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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 15.03.2006
Aktenzeichen: 11 UE 1869/05
Rechtsgebiete: WaffG


Vorschriften:

WaffG § 14 Abs. 2
WaffG § 15 Abs. 5
WaffG § 45 Abs. 4
WaffG § 8 Abs. 2
WaffG § 9 Abs. 2
Eine Waffenbesitzkarte darf mit der Auflage, der Inhaber habe seinen Austritt aus dem Schießsportverein unverzüglich der zuständigen Behörde mitzuteilen, gemäß § 9 Abs. 2 Waffengesetz nur verbunden werden, wenn dies neben der Verpflichtung des Schießsportvereins gemäß § 15 Abs. 5 Waffengesetz bei sachgerechter Ermessensausübung erforderlich ist, um die Kenntnis der zuständige Behörde von dem Austritt des Sportschützen sicherzustellen.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 UE 1869/05

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Waffenrechts - Auflage zu einer Waffenbesitzkarte

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof -11. Senat - durch Richter am Hess. VGH Dr. Dyckmans als Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung am 15. März 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 28. Mai 2004 - 9 E 2174/03 - aufgehoben.

Die den dem Kläger von dem Beklagten erteilten Waffenbesitzkarten Nr. 68/02-03 und 69/02-04 jeweils beigegebenen Nebenbestimmungen: "Diese Erlaubnis wird gemäß § 28 Abs. 1 Satz 5 WaffG mit der Auflage erteilt, dass der Inhaber einen Austritt aus dem Schießsportverein der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen hat" werden aufgehoben.

Der Beklagte hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch den Kläger wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger erstrebt die Aufhebung der im Tenor genannten Nebenbestimmungen zu den ihm erteilten, im Tenor bezeichneten Waffenbesitzkarten.

Wegen des Sach- und Streitstandes bis zur Zustellung des im Tenor genannten erstinstanzlichen Urteils an den Bevollmächtigten des Klägers am 15. Juni 2004 wird gemäß § 130b Satz 1 VwGO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Verwaltungsgericht Gießen hat mit Urteil vom 28. Mai 2004 die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, sie sei als Untätigkeitsklage zwar zulässig, aber nicht begründet. Die den Waffenbesitzkarten beigegebenen Auflagen, deren Rechtmäßigkeit nach dem Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zu beurteilen sei, fänden ihre Rechtsgrundlage in § 30 Abs. 1 Nr. 3 WaffG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Nr. 2 WaffG 1976. Danach liege ein waffenrechtliches Bedürfnis nicht mehr vor, wenn eine Person nicht mehr entsprechend dem Gesetz als Sportschütze tätig sei. Die in § 15 Abs. 5 WaffG 2002 begründete Verpflichtung des Vereins der Mitteilung des Wegfalls einer zentralen Voraussetzung der Erlaubnis schließe im Übrigen nicht die "Unzulässigkeit" weiterer an den Schützen gerichteter Auflagen aus. Nach § 9 Abs. 2 WaffG 2002 könnten Erlaubnisse mit Auflagen verbunden werden, wenn dies zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich werde.

Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 12. Juli 2005 - 11 UZ 2615/04 -, dem früheren Bevollmächtigten des Klägers ausweislich Empfangsbekenntnis (Blatt 101 der Gerichtsakte) am 18. Juli 2005 zugestellt, seine Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Mit am 18. August 2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz führt die Bevollmächtigte des Klägers zur Begründung der Berufung im Wesentlichen aus, die Auflagen, deren Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu beurteilen sei, seien rechtswidrig. Rechtsgrundlage dafür könne entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht § 9 Abs. 2 WaffG 2002 sein, da der Austritt aus einem Schießsportverein keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung begründe. Er habe keine unmittelbare Auswirkung auf den konkreten Umgang mit Waffen. Zudem lasse der Austritt aus dem Schießsportverein auch nicht zwangsläufig das Bedürfnis für eine Sportwaffe entfallen. Damit werde nicht die Gefahr eines unkontrollierten Umgangs mit Waffen begründet. Im Übrigen enthalte § 15 Abs. 5 WaffG 2002 im Hinblick auf die Pflicht zur Mitteilung über den Austritt eines Mitglieds aus einem Schießsportverein durch den Verein eine durch den Gesetzgeber getroffene Entscheidung. Damit sei dieser Sachverhalt durch den Gesetzgeber bewusst abschließend geregelt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 28. Mai 2004 - 9 E 2174/03 - sowie die den ihm von dem Beklagten erteilten Waffenbesitzkarten Nr. 68/02-03 und 69/02-04 beigegebenen Auflagen: "Diese Erlaubnis wird gemäß § 28 Abs. 1 Satz 5 WaffG mit der Auflage erteilt, dass der Inhaber einen Austritt aus dem Schießsportverein der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen hat" aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe zu Recht die Klage abgewiesen. Zur Beurteilung der Zulässigkeit der Untätigkeitsklage sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger auf Akteneinsicht verzichtet habe. Die den Waffenbesitzkarten beigegebenen Auflagen seien rechtmäßig. Die Mitgliedschaft in einem Schießsportverein sei die entscheidende Voraussetzung zur Bejahung des Bedürfnisses für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte an einen Sportschützen. Die mit der Auflage verfügte Pflicht des Klägers, seinen Austritt aus dem Schießsportverein dem Beklagten mitzuteilen, stelle eine zusätzliche doppelte Sicherung neben der in § 15 Abs. 5 WaffG 2002 normierten Pflicht des Vereins dar, den Austritt aus dem Schießsportverein der zuständigen Behörde mitzuteilen. Dies sei vor allem wichtig, wenn der Verein nicht der Aufsicht der für den Schützen zuständigen Waffenbehörde unterliege. In diesen Fällen sei dem Verein gegebenenfalls nicht bekannt, welcher für den Wohnort des Schützen zuständigen Behörde er einen Austritt zu melden habe.

Die Bevollmächtigte des Klägers hat sich mit Schriftsatz vom 9. Januar 2006 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 3. Januar 2006 mit einer Entscheidung des Berichterstatters ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie zwei Hefter Behördenvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Berichterstatter kann gemäß § 87a Abs. 2, 3 VwGO und ohne mündliche Verhandlung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO entscheiden, da die Beteiligten hierzu mit den im Tatbestand bezeichneten Schriftsätzen ihr Einverständnis erklärt haben.

Die von dem Senat zugelassene und von der Bevollmächtigten des Klägers fristgerecht begründete Berufung hat Erfolg. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist aufzuheben, da damit zu Unrecht die Klage abgewiesen worden ist. Das Verwaltungsgericht hat allerdings zutreffend festgestellt, dass die Klage als Untätigkeitsklage gemäß § 75 Satz 1 VwGO zulässig ist. Der Beklagte hat über den Widerspruch des Klägers vom 28. März 2002, bei dem Beklagten am 2. April 2002 eingegangen, ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist bis zum Eingang der Klage bei dem Verwaltungsgericht Gießen am 20. Juni 2003 sachlich nicht entschieden. Zwar hatte der frühere Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 21. August 2002, bei dem Beklagten am 23. August 2002 eingegangen, mitgeteilt, dass er die von ihm bereits mit Schriftsatz vom 29. April 2002 beantragte Akteneinsicht nach § 29 VwVfG erbitte, um zu prüfen, ob der Widerspruch aufrecht erhalten oder zurückgenommen werde. Nachdem ausweislich eines schriftlichen Vermerks auf diesem Schriftsatz in der Behördenakte des Beklagten (Blatt 26) der Klägerbevollmächtigte mitgeteilt hatte, dass er auf Akteneinsicht verzichte, und den Widerspruch nicht zurückgenommen hatte, bestand jedenfalls im Zeitpunkt der Klageerhebung im Juni 2003 kein zureichender Grund mehr dafür, dass über den Widerspruch nicht entschieden worden war.

