Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.07.2002
Aktenzeichen: 12 TG 959/02
Rechtsgebiete: VwGO, ARB 1/80, AuslG


Vorschriften:

VwGO § 146
ARB 1/80 Art. 7
ARB 1/80 Art. 13
ARB 1/80 Art. 14
AuslG § 47
Durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist die Prüfung im Beschwerdeverfahren auf die vom Beschwerdeführer fristgerecht vorgebrachten Gründe beschränkt; das Beschwerdegericht darf weder zu dessen Gunsten noch zu dessen Lasten andere tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte prüfen, ermitteln und verwerten.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

12 TG 959/02

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausländerrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 12. Senat - durch Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Renner, Richterin am Hess. VGH Thürmer, Richter am Hess. VGH Dr. Dieterich

am 5. Juli 2002 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 19. März 2002 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die ausländerbehördliche Verfügung vom 20. Februar 2002 bis zur Entscheidung über den Widerspruch angeordnet bzw. wiederhergestellt.

Der Antragsteller hat - unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses auch insoweit - von den Kosten des gesamten Verfahrens ein Drittel, die Antragsgegnerin zwei Drittel zu tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

Nach dem Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren ist festzustellen, dass das Verwaltungsgericht den Antrag auf Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die ausländerbehördliche Verfügung vom 20. Februar 2002 zu Unrecht abgelehnt hat. Die Ausweisung und die Abschiebungsandrohung sind nämlich offenbar rechtswidrig, und im Hinblick darauf rechtfertigen es öffentliche Belange unter Berücksichtigung der hier gegebenen persönlichen Verhältnisse nicht, den Rechtsschutzanspruch des Antragsteller einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten (BVerfG, 21.03.1985 - 2 BvR 1642/83 -, BVerfGE 69, 220 = EZAR 622 Nr. 1; BVerfG, 18.07.1973 - 1 BvR 23,155/73 -, BVerfGE 35, 382; BVerfG - Kammer -, 12.09.1995 - 2 BvR 1179/95 -; Hess. VGH, 09.11.1995 - 12 TG 2783/95 -; Hess. VGH, 22.09.1988 - 12 TH 836/88 -, EZAR 622 Nr. 6 = InfAuslR 1989, 14). Diese Interessenabwägung kann allerdings nur für den Zeitraum bis zur Entscheidung über den Widerspruch vorgenommen werden, da nicht auszuschließen ist, dass die Widerspruchsbehörde auf der Grundlage des sonstigen Inhalts der angegriffenen Verfügung die im Folgenden festgestellten Mängel zu beheben vermag.

Zu Recht beanstandet der Antragsteller, dass das Verwaltungsgericht die Ausweisung auch unter Berücksichtigung von Art. 7 ARB 1/80 für zulässig erachtet hat.

Die Ausländerbehörde hat die Ausweisung des Antragstellers im Anschluss an die Verurteilung durch das Landgericht Darmstadt vom 8. Oktober 1999 wegen gemeinschaftlichen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung, gemeinschaftlicher sexueller Nötigung sowie gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verfügt und dazu unter anderem ausgeführt, die nach dieser Verurteilung angezeigte Ist-Ausweisung sei aufgrund besonderen Ausweisungsschutzes nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 AuslG im Hinblick auf die unbefristete Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers und seine Geburt im Bundesgebiet in eine Regel-Ausweisung herabzustufen und eine Ausnahme hiervon aufgrund einer atypischen Fallkonstellation nicht gerechtfertigt. Der Antragsteller könne sich zwar als Familienangehöriger von türkischen Arbeitnehmern auf Art. 7 ARB 1/80 berufen, die Tatbestände des § 47 Abs. 1 und 2 AuslG blieben aber weiterhin anwendbar, weil insbesondere Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls vom 23. November 1970 zum Assoziierungsabkommen EWG/Türkei dem nicht entgegenstünde. Das Verwaltungsgericht hat die Anwendbarkeit von Art. 7 ARB 1/80 offengelassen und die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung abgelehnt, Art. 7 ARB 1/80 stehe jedenfalls der Rechtmäßigkeit der Ausweisung nicht entgegen, da die Antragsgegnerin die Ausweisung zutreffend auf spezialpräventive Gesichtspunkte gestützt habe. Dass von dem Antragsteller eine Wiederholungsgefahr ausgehe, werde auch durch die Sozialprognose des Leiters der Justizvollzugsanstalt vom 21. Februar 2001 bestätigt und die zuständige Sozialpädagogin habe in einem Telefongespräch am 19. März 2002 bestätigt, das den Antragsteller betreuende Team gehe weiterhin davon aus, dass die Sozialprognose negativ sei. Auf Art. 13 ARB 1/80 könne sich der Antragsteller ebenfalls nicht berufen, weil dieses Stillhaltegebot unter dem Vorbehalt von Art. 14 Abs. 1 ARB stehe und deshalb der Anwendung des Ausweisungsrechts nach § 47 AuslG nicht entgegenstehe.

