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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.11.2005
Aktenzeichen: 1 UZ 182/05
Rechtsgebiete: BeamtVG


Vorschriften:

BeamtVG § 4 Abs. 3
BeamtVG § 5 Abs. 1
BeamtVG § 5 Abs. 5 S. 1
Die Versorgung aus einem früheren höheren Amt nach § 5 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG kommt nur in Betracht, wenn die Rückernennung nicht allein im privaten Interesse des Beamten, sondern erkennbar zumindest auch im Interesse des Dienstherrn erfolgt ist.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 UZ 182/05

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Versorgung aus einem früheren höheren Amt

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 1. Senat - durch

Präsident des Hess. VGH Reimers, Richter am Hess. VGH Kohlstädt, Richter am Hess. VGH Dr. Bark

am 30. November 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 7. Oktober 2004 - 1 E 1222/01 (2) - wird abgelehnt.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 10.038,60 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen der von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3 und 5 VwGO liegen nicht vor.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Es mag dahinstehen, ob der Antragsbegründung vom 17. Januar 2005 eine im Sinne des Darlegungserfordernisses nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend konkret formulierte Rechtsfrage zu entnehmen ist; denn jedenfalls bedarf die Auslegung und Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Antragstellung "nicht lediglich im eigenen Interesse" in § 5 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG insgesamt keiner grundsätzlichen Klärung zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts in einem Berufungsverfahren. Die insoweit auf den Sachverhalt im Einzelfall anzuwendenden rechtlichen Maßstäbe sind, soweit sie sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, in der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt.

Grundsätzlich gilt im Beamtenversorgungsrecht die Regel, dass für die Berechnung des Ruhegehalts das dem Beamten zuletzt zustehende Grundgehalt maßgebend ist (§§ 4 Abs. 3, 5 Abs. 1 BeamtVG). Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist nur für den Fall vorgesehen, dass ein Beamter, der früher ein mit höheren Dienstbezügen verbundenes Amt bekleidet und diese Bezüge mindestens drei Jahre lang erhalten hat, nicht lediglich in seinem eigenen Interesse in ein geringer besoldetes Amt übergetreten ist; in diesem Fall wird das Ruhegehalt nach den höheren Dienstbezügen des früheren Amts berechnet (§ 5 Abs. 5 BeamtVG). Damit soll der Ruhestandsbeamte vor den Nachteilen bewahrt werden, die ihm bei Anwendung der allgemeinen Grundsätze des Versorgungsrechts daraus entstehen würden, dass er sich (auch) im dienstlichen Interesse vor der Zurruhesetzung im fortbestehenden Beamtenverhältnis mit einem geringer besoldeten Amt begnügt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1980 - 6 C 22.78 - Buchholz 232.5 § 5 BeamtVG Nr. 2).

Die so umschriebene gesetzliche Regelung zeigt entgegen der klägerischen Ansicht deutlich, dass es sich um ein Regel-Ausnahme-Verhältnis handelt, bei welchem grundsätzlich der Beamte die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der ihn begünstigenden, besitzstandswahrenden Ausnahmebestimmung trägt.

Nach einhelliger Auffassung ist ein ausschließlich oder auch nur überwiegendes dienstliches Interesse an dem Übertritt in das geringer besoldete Amt nicht erforderlich. Andererseits darf die Rückernennung nicht allein im privaten, eigenen Interesse des Beamten erfolgt sein; ein erkennbares Interesse des Dienstherrn muss vielmehr hinzutreten (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. März 1980 - 6 C 22.78 - a.a.O. und vom 22. September 1993 - 2 C 8.92 - BVerwGE 94, 168 = DVBl. 1994, 116; OVG Niedersachsen, Urteil vom 9. September 1987 - 2 A 113/84 - ZBR 1989, 256; OVG Saarland, Urteil vom 30. September 2003 - 1 R 17/03 - Juris; vgl. auch Nr. 5.5.1 VwV zu § 5 BeamtVG). In Betracht kommt jedes nachvollziehbare, objektiv den Belangen der Verwaltung dienende Interesse am Verbleib des Beamten in einem niedriger besoldeten Amt, insbesondere Gründe des Personalbedarfs, der Bestenauslese bei der Besetzung von Stellen, die Vermeidung einer vorzeitigen Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit oder haushaltsrechtliche Belange (vgl. Bauer, BeamtVG, Stand: Juni 2002, Erl. 11.3 zu § 5; Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BBG, Stand: August 2004, Rn. 42 f. zu § 5 BeamtVG; GKÖD-Strötz, Stand: Juli 2003, Rn. 109 zu § 5 BeamtVG).

