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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 29.07.2004
Aktenzeichen: 11 UE 4505/98
Rechtsgebiete: GG, Hess HeilbG
Vorschriften:
GG Art. 2 Abs. 1 | |
Hess HeilbG § 5 |
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil
11. Senat
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Rechts der freien Berufe
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 11. Senat - durch
Präsidenten des Hess. VGH Reimers, Richter am Hess. VGH Dr. Dyckmans, Richter am Hess. VGH Prof. Dr. Horn, ehrenamtlichen Richter Jung, ehrenamtlichen Richter Klapp
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2004
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 11. März 1998 - 12 E 2790/95 (3) - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger - von Beruf Arzt und Universitätsprofessor - begehrt den Austritt der Beklagten - der Landesärztekammer Hessen, dessen Pflichtmitglied der Kläger ist - aus dem Verband Freier Berufe in Hessen.
Wegen des Sach- und Streitstandes bis zum Ergehen des erstinstanzlichen Urteils wird gemäß § 130 b Satz 1 VwGO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 11. März 1998 das Klagebegehren abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte aus dem vorgenannten Verband austritt. Deren Mitgliedschaft in dem Verband verletze den Kläger nicht in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Sie halte sich im Rahmen des der Beklagten durch das Gesetz über die Berufsvertretungen, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Heilberufsgesetz, in der Fassung vom 19.5.1995, in der ab 10.10.2002 geltenden Fassung, neubekannt gemacht in der Fassung vom 7. Februar 2003, GVBl. I S. 66, ber. S. 242) zugewiesenen Aufgabenbereichs. Bei den durch § 5 des Heilberufsgesetzes der Landesärztekammer Hessen ausdrücklich zugewiesenen Aufgaben handele es nicht um eine abschließende Aufzählung, was sich bereits aus der Formulierung in § 5 Abs. 1 Heilberufsgesetz "insbesondere" ergäbe. Der Landesärztekammer obliege darüber hinaus die kammerimmanente Aufgabe, die Belange der Ärzteschaft zu wahren und zu fördern. Dabei sei die Landesärztekammer nicht darauf verwiesen, ihre Tätigkeit ausschließlich auf Sachverhalte zu beschränken, die alle Kammerangehörigen in ihrer Gesamtheit betreffen. Es sei daher grundsätzlich auch zulässig, zur Förderung der Interessen der freiberuflich tätigen Ärzte Mitglied in dem Landesverband Freier Berufe zu sein, wobei ihr jedoch die Verpflichtung obliege, für die Interessen aller in ihr zusammengeschlossenen Ärzte ausgewogen einzutreten. Dem stünden die Satzungen dieses Verbandes wie des Bundesverbandes der Freien Berufe, dessen Mitglied wiederum der Landesverband ist, nicht entgegen. Die satzungsgemäßen Tätigkeitsfelder des jeweiligen Verbandes, auf die es entscheidend ankäme, würden den der Landesärztekammer Hessen gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich nicht überschreiten. Nach dem Wortlaut der Satzungen sei es den beiden Verbänden verwehrt, für die Belange einzelner Berufsgruppen innerhalb der Freien Berufe einzutreten, die nicht gleichzeitig auch der Wahrung und Förderung der Interessen aller Angehörigen der Freien Berufe dienen. Derartige berufsübergreifende Bestrebungen würden sich jedoch noch innerhalb des der Landesärztekammer Hessen zugewiesenen Aufgabenbereichs bewegen. Soweit der Kläger darauf verweise, dass sich die Tätigkeit der beiden Berufe satzungswidrig nicht auf die Wahrung und Förderung berufsübergreifender Interessen beschränke, sondern über diese hinaus gehe und in einer Vielzahl von Fällen lediglich ganz bestimmte und einzelne Gruppen der Freien Berufe betreffe, stünde dies der Zulässigkeit der Mitgliedschaft der Landesärztekammer in dem Landesverband Freier Berufe nicht entgegen, sondern sei ein Problem der verbandsinternen Kontrolle, die über die entsprechenden Gremien innerhalb der Landesärztekammer und in den Verbänden bzw. über die Rechtsaufsicht wahrzunehmen sei.
Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 9. Dezember 1998 zugelassenen Berufung gegen das vorgenannte Urteil des Verwaltungsgerichts führt der Kläger im Wesentlichen aus, die verwaltungsgerichtliche Entscheidung sei fehlerhaft, weil sie die durch Art. 2 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen bei der Festlegung des gesetzlichen Aufgabenbereichs der Landesärztekammer verkenne. Dies ergäbe sich aus einem Vergleich des § 5 des Hessischen Heilberufsgesetzes mit § 8 des Bremischen Heilberufsgesetzes. Während das hessische Gesetz keine ausdrückliche Aussage darüber treffe, ob und ggf. in welcher Form die Beklagte Interessenwahrnehmung für die Kammerangehörigen betreiben dürfe oder solle, sei in Bremen der (abschließende) Aufgabenkatalog der Landesärztekammer mit der Formulierung "... die beruflichen Belange der Gesamtheit der Kammerangehörigen zu wahren" insoweit eindeutig festgelegt. Da nicht davon auszugehen sei, dass der bremische Gesetzgeber den Spielraum der Landesärztekammer enger gefasst hat, als es nach Art. 2 Abs. 1 GG zulässig wäre, vielmehr davon auszugehen sei, dass die in Bremen getroffene Regelung genau den grundgesetzlichen Rahmen für die Interessenvertretung der Kammerangehörigen bestimmt, müsse angenommen werden, dass der hessische Gesetzgeber mit der Einfügung des Wortes "insbesondere" nichts anderes gewollt habe, andernfalls von der Verfassungswidrigkeit des Hessischen Heilberufsgesetzes auszugehen und eine Richtervorlage nach Art. 100 GG angezeigt wäre. Die Mitgliedschaft der