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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.06.2004
Aktenzeichen: 10 UZ 1463/03
Rechtsgebiete: BSHG, SGB X


Vorschriften:

BSHG § 107
BSHG § 111
BSHG § 18 Abs. 4
BSHG § 19 Abs. 2
SGB X § 111
§ 11 BSHG steht der Kostenerstattung für Aufwendungen des Trägers der Sozialhilfe nach § 19 Abs. 2 BSHG bzw. § 18 Abs. 4 BSHG nicht entgegen. Beim Zuschuss an den Arbeitgeber durch den Sozialhilfeträger nach § 18 Abs. 4 BSHG handelt es sich um eine "Hilfe außerhalb von Einrichtungen" i. S. v. § 107 Abs. 1 BSHG.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

10 UZ 1463/03

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Sozialhilferechts

hier: Kostenerstattung nach § 107 BSHG

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 10. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Pieper, Richter am Hess. VGH Dr. Saenger, Richterin am Hess. VGH Hannappel

am 29. Juni 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 27. März 2003 - 2 E 2530/00(1) - wird abgelehnt.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe:

Der zulässige Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat keinen Erfolg, da der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte seinen bereits mit Schriftsatz vom 6. Mai 2003 gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung mit Schriftsatz vom 26. Mai 2003, eingegangen beim Verwaltungsgericht am 28. Mai 2003 und damit noch innerhalb der Frist von zwei Monaten im Sinne von § 124 a Abs. 4 Satz 3 VwGO, dahingehend konkretisiert, dass die Zulassung der Berufung nur insoweit begehrt werde, als das Verwaltungsgericht den Beklagten dazu verurteilt habe, dem Kläger Aufwendungen in Höhe von 5.422,78 € für die Zeit von März bis einschließlich August 1999 als Hilfe zur Arbeit für Frau W.S. zu erstatten. In diesem Zeitraum erhielt Frau W.S. vom Kläger keine Hilfe zum Lebensunterhalt (siehe Einstellungsbescheid des Klägers vom 28. April 1999), vielmehr war sie in der Trainingsmaßnahme "Frauen zurück in den Beruf" am Standort der Gemeinnützigen Gesellschaft für Arbeitsmarktförderung mBH (künftig: GfA) eingesetzt und erhielt eine Arbeitsvergütung von 1.625,00 DM monatlich (siehe Arbeitsvertrag vom 1. März 1999). Auf den Bruttolohn in Höhe von 1.963,00 DM zahlte die Verbandsgemeinde A. als Delegationsgemeinde für den Kläger einen Zuschuss in Höhe von 90% (1.766,70 DM) an die GfA. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts lag ein Wechsel von der Hilfe zum Lebensunterhalt zur Hilfe zur Arbeit vor, der keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Erstattungsbegehrens des Klägers hatte. Letzteres sei in einem umfassenden Sinne zu verstehen und enthalte keine Beschränkung auf eine bestimmte Hilfeart wie die Hilfe zum Lebensunterhalt. Auch ergäben sich aus § 111 Satz 1 SGB X keine besonderen Anforderungen an eine Mitteilung der Hilfeleistung verbunden mit der Anforderung eines Kostenanerkenntnisses.

Dieser Auffassung ist im Ergebnis zu folgen. Seinen Berufungszulassungsantrag stützt der Beklagte insbesondere darauf, dass der Kläger weder Hilfe zum Lebensunterhalt noch Hilfe zur Arbeit geleistet habe, da Adressat der Leistung der Arbeitgeber der Hilfeempfängerin gewesen sei, nicht aber die Hilfeempfängerin selbst. Hilfe zur Arbeit verlange aber einen Leistungsbescheid gegenüber dem Hilfeempfänger, der hier nicht vorliege. Folglich sei der der GfA gezahlte Lohnkostenzuschuss keine nach § 107 BSHG anrechenbare Sozialhilfeleistung.

Im Ergebnis verneint der Beklagte den vom Kläger im Berufungszulassungsverfahren weiterverfolgten Erstattungsanspruch deshalb, weil die geleistete Hilfe in Form des Lohnkostenzuschusses dem BSHG nicht entsprochen habe (§ 111 Abs. 1 BSHG). Dies trifft jedoch nicht zu. Der Kläger hat durch seine Delegationsgemeinde in dem hier noch streitgegenständlichen Zeitraum Hilfe zur Arbeit nach § 18 Abs. 4 BSHG und damit Hilfe außerhalb von Einrichtungen i.S.v. § 107 Abs. 1 BSHG geleistet. Zwar fehlt insoweit ein an Frau W.S. gerichteter Leistungsbescheid, dieser war aber wegen der Formfreiheit nach §§ 9, 33 Abs. 2 SGB X entbehrlich (Schellhorn/Schellhorn, Kommentar zum BSHG, 16. Aufl. 2002, § 18 Rdnr. 36). Darauf weist der Kläger zu Recht hin. Unbestritten gehört der zwischen der GfA und Frau W.S. geschlossene Arbeitsvertrag zum Arbeitsrecht (siehe BVerwG, Urt. vom 22. März 1990 - 5 C 63/86 -, NVwZ 1990, 1170 für ein Arbeitsverhältnis nach § 19 Abs. 2 1. Halbsatz 1. Alternative BSHG), doch handelt es sich bei der Beschäftigung im Rahmen eines versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses selbst dann um eine Maßnahme der Sozialhilfe, wenn die Arbeitsgelegenheit nicht vom Sozialhilfeträger selbst vorgehalten wird. Dies gilt sowohl für die Hilfe zur Arbeit nach § 19 Abs. 2 BSHG als auch für die Regelung des § 18 Abs. 4 BSHG (Zuschuss an den Arbeitgeber; siehe Schellhorn/Schellhorn, a.a.O., § 111 Rdnr. 8 b). Dass § 111 BSHG der Kostenerstattung der Aufwendungen des hilfegewährenden Trägers der Sozialhilfe nach § 19 Abs. 2 BSHG bzw. § 18 Abs. 4 BSHG nicht entgegensteht, entspricht offensichtlich auch der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (s. den vom VGH Mannheim in seinem Beschluss vom 22. April 2002 <- 7 S 531/02 -, FEVS 53, 527> zitierten Beschluss vom 14. April 2000 [5 B 39.00, FEVS 52, 539 f.]).

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger bzw. für ihn die Verbandsgemeindeverwaltung A. sich nicht damit begnügt hat, den Erstattungsanspruch - dem Grunde nach - mit Schreiben vom 22. September 1997 gegenüber dem Kreisausschuss des Beklagten anzumelden, wie Blatt 12 unten des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts entnommen werden könnte. Vielmehr hat der Kläger selbst mit Schreiben vom 24. August 2000 (eingegangen beim Beklagten am 25. August 2000 und damit noch innerhalb der Frist des § 111 SGB X) Kostenerstattung verlangt. Diesem Schreiben waren detaillierte Kostenaufstellungen beigefügt, aus denen sich ergibt, dass für Frau W.S. ab März 1999 erhöhte Aufwendungen erbracht werden mussten. Die vom Beklagten im Verfahren erster Instanz für notwendig gehaltene "erneute Anmeldung eines Kostenerstattungsanspruches" für April bis einschließlich August 1999 lag demnach vor.

Da die vom Beklagten vorgetragenen Gründe nicht durchgreifen, war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 VwGO. § 188 Satz 2 zweiter Halbsatz VwGO findet auf das vorliegende Verfahren noch keine Anwendung, da es vor dem 1. Januar 2002 anhängig geworden ist (siehe § 194 Abs. 5 VwGO).

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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