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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.02.2003
Aktenzeichen: 12 TG 212/03
Rechtsgebiete: VO/EG Nr. L 539/2001 v. 15.03.2001 geänd. d. VO/EG Nr. L 2414/2001 v. 07.12.2001 - EUVisaVO -, Mitteilung Nr. C 363/01 v. 19.12.2001, AuslG, DVAuslG


Vorschriften:

VO/EG Nr. L 539/2001 v. 15.03.2001 geänd. d. VO/EG Nr. L 2414/2001 v. 07.12.2001 - EUVisaVO - Art. 1 Abs. 1
VO/EG Nr. L 539/2001 v. 15.03.2001 geänd. d. VO/EG Nr. L 2414/2001 v. 07.12.2001 - EUVisaVO - Art. 1 Abs. 2
VO/EG Nr. L 539/2001 v. 15.03.2001 geänd. d. VO/EG Nr. L 2414/2001 v. 07.12.2001 - EUVisaVO - Art. 4 Abs. 3
VO/EG Nr. L 539/2001 v. 15.03.2001 geänd. d. VO/EG Nr. L 2414/2001 v. 07.12.2001 - EUVisaVO - Art. 5
Mitteilung Nr. C 363/01 v. 19.12.2001
AuslG § 3 Abs. 1
AuslG § 3 Abs. 3
DVAuslG § 11 Abs. 1 Nr. 2
DVAuslG § 12
1. Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 (ABlEG v. 21.03.2001 L 81/1), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2414/2001 des Rates vom 7. Dezember 2001 (ABlEG Nr. L 237 vom 12.12.2001) - EUVisaVO - befreit in Abgrenzung zu der die grundsätzliche Visumpflicht regelnden Vorschrift des Art. 1 Abs. 1 EUVisaVO die Staatsangehörigen der in der Liste in Anhang II aufgeführten Drittländer von der Visumpflicht beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedsstaaten für einen Aufenthalt, der insgesamt drei Monate nicht überschreitet.

2. Die Bundesrepublik Deutschland hat durch die nach Art. 5 Abs. 1 EUVisaVO erfolgte Mitteilung (ABlEG Nr. C 363/21 vom 19.12.2001) nach Art. 4 Abs. 3 EUVisaVO Ausnahmen von der Visumbefreiung vorgesehen. § 12 DVAuslG findet insoweit neben dem Gemeinschaftsrecht ergänzende Anwendung.

3. Bulgarische Staatsangehörige unterliegen nach § 3 Abs. 1 und 3 AuslG i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 2 DVAuslG, soweit sie nach Deutschland mit der Absicht einreisen, eine Erwerbstätigkeit nach § 12 Abs. 1 DVAuslG aufzunehmen, der nach nationalem Ausländerrecht in Ausnahme zu der EUVisaVO begründeten Visumpflicht mit vorheriger Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

12. Senat

12 TG 212/03

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausländerrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 12. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Prof. Dr. Renner, Richterin am Hess. VGH Thürmer, Richter am VG Walther (abgeordneter Richter)

am 7. Februar 2003 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 9. Januar 2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, indes unbegründet. Aufgrund des Beschwerdevorbringens kann nicht festgestellt werden, dass das Verwaltungsgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Unrecht zurückgewiesen hat, wobei die Prüfung des Senats auf die dargelegten Beschwerdegründe beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung; zur Beschränkung der Prüfung im Beschwerdeverfahren vgl. Hess. VGH, 05.07.2002 - 12 TG 959/02 -, EZAR 037 Nr. 7). Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht das Eilrechtsschutzbegehren des Antragstellers zurückgewiesen. Rechtsgrundlage für die mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundene Ausweisungsverfügung des Antragsgegners ist § 45 Abs. 1 i.V.m. § 46 Nr. 2 AuslG.

Nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 2. Dezember 2002 gegen die Ausweisungsverfügung und Abschiebungsandrohung des Antragsgegners vom 30. November 2002 gebotenen summarischen Prüfung, erweist sich die streitgegenständliche Verfügung als offensichtlich rechtmäßig.

