Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.07.2007
Aktenzeichen: 1 UZ 878/07
Rechtsgebiete: BeamtVG, SGB IV


Vorschriften:

BeamtVG § 50a Abs. 4
BeamtVG § 50a Abs. 5
SGB IV § 70 Abs. 2
SGB IV § 68 Abs. 1
Das auf die Zeit der Kindererziehung entfallende Ruhegehalt i. S. v. § 50a Abs. 4 Satz 1 BeamtVG ist pauschal nach dem Verhältnis der Kindererziehungszeit zur gesamten ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu berechnen.

Eine Berechnung anhand des für die konkreten Monate der Kindererziehung anzuwendenden Steigerungssatzes steht mit Wortlaut und Sinn und Zweck der Regelung nicht in Einklang.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 UZ 878/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Versorgung

hier: Kindererziehungszuschlag

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 1. Senat - durch

Präsident des Hess. VGH Reimers, Richter am Hess. VGH Thorn, Richterin am Hess. VGH Schild

am 16. Juli 2007 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 23. März 2007 - 1 E 1977/05 - wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 2.018,52 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen der von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO liegen nicht vor.

Der Senat hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), mit der das Verwaltungsgericht die Klage auf Erhöhung der Versorgungsbezüge um einen Kindererziehungszuschlag in Höhe von 56,07 € monatlich abgewiesen hat. In einer Berufungsentscheidung würde der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 bzw. § 130b Satz 2 VwGO auf die zutreffenden Gründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug nehmen; die Begründung des Zulassungsantrages wiederholt lediglich die bereits im Klageverfahren vorgetragenen Gesichtspunkte und führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.

Die von dem Kläger beanstandete Berechnung seines auf die Zeit der Kindererziehung entfallenden Ruhegehaltes sowie die darauf beruhende Kürzung und damit Nichtauszahlung des ihm grundsätzlich zustehenden Kindererziehungszuschlages begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Der Beklagte hat in Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 50a Abs. 4 und 5 BeamtVG zunächst die durch die Erziehung der beiden Kinder S. und M. entstandenen Ansprüche auf Kindererziehungszuschlag berechnet. Ebenso hat er die in der Erziehungszeit - in der der Kläger jeweils vollzeitbeschäftigt war - entstandenen Ruhegehaltsansprüche errechnet, und zwar in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 50a Abs. 5 Satz 1 BeamtVG. Danach darf der um den Kindererziehungszuschlag erhöhte Betrag, der sich unter Berücksichtigung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der auf die Kindererziehungszeit entfallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit als Ruhegehalt ergeben würde, die Höchstgrenze nicht übersteigen. Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass eine Addition zwischen dem errechneten Kindererziehungszuschlag und dem ohnehin auf die Zeit der Kindererziehung entfallenden Ruhegehalt vorzunehmen ist, wobei je nach der Art und Weise, wie man das auf die Kindererziehungszeit entfallende Ruhegehalt bemisst, unterschiedliche Ergebnisse möglich sind. Der Beklagte und mit ihm das Verwaltungsgericht haben es als rechtlich einwandfrei angesehen, dass unter Heranziehung der Parameter aus § 50 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG die gesamten Versorgungsbezüge heruntergerechnet werden auf die Zeit der Kindererziehung, indem die Zahl der Erziehungsmonate ins Verhältnis gesetzt wird zur gesamten ruhegehaltfähigen Dienstzeit, so dass das Ruhegehalt für die Zeit der Kindererziehung sich errechnet nach der Formel Ruhegehalt x ruhegehaltfähige Dienstzeit, die auf die Zeit der Kindererziehung entfällt : erreichte ruhegehaltfähige Dienstzeit ( vgl. Bl 59 BehA ). Diese Berechnungsmethode hält auch der Senat für zutreffend.

Sie führt allerdings dazu, dass nicht die kalendarischen Monate - im Fall des Klägers August 1992 bis Juli 1995 und Oktober 1997 bis September 2000 - mit ihren konkret in dieser Zeit angefallenen Steigerungssätzen in die Berechnung des anteiligen Ruhegehaltes eingehen, sondern der Durchschnittssatz, der auch der Gesamtberechnung des Ruhegehaltes zu Grunde liegt. Demgegenüber leitet der Kläger aus Sinn und Zweck der Regelung des § 50a Abs. 1 Satz 1 BeamtVG eine Berechnungsweise her, bei der die konkrete persönliche Steigerungsrate der betreffenden Monate mitberücksichtigt wird, etwa dergestalt, dass das Ruhegehalt durch den Ruhegehaltsatz dividiert und anschließend mit dem Steigerungssatz während der Kindererziehung multipliziert wird. Daraus errechnet der Kläger einen ihm zu zahlenden Kindererziehungszuschlag von monatlich 56,07 €, während die Berechnungsweise des Beklagten dazu führt, dass bei der Addition von anteiligem Ruhegehalt und Kindererziehungszuschlag die Höchstgrenze überschritten wird und damit für den Kläger kein Zahlungsanspruch besteht.