Landesärztekammer Hessen in dem Verband Freier Berufe bedeute jedoch eine gruppenspezifische Interessenwahrnehmung, weil zu den Kammerangehörigen auch derjenige Teil der hessischen Ärzteschaft gehöre, der in abhängiger Stellung beschäftigt sei. So übe auch der Kläger als beamteter Arzt - wie sich aus der Regelung des § 1 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes ergebe - keinen Freien Beruf aus. Der Rechtswidrigkeit der Verbandsmitgliedschaft stünde nicht entgegen, dass sich die Delegiertenversammlung der Landesärztekammer mehrheitlich für den Verbleib im Verband Freier Berufe ausgesprochen habe. Insofern das Verwaltungsgericht die Zulässigkeit der gruppenspezifischen Interessenwahrnehmung mit der Verpflichtung verbinde, für die Interessen und Belange aller in ihr zusammengeschlossenen Ärzte ausgewogen einzutreten, fehle es an der Klärung, wann Ausgewogenheit vorliege. Die gesetzliche Verpflichtung, für ein gedeihliches Verhältnis der Kammerangehörigen zu sorgen (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Heilberufsgesetz) gebiete eine größtmögliche Zurückhaltung der Kammer gegenüber Interessenverbänden. In welcher Weise eine ausschließlich berufsübergreifende Tätigkeit des Verbandes Freier Berufe möglich sein soll, werde in dem Urteil des Verwaltungsgerichts nicht dargetan, obgleich es sich darin in Gegensatz stelle zur Entscheidung des OVG Bremen vom 16.3.1993 (nicht: 30.3.1993) (Az. 1 BA 7/92 - NJW 1994, S. 1606 ff.). Der Analyse und Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Aktivitäten des beigeladenen Verbandes, die der Kläger über den Umweg seiner Pflichtmitgliedschaft in der Kammer mitzutragen gezwungen werde, habe sich das Verwaltungsgericht entzogen, indem es sich auf den Standpunkt gestellt habe, es käme allein auf die "satzungsgemäßen" Aufgaben des Verbandes an und darüber hinausgehende Tätigkeiten seien ein Problem der verbandsinternen Kontrolle. Dieser Hinweis gehe fehl, weil der Kläger darauf nicht verwiesen werden könne. In Ermangelung einer entsprechenden Befugnis könne der Landesärztekammer keine Pflicht zur verbandsinternen Kontrolle auferlegt werden, die die Vereinigungsfreiheit eines privatrechtlich organisierten Verbandes beschneide. Unbeschadet dessen habe sich der Gesetzgeber um "statusbildende" Maßgaben selbst zu kümmern. Hinter diese Linie dürfe der Gesetzesvorbehalt nicht zurückgenommen werden. Daher hätte der hessische Gesetzgeber kein Heilberufsgesetz erlassen, das die Landesärztekammer ermächtigt, Mitglied in einem privatrechtlichen Verband zu werden, dessen Tätigkeit ihren Aufgabenbereich sprenge, andernfalls wäre das Heilberufsgesetz auch insoweit verfassungswidrig und eine Vorlage nach Art. 100 GG in Betracht zu ziehen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 11. März 1998 - 12 E 2790/95 (3) - zu verurteilen, aus dem Verband Freier Berufe in Hessen auszutreten.
Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt die Beklagte im Wesentlichen aus, dass ihre Mitgliedschaft in dem Verband Freier Berufe nicht den Anspruch des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 GG auf Einhaltung des ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs verletze. Die Mitgliedschaft bewege sich vielmehr innerhalb des durch § 5 Heilberufsgesetz gezogenen Rahmens. Anders als im Bremischen und Nordrhein-Westfälischen Heilberufsgesetz sei dieser im Hessischen Heilberufsgesetz nicht abschließend bestimmt. Auch sei gerade keine Regelung dergestalt getroffen, dass die Aufgabenwahrnehmung der Kammer der Gesamtheit der Kammerangehörigen zu dienen hat. Andernfalls würde deren Handlungsspielraum auf ein Minimum reduziert, weil die Interessen der Kammermitglieder, je nachdem, in welchem Beschäftigungsverhältnis sie stehen oder ob sie freiberuflich tätig sind, uneinheitlich sind. Es sei jedoch Aufgabe der Beklagten, die Belange der jeweiligen Mitglieder zu wahren und zu fördern. Über die in § 5 Heilberufsgesetz aufgelisteten Einzelaufgaben hinaus bestünde ein Entscheidungsspielraum, in welchen weiteren Formen die Beklagte ihre Aufgabe erfüllt. Dieser Spielraum sei durch binnendemokratische Mehrheitsentscheidung zugunsten der Mitgliedschaft in dem privatrechtlichen Verband konkretisiert worden. Solche Mitgliedschaft werde durch § 5 Heilberufsgesetz nicht ausgeschlossen, wie auch die durch Art. 2 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen dadurch nicht überschritten würden. Auch habe die Rechtsaufsichtsbehörde, der Hessische Sozialminister, keine Veranlassung zum Einschreiten gesehen (Stellungnahme vom 20. Februar 1987, Gz. III C 1-18b 02.12). Für das Verwaltungsgericht hätte keine Notwendigkeit bestanden, die von ihm geforderte Ausgewogenheit in der Interessenwahrnehmung im Detail darzulegen. Wie dies im einzelnen geschehe, habe der Gesetzgeber ihr - der Beklagten - überlassen. Wenn der Verband Freier Berufe bzw. der Bundesverband der Freien Berufe sich nicht auf berufsübergreifende Bestrebungen beschränken sollte, wäre es ihre - der Beklagten - Sache, die Einhaltung der satzungsgemäßen Zwecke durchzusetzen. Der Kläger wiederum hätte das Recht, dies von ihr zu verlangen. Jedoch seien bisher in keinem Fall von ihren - der Beklagten - Organen Beanstandungen geäußert worden. Im übrigen müsse der Gesetzgeber den Aufgabenbereich der Kammer nicht detailliert regeln. Eine antragsgemäße Verurteilung zum Austritt aus dem beigeladenen Verband sei zudem angesichts eines vom Kläger gezahlten Anteils von jährlich ca. 0,15 € für die von ihm beanstandete Mitgliedschaft unverhältnismäßig.