Soweit der beschließende Senat im Beschwerdeverfahren aufgrund von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zur Überprüfung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses befugt ist, erweist sich dieser aufgrund des Beschwerdevorbringens als rechtsfehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommen hat, die Antragsgegnerin habe die Ausweisung zutreffend auf spezialpräventive Gesichtspunkte gestützt. Allerdings kann die Verwaltungsgerichtsentscheidung nicht mit der Erwägung angegriffen werden, Spezialprävention sei nach dem Wortlaut der Ausweisungsverfügung nicht beabsichtigt, weil dort die Ausweisung "sowohl aus sozial- als auch generalpräventiven Gründen" für notwendig erachtet sei. Diese Formulierung auf Seite 9 der Ausweisungsverfügung beruht erkennbar auf einem Versehen und muss dahin verstanden werden, dass "spezial- und generalpräventive Gründe" gemeint sind. Indem sich der Antragsteller im Übrigen in der Beschwerdebegründung hauptsächlich mit der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt vom 21. Februar 2002 auseinandersetzt, greift er die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die spezialpräventive Rechtfertigung der Ausweisung auch in der Sache an mit der Folge, dass der Senat seine Überprüfung auch hierauf zu erstrecken hat. Abgesehen von der rein formellen Rüge des nicht ausreichenden Wortlauts der Begründung der Ausweisungsverfügung und der Sozialprognose der Justizvollzugsanstalt macht nämlich der Antragsteller mit der Beschwerde auch geltend, es könne bei einer diesbezüglichen Überprüfung allenfalls auf gesicherte Erkenntnisse hinreichend geschulter Personen zurückgegriffen werden und es sei völlig unberücksichtigt geblieben, dass er sich seit seiner Verurteilung auch in der Freiheit keines Verstoßes gegen die Rechtsordnung schuldig gemacht habe und sein Verhalten tadellos gewesen sei. Damit wird hinreichend deutlich, dass er insgesamt die spezialpräventive Begründung der Ausweisungsverfügung anzugreifen beabsichtigt.

Mit dieser Maßgabe ist festzustellen, dass das Verwaltungsgericht tatsächlich zu Unrecht angenommen hat, die Antragsgegnerin habe die Ausweisungsverfügung zutreffend auf spezialpräventive Gesichtspunkte gestützt. In der Verfügung vom 20. Februar 2002 sind spezialpräventive Überlegungen im Zusammenhang mit der Erörterung eines Ausnahmefalls von der Regel-Ausweisung (S. 4 Mitte bis S. 5 oben), des möglichen Eingriffs in den Schutzbereich von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK sowie der Begründung des Sofortvollzugs erwähnt, nicht jedoch bei der Begründung der Ausweisung selbst. Hierbei hat sich die Ausländerbehörde auf die Feststellung beschränkt, eine Ausnahme von der Regel-Ausweisung sei nicht gerechtfertigt und die Regeln über Ist- und Regel-Ausweisung seien auch im Rahmen von Art. 7 ARB 1/80 anwendbar. Die Ausländerbehörde hat zwar auch ausgeführt: "Über die spezialpräventiven Gründe hinaus soll die Ausweisung als Maßnahme der Generalprävention anderen im Bundesgebiet befindlichen Ausländern vor Augen führen, ..." (S. 6 Mitte der Verfügung vom 20.02.2002) und damit den Eindruck vermittelt, sie habe vorangehend spezialpräventive Gründe genannt; dies trifft aber nicht zu, da dort nur begründet ist, warum eine Ausnahme von der Regel-Ausweisung nicht angenommen werden kann.