Der Antragsteller ist bulgarischer Staatsangehöriger und hat hier durch die Einreise nach Deutschland ohne Visum sowie durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gegen die Einreisebestimmungen der Bundesrepublik Deutschland verstoßen, soweit er zum Zwecke der Erwerbstätigkeit nur nach vorheriger Einholung eines mit Zustimmung der Ausländerbehörde erteilten Sichtvermerks hätte einreisen dürfen (§ 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 AuslG i.V.m. §§ 11 Abs. 1 Nr. 2, 12 DVAuslG).

Erkennbar hatte der Antragsteller die Absicht, nach seiner Einreise eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 DVAuslG auszuüben. Nach § 12 Abs. 1 DVAuslG ist unter Erwerbstätigkeit jede selbständige oder unselbständige Tätigkeit, die auf die Erzielung von Gewinn gerichtet oder für die ein Entgelt vereinbart oder üblich ist oder für die eine Genehmigung für die Beschäftigung der Arbeitnehmer oder eine Berufsausübungserlaubnis erforderlich ist, zu verstehen. Damit sind auch Tätigkeiten umfasst, für die eine Entlohnung tatsächlich nicht erfolgt, aber üblich ist oder eine Entlohung im Wege der Naturalvergütung (Kost und Logis) gewährt wird (zu letzterem BVerwG, 24.10.1984 - 1 B 9.84 -, EZAR 101 Nr. 3 = InfAuslR 1985, 129 - "Au-pair-Mädchen" -). Gegenleistungen für eine Tätigkeit als Au-pair-Mädchen sind insoweit auch als Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit i.S.v. § 2 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 BKGG zu bewerten (BSG, 30.10.1991 - 10 RKg 10/90 -, MDR 1992, 592).

Hier sprechen allein die äußeren Umstände für das Vorliegen einer Erwerbstätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 DVAuslG. Bereits der Bericht der vor Ort ermittelnden Beamten des Polizeipräsidiums Südosthessen, Polizeistation M , belegt, dass zumindest die neben dem Antragsteller am 29. November 2002 in der Wohnung straße , M angetroffenen bulgarischen Staatsangehörigen sich seit ca. 5 Wochen dort aufgehalten, ihre Schlafstätte bezogen und auch dort gearbeitet haben. Der Antragsteller selbst befand sich ausweislich der in seinem Reisepass aufgebrachten Stempel der österreichischen Grenzbehörden seit dem 23. November 2002 in Deutschland. Der Umfang der festgestellten Arbeiten, der auch durch entsprechende Lichtbilder dokumentiert ist, belegt, dass es sich um die völlige Entkernung und Renovierung einer Wohnung handelte. So waren die Böden in Bad und Flur sowie teilweise elektrische Leitungen entfernt und kein Putz mehr an den Wänden. Entgegen der Ansicht des Antragstellers geht dieser Umfang der Tätigkeit deutlich über das hinaus, was im Rahmen verwandtschaftlicher Beziehungen noch als Gefälligkeit angesehen werden kann. Insbesondere die eidesstattliche Versicherung der Cousine des Antragstellers vom 30. Januar 2003 führt nicht zu einer anderen Sicht der Dinge. Der Erklärungsinhalt steht der Überzeugung des Senats, dass der Antragsteller eine visumpflichtige Erwerbstätigkeit ausüben wollte und ausgeübt hat, nicht entgegen. Es mag sein, dass die Cousine des Antragstellers beim Ordnungsamt der Gemeinde M oder bei der Ausländerbehörde des Landkreises D nachgefragt hat, ob die Hilfe bei der beabsichtigten Renovierung genehmigungs- bzw. erlaubnisfrei sei, und ihr dies auch so bestätigt wurde. Nicht dargetan ist indes in der Erklärung, welchen Umfang der Arbeiten die Cousine des Antragstellers hierbei den Behörden gegenüber angegeben hat. Schon insoweit kann die Erklärung im Hinblick auf die tatsächlich ausgeführten, umfangreichen Arbeiten nicht zugunsten des Antragstellers gewertet werden. Schon soweit der Antragsteller mit seinen Landsleuten eigenen Angaben zufolge seit Tagen bzw. Wochen in der Wohnung aufenthältlich gewesen sein will, macht dies in einer Gesamtschau mit den getroffenen Feststellungen und den vorliegenden Lichtbildern bei der gebotenen summarischen Prüfung deutlich, dass er mehr als nur die benannten zwei Stunden täglich dort gearbeitet haben muss. Lebenserfahrung und Photoaufnahmen, sowie die Angaben der Mitbewohner des Hausgrundstücks, dass der Lärm der Renovierungsarbeiten schon über Wochen angedauert habe, lassen nur den Schluss zu, dass hier umfangreiche Arbeiten von mehreren Personen ausgeführt wurden und die Darstellung, der Antragsteller habe nur in geringem zeitlichen Umfang sich dort betätigt, einfach lebensfremd ist. Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass unvorhergesehene Arbeiten zu bewältigen waren. Vielmehr spricht alles dafür, dass hier planmäßig eine Wohnung von Grund auf renoviert wurde. Dass die Aufnahme der Erwerbstätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 DVAuslG im übrigen schon vor der Einreise beabsichtigt war (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 DVAuslG: "... eine Erwerbstätigkeit ... ausüben will"), belegt die insoweit glaubhafte Einlassung der Cousine des Antragstellers, dass sie Ende Oktober - mithin vor Einreise des Antragstellers und der weiteren Verwandten - bei staatlichen Stellen wegen einer etwaigen Genehmigung- bzw. Erlaubnispflicht nachgefragt hat.