Die zulässige Klage ist auch begründet. Die den im Tenor bezeichneten Waffenbesitzkarten des Klägers durch den Beklagten beigegebenen Auflagen sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Sie sind deshalb gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben. Diese Auflagen stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 HVwVfG dar, deren Aufhebung mit der Anfechtungsklage erstrebt werden kann. Bei der mit den Waffenbesitzkarten dem Kläger auferlegten Verpflichtungen, seinen Austritt aus dem Schießsportverein der zuständigen Waffenbehörde unverzüglich anzuzeigen, handelt es sich um selbständig erzwingbare hoheitliche Anordnungen, die isoliert angefochten werden können (vgl. Lehmann/Frieß/Lehle, Aktuelles Waffenrecht, 67. Ergänzungslieferung, Februar 2006, § 9 Rdnr. 9). Rechtsgrundlage für eine solche Auflage zu einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist grundsätzlich § 9 Abs. 2 Satz 1 Waffengesetz vom 11. Oktober 2002 (in der Fassung des letzten Änderungsgesetzes vom 21.06.2005, BGBl. I S. 1818) - WaffG -. Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Auflagen ist auf den Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage dieser gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Dies gilt unabhängig davon, dass diese Auflage ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist, auch deshalb, weil im Rahmen der vorliegenden Untätigkeitsklage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Zustellung einer gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist. Da ein Widerspruchsbescheid im vorliegenden Verfahren nicht ergangen ist, die Widerspruchsbehörde aber alle im Zeitpunkt ihrer Entscheidung vorliegenden Umstände zu berücksichtigen hat und der Erlass eines solchen Widerspruchsbescheides bis zur gerichtlichen Entscheidung auch in das gerichtliche Verfahren einzubeziehen ist (Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 75 Rdnr. 21, 26), hat auch bei der Anfechtung eines belastenden Verwaltungsaktes im Wege der Untätigkeitsklage das Gericht die im Zeitpunkt seiner Entscheidung eingetretene Sach- und Rechtslage in seine Entscheidungsfindung einzubeziehen (Hess. VGH, U. v. 10.08.1992 - 12 UE 2254/89 -, NVwZ-RR 1993, 432 (435)). Da somit zur Beurteilung der streitbefangenen Auflagen die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt dieser Entscheidung zugrunde zu legen ist, ist die Rechtmäßigkeit der Auflagen nach dem Waffengesetz 2002 zu beurteilen.

Eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz kann zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung inhaltlich beschränkt werden, insbesondere um Leben und Gesundheit von Menschen gegen die aus dem Umgang mit Schusswaffen oder Munition entstehenden Gefahren und erheblichen Nachteile zu schützen. Zu den in § 9 Abs. 1 WaffG genannten Zwecken können Erlaubnisse befristet oder mit Auflagen verbunden werden (§ 9 Abs. 2 WaffG). Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine sachlich begründete Sonderregelung zu § 36 HVwVfG, die eine bereichsspezifische Zweckbindung von Befristungen und Auflagen enthält (Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts vom 7. Dezember 2001, BTag-Drs. 14/7758, S. 57). § 9 Abs. 2 WaffG erweitert damit die Möglichkeiten der Beifügung einer Auflage gegenüber § 36 Abs. 1 HVwVfG. Danach darf ein Verwaltungsakt, auf den - wie bei Erteilung einer Waffenbesitzkarte nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 WaffG - ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Auch wenn die Beifügung einer Auflage nach § 9 Abs. 2 WaffG zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zur Erteilung einer Waffenbesitzkarte danach grundsätzlich zulässig ist, darf die Erteilung einer Waffenbesitzkarte nur mit einer Auflage versehen werden, die nicht anderen Regelungen des Waffengesetzes widerspricht. Soweit der mit einer Auflage geregelte Sachverhalt durch das Waffengesetz selbst geregelt wird, kann eine davon abweichende Regelung nur dann ausnahmsweise in Frage kommen, wenn eine solche Auflage erforderlich ist, um den mit dem gesetzlichen Instrumentarium nicht zu verwirklichenden Regelungszweck durch eine den Anforderungen des § 9 Abs. 2 WaffG genügende Auflage zu erreichen. Die sachgerechte Ausübung des Ermessens zur Beifügung einer solchen Auflage zu der Waffenbesitzkarte muss sich deshalb an diesen Kriterien orientieren. Daran fehlt es im vorliegenden Falle. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beifügung der im Tenor genannten Auflage zu den Waffenbesitzkarten des Klägers in Ansehung der Regelung des § 15 Abs. 5 WaffG bei sachgerechter Ermessensausübung im vorliegenden Einzelfall aufrecht erhalten werden kann.

