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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 11.02.2003
Aktenzeichen: 2 A 1062/01
Rechtsgebiete: LuftVG, LuftVO


Vorschriften:

LuftVG § 27c
LuftVG § 29b
LuftVG § 32 Abs. 1
LuftVG § 32 Abs. 3
LuftVO § 27a
1. Zur Neuordnung der An- und Abflugverfahren zum und vom Flughafen Frankfurt am Main mit Wirkung vom 19. April 2001 - Taunus-Routen - (Klage von 7 Kommunen).

2. Der Organisationserlass des (damaligen) Bundesministeriums für Verkehr vom 13. November 1992 in der Fassung der Änderung vom 7. Juli 1993 ist rechtswidrig, soweit er die Verantwortung für den fachlichen Inhalt von Rechtsverordnungen über die Festlegung von Flugverfahren allein der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH überträgt und dem Luftfahrt-Bundesamt die Prüfung der Rechtsförmlichkeit vorbehält.

3. Bei der Festlegung von Flugverfahren durch Rechtsverordnung sind auch Lärmschutzbelange in die planerische Abwägung einzustellen, die unterhalb der (fachplanerischen) Zumutbarkeits- bzw. Erheblichkeitsschwelle liegen.

4. Werden städtische Grundstücke, die mit Wohnraum bebaut sind, infolge der Festsetzung neuer Flugverfahren einer Lärmbelastung von - je nach Stadtteil - 32 bis 39 dB(A) am Tag und 26 bis 30 dB(A) in der Nacht (jeweils Leq (3)) ausgesetzt, kann die Kommune nicht mit Erfolg geltend machen (im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO), in ihrem subjektiven Recht auf fehlerfreie Abwägung ihrer Lärmschutzbelange verletzt zu sein.

5. Die besonderen topographischen Bedingungen in einem Untersuchungsraum sind in die Abwägung einzustellen, wenn die mit zunehmender Flughöhe sonst eintretende Lärmminderung durch einen erheblichen Anstieg des Geländes neutralisiert oder zumindest deutlich relativiert wird.

6. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit und rechtsverletzenden Wirkung eines durch Rechtsverordnung festgesetzten Flugverfahrens kann mit der Maßgabe ausgesprochen werden, dass es die Kläger für einen Übergangszeitraum zu dulden haben, wenn sonst die Gefahr besteht, dass eine spontane Umverteilung der Flüge zu einer Mehrbelastung von Gebieten führt, die schon jetzt bis an die Grenze der Unzumutbarkeit betroffen sind, oder gar die Sicherheit des Flugverkehrs beeinträchtigen wird.


2 A 1062/01

Verkündet am 11.02.2003

Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Luftverkehrsrechts (Feststellung der Rechtswidrigkeit von An- und Abflugverfahren zum und vom Flughafen Frankfurt am Main - Taunusrouten -)

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 2. Senat - durch

aufgrund der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 2003, verkündet am 11. Februar 2003, für Recht erkannt:

Tenor:

§ 3 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 der 13. Änderungsverordnung vom 13. März 2001 zu der 177. Durchführungsverordnung Luftverkehrs-Ordnung vom 28. Februar 1997 in der Fassung des § 4 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 der 212. Durchführungsverordnung Luftverkehrs-Ordnung vom 13. November 2002 verletzt, soweit er die Flugverfahren ARP 9G, 2F und 3J, WRB 1G, 2F und 3J, sowie SUGIT 2G, 2F und 2J festsetzt, die Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. mit der Maßgabe in ihren Rechten, dass sie die Nutzung dieser Verfahren nach Ablauf von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils nicht zu dulden haben.

