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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.05.2007
Aktenzeichen: 1 UZ 2935/06
Rechtsgebiete: BBesG, BRRG
Vorschriften:
BBesG § 9a | |
BRRG § 123a |
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Soldatenrechts
hier: Anrechnung von EU-Tagegeld
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 1. Senat - durch
Präsident des Hess. VGH Reimers, Richter am Hess. VGH Kohlstädt, Richterin am Hess. VGH Schild,
am 2. Mai 2007 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 11. Oktober 2006 - 8 E 2370/04 - wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird sowohl für das Zulassungsverfahren als auch für das erstinstanzliche Verfahren - insoweit unter Abänderung des Streitwertbeschlusses vom 9. Januar 2007 - auf jeweils 80.414,83 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber nicht begründet, denn mit ihm ist ein Grund, der gemäß § 124 Abs. 2 VwGO die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnte, nicht dargetan.
Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es trifft insbesondere nicht zu, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung teilweise von falschen Tatsachen ausgegangen wäre:
Der Kläger ist mit Verfügung vom 19. November 2003 zum Deutschen Anteil des Europäischen Militärstabes (DT AEUMS) versetzt worden, wie dies auch in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgeführt ist. Gleichwohl vermisst das Verwaltungsgericht eine ausdrückliche schriftliche und als solche bezeichnete Zuweisungsverfügung zu einer europäischen Einrichtung und geht davon aus, dass der Kläger nur faktisch außerhalb des Geltungsbereiches des Beamtenrechtsrahmengesetzes verwendet wird; dies stuft das Verwaltungsgericht als eine § 123a Abs. 1 BRRG entsprechende Auslandsverwendung ein. Diese Auslegung begegnet jedenfalls im Ergebnis keinen Bedenken. Zwar mag grundsätzlich zweifelhaft sein, ob eine Auslandsverwendung im Sinne von § 123a BRRG ausnahmsweise nur faktisch und ohne schriftliche Zuweisungsverfügung erfolgen kann; für den Kläger liegt aber mit der Versetzungsverfügung vom 19.November 2003 eine ausreichende schriftliche Zuweisung zu einer ausländischen öffentlichen Einrichtung vor. Die weitere Differenzierung zwischen dem Deutschen Anteil des Europäischen Militärstabes und dem Europäischen Militärstab als solchem ist in diesem Zusammenhang unerheblich, da der Kläger als deutscher Soldat naturgemäß zunächst dem Deutschen Anteil des Europäischen Militärstabes und nicht einer anderen Nationalitätengruppe angehört. Deshalb genügt es, wenn er zum Deutschen Anteil des Militärstabes versetzt wird; darin liegt gleichzeitig die Zuweisung einer Tätigkeit bei einer ausländischen öffentlichen Einrichtung im Sinne des § 123a BRRG.
Dies entspricht auch der Wertung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in dessen Beschluss vom 3. Mai 2006 (15 ZB 06.180), mit dem die vom Verwaltungsgericht zitierte Entscheidung des VG München vom 8. November 2005 (M 12 K 04.3059) bestätigt wurde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ist ebenfalls problemlos von der Anwendbarkeit des § 123a Abs. 1 BRRG ausgegangen, nachdem der dortige Kläger zum Deutschen Anteil des Europäischen Militärstabes versetzt worden war.
Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger jetzt direkt innerhalb des Europäischen Militärstabes oder - wie in der Zulassungsbegründung vorgetragen - bei dem rein zivilen "gemeinsamen Situationszentrum der EU" (joint SITCEN EU) tätig ist. Selbst wenn dieses Direktorat einen zivilen Direktor hat und direkt dem Generalsekretär Dr. Solana unterstellt ist, handelt es sich in jedem Fall um eine öffentliche Einrichtung außerhalb des Geltungsbereiches des Beamtenrechtsrahmengesetzes, so dass die Voraussetzungen des § 123a Abs. 1 BRRG erfüllt sind.
Ebenso wenig trifft es zu, dass für den Kläger nur 500,- € an EU-Tagegeld ohne Anrechnung verbleiben, während gemäß dem Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 16. Mai 2002 bei Verheirateten 800,- € nicht angerechnet werden sollen. Wie den angefochtenen Bescheiden eindeutig zu entnehmen ist und auch vom Verwaltungsgericht zu Recht zugrunde gelegt wurde, werden für den Kläger monatlich 800,- € unberücksichtigt gelassen, was mit dem genannten Erlass in Einklang steht.