Soweit das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf die Stellungnahme des Leiters der Justizvollzugsanstalt vom 21. Februar 2002 stützt und darin eine Bestätigung einer vom Antragsteller ausgehenden Wiederholungsgefahr sieht, rügt dies der Antragsteller mit zutreffenden Gründen. Allerdings kann eine im Rahmen des Strafvollzugs erstattete Begutachtung eines Straftäters als eine von mehreren Grundlagen und ausnahmsweise auch einmal als alleinige Grundlage für die Beurteilung einer ausländerrechtlich relevanten Gefährdungslage herangezogen werden, obwohl sich die insoweit anzustellende sicherheitsbehördliche Gefahrenprognose nach Inhalt und Zweck von der strafrechtlichen Prognose unterscheidet, die zu dem Zweck einer Entscheidung über die Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung oder der Aussetzung eines Strafrests zur Bewährung erstellt wird. Das Verwaltungsgericht hat aber versäumt, auf den bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Einwand des Antragstellers einzugehen, die Stellungnahme der Vollzugsanstalt sei unmittelbar im Anschluss an eine stationäre medikamentöse Behandlung mit dem Versuch richtiger medikamentöser Einstellung angefertigt worden und erfasse gerade einmal etwas mehr als zwei Monate nach der Entlassung aus der stationären Aufnahme. Dieser Gesichtspunkt hätte unbedingt berücksichtigt werden müssen, weil im Rahmen dieses Eilverfahrens, da ein Widerspruchsbescheid noch nicht ergangen ist, insbesondere für die Gefährdungsprognose auf den jeweiligen Entscheidungszeitpunkt abzustellen ist und die erwähnte Stellungnahme bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bereits älter als ein Jahr war. Soweit der Berichterstatter des Verwaltungsgerichts vor der Beschlussfassung eine Sozialpädagogin der Justizvollzugsanstalt befragt und diese mitgeteilt hat, das den Antragsteller betreuende Team gehe weiterhin von einer negativen Sozialprognose aus, genügt dies auch unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit des vorliegenden Verfahrens nicht, um die von dem Antragsteller vorgebrachten Bedenken auszuräumen. Insbesondere fehlt es an der Angabe von Einzelheiten über die Auswirkung der zwischenzeitlichen Haftzeit und über die medikamentöse Behandlung des Antragstellers. Schließlich ist das Verwaltungsgericht nicht auf die Bemühungen des Antragstellers eingegangen, die Beurteilung vom Februar 2002 mit Hilfe eines psychologischen Gutachters, für dessen Kosten seine Eltern aufkommen wollten, zu aktualisieren und die ihn früher behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden.

Nach alledem erweist sich die Ausweisungsverfügung nach Maßgabe der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung als offenbar rechtswidrig, weil es an einer nach dieser Entscheidung aufgrund Art. 7, 13 und 14 Abs. 1 ARB 1/80 notwendigen spezialpräventiven Begründung fehlt.