Der Beigeladene - seinerseits Mitglied im Bundesverband der Freien Berufe - trägt im Wesentlichen vor, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 18.12.1995 - PatAnwZ 3/95, NJW 1996, S. 1899 f.) für die Frage nach der Vereinbarkeit der Mitgliedschaft einer Kammer im Bundesverband der Freien Berufe nicht auf dessen im Einzelfall möglicherweise zu beanstandende Aktivitäten ankomme, sondern auf den in der Satzung dieses Verbandes umschriebenen Aufgabenkreis. Überschreite ein Verband seine in der Satzung geregelten Aufgaben, so sei dies ein Problem der verbandsinternen Kontrolle, könne jedoch die grundsätzliche Rechtmäßigkeit einer Mitgliedschaft nicht in Frage stellen. Dabei wird darauf hingewiesen, dass die Verbandssatzung die Interessenvertretung auf die berufsübergreifenden Bestrebungen der Angehörigen der Freien Berufe in einem allgemeinen Sinne beschränke. Des weiteren wird dargetan, dass die im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz enthaltene Regelung, wonach zu den Freien Berufen in der Berufsgruppe der Ärzte nur die selbständig berufstätigen Ärzte gehören, allein auf den Regelungsbereich dieses Gesetzes bezogen und daher für den vorliegenden Zusammenhang unbehelflich sei. In berufsrechtlicher Hinsicht stehe der Begriff des Freien Berufes für die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art. Insoweit nehme der Kläger als beamteter Arzt gegenüber seinen nicht beamteten Berufskollegen keinen Sonderstatus ein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der vorgelegten Jahrbücher 1994 und 1995, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2004 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte aus dem Verband Freier Berufe in Hessen austritt. Die Verbandsmitgliedschaft ist mit dem geltenden Recht vereinbar.
1. Der Kläger kann sein Begehren zulässigerweise im Wege der allgemeinen Leistungsklage verfolgen. Er ist auch klagebefugt. Eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG ist jedenfalls insoweit möglich und denkbar, als die behauptete Überschreitung des gesetzlichen Aufgabenkreises der Landesärztekammer den mit der Kammer-Pflichtmitgliedschaft des Klägers verbundenen Freiheitseingriff erweitern, sich mithin als Eingriff in eine besonders qualifizierte, über die Zwangsbeitragspflicht hinaus gehende subjektiv-öffentliche Rechtsposition des Klägers erweisen könnte (vgl. Hess.VGH, Urt. v. 28.11.1983 - VIII OE 95/79, GewArch 1984, 234 [235]; BVerwG, Urt. v. 10.6.1986 - 1 C 9/86, NJW 1987, S. 337 [338 f.]; OVG Bremen, Urt. v. 16.3.1993 - 1 BA 7/92, NJW 1994, S. 1606; BVerfG, Beschl. v. 15.6.1988 - 1 BvR 1301/86, BVerfGE 78, 320 [330]; OVG NRW, Urt. v. 9.12.1999 - 8 A 395/97, NWVBl. 2000, S. 425 [426 f., 428]; Tettinger, DÖV 1995, S. 169 [171]).
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger hat keinen in Art. 2 Abs. 1 GG gründenden Anspruch darauf, dass die Beklagte ihre Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen aufgibt. Ein derartiger Anspruch käme allenfalls dann in Betracht, wenn die Verbandsmitgliedschaft außerhalb des der Landesärztekammer gesetzlich zugewiesenen Aufgabenkreises läge oder im Hinblick auf die Rechtfertigung des pflichtmitgliedschaftlichen Zusammenschlusses der Kammerangehörigen nicht erforderlich und angemessen wäre, um die zugewiesenen Aufgaben zu fördern und zu wahren (vgl. etwa BVerwG, a.a.O., NJW 1987, S. 337 [338]; BVerwG, Urt. v. 10.6.1986 - 1 C 4/86, BVerwGE 74, 254 [259 f.] = NJW 1987, S. 338 [339]; BGH, Beschl. v. 18.12.1995 - PatAnwZ 3/95, NJW 1996, S. 1899 [1900]; OVG NRW, a.a.O., NWVBl. 2000, S. 425 [427]). Denn dann würde sich die Landesärztekammer über den Weg ihrer Verbandsmitgliedschaft eigenständig ein Wirkungsfeld erschließen, das ihr von Rechts wegen nicht eröffnet ist. Dabei wäre es unerheblich, dass die Mehrheit der Kammerversammlung der gesetzeswidrigen Maßnahme, hier dem Verbleib der Kammer in dem Verband Freier Berufe, zugestimmt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1981 - 5 C 53.79, BVerwGE 64, 115 [119]; OVG Rhld.-Pfalz, Urt. v. 10.7.1984 - 6 A 98/83, GewArch 1985, S. 93 [94]). Diese Voraussetzung ist jedoch - wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat - nicht erfüllt. Die Mitgliedschaft der Landesärztekammer im Verband Freier Berufe liegt vollumfänglich innerhalb ihres durch § 5 Heilberufsgesetz eröffneten Aufgabenbereichs und ist auch im übrigen recht- und verhältnismäßig.
a) Nach der Satzung des Verbandes Freier Berufe in Hessen (in der Fassung vom 26. November 1975, zuletzt geändert am 13. Februar 2002) besteht sein Zweck in der "Zusammenfassung aller berufsständischen Vereinigungen der Freien Berufe des Landes Hessen zur Wahrung und Förderung der gemeinsamen ideellen und wirtschaftlichen Interessen der Freien Berufe sowie die Pflege ihrer Beziehungen untereinander". Die Satzung des Bundesverbandes der Freien Berufe (in der geänderten Fassung vom 19. Juni 2002), dessen Mitglied der hessische Landesverband ist, bestimmt seinen Zweck dahin, "alle berufsübergreifenden Bestrebungen der Angehörigen der Freien Berufe in einem allgemeinen Sinn zu verfolgen und für die Erhaltung und den Ausbau des Freien Berufes einzutreten". Unter dieser Zwecksetzung ist die Landesärztekammer nicht gehindert, ihre Mitgliedschaft im Verband Freier Berufe aufrechtzuerhalten. Die allgemeine Verfolgung aller berufsübergreifenden, gemeinsamen ideellen und wirtschaftlichen Belange der Freien Berufe kann den Aufgaben zugeordnet werden, deren Wahrnehmung der Landesärztekammer durch § 5 Heilberufsgesetz eröffnet ist.