Im Übrigen wird die Klage - die der Klägerinnen zu 1. und 6. insgesamt und die der anderen Klägerinnen mit den weitergehenden Anträgen - abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerinnen zu 1. und zu 6. je 1/7, die Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. je 1/21 - die Klägerinnen jeweils einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen - sowie die Beklagte und die Beigeladene je 5/21 zu tragen. Im Übrigen sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweiligen Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerinnen, die Städte Bad Soden, Eppstein, Kelkheim und Königstein sowie die Gemeinden Glashütten, Schmitten und Niedernhausen, wenden sich gegen die Festsetzung neuer An- und Abflugverfahren nordwestlich des Flughafens Frankfurt am Main.

Die von den Klägerinnen angegriffenen Flugrouten sind durch die 13. Änderungsverordnung - ÄndVO - vom 13. März 2001 zu der 177. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrsordnung - DVO-LuftVO - vom 28. Februar 1997 (Festlegung von Flugverfahren für An- und Abflüge nach Instrumentenflugregeln zum und vom Flughafen Frankfurt am Main) ausgewiesen worden. Die Verordnung ist von dem Direktor des Luftfahrt-Bundesamtes - Verwaltungsstelle Flugsicherung Offenbach - (LBA) erlassen worden. In § 1 Abs. 3 und 4 der Verordnung werden signifikante Punkte - u. a. die Wegpunkte ETARU und TABUM - nach Koordinaten im geodätischen Bezugssystem WGS 84 definiert. In § 2 Abs. 1 Nr. 1.2 sind die Anflugverfahren für die Betriebsrichtung 07 (Landebetrieb bei östlichen Winden) sowie in § 3 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 die Flugrouten für den Abflug von den Startbahnen 25 R und 25 L (Westbetrieb) und der Startbahn 18 beschrieben.

Die erste - nicht streitgegenständliche - Phase der Abflugverfahren bei Betriebsrichtung 25 ist in der heutigen Fassung bereits durch die 11. ÄndVO vom 26. Juli 2000 festgesetzt und durch die jetzt angefochtenen Verordnungen nicht abgeändert worden. Diese Startphase stellt sich als ein Abflugverfahren dar, das einen festen mit variablen Abdrehpunkten kombiniert. Das bedeutet, dass Flugzeuge mit ausreichender Steigrate (im Wesentlichen Flugzeuge der Wirbelschleppenkategorien "Medium" und "Light"), die an dem Punkt R (Radial) 260 FFM eine Höhe von 3.500 ft NN erreicht haben, dort nach Norden abdrehen und einen Kurs in Richtung des Navigationspunktes TAU (bei Hünstetten) aufnehmen müssen, der zunächst in etwa über der Autobahn A 3 verläuft (F-Routen). Demgegenüber müssen Flugzeuge, die diese Höhe nicht rechtzeitig erreichen (im Wesentlichen Flugzeuge der Wirbelschleppenkategorie "Heavy") den westlichen Kurs beibehalten und dürfen erst bei Erreichen einer Höhe von 3.500 ft nach Norden geführt werden (G- und J-Routen). Dieses Verfahren führt dazu, dass die Mehrzahl der Flugbewegungen auf den F-Routen abgewickelt wird.

Durch die 13. ÄndVO zur 177. DVO-LuftVO vom 13. März 2001 ist mit Wirkung zum 19. April 2001 die zweite Phase der Abflugverfahren dahingehend geändert worden, dass nach dem Abdrehen nach Norden die Flugzeuge nicht mehr zu dem Navigationspunkt TAU geführt werden, sondern bei Erreichen einer Höhe von 4.400 ft nach Nordosten abdrehen müssen, um zu dem neu eingeführten signifikanten Punkt TABUM (nordwestlich von Schmitten) zu gelangen. Diese Flugverfahren sind ohne sachliche Änderung, aber mit anderen Bezeichnungen in die 212. DVO-LuftVO vom 13. November 2002, in Kraft getreten am 28. November 2002, aufgenommen worden. Im Einzelnen handelt es sich um folgende, auf kurzem Weg via TABUM führende Flugverfahren:

ARP 9G, 2F und 3J, WRB 1G, 2F und 3J, sowie SUGIT 2G, 2F und 2J

Daneben legt § 3 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 der 13. ÄndVO in der Fassung der 212. DVO-LuftVO Abflugverfahren zu dem Navigationspunkt TABUM fest, die entweder von den Startbahnen 25 oder von der Startbahn 18 zunächst in süd- bis südwestlicher Richtung führen und danach in einer großen Rechtskurve über die Städte Mainz und Wiesbaden den Kurs in Richtung TABUM aufnehmen (ARP 4N, 5T und 4S, WRB 4N, 5T und 4S sowie SUGIT 3N, 5T und 2S).

Ferner ist durch die 13. ÄndVO in § 2 Abs. 1 Nr. 1.2 eine neue Anflugroute festgelegt worden, die bei Betriebsrichtung 07, also bei östlichen Winden, genutzt werden kann. Diese Anflugroute führt von dem signifikanten Punkt ETARU (westlich von Bad Camberg) in etwa über die A 3 und Idstein nach Süden und mündet in die bisherige Einflugroute über der A 66 ein. Neben dieser "üblichen" Anflugführung ist für besondere Verkehrslagen eine Ausweichroute ausgewiesen, die von Idstein in einer großen Rechtskurve über Kelkheim zur A 66 führt (ETARU 4E).

Die Klägerinnen zu 1. bis 6. haben am 10. April 2001 und die Klägerin zu 7. hat am 23. Juli 2001 Klage erhoben. Sie tragen vor: Durch die Festsetzung der neuen Flugrouten werde die Region Hochtaunus mit bedeutenden und schutzwürdigen Kultur- und Naturgütern erheblich belastet. Die betroffenen Gebiete seien keiner Lärmvorbelastung ausgesetzt. Infolge des Fluglärms könnten sie, die Klägerinnen, die bereits geplanten Baugebiete sowie einzelne Bauvorhaben nicht mehr realisieren und begonnene Planungen nicht abschließen. Wegen der breiten Streuung der Lärmwirkungen sei es nicht mehr möglich, neue Siedlungsflächen zu entwickeln. Bestehende Baugebiete würden erheblich beeinträchtigt. Kommunale Einrichtungen wie z. B. Kindertagesstätten, Kindergärten, Spielplätze und Sportanlagen könnten nicht mehr bestimmungsgemäß genutzt werden und seien einem erheblichen Wertverlust ausgesetzt. Das gelte auch für Kur- und Heileinrichtungen sowie für Altenheime. Erhebliche Investitionen stellten sich als nutzlos heraus. Sie, die Klägerinnen, seien Eigentümerinnen zahlreicher Grundstücke, die teilweise auch mit Wohnhäusern bebaut seien; diese Anwesen würden nutzlos und verlören an Wert. Die Festsetzung der Flugrouten sei schon verfahrensrechtlich zu beanstanden; sie seien weder beteiligt noch angehört worden, obwohl dies nach § 7 BauGB und nach Art. 28 Abs. 2 GG geboten gewesen sei.

Darüber hinaus habe das LBA den Sachverhalt nicht in ausreichendem Maß ermittelt und es unterlassen, kommunale Belange in die Abwägung einzustellen. So seien insbesondere die topographischen Verhältnisse nicht beachtet und deshalb die Lärmbelastung in den betroffenen Gebieten erheblich unterschätzt worden. Der Fluglärm sei unzumutbar und überschreite die maßgeblichen Grenz-, Orientierungs- und Richtwerte. Das ergebe sich aus den vorgelegten Gutachten. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Messungen nach dem 11. September 2001 nicht repräsentativ seien, sondern nach oben korrigiert werden müssten. Unberücksichtigt geblieben seien auch die natur- und landschaftsschutzrechtlichen Ausweisungen. Für die Festsetzung der neuen Flugrouten sei kein sachlicher Grund erkennbar; insbesondere lasse sich die Routenführung nicht aus europäischen Vorgaben ableiten. Kapazitäts- oder Wettbewerbsgründe seien nicht geeignet, die neue Lärmbelastung zu rechtfertigen. Die 13. ÄndVO sei auch deshalb abwägungsfehlerhaft, weil alternative Streckenführungen nicht oder nicht ausreichend geprüft worden seien. Insbesondere durch eine leicht nach Westen verschobene Routenführung lasse sich erreichen, dass erheblich weniger Menschen und - wegen der topographischen Bedingungen - in geringerem Maß durch Fluglärm beeinträchtigt würden.

