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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.03.2000
Aktenzeichen: 12 TG 2545/99
Rechtsgebiete: GG, AuslG


Vorschriften:

GG Art. 6
AuslG § 17
AuslG § 23
1. Die Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft ist von der Ausländerbehörde, wenn die Ehe gültig geschlossen und nicht aufgehoben ist, nur bei begründeten Zweifeln und unter Achtung der Intimsphäre der Ehegatten zu überprüfen.

2. Dabei können äußerliche Anhaltspunkte für das Bestehen einer Ehegemeinschaft festgestellt und auch Fragen gestellt werden, deren Beantwortung durch die Ehepartner Rückschlüsse auf deren Vertrautheit mit den jeweiligen Lebensgewohnheiten zulassen.

3. Derartige Überprüfungen sind auf das Bestehen einer tatsächlichen ehelichen Lebensgemeinschaft zu beschränken; sie haben nicht die Feststellung einer "schützenswerten Ehe" zum Gegenstand.


Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den ausländerbehördlichen Bescheid vom 9. März 1998, mit dem die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt und die Abschiebung in die Türkei angedroht wurde, zu Unrecht abgelehnt; denn dieser Bescheid erweist sich nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand als offenbar rechtswidrig mit der Folge, dass das öffentliche Interesse an dessen sofortigem Vollzug gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers an einem vorläufigen weiteren Verbleib im Bundesgebiet unter Berücksichtigung der hier gegebenen persönlichen Verhältnisse zurückzutreten hat (vgl. dazu BVerfG, 21.03.1985 - 2 BvR 1642/93 -, BVerfGE 69, 220 = EZAR 622 Nr. 1; BVerfG, 18.07.1973 - 1 BvR 23, 155/73 -, BVerfGE 35, 382; BVerfG - Kammer -, 12.09.1995 - 2 BvR 1179/95 -, Hess. VGH, 09.11.1995 - 12 TG 2783/95 -; Hess. VGH, 22.09.1988 - 12 TH 836/88 -, EZAR 622 Nr. 6 = InfAuslR 1989, 14). Aufgrund der in diesem Eilverfahren allein möglichen eingeschränkten Ermittlungen und summarischen Beurteilung sprechen sehr viele Gründe dafür, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Verlängerung seiner ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis erfüllt.

Dem Antragsteller steht als Ehegatten einer deutschen Staatsangehörigen ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nur zum Zwecke des nach Art. 6 GG gebotenen Schutzes von Ehe und Familie für die Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet zu (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 AuslG). Soweit es den Tatbestand der Verheiratung mit einer deutschen Staatsangehörigen angeht, ist es unerheblich, ob die für die Eheschließung maßgeblichen Motive den Idealvorstellungen einer Ehe gerecht werden oder andere Beweggründe eine wesentliche oder gar eine ausschlaggebende Rolle gespielt haben (Renner, Ausländerrecht in Deutschland, 1998, Rdnr. 6/176 m.w.N.). Sobald eine Ehe geschlossen ist, ist sie auch von der Ausländerbehörde zu beachten, es sei denn, sie wird aufgehoben oder geschieden. Ob es sich dabei um eine "Scheinehe" handelt, die unter "Missbrauch" der Institution der Ehe zustande gekommen ist und deren Rechtsvorteile auszunutzen sucht (zur "Scheinehe" allgemein vgl.: Kartzke, Scheinehen zur Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile, Diss. München 1990; Kretschmer, Scheinehen, 1993; Dertinger, Schenk mir Deinen Namen, 1999), ist für den rechtlichen Bestand der Ehe unerheblich. Dem Standesbeamten stehen vor der Eheschließung durch die Verlobten nur beschränkte Möglichkeiten zu, eine von der Rechtsordnung nicht gebilligte Eheschließung zu verhindern. Er hat lediglich die Ehefähigkeit und das Fehlen von Eheverboten zu prüfen und die Erklärung der Verlobten, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, entgegenzunehmen, es sei denn, die Verlobten sind nicht ehefähig oder es liegen Eheverbote oder sonstige Ehehindernisse vor (Palandt, BGB, 59. Aufl., 2000, § 1310 Rdnr. 5). Der Standesbeamte darf grundsätzlich seine Mitwirkung an der Eheschließung nicht verweigern, wenn deren Voraussetzungen vorliegen; er muss seine Mitwirkung aber verweigern, wenn offenkundig ist, dass die Ehe nach § 1314 Abs. 2 BGB aufhebbar wäre (§ 1310 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Ehe kann unter anderem dann aufgehoben werden, wenn beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Abs. 1 BGB begründen wollen, wonach die Ehe auf Lebenszeit geschlossen wird und die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet sind und füreinander Verantwortung tragen (§ 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB). Es braucht hier nicht weiter auf den Umfang der damit dem Standesbeamten obliegenden Aufklärungsverpflichtung und deren Folgen eingegangen zu werden (dazu: ..., ZAR 1999, 46); denn es ist bisher nicht festgestellt, dass die Ehe des Antragstellers mit seiner deutschen Ehefrau nicht wirksam zustande gekommen oder inzwischen aufgehoben ist.