aa) Dem steht es zunächst nicht entgegen, dass in § 5 Heilberufsgesetz die Wahrung und Förderung der "beruflichen Belange" der Kammerangehörigen nicht ausdrücklich als Aufgabe der Beklagten formuliert wird. Das Heilberufsgesetz lässt weder hierdurch noch an anderer Stelle erkennen, dass es das Eintreten der Ärztekammer für die berufsständischen Interessen seiner Mitglieder ausschließen will. Mit der offenen Fassung des § 5 Heilberufsgesetz, der anders als in anderen Bundesländern keinen abschließenden Aufgabenkatalog vorhält, sondern lediglich beispielhaft ("insbesondere") bestimmte Aufgaben zur Erfüllung aufgibt, überlässt der hessische Gesetzgeber die Festlegung weiterer Aufgaben dem Entschließungsermessen der Landesärztekammer. Darin liegt zwar nicht die Gewährung eines grenzenlosen Aufgabenfindungsrechts. Nach mittlerweile gefestigter Auffassung in Rechtsprechung und Literatur zählt es jedoch zu den Grundannahmen des deutschen Kammerrechts, dass die berufsspezifische Interessenvertretung ein legitimes Aufgabenfeld der Kammern darstellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.12.1962 - 1 BvR 541/57, BVerfGE 15, 235 [241]; BVerfG, Beschl. v. 9.5.1972 - 1 BvR 518/62 und 308/64, BVerfGE 33, 125 [157]; Tettinger, Kammerrecht, 1997, S. 86, 139 ff.; ders., DÖV 2000, S. 534 [541]). Das gilt ebenso für die Ärztekammern (vgl. Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 1997, S. 89). So gibt auch der Vortrag des Klägers keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die hessische Landesärztekammer - ebenso wie die Ärztekammern in anderen Bundesländern - prinzipiell befugt ist, für die beruflichen Belange ihrer Mitglieder einzutreten. Der Titel des Heilberufsgesetzes "Gesetz über die Berufsvertretungen ..." bekräftigt dies zudem. Das Verwaltungsgericht spricht insofern zutreffend von einer kammerimmanenten Aufgabe. Sie erwächst aus der eigengearteten Stellung ("Doppelnatur") der berufsständischen Kammern zwischen staatlicher Verantwortung und gesellschaftlicher Selbstbestimmung, wie sie sich organisationsrechtlich in der öffentlich-rechtlichen Verfasstheit als körperschaftliche Selbstverwaltungseinrichtung mittelbarer Staatsverwaltung spiegelt.
Diese prinzipielle Befugnis zur berufsständischen Interessenvertretung umfasst nicht nur etwa die Mitgliedschaft in der Bundesärztekammer, die Vertretung der Interessen des ärztlichen Berufsstandes in der Öffentlichkeit, die Stellungnahme zu einschlägigen Gesetzentwürfen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 5 Heilberufsgesetz) oder die Bildung von Arbeitsgemeinschaften mit anderen Heilberufskammern und Sozialversicherungsverbänden (vgl. § 5 Abs. 4 Heilberufsgesetz), sondern auch die Mitgliedschaft in einem einschlägigen privatrechtlichen Interessenverband. Soweit - wie hier - das Gesetz keine entgegenstehende Regelung trifft, steht es in Ausübung ihres Selbstverwaltungsrechts grundsätzlich im - bereits dargelegten - Ermessen der Landesärztekammer, auf welche Weise sie ihre Aufgabe der Interessenvertretung wahrnimmt.
bb) Die Befugnis, Mitglied in privatrechtlichen Organisationen wie der Beigeladenen zu werden und zu bleiben, besteht allerdings nicht unbegrenzt. Insbesondere wäre der Landesärztekammer die Mitgliedschaft in dem Verband Freier Berufe verwehrt, wenn diesem die Vertretung von Interessen obliegen würde, die in keinerlei Bezug stünden zu den beruflichen Belangen der Kammerangehörigen. Darin läge eine Überschreitung der die Pflichtmitgliedschaft ihrer Angehörigen rechtfertigenden Kammeraufgaben. Zwar erklärt es die Satzung des Verbandes Freier Berufe nicht zu dessen Aufgabe, speziell die gruppenspezifischen Interessen der Ärzte wahrzunehmen. Das ist jedoch auch nicht geboten. Die Verbandsaufgabe, die gemeinsamen, berufsübergreifenden Bestrebungen aller Freien Berufe in einem allgemeinen Sinne zu verfolgen, ist insoweit hinreichend, d.h. mit der Aufgabe der Beklagten zur berufsständischen Interessenvertretung der Ärzte vereinbar (vgl. ebenso für die Lage in Nordrhein-Westfalen OVG NRW, a.a.O., NWVBl. 2000, S. 425 [427]; sowie für die Mitgliedschaft einer Steuerberaterkammer in einem Verband Freier Berufe BVerwG, a.a.O., NJW 1987, S. 337 [338]). Das gilt ungeachtet der zwischen den Beteiligten streitigen Frage nach dem Begriff des Freien Berufs im näheren. Denn unstreitig gehören zu den kammerangehörigen Ärzten jedenfalls auch solche, die ihren Beruf freiberuflich ausüben.