Nach § 15 Abs. 5 WaffG ist der schießsportliche Verein verpflichtet, der zuständigen Behörde Sportschützen, die Inhaber einer Waffenbesitzkarte sind und die aus ihrem Verein ausgeschieden sind, unverzüglich zu benennen. Damit soll sichergestellt werden, dass der nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG notwendige Nachweis des Bedürfnisses für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte an einen Sportschützen jederzeit vorliegt. Ein solches Bedürfnis liegt insbesondere vor, solange der Inhaber der Waffenbesitzkarte im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 WaffG Mitglied eines schießsportlichen Vereins ist, der einem nach § 15 Abs. 1 WaffG anerkannten Schießsportverband angehört. Mit dem Wegfall der Mitgliedschaft in dem Schießsportverein entfällt zugleich die für den Nachweis des Bedürfnisses notwendige Bescheinigung über die Mitgliedschaft in einem Schießsportverein gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WaffG. Der Gesetzgeber hat damit deutlich gemacht, dass er den Wegfall des Bedürfnisses für eine waffenrechtliche Erlaubnis des einzelnen Sportschützen dadurch kontrollieren will, dass er dem jeweiligen Schießsportverein aufgibt, der zuständigen Behörde das Ausscheiden des Sportschützen aus dem Verein mitzuteilen. Dies ist angesichts des engen Zusammenhangs des Nachweises des Bedürfnisses eines Sportschützen mit seiner Mitgliedschaft in einem Sportverein gemäß § 14 Abs. 2 WaffG sachgerecht. Auf dieser Grundlage ist festzustellen, dass der Gesetzgeber die Frage, wie das Vorliegen des waffenrechtlichen Bedürfnisses bei Sportschützen überwacht werden soll, ausdrücklich durch eine Meldepflicht der Schießsportvereine und nicht des einzelnen Sportschützen selbst geregelt hat. Die Verankerung dieser Regelung im Rahmen der Vorschrift des § 15 WaffG über die Schießsportverbände und die schießsportlichen Vereine macht auch in gesetzsystematischer Hinsicht deutlich, dass der Gesetzgeber zur Überprüfung des Vorliegens des Bedürfnisses von Sportschützen die Schießsportvereine in die Pflicht nehmen wollte und keine individuellen zusätzlichen Pflichten des einzelnen Sportschützen normieren wollte. Da der Gesetzgeber diesen Komplex der Überwachung des Vorliegens des Bedürfnisses von Sportschützen im Zusammenhang mit der Regelung der Anerkennung und Pflichten der Schießsportverbände und der schießsportlichen Vereine geregelt hat, ist zugrunde zu legen, dass § 15 Abs. 5 WaffG eine von dem Gesetzgeber zur Regelung dieses Sachverhalts gewollte Spezialregelung darstellt, die grundsätzlich die Beifügung von Auflagen gemäß § 9 Abs. 2 WaffG zur Regelung des gleichen Sachverhalts im Wege der Spezialität ausschließt.

Darauf, dass neben der Regelung des § 15 Abs. 5 WaffG nicht durch Erlass einer Auflage gemäß § 9 Abs. 2 WaffG gegenüber dem Sportschützen eine Pflicht zur Mitteilung des Ausscheidens aus einem Schießsportverein begründet werden kann, deutet auch die Regelung der Mitwirkungspflichten des Inhabers einer waffenrechtlichen Erlaubnis gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG hin. Danach kann die Waffenbehörde den Wegfall des Vorliegens der für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen vermuten, wenn ein Betroffener im Falle der Überprüfung dieser Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Wegfall ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf einer solchen Erlaubnis gegeben ist, die Mitwirkung verweigert. Dem Inhaber der waffenrechtlichen Erlaubnis obliegt somit eine Mitwirkungspflicht erst im Falle einer Überprüfung durch die Waffenbehörde. Eine solche Überprüfung hat die Waffenbehörde vorzunehmen, wenn der Schießsportverein nach § 15 Abs. 5 WaffG das Ausscheiden eines Sportschützen mitteilt. Die erteilte Waffenbesitzkarte ist dann grundsätzlich gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG zu widerrufen (vgl. Lehmann/Frieß/Lehle, a. a. O., § 15 Rdnr. 51). Mit § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG wird indirekt eine Mitwirkungspflicht des Inhabers einer waffenrechtlichen Erlaubnis im Hinblick auf den Nachweis des Weiterbestehens der notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen konstituiert. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass bei späteren Überprüfungen - wie sie bei einer Mitteilung des Schießsportvereins nach § 15 Abs. 5 WaffG vorzunehmen sind - der Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis nicht durch schlichtes Verweigern einer Mitwirkungshandlung die Aufrechterhaltung des begünstigenden Zustandes erreichen kann (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 79, zu dem wortgleichen § 44 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzentwurfes).