Der beschließende Senat sieht sich aufgrund der zwingenden Vorschrift des § 146 Abs. 4 Satz 6 daran gehindert, darüber hinaus zu Gunsten oder zu Lasten des Antragstellers den angegriffenen Beschluss und mittelbar die Ausweisungsverfügung inhaltlich zu überprüfen. Nach dieser mit Wirkung vom 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Bestimmung prüft das Oberverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren nur die dargelegten Gründe. Eine am Wortlaut orientierte Textexegese ergibt, dass das Beschwerdegericht auf die Prüfung beschränkt ist, ob sich die angegriffene verwaltungsgerichtliche Entscheidung über vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 80, 80a oder 123 VwGO als richtig oder als unrichtig erweist. Der Gesetzeswortlaut bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass das Beschwerdegericht befugt sein soll, die Prüfung auf andere als die mit der Beschwerde dargelegten Gründe für die Unrichtigkeit der Entscheidung des VG oder darauf zu erstrecken, dass sich diese trotz eines Fehlers im Ergebnis als richtig erweist. Diese Auslegung wird durch den Zusammenhang der Regelungen über Rechtsmittel im Verwaltungsprozess bestätigt. Im Berufungsverfahren prüft das Gericht den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht und berücksichtigt grundsätzlich auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel (§§ 128, 128a VwGO), wobei das Berufungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung nur so weit ändern darf, als eine Änderung beantragt ist (§ 129 VwGO). Diese Regeln gelten für das Revisionsverfahren entsprechend, soweit nicht in den §§ 142 bis 144 VwGO etwas anderes bestimmt ist (§ 141 VwGO). Danach ist die Prüfung des Revisionsgerichts innerhalb der im Revisionsverfahren gestellten Anträge nicht weiter beschränkt, das Revisionsgericht ist aber grundsätzlich nicht zu eigenen Tatsachenfeststellungen berechtigt, und im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen, wenn die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts ergeben, die Entscheidung selbst sich aber aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO). Diese Regelungen sprechen dafür, dass auch im Beschwerdeverfahren die Prüfungs- und Abänderungsbefugnis des Beschwerdegerichts auf die vorgebrachten Beschwerdegründe beschränkt ist. Schließlich ergeben Sinn und Zweck des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO sowie dessen Entstehungsgeschichte keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prüfung des Beschwerdegerichts ganz oder teilweise über die von dem Beschwerdeführer dargelegten Gründe hinausgehen darf, sollte oder muss. In dem ursprünglichen Gesetzesantrag war eine dem Inhalt von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gleiche oder ähnliche Vorschrift nicht enthalten (vgl. BT-Drs. 14/6854). Danach sollten nämlich die Absätze 4 bis 6 des früheren § 146 VwGO gestrichen werden (vgl. auch BT-Drs. 14/7474 S. 10). Die endgültige Neufassung beruht auf der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 12. Dezember 2001 (BT-Drs. 14/7779), dem eine Begründung nicht beigefügt ist.

Aus alledem kann nach Auffassung des beschließenden Senats ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass das Beschwerdegericht auf die Prüfung der Gründe beschränkt ist, die zwingend mit der Beschwerde dargelegt werden müssen, weil die Beschwerde bei fehlender Begründung als unzulässig zu verwerfen ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO), und dass damit der Beschwerdeführer mit der Beschwerdebegründung in verbindlicher Weise den Kontrollumfang des Rechtsmittelverfahrens begrenzt (so ausdrücklich Kuhla/Hüttenbrink, DVBl. 2002, 85, 91).