Die Festlegung der Verbandsaufgabe auf die berufsübergreifende Interessenvertretung bedeutet zugleich, dass dem Verband ein exklusives Eintreten für die Belange einer bestimmten anderen, d.h. nichtärztlichen Gruppe Freier Berufe verwehrt ist. Diese Beschränkung ist in der Satzung des Bundesverbandes der Freien Berufe seit der Neufassung im Jahre 2002 ausdrücklich niedergelegt. In der vorangegangenen Fassung vom 20. Juni 1991 war demgegenüber noch bestimmt, dass die Wahrnehmung der Interessen für die Angehörigen eines bestimmten Freien Berufes ausgeschlossen ist, soweit damit nicht auch berufsübergreifende Bestrebungen für die Gesamtheit der Freien Berufe unauflösbar verbunden sind. Die Streichung dieser Klausel reagiert ersichtlich auf die Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte Bremen und Nordrhein-Westfalen, die darin die satzungsgemäß eröffnete Möglichkeit zu gruppenspezifischer Verbandspolitik erblickte (vgl. OVG Bremen, a.a.O., NJW 1994, S. 1606 [1607]; OVG NRW, a.a.O., NWVBl. 2000, S. 425 [428]). Auch wenn bei Zugrundelegung der novellierten Satzung in Rechnung zu stellen sein sollte, dass eine ausdrücklich auf die berufsübergreifende Interessenvertretung beschränkte Verbandstätigkeit ihren tatsächlichen Anlass oder Auslöser zumeist in berufsgruppenspezifischen Zusammenhängen findet, begegnet das aus der Warte des Aufgabenbereichs, der der Beklagten von Rechts wegen eingeräumt ist, keinen Einwänden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Funktionsbereich der Rechtsanwaltskammern nicht nur durch die ihnen durch Gesetz ausdrücklich zugewiesenen Aufgaben bestimmt, sondern erstreckt sich darüber hinaus auch auf den Wirkungskreis, der der Körperschaft im Hinblick auf den Zweck des mitgliedschaftlichen Zusammenschlusses erkennbar zugedacht ist (vgl. BGH, Beschl. v. 7.11.1960 - AnwZ [P] 1/60, BGHZ 33, 381 [385]; Beschl. v. 10.7.1961 - AnwZ [B] 18/61, BGHZ 35, 292 [294]; Beschl. v. 12.5.1975 - Anw [B] 2/75, BGHZ 64, 301 [306]; Beschl. v. 17.5.1976 - AnwZ [B] 39/75, BGHZ 66, 297 [300]; Urt. v. 29.10.1989 - I ZR 242/87, BGHZ 109, 153 [157 m.w.N.]; demgegenüber offengelassen in BVerwG, a.a.O., NJW 1987, S. 337). Demzufolge hat der Bundesgerichtshof auch die Mitgliedschaft der Patentanwaltskammer im Bundesverband der Freien Berufe als rechtmäßig beurteilt (BGH, a.a.O., NJW 1996, S. 1899 f.). Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ist dieser Rechtsprechung für den Aufgabenkreis der Ärztekammer nach dem nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetz mit folgender Argumentation allerdings nicht gefolgt (OVG NRW, a.a.O., NWVBl. 2000, S. 425 [427]): Indem nach dem dortigen Heilberufsgesetz die Kammeraufgaben abschließend und umfassend geregelt seien, werde damit auch der Körperschaftszweck der Ärztekammer abschließend festgelegt. Im Hinblick auf die grundrechtlichen Grenzen der Betätigung eines Zwangsverbandes folge daraus, dass darüber hinaus keine Aufgaben denkbar seien, die aus dem mit der Kammer verfolgten Zweck zu folgern sind und nicht zugleich der Wahrung der im Gesetz erwähnten Aufgabenerfüllung dienen. In dieser Schlussfolgerung nimmt das Gericht Bezug auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juni 1986 (a.a.O., NJW 1987, S. 337), das für den Körperschaftszweck der Steuerberaterkammer in vergleichbarer Weise festgestellt hatte, dass dieser durch den abschließenden Aufgabenkatalog nach § 76 Abs. 1 StBerG vollumfänglich abgedeckt werde.
Nach dem hessischen Heilberufsgesetz stellt sich die Rechtslage jedoch, wie auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen beiläufig anmerkt, anders dar. Hier ist durch bewusste gesetzgeberische Entscheidung durch das Änderungsgesetz vom 11.10.1994 (GVBl. I S. 597), dem die Neubekanntmachung des Heilberufsgesetzes in der Fassung vom 19.5.1995 (GVBl. I S. 374) folgte, das Wort "insbesondere" eingefügt worden. Damit sollte verdeutlicht werden, dass der Aufgabenkatalog der Landesärztekammer nicht abschließend ist und ergänzt werden kann (vgl. Amtl. Begr., LT-Drs. 13/6282, S. 16). Der gesetzgeberische Wille lässt mithin zweifelsfrei erkennen, dass sich der Funktionsbereich der Landesärztekammer Hessen nicht auf die in § 5 Heilberufsgesetz ausdrücklich benannten Aufgaben beschränkt, sondern die Bestimmung weiterer Aufgaben in das - wie oben dargelegt - gebundene Selbstverwaltungsermessen der Kammer gestellt ist.
Gegen diese offene Fassung des gesetzlichen Aufgabenspektrums einer berufsständischen Zwangskörperschaft bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Einwände. Entgegen der Ansicht des Klägers muss der Gesetzgeber das zulässige Wirkungsfeld der Ärztekammer nicht bis ins letzte Detail und abschließend regeln. Wohl obliegt es nach den Prinzipien des Rechtsstaats und der Demokratie in erster Linie dem Gesetzgeber, jene legitimen öffentlichen Aufgaben einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft mit Pflichtmitgliedschaft festzulegen, an deren Erfüllung in einem am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichteten Maße ein derart gewichtiges Gemeinschaftsinteresse besteht, dass der grundrechtliche Freiheitsschutz des Einzelnen vor seiner Pflichtmitgliedschaft zurücktreten muss. Diese Entscheidung darf der demokratische Gesetzgeber nicht anderen Stellen innerhalb (oder außerhalb) der Staatsorganisation zur freien Gestaltung überlassen. Andererseits ist bei der Bemessung der unbedingten Reichweite des Gesetzesvorbehalts der Selbstverwaltungsidee und dem mit ihr verknüpften Autonomiegedanken Rechnung zu tragen, die der Errichtung solcher, gegenüber der staatsunmittelbaren Verwaltung institutionell verselbständigter Organisationseinheiten wie den berufsständischen Zwangskörperschaften des öffentlichen Rechts zugrunde liegen (vgl. dazu Hendler, in: Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band IV, 2. Aufl. 1999, § 106 Rn. 20 ff.). Dass sich diese sinnvoll in das System der verfassungsrechtlichen Ordnung einfügen, steht auch in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung außer Zweifel (vgl. BVerfG, a.a.O., BVerfGE 33, 125 [157 m.w.N.]). Daher kann es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sein, den Heilberufskammern einen Spielraum zur eigenständigen Aufgabensetzung zu belassen. Dadurch entspricht er dem Grundgedanken der Körperschaftsgründung, die in den zusammengeschlossenen Berufsgruppen sachkundigen Kräfte zu aktivieren und zur staatsdistanzierten und eigenverantwortlichen Gestaltung der sie besonders berührenden Angelegenheiten heranzuziehen (vgl. auch BVerfG, a.a.O., BVerfGE 33, 125 [159]).