Das Recht des deutsch-verheirateten Ausländers auf Zuzug und auf Aufenthalt im Inland aus familiären Gründen setzt über das Bestehen der Ehe hinaus auch die Verwirklichung des Willens der Ehepartner voraus, im Inland eine Art. 6 GG entsprechende eheliche Lebensgemeinschaft zu führen. Da den Ehegatten sowohl die Freiheit, ihr eheliches Zusammenleben souverän zu gestalten, als auch der Schutz vor staatlichen Eingriffen grundgesetzlich gewährleistet sind, ist bei einer wirksam geschlossenen Ehe grundsätzlich anzunehmen, dass die Ehepartner auch eine eheliche Lebensgemeinschaft zu führen bereit und imstande sind. Eine behördliche Prüfung des Einzelfalls auf das Vorliegen einer "Scheinehe" kommt daher nur ausnahmsweise bei einem triftigen Anlass in Betracht, zumal sie letztlich nur bei Kenntnis von Umständen aus dem höchstpersönlichen Bereich der Betroffenen erfolgen kann. Es wäre jedoch mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG schwerlich vereinbar, wenn die Verwaltung es unternähme, sich diese Kenntnis von Amts wegen zu verschaffen, und wenn den Betroffenen vorbehaltlos die Last auferlegt würde darzutun, dass es sich bei ihrer Ehe nicht um eine "Scheinehe" handele (BVerfG, 12.05.1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. -, BVerfGE 76, 1 = EZAR 105 Nr. 20). Ungeachtet dessen können jedoch bei Ehegatten ohne Bedenken äußerliche Anhaltspunkte außerhalb der Intimsphäre festgestellt werden, die auf ein Zusammenleben in einer ehelichen Lebensgemeinschaft hindeuten. Dabei ist darauf zu achten, dass die nach § 17 Abs. 1 AuslG erforderliche Lebensgemeinschaft nicht in einer ständigen häuslichen Gemeinschaft gelebt zu werden braucht, dass sie aber über eine bloße Begegnungsgemeinschaft hinausgehen muss (Hailbronner, AuslR, § 17 AuslG Rdnr. 23; GK-AuslR, § 17 AuslG Rdnr. 42 ff.; Renner, Ausländerrecht, 7. Aufl., 1999, § 17 AuslG Rdnr. 11). Es muss ein gemeinsamer Lebensmittelpunkt bestehen, der ein eheliches Zusammenleben erst ermöglicht (Hess. VGH, 27.08.1996 - 12 TG 3190/96 -, EZAR 035 Nr. 15, m.w.N.). Ein vorübergehendes Getrenntleben der Eheleute ist unschädlich, wenn es nicht auf dem gemeinsamen Entschluss der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern auf beruflichen, gesundheitlichen oder ähnlichen sachlichen Gründen beruht, die das Fortbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht in Zweifel ziehen. Die Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft gehört zu den für den Ausländer günstigen Umständen, die er unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend zu machen und mit Nachweisen zu belegen hat (§ 70 Abs. 1 Satz 1 AuslG). Bei der Feststellung des Vorliegens einer familiären Lebensgemeinschaft im Sinne des § 17 Abs. 1 AuslG besteht keine "Beweislast" der Ausländerbehörde, vielmehr setzt das Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraus, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen nachweisbar vorliegen (Hess. VGH, 09.02.2000 - 12 TZ 343/00 -; GK-AuslR, § 18 AuslG Rdnr. 60). Der Umfang dieser Darlegungsobliegenheit richtet sich nach den jeweiligen individuellen Verhältnissen, insbesondere nach den Wohnverhältnissen und den beruflichen Tätigkeiten der Ehepartner. Zu einer näheren Darlegung ihrer innerfamiliären Lebensumstände sind sie nur dann verpflichtet, wenn die Ausländerbehörde begründete Zweifel am Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft hegt und diese gegenüber dem ausländischen Ehegatten äußert. Die Ausländerbehörde kann ihm für Darlegungen und Nachweise eine angemessene Frist setzen (§ 70 Abs. 1 Satz 2 AuslG). Wenn der Ausländer auf die Bedeutung einzelner Umstände für die Feststellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft bereits einmal aufmerksam gemacht worden ist, dann ist er unter Umständen gehalten, diese ohne weitere Aufforderung selbst substantiiert darzulegen. Grundsätzlich kann von ihm auch die Beantwortung mündlicher oder schriftlicher Fragen über Einzelheiten aus dem persönlichen Lebensbereich verlangt werden, soweit diese taugliche Anhaltspunkte für die vom Gesetz vorgeschriebene rechtliche Prüfung liefern können und die Intimsphäre der Ehepartner nicht tangieren. Soweit behördlicherseits Wohnungsbesichtigungen vorgenommen oder andere Ermittlungsmaßnahmen ergriffen werden, die nicht ohne Zustimmung der Betroffenen erfolgen können, sind diese grundsätzlich nicht erzwingbar. Der das Aufenthaltsrecht begehrende ausländische Ehegatte hat jedoch den Nachteil zu tragen, wenn es ihm nach Verweigerung der Mitwirkung an derartigen Ermittlungsmaßnahmen nicht gelingt, begründete Zweifel der Ausländerbehörde an dem Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft zu zerstreuen.