Die Klägerinnen beantragen,

festzustellen, dass sie durch die Änderung der An- und Abflugverfahren aufgrund der Dreizehnten Verordnung zur Änderung der Hundertsiebenundsiebzigsten Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs-Ordnung des Luftfahrtbundesamtes vom 13. März 2001 in der Fassung der jeweiligen Änderung speziell durch die zweihundertzwölfte Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs-Ordnung des Luftfahrtbundesamtes vom 13. November 2002 in ihren Rechten verletzt werden, insbesondere durch Festlegung der Abflugverfahren über den Ausflugspunkt TABUM, das sind insbesondere die in § 3 Abs. 2 bzw. § 4 Abs. 2 als ARPE EIGHT GOLF DEPARTURE (ARP8G), WARBURG NINE GOLF DEPARTURE (WRB9G), SUGIT ONE GOLF DEPARTURE (SUGIT1G), ARPE ONE FOXTROT/TWO JULIETT DEPARTURE (ARP1F/2J), WARBURG ONE FOXTROT/TWO JULIETT DEPARTURE (WRB1F/2J), SUGIT ONE FOXTROT/ONE JULIETT DEPARTURE (SUGIT1F/1J), ARPE TWO NOVEMBER DEOPARTURE (ARP2N), WARBURG TWO NOVEMBER DEPARTURE (WRB2F), SUGIT ONE NOVEMBER DEPARTURE (SUGIT1N) sowie als ARPE NINE GOLF DEPARTURE (ARP9G), WARBURG ONE GOLF DEPARTURE (WRB1G), SUGIT TWO GOLF DEPARTURE (SUGIT2G); ARPE TWO FOXTROT/THREE JULIETT DEPARTURE (ARP2F/3J); WARBURG TWO FOXTROT/THREE JULIETT DEPARTURE (WRB2F/3J), SUGIT TWO FOXTROT/TWO JULIETT DEPARTURE (SUGIT2F/2J); ARPE FOUR NOVEMBER DEPARTURE (ARP4N); WARBURG FOUR NOVEMBER DEPARTURE (WRB4N) UND SUGIT THREE NOVEMBER DEPARTURE (SUGIT3N) bezeichneten Abflugverfahren,

hilfsweise festzustellen, dass die Rechtsverordnungen, mit denen die An- und Abflugverfahren des Flughafens Frankfurt am Main entsprechend der Darstellung der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH "Vergleich der An- und Abflugverfahren Frankfurt heute und ab 19. April 2001, Stand 7. Februar 2001" geändert und insbesondere die Flugrouten für Nordabflüge bei Betriebsrichtung 25 zum Ausflugspunkt TABUM und Westanflüge bei Betriebsrichtung 07 vom Einflugspunkt ETARU bestimmt werden, rechtswidrig und ihnen gegenüber unwirksam sind, und sie einen Anspruch gegen die Beklagte besitzen, dass sie die Benutzung der mit diesen Rechtsverordnungen festgesetzten An- und Abflugverfahren nicht dulden müssen, sondern einen Anspruch gegen die Beklagte besitzen, dass die Rechtsverordnungen aufgehoben werden,