Dieser Spielraum begründet jedoch keinen Freiraum zu "kreativer Illegalität" (Schmidt-Aßmann, in: Gedächtnisschrift für Martens, 1987, S. 249 [260]). Vielmehr muss sich die kammereigene Aufgabenkonkretisierung im Sinne einer "sachgerechten Funktionswahrnehmung" (Schöbener, VerwArch 91 [2000], S. 374 [412]) im Rahmen des gesetzlich erkennbaren Funktionszwecks der Kammer halten und sich als erforderlich und angemessen erweisen.
Unter Anlegung dieser Maßstäbe vermag der Senat nicht zu erkennen, dass der Mitgliedschaft der Beklagten im Verband Freier Berufe dessen satzungsgemäßes Tätigkeitsfeld entgegensteht. Die verbandliche Wahrnehmung der ideellen und wirtschaftlichen Interessen der Gesamtheit der Freien Berufe verliert auch in den Fällen, in denen diese gemeinsamen Interessen in berufsgruppenspezifischen Zusammenhängen tangiert werden, nicht ihren sachlichen Bezug zu dem legitimen Funktionszweck der Landesärztekammer, die berufsständischen Belange ihrer Angehörigen zu vertreten. Eine unter diesen Satzungsbedingungen eingegangene und aufrechterhaltene Mitgliedschaft stellt daher keine unsachgemäße Funktionswahrnehmung dar. Die jeweils situationsabhängig durch die Interessenlagen einzelner Berufe veranlasste Veranschaulichung der allgemeinen und übergreifenden Bestrebungen der Freien Berufe entspricht den Praxisbedürfnissen wirkungskräftiger Verbandspolitik. Wenn die Landesärztekammer in Ausübung ihrer "interessenvertretenden körperschaftlichen Selbstverwaltung" (Hendler, a.a.O., in: Handbuch des Staatsrechts, § 106 Rn. 64) zu der nach demokratischen Grundsätzen gefundenen Ansicht gelangt, über ihre mitgliedschaftliche Teilhabe an einer derartigen Verbandstätigkeit ihre Aufgaben besser erfüllen zu können, dann unternimmt sie dadurch keine rechtswidrige Ausdehnung ihres Wirkungskreises. Die darin zum Ausdruck gelangende offensive Interpretation ihres berufsständischen Körperschaftszwecks missachtet weder die Belange des Gemeinwohls (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 3 Heilberufsgesetz) noch sonstige öffentlich-rechtliche Bindungen. Ein nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beurteilender, qualifizierter Eingriff in das allgemeine Freiheitsrecht des Klägers als kammerangehöriges Pflichtmitglied liegt darin nicht.
b) Eine derartige Rechtsverletzung des Klägers ergibt sich auch nicht aus dem tatsächlichen Wirken des Verbandes Freier Berufe in Hessen. Für die Frage, ob die Beklagte mit ihrer Verbandsmitgliedschaft ihren gesetzlichen Aufgabenkreis überschreitet, kommt es grundsätzlich auf einen Vergleich mit dem satzungsgemäßen Aufgabenfeld des Verbandes an. Die tatsächlichen Aktivitäten des Verbandes (Verlautbarungen, Stellungnahmen etc.) hingegen vermögen normalerweise, d. h. bei Funktionieren der verbandsinternen Kontrolle, die Rechtswidrigkeit der Mitgliedschaft der Beklagten im Verband Freier Berufe nicht zu begründen, und zwar auch dann nicht, wenn diese im konkreten Fall von der Verbandssatzung nicht gedeckt wären und dadurch zugleich der gesetzliche Aufgabenkreis der Beklagten überschritten würde. Ein derart satzungswidriges Verhalten - sein Vorliegen einmal unterstellt - lässt die Rechtmäßigkeit der Verbandszugehörigkeit der Beklagten grundsätzlich unberührt. Vielmehr handelt es sich dann um eine Angelegenheit, die in den Wegen und mit den Mitteln der verbandsinternen Kontrolle, also - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - über die zuständigen Gremien in der Landesärztekammer und des Verbandes, gegebenenfalls unter Einschaltung der Rechtsaufsicht und Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes, zu bekämpfen ist (vgl. BGH, a.a.O., NJW 1996, S. 1899 [1900]; BVerwG, Urt. v. 17.12.1981 - 5 C 56.79, BVerwGE 64, 298 [301]; auch Hess.VGH, a.a.O., GewArch 1984, S. 234 [235], sowie Tettinger, Anm. zu OVG NRW, a.a.O., NWVBl. 2000, S. 429; Tettinger, Kammerrecht, 1997, S. 156). Kontrollmaßstab ist insoweit die in den Satzungen des hessischen Landesverbandes wie des Bundesverbandes der Freien Berufe seit dem Jahre 2002 nahezu gleichlautend enthaltende Klausel, dass die Verbandstätigkeit den gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich ihrer Mitglieder nicht überschreiten darf; die Satzung des Bundesverbandes verlangt zudem, dass die Tätigkeit zur Förderung und Wahrung der den Mitgliedern zugewiesenen Aufgaben erforderlich und angemessen sein muss. Im Rahmen dieser Kontrolle wird es dann notwendig, die (noch) berufsübergreifende von der (nur) gruppenspezifischen, nichtärztlichen Interessenwahrnehmung des Verbandes im Einzelfall abzugrenzen.