Wie das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der von dem Antragsgegner angestellten Ermittlungen und der Erklärungen der Ehefrau des Antragstellers vom September 1998 und 29. Januar 1999 zu Recht angenommen hat, bestand in dem damals maßgeblichen Zeitraum offenbar keine eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seiner Ehefrau. In der eidesstattlichen Versicherung vom 5. Dezember 1998 hat die Ehefrau des Antragstellers zunächst lediglich bestätigt, sie hätten aufgrund ihrer Weigerung, mit ihrem Ehemann in die Türkei zu gehen, ihre gemeinsame Wohnung in S. aufgegeben und sie sei nach E. bei H. gezogen. Wenn sie gleichzeitig angegeben hat, seit September 1998 habe sie wieder Kontakt zu ihrem Ehemann, dann ist daraus zu folgern, dass zuvor jedenfalls eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht bestanden hat. Außerdem ist festzuhalten, dass eine bloße Kontaktaufnahme noch nicht zur Wiederherstellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft führt. Soweit die Ehefrau sodann erklärt hat, sie lebten seit 1. Dezember 1998 wieder gemeinsam und hätten ihre eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufgenommen, ist dies zunächst als einseitige und nicht näher substantiierte Erklärung zu verstehen. Diese Angaben hat die Ehefrau des Antragstellers mit dem am 26. Januar 1999 bei dem Verwaltungsgericht Darmstadt eingegangenen handschriftlichen Schreiben bestätigt, und zwar unter Angabe einer gemeinsamen Wohnung in H. und jeweils der Postleitzahl .... Dagegen heißt es in dem anwaltlichem Schriftsatz vom 22. Januar 1999, der Antragsteller lebe mit seiner Ehefrau in ehelicher Gemeinschaft in ... H.. Angesichts dieser nicht unerheblichen Differenzen in der Angabe der Postleitzahl, der Straße und der Hausnummer seitens des Antragstellers und seiner Ehefrau bestehen nach Überzeugung des Senats bereits Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben.