Mit dieser Auslegung wird den Bemühungen des Gesetzgebers Rechnung getragen, einerseits die Restriktionen und Schwierigkeiten aufgrund des letztlich als untauglich erwiesenen Beschwerdezulassungsverfahrens zu beseitigen und andererseits nicht wieder zu der unbeschränkten Prüfungszuständigkeit des Beschwerdegerichts nach der ursprünglich geltenden Fassung des § 146 VwGO über die zulassungsfreie Beschwerde zurückzukehren. Diesem Zweck dient erkennbar die Notwendigkeit für den Beschwerdeführer, einen bestimmten Antrag zu stellen, sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander zu setzen und die Gründe darzulegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde ohne irgendeine Sachprüfung als unzulässig zu verwerfen (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, 11.04.2002 - 1 S 705/02 -; VGH Baden-Württemberg, 12.04.2002 - 7 S 653/02 -; OVG Nordrhein-Westfalen, 18.03.2002 - 7 B 315/02 -). Die vom Gesetzgeber erkennbar gewünschte Beschleunigung der Beschwerdeverfahren aufgrund einer Beschränkung der Sachprüfung wäre nicht zu erreichen, wenn das Beschwerdegericht zu einer umfassenden Prüfung schon dann verpflichtet wäre, wenn die erstinstanzliche Entscheidung fristgerecht mit zutreffenden Erwägungen in Frage gestellt wird (so aber OVG Nordrhein-Westfalen, 18.03.2002 - 7 B 315/02 -), und wenn allein die Gesichtspunkte beschränkt werden sollten, aus denen sich die Entscheidung nach Ansicht des Beschwerdeführers als unrichtig erweist, nicht dagegen die Gründe, aus denen sie tatsächlich richtig ist, und wenn das Beschwerdegericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes anhand der allgemeinen Maßstäbe zu überprüfen hätte, falls die von dem Beschwerdeführer vorgebrachten Bedenken gegen die Entscheidung durchgreifen (so OVG Nordrhein-Westfalen, 08.05.2002 - 1 B 241/02 -; ähnlich differenzierend und außerdem für die Zulässigkeit neuen Vorbringens und neuer Aspekte zu Lasten des Beschwerdeführers Eyermann, VwGO, Nachtrag zur 11. Aufl., 2002, § 146 Rdnr. N 4). Schließlich vermag der Senat auch nicht der Ansicht beizupflichten, dass die Neufassung von § 146 Abs. 4 Satz 6 lediglich die Amtsermittlungspflicht des Beschwerdegerichts beschränkt, seine Befugnis zur umfassenden Interessenabwägung und zur vollständigen Prüfung entscheidungserheblicher Tatsachen und Rechtsfragen aber unberührt lässt (so Bay. VGH, 23.01.2002 - 25 CS 02.172 -, BayVBl. 2002, 306). Wenn danach aufgrund der beschränkten Prüfung des Beschwerdegerichts die Möglichkeit besteht, dass in dem späteren Berufungsverfahren abweichende Tatsachenfeststellungen getroffen und andere rechtliche Bewertungen vorgenommen werden als in dem Eilverfahren nach §§ 80, 80a, 123 VwGO, dann spricht dies nicht gegen die hier gewählte Auslegung (so aber Bay. VGH, a.a.O.), sondern ergibt sich unmittelbar aus der vom Gesetzgeber gewollten Beschränkung des Prüfungsumfangs im Beschwerdeverfahren. Im Übrigen sind derartige Abweichungen zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen Rechtsschutzverfahren nicht ungewöhnlich, weil in dem letzteren lediglich eine summarische Überprüfung der angegriffenen Behördenentscheidungen stattfindet, eine Interessenabwägung und keine strenge Rechtmäßigkeitskontrolle vorgenommen wird und Veränderungen der Sach- und Rechtslage ohnehin grundsätzlich im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen sind.

Danach ist der Senat im vorliegenden Verfahren an einer Prüfung und an einer Entscheidung darüber gehindert, dass die Ausländerbehörde die Ausweisung erst im Februar 2002 verfügt hat, obwohl ihr das im Mai 2000 rechtskräftig gewordene Strafurteil vom 8. Oktober 1999 jedenfalls im Juli 2000 vorlag (zur Notwendigkeit einer unverzüglichen Entscheidung über die Ausweisung nach strafgerichtlicher Verurteilung vgl. im Einzelnen Nr. 45.0.6.1 bis 45.0.6.4.1 AuslG-VwV und Hess. VGH, 04.03.2002 - 12 UE 203/02 -, EZAR 030 Nr. 7) und ob die von der Ausländerbehörde im Zusammenhang mit den Erwägungen über eine Ausnahme von der Regel-Ausweisung, über den Eingriff in den Schutzbereich von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK und über die Notwendigkeit des Sofortvollzugs mitgeteilten tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen die Annahme rechtfertigen, von dem Antragsteller gehe künftig eine Gefahr für die Allgemeinheit aus, der durch seine Ausweisung begegnet werden müsse (vgl. dazu Nr. 45.0.3.1.1 bis 45.0.3.1.3.6 AuslG-VwV). Infolge dessen kann und braucht der Senat auch nicht darüber zu entscheiden, dass eine Ausweisung des Antragstellers nach Maßgabe von Art. 7 und 14 ARB 1/80 nur dann in Betracht gezogen werden kann, wenn die besonderen Voraussetzungen erfüllt sind, die das Gemeinschaftsrecht allgemein für aufenthaltsbeendende Maßnahmen aufstellt (vgl. dazu auch Nr. 6 AAH-ARB in der Fassung vom 02.05.2002; Hess. VGH, 15.03.2002 - 12 TG 148/02 -; 05.07.2000 - 12 TG 1554/00 -, EZAR 029 Nr. 12 = InfAuslR 2000, 428).

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ergeben sich aus § 154 Abs. 2 VwGO und §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

Zurück