Der Kläger beruft sich für die von ihm favorisierte Berechnungsweise darauf, dass sowohl in der amtlichen Begründung zu § 50a Abs. 5 BeamtVG (BT-Drs. 14/7064) als auch in mehreren Kommentaren zum Beamtenrecht bzw. öffentlichen Dienstrecht ausdrücklich darauf abgestellt werde, dass im Rahmen der Berechnung der Teil des Ruhegehaltes zu ermitteln sei, welcher in der Zeit der Kindererziehung "erdient" wurde. Diese Formulierung findet sich zwar in der Tat z. B. in der Kommentierung von Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer (Kommentar zum BBG mit BeamtVG, Band 2, Rdnr. 66 zu § 50a BeamtVG) oder in der Kommentierung von Strötz (GKÖD Band 1, Teil 3b, Rdnr. 50 zu § 50a BeamtVG). Dass es auf das in der Zeit der Kindererziehung "erdiente" Ruhegehalt ankommt, bedeutet jedoch entgegen der Schlussfolgerung des Klägers nicht, dass damit auch die tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich des Steigerungssatzes in den betreffenden Monaten zu Grunde gelegt werden müssen. Dies lässt sich bereits den vom Kläger zitierten Kommentaren entnehmen und wird von Sinn und Zweck der Kappungsregelung bestätigt. So weist die Kommentierung von Strötz ausdrücklich darauf hin, dass § 50a Abs. 5 BeamtVG nicht regele, wie die Berechnung des auf die Überschneidungszeit entfallenden Ruhegehaltes erfolgen soll (Rdnr. 53 zu § 50a BeamtVG); in der Kommentierung von Plog/Wiedow/u.a. wird sogar ausdrücklich festgestellt, dass in einem zweiten Schritt das auf die Zeit der Kindererziehung entfallende "fiktive Ruhegehalt" zu berechnen und dabei vom tatsächlich erreichten Ruhegehalt unter Bildung des entsprechenden Quotienten auszugehen ist (Rdnr. 71 zu § 50a BeamtVG). Dies steht in Einklang mit den vom Bundesministerium des Innern veröffentlichten Durchführungshinweisen zur Anwendung des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 3. September 2002 (GMBl. 2002, S. 689), in Hessen umgesetzt durch den Erlass des Innenministeriums vom 24. August 2003 (StAnz. S. 3286 ff.). Insofern gehen also alle konkreten Berechnungshinweise von der Methode aus, die auch der Beklagte für die klägerischen Versorgungsbezüge angewandt hat. Anhaltspunkte für eine abweichende Handhabung ergeben sich selbst aus der vom Kläger zitierten Literatur nicht. Vielmehr stellt die Kommentierung von Strötz (GKÖD, Rdnr. 53 zu § 50a BeamtV a. E.) sogar noch ausdrücklich fest, dass die vorgesehene Berechnungsweise auch dann durchzuführen ist, wenn sich der Ruhegehaltssatz - wie beim Kläger - nach der Übergangsregelung des § 85 Abs. 1 bestimmt und die anzusetzende Kindererziehungszeit nach dem 31. Dezember 1991 liegt, also die Steigerung des Ruhegehaltssatzes pro Jahr um 1 v. H. statt 1,875 v. H. erfolgt.

Auch der Gesetzeswortlaut legt mit der Formulierung "auf die Kindererziehungszeit entfallende ruhegehaltfähige Dienstzeit" eine abstrakte und nicht eine konkrete Berechnungsweise nahe. Denn es ist gerade nicht davon die Rede, dass der von dem Versorgungsempfänger in der Zeit der Kindererziehung erworbene Teil des Ruhegehaltes anzusetzen ist, sondern der Betrag, der sich anhand der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der auf die Kindererziehungszeit entfallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit als Ruhegehalt ergibt. Auch hier wird also schlicht das Verhältnis zwischen Kindererziehungszeit zu sonstigen Dienstzeiten als Ansatzpunkt gewählt, nicht aber der konkret in dieser Kindererziehungszeit angesammelte Ruhegehaltbetrag.

Schließlich lässt sich auch dem Sinn und Zweck der Anrechnungsregelung nicht entnehmen, dass die von dem Kläger gewünschte konkrete Berechnungsmethode anzuwenden ist. Denn durch die Einführung des Kindererziehungszuschlags sollten die Beamten in gleicher Weise wie die Rentenempfänger für Zeiten der Kindererziehung Pensionsansprüche erwerben können, unabhängig davon, ob sie beurlaubt oder während der Kindererziehung gleichzeitig in Vollzeit oder Teilzeit tätig waren. Anders als in der gesetzlichen Rentenversicherung, in der man anhand der in einem bestimmten Zeitraum erzielten Entgeltpunkte genau berechnen kann, in welcher Höhe die Rente jeweils in einem bestimmten Zeitraum erdient wurde, stellt die Beamtenversorgung auf das zuletzt innegehabte Amt ab. Aus diesem Amt errechnet sich das Ruhegehalt und lässt damit die Tatsache, dass das Gehalt im Laufe des Berufslebens des Beamten unterschiedliche Höhen hatte und der Beamte regelmäßig nach unterschiedlichen Besoldungsgruppen besoldet wurde, außer Betracht. Dieser strukturelle Unterschied spricht daher ebenfalls dafür, auf die im Beamtenversorgungsrecht typische Durchschnittsbetrachtung, nicht aber auf die in den konkreten Kalendermonaten der Kindererziehung festgelegte Steigerungsrate für das Ruhegehalt abzustellen.

Die Rechtssache weist auch nicht die ihr vom Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung auf. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob § 50a Abs. 5 Satz 1 BeamtVG so zu verstehen ist, dass der tatsächlich während der Kindererziehung erdiente Ruhegehaltsatz zu Grunde zu legen ist, ist nicht über den Einzelfall hinaus klärungsbedürftig und lässt sich bereits aus der Formulierung des § 50a Abs. 5 BeamtVG dahingehend beantworten, dass die vom Kläger favorisierte Auslegung mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht in Übereinstimmung steht (siehe oben). Der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf es hierzu nicht, auch wenn Rechtsprechung zu dieser Frage bislang nicht veröffentlicht wurde.

Da der Zulassungsantrag erfolglos bleibt, hat der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3, 42 Abs. 3 GKG und geht vom dreifachen Jahresbetrag der vom Kläger geltend gemachten monatlichen Erhöhung seines Ruhegehaltes um 56,07 € aus.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

Zurück