Bei einer Gesamtschau der den Nachweis des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis regelnden Vorschriften des Waffengesetzes lässt sich zusammenfassend feststellen, dass der Gesetzgeber keine gesetzliche Anzeigepflicht des Sportschützen bei dem Ausscheiden aus dem Schießsportverein regeln wollte, sondern diese Anzeigepflicht grundsätzlich nur dem Schießsportverein auferlegen wollte. Der Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist erst im Rahmen des Überprüfungsverfahrens insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit des Widerrufs einer Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG zur Vermeidung des Eingreifens der gesetzlichen Fiktion, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erlaubnis nicht mehr vorliegen, verpflichtet, an der Feststellung bzw. dem Nachweis dieser Voraussetzung mitzuwirken. Eine davon unabhängige und im Verhältnis dazu vorgelagerte Anzeigepflicht bei dem Ausscheiden aus einem Schießsportverein ist angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 15 Abs. 5 WaffG dem Waffengesetz nicht zu entnehmen. Sie kann deshalb in der Regel auch nicht durch eine über die Anzeigepflicht bei Ausscheiden eines Sportschützen regelnde Vorschrift des § 15 Abs. 5 WaffG hinausgehende Auflage nach § 9 Abs. 2 WaffG konstituiert werden. Eine solche Regelung kann ausnahmsweise nur zulässig sein, soweit sie zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung notwendig ist, weil der von dem Gesetzgeber mit § 15 Abs. 5 WaffG verfolgte Zweck der Kontrolle des Vorliegens des Bedürfnisses von Sportschützen im Einzelfall nicht erreicht werden kann. Dies ist kann etwa dann der Fall sein, wenn der Schießsportverein seiner Anzeigepflicht nicht zuverlässig nachkommt und deshalb die Erfüllung der mit dieser Vorschrift verfolgten Zwecksetzung anders als durch eine Auflage gemäß § 9 Abs. 2 WaffG gegenüber dem Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis nicht sicherzustellen ist.

Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Falle nicht vor. Der Beklagte hat die den Waffenbesitzkarten beigegebenen Auflagen mit Rücksicht auf eine Weisung des Regierungspräsidiums Gießen aus dem Jahre 1987 verfügt. Darin wurden die zuständigen Waffenbehörden gebeten, die für Sportschützen bestimmten waffenrechtlichen Erlaubnisse auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Satz 5 WaffG 1976 mit der Auflage zu verbinden, einen Austritt aus dem Schießsportverein, dem der Antragsteller angehöre, der Behörde anzuzeigen. Des Weiteren sollten die Schießsportvereine gebeten werden, der Erlaubnisbehörde den Austritt von Mitgliedern mitzuteilen. Es war schon auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Satz 5 WaffG 1976 fraglich, ob eine Auflage, die Beendigung des Schießsports der Behörde unverzüglich anzuzeigen, zulässig war, da zweifelhaft ist , ob dies der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit dient (Steindorf, Waffenrecht, 7. Auflage 1999, § 28 Rdnr. 10 unter Hinweis auf VG Freiburg, mitgeteilt von Scholzen DWJ 1997, 1404). Unabhängig davon, ob eine solche Regelung unter dem Aspekt, dass nach § 9 Abs. 2 WaffG nunmehr auch zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche "Ordnung" Auflagen einer waffenrechtlichen Erlaubnis beigegeben werden können, für sich genommen zulässig sein könnte, ist sie nach den oben dargestellten Erwägungen angesichts der ausdrücklichen Regelung dieses Sachverhalts durch den Gesetzgeber in § 15 Abs. 5 WaffG grundsätzlich nicht als rechtmäßig zu qualifizieren. Der Beklagte hat auch nach Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes 2002 am 1. April 2003 im Rahmen des Widerspruchsverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens keine durchgreifenden Ermessenserwägungen dargestellt, die eine Überbürdung der Anzeigepflicht des Schießsportvereins auf den Kläger im vorliegenden Einzelfall gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, weil etwa der Schießsportverein, dem der Kläger angehörte, nicht die Gewähr dafür böte, dass er der ihm nach § 15 Abs. 5 WaffG obliegenden Anzeigepflicht ordnungsgemäß nachkäme. Da somit keine sachgerechten Ermessensgesichtspunkte von der Beklagten dargelegt noch im Übrigen erkennbar sind, die die den Waffenbesitzkarten des Klägers beigegebenen, im Tenor bezeichneten Auflagen nach den dargelegten Kriterien rechtmäßig erscheinen lassen könnten, sind diese Auflagen als rechtswidrig zu beurteilen und deshalb aufzuheben.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, weil er im Verfahren unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch den Kläger war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, da der nicht rechtskundige Kläger eine Prozessvertretung durch einen Rechtsanwalt im Hinblick auf die waffenrechtlich komplexe Rechtsfrage für erforderlich halten durfte. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO, § 167 Abs. 1 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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