Diese Zweifel werden teilweise bestätigt durch die Feststellungen, die von der Ausländerbehörde der Stadt H. in der Folgezeit getroffen wurden. Zunächst meldeten sich die Ehefrau des Antragstellers am 1. Februar 1999 und der Antragsteller selbst am 22. Februar 1999 in H. an, wobei nur die Ehefrau des Antragstellers als frühere Anschrift die in H. angab. Einer Mitteilung des Oberbürgermeisters der Stadt H. vom 29. April 1999 zufolge waren damals die Kinder Ö. und C. des Antragstellers in H. nicht zu ermitteln und hatte die Ehefrau des Antragstellers damals keinen Nebenwohnsitz gemeldet. Anlässlich einer Außendienstkontrolle durch zwei Mitarbeiter der Stadt H. am 1. Juni 1999 wurde die Wohnung in der ... kontrolliert und festgestellt, dass auf dem Klingelschild und dem Briefkasten im Hausflur lediglich der Name "G. B." angegeben war, der Antragsteller nicht zugegen war, die Wohnung im Wesentlichen aus einem Wohn-/Schlafraum mit Küchenzeile bestand, das abgezogene Bett genügend Platz für eine Person bot, eine zweite Matratze hochkant dahinter stand, im Schrank lediglich ein bis zwei Oberhemden und eine Jacke hingen, die eventuell einem männlichen Mitbewohner zugeordnet werden könnten, im Badezimmer sich lediglich ein Stück Seife und ein Duschgel befanden und im Übrigen weder Zahnbürsten, Kämme, Rasierer oder andere Utensilien für den täglichen Gebrauch zu entdecken waren und im Flur der Wohnung etwa fünf Paar Schuhe standen und darunter außer Damenschuhen nur eine Art höherer Turnschuh war, der eventuell von einem Jugendlichen getragen wird. Diese Feststellungen erlauben auch nach Überzeugung des Senats nicht die Annahme, dass der Antragsteller damals mit seiner Ehefrau in der besichtigten Wohnung lebte. Selbst wenn er zu der Zeit der Besichtigung gerade für kurze Zeit einen Freund besucht haben sollte, ist nicht zu erklären, dass sich in der Wohnung keine Kleidungsstücke des Antragstellers oder andere Gegenstände befanden, die auf einen längeren Verbleib des Antragstellers in dieser Wohnung hindeuten könnten.

Die schriftsätzlichen Erklärungsversuche des Antragstellers vermögen den Senat nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Auch unter Berücksichtigung der in dem Schriftsatz vom 19. Juli 1999 mitgeteilten Einzelheiten der Größe, Ausstattung und Einrichtung der Wohnung in H. ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller entgegen dem Besichtigungsprotokoll vom 2. Juni 1999 damals zusammen mit seiner Ehefrau in dieser Wohnung nicht nur vorübergehend gelebt hat. Soweit der anwaltliche Vertreter des Antragstellers bei einer Besichtigung am 17. Juli 1999 eigene Feststellungen getroffen und dabei auch Kleidungsstücke ermittelt hat, die von einem Mann getragen werden können, widerlegt dies die behördlicherseits getroffenen Feststellungen nicht, weil in der Zwischenzeit die Einrichtung der Wohnung und der Inhalt von Schränken und Garderoben verändert werden konnten.

Soweit der Antragsteller beanstandet, die Bediensteten der Stadt H. hätten bei der Kontrolle die Ehefrau nicht danach gefragt, ob er, der Antragsteller, ein Handy besitze, über das er erreicht werden könne, kann dies die damals getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht in Zweifel ziehen. Es wäre nämlich Sache der Ehefrau des Antragstellers gewesen, die Bediensteten auf diese Möglichkeit, den Antragsteller zu erreichen, hinzuweisen. Da dieser weder eine Aufenthalts- noch eine Arbeitserlaubnis besaß und über kein eigenes Einkommen verfügte, lag die Vermutung, er besitze ein Handy, jedenfalls nicht auf der Hand. Vor allem aber ist, auch wenn der Antragsteller die Wohnung damals nur kurzfristig verlassen hatte, nicht zu erklären, dass sich in dieser Wohnung keine persönlichen Kleidungsstücke und Körperpflegemittel des Antragstellers befanden. Soweit in dem genannten Schriftsatz behauptet wird, die Utensilien für die tägliche Körperpflege würden jeweils in die unterste Schublade eines Schrankes gelegt, damit das Badezimmer nicht unordentlich aussehe, ist nicht dargetan, aus welchen Gründen die Ehefrau des Antragstellers die kontrollierenden Bediensteten nicht auf diesen Umstand hingewiesen hat, obwohl ihr bekannt war, dass diese nach Gegenständen suchten, die dem Antragsteller gehören und auf ein Zusammenleben mit ihr hinweisen konnten.