Schließlich begegnet die erstinstanzliche Entscheidung auch nicht deshalb ernsthaften Zweifeln an ihrer Richtigkeit, weil ein widersprüchliches oder gar täuschendes Verhalten der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der EU-Kommission nicht sanktioniert würde. Zwar hält es der Senat durchaus für problematisch, wenn die Bundesrepublik Deutschland gegenüber der EU-Kommission in Ausfüllung ihrer Verpflichtung aus Art. 15 des Ratsbeschlusses vom 16. Juni 2003 (2003/479/EG, ABl. der EU L 160/72 vom 28.06.2003) die Höhe der von ihr geleisteten Zahlungen an die nationalen Sachverständigen mit Null angibt wird, während diese Sachverständigen unstreitig nationale Auslandsdienstbezüge erhalten. Zur Rechtfertigung für ihre Angaben legt die Bundesregierung Art. 15 Abs. 6 des Beschlusses des Rates vom 16. Juni 2003 dergestalt aus, dass nur die bei den entsprechenden Beamten letztlich verbleibenden Zahlungen aufgeführt werden müssen, während durch Anrechnung wegfallende Zahlungen nicht zu erwähnen seien. Gegen eine solche Interpretation spricht allerdings der Wortlaut von Art. 15 Abs. 6 des Ratsbeschlusses vom 16. Juni 2003, dass nationale Zahlungen von dem EU-Tagegeld abgezogen werden sollen und nicht umgekehrt.
Diese zweifelhafte Handhabung ändert allerdings nichts daran, dass das dem Kläger gezahlte EU-Tagegeld zu Recht nach § 9a Abs. 2 BBesG auf seine nationalen Dienstbezüge angerechnet worden ist. Wenn das EU-Tagegeld - mangels einer entsprechenden Erklärung der Bundesrepublik Deutschland zu nationalen Zahlungen - an den Kläger voll ausgezahlt wird, so ist es als erzieltes anderes Einkommen in Übereinstimmung mit dem Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung zunächst mit den Auslandsdienstbezügen und dann nach Belassen eines Sockelbetrages von 500,- € bei Alleinstehenden bzw. 800,- € bei Verheirateten mit den Inlandsdienstbezügen zu verrechnen. Diese Anrechnungsverpflichtung lässt sich aus § 9a Abs. 2 Satz 1 BBesG ausdrücklich entnehmen und entfällt auch nicht dadurch, dass die Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union fehlerhafte oder zumindest missverständliche Angaben macht. Denn für den Kläger ist es letztlich unerheblich, ob das EU-Tagegeld von vornherein nur in verminderter Höhe ausbezahlt wird oder ob er umgekehrt das EU-Tagegeld voll erhält, dieses aber dann um die nationalen Bezüge mit Ausnahme des Sockelbetrages gekürzt wird. Eine Rechtsverletzung des Klägers lässt sich aus der von der Bundesrepublik Deutschland geübten Mitteilungspraxis nicht herleiten.
Schließlich weist die Rechtssache auch keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Insbesondere ergeben sich diese Schwierigkeiten nicht aus den vom Kläger gerügten "komplizierten Unterstellungsverhältnissen und den europarechtlichen Bezugspunkten". Denn wie oben ausgeführt, sind diese für die klare Anwendbarkeit von § 123a BRRG und § 9a BBesG unerheblich. Demgemäß ist wie in sonstigen Fällen aus dem Fehlen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils auch abzuleiten, dass die Rechtssache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 12.02.1997 - 8 S 375/97 - VBlBW 1997, 219; Bay. VGH, Beschluss v. 28.06.1999 -19 ZB 97.1557 - juris).
Da der Zulassungsantrag ohne Erfolg bleibt, hat der Kläger die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 3, 42 Abs. 3 GKG. Der Kläger ist bis 30.6.2006 für den Militärstab tätig gewesen - und nicht nur bis zum 31. Dezember 2005, wie vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt -, was in etwa der ursprünglich vorgesehenen Versetzungsdauer bis 4. Juli 2006 gemäß der Versetzungsverfügung vom 19. November 2003 entspricht. Die Höhe der für die einzelnen Monate verrechneten Beträge ergibt sich aus der von der Beklagten mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 überreichten Aufstellung mit einem Gesamtbetrag von 80.414,83 € für den Zeitraum von Januar 2004 bis Juni 2006. Da das Verwaltungsgericht nur den Zeitraum bis 31. Dezember 2005 berücksichtigt hat, war dessen Streitwertbeschluss gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen abzuändern.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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