Fehl geht die Ansicht des Klägers, einer derartigen Bewirkung satzungskonformen Verbandsverhaltens stünde die durch Art. 9 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Vereinigungsfreiheit des Verbandes entgegen. Dabei kann die (umstrittene) Frage offen bleiben, inwieweit der Verband selbst überhaupt als originärer, d.h. nicht nur nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 3 GG bestimmter Träger der Vereinigungsfreiheit in Betracht kommt (vgl. dazu Scholz [1999], in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand: Februar 2003, Art. 9 Rn. 23 ff.; Kemper, in: v.Mangoldt/Klein/Starck [Hrsg.], Das Bonner Grundgesetz, Band 1, 4. Aufl. 1999, Art. 9 Abs. 1, Rn. 137 ff.). Jedenfalls kann ein grundrechtliches Schutzbedürfnis des Verbandes, das sich in einem Interessengegensatz zu einem seiner Mitglieder befindet, nicht weiter reichen als das grundrechtlich geschützte Interesse der vereinsbildenden individualen Grundrechtsträger selbst, in Ausübung ihrer verbandsinternen Betätigungsfreiheit auf die Einhaltung der von ihnen autonom festgelegten Verbandsaufgaben zu dringen.
Dahingestellt bleiben kann, ob abweichend von dem vorstehend angeführten Grundsatz ein andauernder, schwerwiegender und verbandsintern nicht einzudämmender Satzungsbruch des Verbandes, der sich zugleich in Widerspruch stellt zu den gesetzlichen Aufgaben der Landesärztekammer, zur Rechtswidrigkeit und zu einem Anspruch des Klägers auf Beendigung der Mitgliedschaft führen könnte (dazu Hendler, DÖV 1986, S. 675 [683]; Tettinger, Kammerrecht, 1997, S. 156). Denn ein solcher (Ausnahme-)Fall ist vorliegend nicht ersichtlich. Die Beklagte hat eingehend dargelegt, dass und wie sich die Organe der Landesärztekammer (Präsident, Präsidium, Delegiertenversammlung) regelmäßig mit den Aktionen des Verbandes Freier Berufe befassen und sie auf ihre Vereinbarkeit mit dem Aufgabenbereich der Kammer hin beurteilen. An mehreren Beispielen (Fragen der Aus- und Weiterbildung, der Qualitätssicherung, der Berufsordnungen, der Gebührenordnung und des Steuerrechts, Bündelung des Einflusses auf politische Institutionen) wurde verdeutlicht, wie das tatsächliche Wirken des Verbandes satzungskonform die Aufgabe der Landesärztekammer zur berufsständischen Interessenvertretung ihrer Angehörigen unterstützt. In keinem Fall seien bisher Beanstandungen erhoben worden. Der Senat vermag daher keine Anhaltspunkte zu erkennen, die es rechtfertigen würden, die Rechtmäßigkeit der fortdauernden Mitgliedschaft der Beklagten im Verband Freier Berufe deswegen in Zweifel zu ziehen, weil sich die tatsächliche Verbandsaktivität andauernd und in schwerwiegender Weise als nicht erforderlich und angemessen erweist, um die Aufgaben der Beklagten zu fördern und zu wahren, und sich die Beklagte trotz entsprechender Aufforderungen ihrer Angehörigen beharrlich weigert, dem innerhalb des Verbandes entgegenzutreten.
c) Die Mitgliedschaft der Landesärztekammer im Verband Freier Berufe erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil ein Teil der Kammerangehörigen - wie der Kläger - den Arztberuf nicht in wirtschaftlicher Selbständigkeit, sondern in abhängiger Beschäftigung ausübt und daher von dieser Art interessenvertretender Kammertätigkeit (vermeintlich) nicht umfasst wird. Eine solche Schlussfolgerung käme nur dann in Betracht, wenn der klägerischen Ansicht zu folgen wäre, dass dies zum einen gegen eine der Kammer vermeintlich obliegende Pflicht verstoße, stets das Gesamtinteresse ihrer Angehörigen zu vertreten, und dass zum zweiten die Gruppe der unselbständig tätigen Ärzte begrifflich nicht der Gruppe der Freien Berufe angehöre. Beides kann jedoch im Ergebnis dahingestellt bleiben. Selbst wenn anzunehmen wäre, die hessische Landesärztekammer sei von Rechts wegen auf die Vertretung der Gesamtbelange des in ihr zusammengeschlossenen Berufsstandes beschränkt, stünde ihre Mitgliedschaft im Verband Freier Berufe dazu nicht in Widerspruch.
Anders als das bremische Heilberufsgesetz enthält das hessische Heilberufsgesetz keine Regelung des Inhalts, dass von der Ärztekammer die beruflichen Belange der Gesamtheit der Kammerangehörigen zu wahren sind. Allerdings spricht vieles dafür, dass der gesetzliche Körperschaftszweck, der den mitgliedschaftlichen Zusammenschluss der "Ärztinnen und Ärzte" (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Heilberufsgesetz) rechtfertigt, bei verfassungskonformer Interpretation die Interessenvertretung der Kammer im vorgenannten Sinne begrenzt, also eine "reine Interessenvertretung" ausgeschlossen ist (vgl. zu Industrie- und Handelskammern BVerfG, a.a.O., BVerfGE 15, 235 [241]; offengelassen in BVerfG-Kammer, a.a.O., NVwZ 2002, S. 335 [337]; allgemein Tettinger, Kammerrecht, S. 86 f.). Darin unterscheidet sich das Wirkungsfeld privatrechtlich organisierter Interessenverbände von dem öffentlich-rechtlicher Körperschaften mit Pflichtmitgliedschaft. Letztere dienen der Erfüllung von Aufgaben, an denen "ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft besteht, die aber so geartet sind, dass sie weder im Wege privater Initiative wirksam wahrgenommen werden können noch zu den im engeren Sinn staatlichen Aufgaben zählen, die der Staat selbst durch seine Behörden wahrnehmen muss" (BVerfG, Beschl. v. 18.12.1974 - 1 BvR 430/65 und 259/66, BVerfGE 38, 281 [299]; BVerfG [2. Kammer des Ersten Senats], Beschl. v. 7.12.2001 - 1 BvR 1806/98, NVwZ 2002, S. 33 [336]). Dies verwehrt die Annahme, die berufliche Interessenvertretung sei eine originäre Verbandsaufgabe, die durch ihre "Verkammerung" keine substantielle Veränderung erfahre und daher von den öffentlich-rechtlichen Zwangskörperschaften in gleicher Weise wahrgenommen werden könne wie von privat-rechtlichen Interessenverbänden (vgl. Tettinger, Kammerrecht, S. 140). Danach wäre die beklagte Ärztekammer daran gehindert, Partikularinteressen einzelner Mitglieder oder Mitgliedergruppen zu verfolgen. Aus dieser Sicht besteht das legitimierende besondere öffentliche Interesse vielmehr an einer möglichst objektivierenden Vertretung des Gesamtinteresses des ärztlichen Berufsstandes, bei der die spezifischen Interessen einzelner Berufsgruppen lediglich abwägend und ausgleichend Berücksichtigung finden (vgl. für Industrie- und Handelskammern BVerfG, a.a.O., BVerfGE 15, 235 [241]; BVerfG-Kammer, a.a.O., NVwZ 2002, S. 335 [337]).