Schließlich lassen sich auch dem weiteren Vorbringen der Beteiligten während des Beschwerdeverfahrens zunächst keine zuverlässigen Anhaltspunkte für das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft entnehmen. Wie in dem anwaltlichen Schriftsatz vom 6. September 1999 mitgeteilt wurde, haben der Antragsteller und dessen Ehefrau im Juli 1999 eine größere Wohnung in H. angemietet und sich unter dieser Anschrift auch polizeilich angemeldet. Der hierüber geschlossene Mietvertrag wurde vorgelegt. Über das Zusammenleben der Eheleute in dieser und der früheren Wohnung wurden eidesstattliche Versicherungen des Vermieters und anderer Personen vorgelegt. Außerdem wurde eine eidesstattliche Erklärung der Ehefrau des Antragstellers vom 27. September 1999 vorgelegt, in der diese angibt, bei der Kontrolle am 1. Juni 1999 aus Furcht vor einer Festnahme des Antragstellers den Bediensteten der Stadt H. verschwiegen zu haben, wo sich der Antragsteller damals aufhielt und dass er ein Handy bei sich trug. Wie der Antragsgegner hierzu zutreffend bemerkt, fällt bei den eidesstattlichen Bestätigungen auf, dass diese hinsichtlich des Zusammenlebens der Eheleute zum größten Teil pauschal formuliert sind und keine Einzelheiten der jeweiligen Kenntnisse über das Zusammenleben des Antragstellers und seiner Ehefrau enthalten. So hat zwar der im selben Haus wohnende Vermieter in der eidesstattlichen Versicherung erklärt, er habe den Antragsteller aus verschiedenen Anlässen wiederholt in seiner Wohnung aufgesucht und wisse daher, dass er zusammen mit seiner Ehefrau in dieser Wohnung gemeinsam wohne und lebe, er hat aber dabei nicht ausdrücklich bestätigt, dass er auch die Ehefrau des öfteren in der Wohnung oder sonst im Haus gesehen habe.

Außerdem können die bei einer erneuten Kontrolle am 29. September 1999 über die Verhältnisse in der Wohnung in H. getroffenen Feststellungen und die bei dieser Gelegenheit gemachten schriftlichen Angaben des Antragstellers und seiner Ehefrau gegen das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft sprechen. Denn in dieser Wohnung waren zwar der Antragsteller und seine Ehefrau persönlich anwesend und außerdem zwei Einzelbetten vorhanden. Die Bediensteten der Stadt Hagen haben bei dieser Gelegenheit aber lediglich drei bis vier Paar Schuhe des Antragstellers festgestellt und darüber hinaus weder Frauenschuhe noch einen Schuhschrank. Im Badezimmer befand sich danach lediglich ein Duschgel und ein kleiner Alibert-Schrank. Bei der Befragung der Ehefrau des Antragstellers fällt auf, dass diese zwar angeben konnte, sie hätten vorher in der ... gewohnt, sie aber nicht dazu im Stande war, die jetzige Anschrift, also die in der..., zu nennen, wo sie damals angeblich schon seit drei Monaten zusammen mit dem Antragsteller lebte.