Der Antragsteller ist von der damit nach nationalem Recht gegebenen Visumpflicht auch nicht durch vorrangiges Gemeinschaftsrecht befreit. Art. 1 Abs. 2 VO/EG Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 (ABlEG v. 21.03.2001 L 81/1), geändert durch VO/EG Nr. 2414/2001 des Rates vom 7. Dezember 2001 (ABlEG Nr. L 237 vom 12.12.2001), - nachfolgend: EUVisaVO - befreit zwar in Abgrenzung zu der die grundsätzliche Visumpflicht regelnden Vorschrift des Art. 1 Abs. 1 EUVisaVO die Staatsangehörigen der in der Liste in Anhang II aufgeführten Drittländer von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der insgesamt drei Monate nicht überschreitet. Der Staat Bulgarien ist in diese Liste aufgenommen. Nach Art. 4 Abs. 3 EUVisaVO ist es jedoch den Mitgliedstaaten vorbehalten für Personen, die während ihres Aufenthalts einer Erwerbstätigkeit nachgehen, Ausnahmen von der nach Gemeinschaftsrecht grundsätzlich gegebenen Visumbefreiung vorzusehen. Dies ist seitens der Bundesrepublik Deutschland insoweit erfolgt, als diese den anderen Mitgliedstaaten und der EU-Kommission nach Art. 5 Abs. 1 EUVisaVO mitgeteilt hat, dass die Personen aus enumerativ bestimmten Ländern auch weiterhin visumpflichtig sind, wenn sie in Deutschland entlohnte Tätigkeiten ausüben, also im Sinne des deutschen Ausländerrechts erwerbstätig sind (ABlEG Nr. C 363/21 vom 19.12.2001). Als entlohnte Tätigkeit gilt insoweit auch die selbständige Tätigkeit. Die Ausnahmen von diesem Grundsatz entsprechen im wesentlichen der in § 12 Abs. 2 bis 6 DVAuslG getroffenen Regelung (vgl. ABlEG Nr. C 363/28 - "Anmerkung Deutschland" -). Der Begriff der unselbständigen Erwerbstätigkeit stimmt im wesentlichen mit dem gemeinschaftsrechtlichen Begriff der Arbeitnehmertätigkeit überein. Soweit die Mitteilung der nationalen Ausnahmeregelungen zu Art. 4 Abs. 3 EUVisaVO unter Nr. 3 hinsichtlich der Visumpflicht auf eine entlohnte Tätigkeit abstellt (ABlEG Nr. C 363/21 vom 19.12.2001, S. 26), ist unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Ausnahmeregeln davon auszugehen, dass auch jene Tätigkeiten erfasst werden, für eine Entlohnung tatsächlich nicht erfolgt, aber üblich ist (vgl. § 12 Abs. 1 DVAuslG).