Ob ein solches dienstliches Interesse vorgelegen hat und erkennbar geworden ist, entzieht sich als typische Frage des im Einzelfall zu beurteilenden Sachverhalts einer rechtsgrundsätzlichen Klärung. Soweit die Klägerin darüber hinaus für klärungsbedürftig hält, wie die Vorschrift des § 5 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG in Fällen zu handhaben ist, in denen entgegen den Verwaltungsanweisungen (Nr. 5.5.1, Satz 2 a. a. O.) die Gründe für die Rückernennung nicht aktenkundig gemacht wurden (S. 8 der Antragsbegründung), bedarf auch dies keiner grundsätzlichen Erörterung in einem Berufungsverfahren; denn es handelt sich ersichtlich um eine im Interesse des Beamten als Sollvorschrift erlassene Anweisung zu einem Verwaltungshandeln, das der Feststellung eines Sachverhalts dient, um aus Gründen der Rechtssicherheit spätere Zweifelsfragen bei der Festsetzung des Ruhegehalts nach Möglichkeit auszuschließen (vgl. OVG Saarland, Urteil vom 30. September 2003 a. a. O.; Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, a. a. O. Rn. 42 zu § 5 BeamtVG). Einer hierauf bezogenen Fürsorgeverpflichtung des Dienstherrn entspricht eine Mitwirkungspflicht des Beamten; ein Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Fürsorgepflichtverletzung die Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Umstände der Rückernennung nach sich ziehe, besteht entgegen der Ansicht der Klägerin nicht.

Die Berufung ist auch nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Das Verwaltungsgericht hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt festgestellt und im Einklang mit der oben zitierten Rechtsprechung in jeder Hinsicht zutreffend gewürdigt; hierauf hätte der Senat in einer Berufungsentscheidung gemäß § 122 Abs. Satz 3 bzw. 130 b Satz 2 VwGO Bezug genommen. Das Antragsvorbringen vermag keine Zweifel des Senats im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen. Im Zeitpunkt der Antragstellung am 14. Januar 1997 bestand nach dem Inhalt der Verwaltungsvorgänge zwar eine erhebliche gesundheitliche, insbesondere psychische Belastung der Klägerin, die sich außer Stande sah, das Amt der Rektorin einer Grundschule mit mehr als 180 bis 360 Schülern weiter wahrzunehmen. Eine gesundheitliche Überforderung durch die Aufgaben des höher besoldeten Amtes begründet jedoch, wie das Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehoben hat, lediglich ein privates Interesse an einer Rückernennung. Anhaltspunkte für die Gefahr eine vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand wegen einer sich bereits abzeichnenden Dienstunfähigkeit (vgl. zu dieser Fallgruppe OVG Saarland, Urteil vom 30. September 2003 a. a. O.; Bauer a. a. O. Erl. 11.3 zu § 5 BeamtVG) bestanden im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung auch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin (noch) nicht. Eine gravierende Verschlechterung ihres Gesundheitszustands trat vielmehr erst im Lauf des Jahres 1997 ein, wie das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der ärztlichen Bescheinigung vom 18. Mai 2000 festgestellt hat.

Bestehen somit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, so ist regelmäßig und auch hier davon auszugehen, dass die Rechtssache keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. Februar 1997 - 8 S 375/97 - VBlBW 1997, 219; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. Juli 1998 - 10 A 1329/98 - NVwZ 1999, 202; Bay. VGH, Beschluss vom 28. Juni 1999 - 19 ZB 97.1557 - Juris). Die Anwendung der Vorschrift des § 5 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG wirft im vorliegenden Fall keine Schwierigkeiten auf, die über das normale Maß der zahlreichen vom Senat bearbeiteten Verfahren auf dem Gebiet der Beamtenversorgung hinausgehen. Dies gilt auch in tatsächlicher Hinsicht; denn die Klägerin hat das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Anspruchsnorm bereits nicht hinreichend dartun können.

Schließlich kann die Klägerin sich nicht auf einen Verfahrensmangel in Gestalt einer unzulänglichen Sachaufklärung durch das Verwaltungsgericht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 86 VwGO) berufen. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat zwar schriftsätzlich mehrere Beweisangebote unterbreitet, aber in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keine förmlichen Beweisanträge im Sinne von §§ 86 Abs. 2, 96 Abs. 1 Satz 1 VwGO gestellt. In derartigen Fällen kann eine Verletzung der Aufklärungspflicht des Gerichts nicht geltend gemacht werden (vgl. zur revisionsrechtlichen Vorschrift des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO: BVerwG, Beschlüsse vom 24. November 1977 - VI B 16.77 - und vom 24. März 2000 - 9 B 530.99 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nrn. 161 und 308 sowie vom 1. März 2001- 6 B 6.01 - NVwZ 2001, 922; vgl. ferner VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. April 1997 - 8 S 1040/97 - VBlBW 1997, 299, 300; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., Rdnrn. 56 zu § 124a, 20 zu § 132).

Da der Antrag erfolglos bleibt, hat die Klägerin nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der seit 1. Juli 2004 geltenden Fassung, da der Antrag nach diesem Zeitpunkt eingegangen ist (§ 72 GKG). Der Senat berechnet den Streitwert ebenso wie das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 7. Oktober 2004.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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