Andererseits sprechen die Angaben des Antragstellers und seiner Ehefrau in den am 4. Oktober 1999 ausgefüllten Fragebogen über die beiderseitigen Lebensverhältnisse zum größten Teil für eine Kenntnis wichtiger Daten des gemeinsamen Lebens und der Lebensgewohnheiten des Ehepartners. Die formularmäßig gestellten Fragen dürfen nicht als Versuch missverstanden werden, zu ermitteln, ob der Antragsteller und seine Ehefrau ein harmonisches oder sonst geordnetes Eheleben führen. Sie dienen vielmehr allein dazu, anhand äußerer Kriterien festzustellen, ob die Ehepartner eine eheliche Lebensgemeinschaft tatsächlich führen. Wenn bei der Auswertung der Fragen berücksichtigt wird, dass es für die Führung ehelicher Lebensgemeinschaften keinen allgemein anerkannten Kodex gibt und insbesondere berufliche und private Besonderheiten eine von dem gedachten Normalfall abweichende Lebensführung notwendig machen können, sind die bei einer derartigen Befragung gewonnenen Ergebnisse geeignet, Anzeichen für eine eheliche Lebensgemeinschaft zu überprüfen und festzustellen. Mit dieser Maßgabe lässt sich den Angaben des Antragstellers und seiner Ehefrau durchaus eine hinlängliche Kenntnis der gemeinsamen Lebensführung und der Besonderheiten in der jeweils anderen Person feststellen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Befragung offenbar ohne Einsatz eines Dolmetschers oder Übersetzers vorgenommen wurde und die Antworten offenbar nicht von dem Antragsteller und seiner Ehefrau, sondern von den Bediensteten der Stadt H. geschrieben wurden. Gewisse Unebenheiten und Unklarheiten in der Formulierung sind offensichtlich hierauf und auf die mangelnden Deutschkenntnisse des Antragstellers zurückzuführen.

Für die Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft sprechen zumindest nach der in diesem Verfahren möglichen summarischen Feststellung und Bewertung die Ergebnisse einer erneuten Wohnungsbesichtigung am 24. Februar 2000 durch Bedienstete der Stadt H.. Danach öffnete die Ehefrau des Antragstellers die Tür der ehelichen Wohnung und gab an, der Antragsteller schlafe gerade; dieser sei dann in Unterhosen und Unterhemd an der Wohnungstür erschienen. Nach der Mitteilung der Stadt H. in dem Schriftsatz vom 24. Februar 2000 "scheint es offensichtlich, dass der Betroffene und seine Ehefrau diese Wohnung gemeinsam bewohnen, auch wenn beide anscheinend nicht allzu viele Kleidungsstücke und persönliche Gegenstände besitzen." Soweit in diesem Schriftsatz weiter ausgeführt ist, dies sei "jedoch noch kein Beweis für das Führen einer ehelichen Lebensgemeinschaft", muss zwar auf die früher getroffenen Feststellungen verwiesen werden, dabei geht es aber nicht um die Klärung der Frage, ob hier eine "schützenswerte" oder "schutzwürdige" Ehe vorliegen kann, wie es in dem Schreiben vom 24. Februar 2000 bzw. in dem Fragebogen heißt, sondern allein darum, ob tatsächlich eine eheliche Lebensgemeinschaft im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG und § 17 Abs. 1 AuslG geführt wird. Hieran können zwar nach alledem für einige Zeiträume in der Vergangenheit gewichtige Zweifel bestehen, nach den gegenwärtigen Verhältnissen kann aber die Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft nach den äußeren Umständen nicht verneint werden. Da hierfür ein gelegentliches oder kurzfristiges Zusammenwohnen allein nicht genügt, ist mit dem Antreffen beider Eheleuten bei zwei Kontrollen der dem Antragsteller obliegende Nachweis einer ehelichen Lebensgemeinschaft indes noch nicht endgültig gelungen. Hierzu bedarf es weiterer Ermittlungen während des Widerspruchsverfahrens. Dabei hat der Antragsteller Gelegenheit, das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft auch dadurch darzutun, dass er beispielsweise eine gemeinsame Finanzierung der Wohnung, des Haushalts und des sonstigen Aufwands nachweist. Die Ausländerbehörde wird ihrerseits Gelegenheit haben, die hierzu von dem Antragsteller gemachten Angaben zu überprüfen.

Die Entscheidung über die Kosten und den Streitwert des Beschwerdeverfahrens ergeben sich aus § 155 Abs. 1 VwGO und §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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