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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.04.2008
Aktenzeichen: 10 D 719/08
Rechtsgebiete: Rundfunkgebührenstaatsvertrag 1991
Vorschriften:
Rundfunkgebührenstaatsvertrag 1991 § 3 Abs. 1 |
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS
In dem Prozesskostenhilfeverfahren
wegen Rundfunk- und Fernsehrechts einschl. Gebührenbefreiung
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 10. Senat - durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Nassauer, Richter am Hess. VGH Thorn, Richter am Hess. VGH Dr. Jürgens
am 29. April 2008
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers hin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Februar 2008 - 10 E 2206/05(1) - geändert. Dem Antragsteller wird für das Klageverfahren erster Instanz unter Beiordnung von Rechtsanwältin A. in B-Stadt Prozesskostenhilfe bewilligt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Klägers gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe durch das Verwaltungsgericht ist begründet. Denn entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu entsprechen.
Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass er zu dem Zeitpunkt, zu dem sein Gesuch um Prozesskostenhilfe entscheidungsreif war, nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage war, die Kosten der Prozessführung in dem Klageverfahren auch nur in Raten aufzubringen. Auch die weiteren Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Bevollmächtigten sind erfüllt.
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts bietet die Rechtsverfolgung des Klägers in dem Klageverfahren hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Dabei ist Folgendes maßgeblich: Der vom Kläger angefochtene Gebührenbescheid ist rechtswidrig, wenn der Kläger in dem Zeitraum von Januar 2003 bis August 2004 kein Hörrundfunkgerät und kein Fernsehgerät im Sinne von § 4 Abs. 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags zum Empfang bereitgehalten hat.
Soweit das Verwaltungsgericht ebenso wie der Beklagte meint, auf Grund des Formulars über die "Anmeldung von Rundfunkempfangsgeräten", das von dem Beauftragten des Beklagten ausgefüllt und von dem Kläger unterzeichnet worden ist, sei als feststehend anzusehen, dass der Kläger seit Januar 2003 ein Hörrundfunkgerät und ein Fernsehgerät zum Empfang bereitgehalten habe, ist dem nicht zu folgen.
Der Senat teilt die in der Rechtsprechung vertretene Ansicht, dass einem solchen unterschriebenen Anmeldeformular lediglich eine bloße Indizwirkung zukommt, wenn Anhaltspunkte dafür dargetan sind, dass die Angaben in dem Formular unrichtig sind (vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 30. November 2005 -10 PA 118/05 -, juris, Rdnrn. 3 bis 6; Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 30. November 2006 - 2 A 604/05 -, juris, Rdnr. 19).
Für diese Sicht spricht Folgendes: Der Besuch eines Beauftragten der Rundfunkanstalt begründet für den Rundfunkteilnehmer eine besondere Situation, in der es möglich ist, dass er das Formular für die Anmeldung von Rundfunkempfangsgeräten nicht mit der nötigen Sorgfalt durchliest und Angaben macht, die er nicht hinreichend bedacht hat. Die Situation ist insoweit einem sogenannten Haustürgeschäft vergleichbar. Für dieses hat der Gesetzgeber ausdrücklich die Widerrufsmöglichkeit vorgesehen. Hinzu kommt, dass dann, wenn der Rundfunkteilnehmer - wie hier - keine Durchschrift des unterzeichneten Anmeldeformulars erhält, es möglich ist, dass der Beauftragte der Rundfunkanstalt die Angaben in dem Formular nachträglich ergänzt, nachdem der Rundfunkteilnehmer es unterzeichnet hat. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass der Beauftragte der Rundfunkanstalt ein wirtschaftliches Interesse daran hat, eine möglichst weit zurückwirkende Anmeldung aufzunehmen. Denn sein Provisionsanspruch steht damit im Zusammenhang (vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 30. November 2005, a. a. O., Rdnr. 6). Schließlich besteht die Gefahr von Missverständnissen.
Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger dargetan, er habe erstmals im September 2004 in seinem Appartement in A-Stadt ein Fernsehgerät angeschlossen, nachdem er es in diesem Monat als Geschenk zu seinem Geburtstag erhalten habe. Zuvor habe er in seiner Wohnung nicht über ein Fernsehgerät verfügt. Da er eidesstattliche Erklärungen seiner Mutter und von deren Lebensgefährten vorgelegt hat, die dieses Vorbringen bestätigen, und er zusätzlich einen Beleg über den Kauf eines Fernsehgeräts vorgelegt hat, der mit diesen Angaben übereinstimmt, bedarf es einer weiteren Aufklärung in dem Klageverfahren.
Soweit das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss ausführt, das Nicht-Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts könne nicht bewiesen werden, folgt der Senat dem nicht. Vielmehr kann durchaus durch das Zeugnis von Personen, die dem Kläger auf seinen Wunsch hin ein Fernsehgerät geschenkt haben, geklärt werden, ob der Kläger bereits zuvor über ein Fernsehgerät verfügt hat. Auch sonst kann durch das Zeugnis von Personen, die den Kläger in dem Zeitraum von Januar 2003 bis August 2004 in seinem Appartement besucht haben, geklärt werden, ob die Zeugen in dem Appartement ein Fernsehgerät gesehen haben und damit auch, ob der Kläger in diesem Zeitraum ein Fernsehgerät hatte.
Da eine weitere Aufklärung nötig erscheint und diese durchaus zu Gunsten des Klägers ausgehen kann, ist eine hinreichende Aussicht auf Erfolg für das Klageverfahren zu bejahen.
Auch erscheint eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin erforderlich im Sinne von § 166 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 1 ZPO.
Nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO werden in Beschwerdeverfahren wegen der Prozesskostenhilfe außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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