Die Anwendung des nationalen Rechts als Ausnahme zu einer Verordnung des Gemeinschaftsrecht unterliegt insoweit keinen Bedenken (so auch BayObLG, 21.05.2002 - 4 St RR 44/02 -, InfAuslR 2002, 390 bzgl. eines tschechischen Staatsangehörigen; zur Rechtslage für einen polnischen Staatsangehörigen vor Inkrafttreten der EUVisaVO vgl. BayObLG, 30.10.2001 - 4 St RR 105/01 -, NJW 2002, 1282 = InfAuslR 2002, 197 = EZAR 355 Nr. 29; näher zum Verhältnis zwischen EUVisaVO und DVAuslG: Fehrenbacher, Die ausländerrechtliche Behandlung von Straßenmusikanten, ZAR 2002, 58; a.A. Westphal/Stoppa, Einreise und Aufenthalt von Drittländern nach der neuen Visumverordnung Nr. 539/2001, InfAuslR 2002, 309; dies., Einreise und Aufenthalt von Postivstaatern zum Zwecke der Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der EUVisaVO, ZAR 2002, 315; dies., Anmerkung zum Beschluss des BayObLG vom 21.05.2002, InfAuslR 2002, 392). Nicht etwa ist es so, dass Gemeinschaftsrecht durch nationales Recht modifiziert wird. Erkennbar hat vielmehr das Gemeinschaftsrecht in der EUVisaVO einen Raum für mitgliedsstaatliche Ausnahmeregelungen vorgehalten.

Die dem nationalen Recht entstammenden Ausnahmen zur EUVisaVO erweisen sich auch nicht als Systembruch (so aber Westphal/Stoppa, ZAR 2002, 316), weil sie keine Änderung des den Aufenthalt regelnden Gemeinschaftsrechts durch nationale Bestimmungen darstellen. Die nationalen Ausnahmeregelungen sind auch entgegen der von den Autoren vertretenen Ansicht nicht Teil des Gemeinschaftsrechts; vielmehr werden lediglich die der Erteilung eines Visums vorbehaltliche (Art. 1 Abs. 1 EUVisaVO) bzw. die bis zu einem Aufenthalt von drei Monaten visumfreie (Art. 1 Abs. 2 EUVisaVO) Einreise gemeinschaftsrechtlich geregelt. Insoweit ist die EUVisaVO auch zutreffend auf die Ermächtigungsgrundlage des Art. 62 Nr. 2 Buchst. b i) EGV gestützt.