Auch wenn man dieser Rechtsauffassung folgt, hält sich die Mitgliedschaft der Beklagten im Verband Freier Berufe innerhalb ihrer Kompetenz. Die Aufgabenbeschränkung auf das Gesamtinteresse bedeutet nämlich nicht, zu einer gebündelten Vertretung der "gemeinsamen Interessen" der Kammerangehörigen verpflichtet zu sein. Das Gesamtinteresse ist nicht gleichzusetzen mit der Summe aller Einzelinteressen. Das berufliche Gesamtinteresse des Ärztestandes ist vielmehr das Ergebnis eines umfassenden Abwägungsprozesses verschiedenster, im Einzelfall auch divergierender Interessen (vgl. Jahn, GewArch 2002, S. 353 [355]). Das gilt - wie die Beklagte zu Recht herausstellt -in besonderem Maße für Körperschaften wie die Ärztekammer, deren Mitgliederbestand inhomogen, also durch unterschiedliche Berufsgruppen besetzt ist. Die Entscheidung der Landesärztekammer, die beruflichen Belange ihrer Angehörigen auch im Verband Freier Berufe zu vertreten, ist daher - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht schon deshalb rechtswidrig, weil sich dadurch tatsächlich nicht sämtliche Kammerangehörigen vertreten sehen. Sofern sich dies als eine Entscheidung im Rahmen einer insgesamt ausgewogenen Interessenwahrnehmung darstellt, die der nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Heilberufsgesetz aufgegebenen Sorge um das gedeihliche Verhältnis der Kammerangehörigen untereinander Rechnung trägt, liegt darin kein Widerspruch zu der Verpflichtung, die Gesamtbelange zu wahren. Dies stellt weder objektiv-rechtlich eine unstatthafte Bevorzugung einer Teilgruppe der "verkammerten" Ärzteschaft noch subjektiv-rechtlich eine unverhältnismäßige Bevormundung eines einzelnen Kammermitglieds dar.
Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit der Beklagten diesen Maßgaben nicht entspricht, bestehen nicht. Sie hat zur Überzeugung des Senats dargetan, dass sie mit ihrer Mitgliedschaft im Verband Freier Berufe keinesfalls Partikularinteressen einzelner Kammerangehöriger, etwa nur der niedergelassenen Ärzte, verfolgt. Die Verbandsmitgliedschaft werde vielmehr deshalb aufrechterhalten, weil damit - wenn auch quantitativ unterschiedlich - die Sache aller Ärzte im Kammerbereich mit einer Stimme vertreten und gefördert werde. Dass die Beklagte dadurch keine einseitige und unausgewogene Interessenvertretung betreibt, ergibt sich zudem aus der Breite ihres gesamten Tätigkeitsspektrums. Sie hat eine Liste von 14 weiteren Interessenverbänden und -vereinigungen vorgelegt, zu deren Unterstützung sie im Dienste ihrer Aufgabe, die verschiedenen Interessen und Belange der hessischen Ärzteschaft zu pflegen, tätig ist. Auch sind eine Anzahl der Kammerangehörigen, insbesondere Präsidiumsmitglieder und Delegierte der Kammerversammlung, als Einzelpersonen Mitglieder des Marburger Bundes, des Hartmannbundes oder sonstiger Ärztevereinigungen, in denen sie ihre Interessen und damit mittelbar auch die Interessen der Landesärztekammer wahrnehmen. Eine solche Einzelpersonenmitgliedschaft im Verband der Freien Berufe ist sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene satzungsgemäß ausgeschlossen.
Nach allem kann es letztlich offen bleiben, ob auch ein angestellter oder beamteter Arzt der Gruppe der Freien Berufe angehört. Es spricht freilich viel dafür, in vorliegendem Zusammenhang nicht auf den steuerrechtlichen Begriff nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG abzustellen (so OVG Bremen, a.a.O., NJW 1994, S. 1606 [1608]), sondern auf den berufsrechtlichen Begriff nach § 1 der Berufsordnung für die Ärzte in Hessen i.V.m. § 1 Abs. 2 der Bundesärzteordnung abzustellen. Danach ist der ärztliche Beruf seiner Natur nach ein Freier Beruf. Dieser wird durch die spezifischen Merkmale einer auf der Grundlage qualifizierter Ausbildung eigenverantwortlichen und fachlich unabhängigen Erbringung von Dienstleistungen höherer Art gekennzeichnet, wie sie auch in § 1 Abs. 2 Satz 1 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes zum Ausdruck gelangen (vgl. auch Tettinger, DÖV 2000, S. 534 [535 ff.]; Möstl, WiVerw 2002, S. 213 [217]). Danach unterfiele auch der Kläger als beamteter Mediziner der Gruppe der Freien Berufe.
3. Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, weil er unterlegen ist (§§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
4. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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