fassung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1218), weil bei ihr kein Ausnahmefall vorliegt, der die Erteilung einer Erlaubnis für die Tätigkeit als Arzt im Praktikum rechtfertigt. Dazu müsste die Klägerin aufgrund einer das Hochschulstudium abschließenden Prüfung außerhalb des Geltungsbereichs der BÄO die Berechtigung zur beschränkten Ausübung des ärztlichen Berufs erworben haben. Diese Voraussetzung ist bei ihr nur teilweise erfüllt. Zwar hat sie in Aserbaidschan ein Diplom als Ärztin erworben, das ihr (nur) die Berechtigung zur beschränkten Ausübung des ärztlichen Berufes verleiht, die nach aserbaidschanischem Recht vorgesehene Internatura (praktische Ausbildung) hat sie jedoch noch nicht absolviert. Das vor dieser Prüfung an der Medizinischen Universität in Baku absolvierte Studium war kein Hochschulstudium im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 1 BÄO, weil es sich nur auf einen Teil der medizinischen Ausbildungsinhalte bezogen hat. Die Klägerin hat dort lediglich von 2000 bis 2003 studiert, während sie zuvor - nämlich von 1997 bis 2000 - am Internationalen Institut San Marino für Management, Wirtschaft und Recht eingeschrieben war. Jedenfalls zu dieser Zeit war das Internationale Institut San Marino nicht akkreditiert und seine Abschlüsse dementsprechend nicht anerkannt; inwieweit dies später durch die Umbenennung in Internationale Aserbaidschanische Universität und einen entsprechenden Vertrag über die Anerkennung der Abschlüsse mit der UNESCO anders geworden ist, kann dahingestellt bleiben. Denn die Klägerin hat ihre Ausbildung an dem privaten Institut bereits vor der Vereinbarung mit der UNESCO begonnen. Zu diesem Zeitpunkt mag das private San Marino Institut zwar innerhalb Aserbaidschans als Hochschule anerkannt bzw. vom Justizministerium lizenziert gewesen sein; dies besagt jedoch nichts über die Qualität der dortigen Ausbildung und die Anerkennung der Studieninhalte oder der Abschlüsse im internationalen Rechtsverkehr.

Zudem lässt sich auch dem von der Klägerin vorgelegten Diplom nebst des zugehörigen Qualifizierungsberichtes (Bl. 7 ff. Behördenakte) entnehmen, dass während der Ausbildungszeit an dem privaten Institut eine ganze Reihe von nicht medizinischen Fächern gelehrt worden sind, wie z.B. politische Ökonomie, Politologie, Latein, Russisch oder Geschichte der Religion, was ebenfalls den Schluss zulässt, dass die dortige Ausbildung nicht den wissenschaftlichen Anforderungen an ein medizinisches Hochschulstudium genügt, auf das § 10 Abs. 5 Ziffer 1 BÄO abstellt.

Zwar verlangt § 10 Abs. 5 Ziffer 1 BÄO anders als § 3 Abs. 2 Ziffer 1 BÄO bei einem Antrag auf Approbation durch im Ausland ausgebildete Ärzte nicht ausdrücklich, dass die im Ausland abgeschlossene Ausbildung sich gegenüber dem deutschen Ausbildungsstand als g l e i c h w e r t i g erweisen muss (insoweit allerdings noch Beschluss des Hess. VGH vom 19.01.1996, 11 TG 2340/95, NJW 1996, S. 2444 ff. = NVwZ 1996, S. 1133). Bei der Prüfung, ob ausnahmsweise eine Erlaubnis nach § 10 Abs. 5 i. V. m. § 10 Abs. 4 BÄO erteilt werden kann, ist aber gleichwohl vorab zu klären, ob die im Ausland besuchten Veranstaltungen von einer Einrichtung getragen worden sind, die im Bildungssystem des anderen Staates den gleichen Rang wie eine deutsche w i s s e n s c h a f t l i c h e Hochschule einnimmt und deshalb angenommen werden darf, dass der von der Bundesärzteordnung und von der Approbationsordnung vorausgesetzte wissenschaftliche Rang der ärztlichen Ausbildung gewahrt ist (so ausdrücklich BVerwG, Urteil v. 21.11.1980, 7 C 119.79 - juris). Dies findet in der für die Klägerin einschlägigen Regelung des § 10 Abs. 5 Ziffer 1 BÄO seinen Ausdruck in der Formulierung, dass die Berechtigung zur beschränkten Ausübung des ärztlichen Berufes "aufgrund einer das H o c h s c h u l s t u d i u m abschließenden Prüfung" erworben worden sein muss und entspricht der Zielsetzung des § 1 BÄO, wonach der Arzt der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes dient. Vor dem Hintergrund dieses Rechtsgüterschutzes sind in der auf § 4 Abs. 1 BÄO beruhenden Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) die Mindestanforderungen an das Studium der Medizin einschließlich der praktischen Ausbildung in Krankenhäusern niedergelegt. Danach umfasst die ärztliche Ausbildung gemäß § 1 Abs. 2 Ziffer 1 ÄApprO ein Studium der Medizin von sechs Jahren an einer wissenschaftlichen Hochschule, dem das ausländische Hochschulstudium im Sinne von § 10 Abs. 5 Nr. 1 BÄO gleichkommen muss, um den Schutz der Patienten in Deutschland zu gewährleisten. Ein derartiges wissenschaftliches Studium hat die Klägerin allenfalls drei Jahre lang an der Staatlichen Medizinischen Universität in Baku absolviert, nicht aber zuvor während der ersten Jahre ihrer Ausbildung am San Marino Institut.

Die Ablehnung der Prozesskostenhilfe unter Hinweis auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid der Beklagten, der auf die nicht nachgewiesene wissenschaftliche Qualifikation der Studienzeit am San Marino Institut, d.h. der Aserbaidschanischen Internationalen Universität abstellt, ist daher nicht zu beanstanden.

Die Klägerin hat die gerichtlichen Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO); eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt (§ 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da lediglich eine Festgebühr von 50,- € anfällt (vgl. Gebührenziffer 5502 der Anlage I zum GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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