Danach bedeutet die Veröffentlichung der durch das nationale Recht (§ 3 Abs. 1 AuslG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 Satz 1 DVAuslG, 12 DVAuslG begründeten Ausnahmen im Amtsblatt C der EG nicht, wie von Westphal/Stoppa (ZAR 2002, 316) angenommen, dass diese nicht wirksam geworden sind. Zwar bedürfen Verordnungen der Europäischen Union der Veröffentlichung. Die Veröffentlichung hat konstitutive Wirkung für die Gültigkeit des Rechtsaktes (Art. 191 Abs. 1 Satz 1 EG-Vertrag; näher dazu Oppermann Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 568; anders z.B. dagegen bei Beschlüssen des Assoziationsrates, die nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes als Bestimmungen eines vom Rat gemäß den Artikeln 228 und 238 EG-Vertrag geschlossenen Abkommens von ihrem Inkrafttreten an einen integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung bilden: EuGH, 20.09.1990 - RS 192/89 - Sevince -, NVwZ 1991, 255 zur unmittelbaren Geltung u.a. des Beschlusses Nr. 1/80 über die Entwicklung der Assoziationsrates, ANBA 1981, 4). Soweit das dem nationalen Ausländerrecht grundsätzlich vorrangige Gemeinschaftsrecht (§ 1 Abs. 1 AuslG, näher: Renner, Ausländerrecht in Deutschland, 1998, S. 63 ff.) in Art. 4 Abs. 3 EUVisaVO seine Vorrangigkeit dadurch begrenzt, dass es den Mitgliedstaaten überlässt, Ausnahmen von der Visumfreiheit für Personen zu regeln, die während ihres Aufenthalts einer Erwerbstätigkeit nachgehen, wird durch das nationale Recht nicht etwa eine EG-Verordnung geändert. Eine solche Änderung setzte eine durch Delegation der Rechtsetzungsgewalt erfolgte Befugnis des nationalen Gesetz- oder Verordnungsgebers voraus, die das EG-Recht grundsätzlich so nicht kennt (Oppermann, a.a.O., Rn. 562). Mithin bedurfte es auch nicht der Veröffentlichung der als Ausnahme in Bezug genommenen und nach Art. 5 Abs. 1 EUVisaVO ordnungsgemäß mitgeteilten Regelungen im Amtsblatt L; es genügte gemäß § 5 Abs. 2 EUVisaVO die im Amtsblatt C "informationshalber" erfolgte Veröffentlichung.

In § 12 DVAuslG ist auch insoweit eine Regelung im Sinne von Art. 4 Abs. 3 VO zu sehen, als diese nationale Rechtsverordnung nicht ausdrücklich als Ausnahmeregelungen zur EUVisaVO, sondern als Ausnahmebestimmungen zum deutschen Einreise- und Aufenthaltsrecht konzipiert wurde. Soweit nach Art. 5 Abs. 1 VO jeder Mitgliedsstaat den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission bereits binnen zehn Arbeitstagen nach Inkrafttreten der EUVisaVO die Maßnahmen zu übermitteln hat, die er gemäß Art. 4 Abs. 3 EUVisaVO getroffen hat, muss es den Mitgliedstaaten auch verständlicherweise vorbehalten bleiben, nicht nur erst Ausnahmeregelungen zu schaffen, die auf die erlassene Verordnung hin ergehen - was im Hinblick auf die Kürze der Mitteilungsfrist ohnehin de facto ausgeschlossen sein dürfte -, sondern vielmehr Bezug zu nehmen auf bereits in Kraft befindliches nationales Recht, wie dies die Bundesrepublik getan hat. Insoweit vermag die in der Literatur (Westphal/Stoppa, InfAuslR 2002, 309; dies. ZAR 2002, 315) vertretene Auffassung, dass § 12 DVAuslG nur Befreiungen nach § 1 DVAuslG, nicht aber solche Befreiungen einschränke, die nach Inkrafttreten der EUVisaVO erfolgten, nicht zu überzeugen.

Als weiterer nicht nur geringfügiger Verstoß im Sinne des § 46 Nr. 2 AuslG erweist es sich auch, dass der Antragsteller, soweit ihm als Cousin der Eigentümerin der renovierten Wohnung die Privilegierung durch § 9 Nr. 1 ArGV i.V.m. § 5 Abs. 2 BetrVG nicht zugute kommt, durch seine Arbeit ohne Arbeitsgenehmigung das Schutzgut geschriebenen Rechts (§ 284 Abs. 1 SGB III) verletzt und dadurch einen Ordnungswidrigkeitstatbestand nach § 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III verwirklicht.

Die Entscheidung über die Kosten und den Streitwert des Beschwerdeverfahrens ergeben sich aus § 154 Abs. 2 VwGO und §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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