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Rechtsverordnungen, mit denen die An- und Abflugverfahren des Flughafens Frankfurt am Main entsprechend der Darstellung der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH "Vergleich der An- und Abflugverfahren Frankfurt heute und ab 19. April 2001, Stand 7. Februar 2001" geändert und insbesondere die Flugrouten für Nordabflüge bei Betriebsrichtung 25 zum Ausflugspunkt TABUM und Westanflüge bei Betriebsrichtung 07 vom Einflugspunkt ETARU bestimmt werden, aufzuheben.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte erwidert, bereits 1993 habe die Europäische Verkehrsministerkonferenz (ECAC) eine Neuordnung des europäischen Flugstreckennetzes beschlossen, um die Kapazität zu erhöhen und den europäischen Luftverkehr zu harmonisieren. Die Umsetzung in der Bundesrepublik Deutschland müsse die Vorgaben der Europäischen Flugsicherungsagentur Eurocontrol beachten. Im Bereich des Flughafens Frankfurt am Main sei eine zweite Flugstrecke für die Nord-Süd-Richtung eingerichtet worden. Die Ein- und Ausflugpunkte beider Strecken hätten unter Beachtung militärisch genutzter Räume entzerrt werden müssen. Der Punkt TABUM sei nach einer Prüfung verschiedener Alternativen durch die DFS mit Hilfe des Simulationssystems NIROS (Noise Impact Reduction and Optimisation System) gewählt worden. Hierbei seien die möglichen Routenführungen im Bereich der lärmkritischen flacheren Anfangsstrecken in Bezug auf die betroffene Besiedlung untersucht worden. Eine nach Westen verschobene Routenführung habe ungünstigere Werte als die ausgewählte Route ergeben, weil dann noch mehr Flugzeuge in Richtung der Randbereiche der Stadt Wiesbaden geführt worden wären. Bezüglich der Lärmbelastung sei zu berücksichtigen, dass die Flugzeuge am ersten Abdrehpunkt Richtung TAU 3.500 ft und am zweiten Abdrehpunkt Richtung TABUM 4.400 ft erreicht haben müssten. Nach den vorgelegten Flugspuraufzeichnungen fliege nahezu kein Luftfahrzeug in dem hier betroffenen Bereich unter 5.000 ft. Der größte Teil bewege sich zwischen 5.000 und 7.000 ft NN; das entspreche einer tatsächlichen Flughöhe von ca. 1.300 bis 1.600 m über Grund. Bei den Anflügen von ETARU würden noch größere Flughöhen eingehalten. Die Flugrouten zu dem Wegpunkt TABUM würden an Tagen mit reinem Westbetrieb (25-Betrieb) von ca. 160 Flugzeugen täglich genutzt. Eine Anhörung von Gemeinden und Betroffenen sei weder rechtlich geboten noch sinnvoll durchzuführen. Die Beteiligung der Kommunen sei über die Fluglärmkommission gewährleistet.

Die Beigeladene trägt vor, die Klage sei mangels Klagebefugnis der Klägerinnen unzulässig. Darüber hinaus sei sie auch unbegründet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts komme es hier nicht auf die Zumutbarkeit von Fluglärm, sondern allein auf die Frage an, ob der infolge der Planfeststellung hinzunehmende Fluglärm nach den Maßstäben des Abwägungsgebots fehlerfrei verteilt worden sei. Insoweit stehe dem LBA als Verordnungsgeber ein weiter Gestaltungsspielraum offen. Hier habe die Behörde den Sachverhalt zutreffend ermittelt und mit Hilfe des Simulationsprogramms NIROS mögliche Streckenführungen in Relation zur Bevölkerungsdichte bewertet; sie habe die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich des Lärmschutzes berücksichtigt. Darüber hinaus hätten die Klägerinnen nicht dargelegt, einer unzumutbaren Lärmbelastung ausgesetzt zu sein.

Wegen des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verwaltungsvorgänge des LBA und der DFS (2 Ordner) Bezug genommen; diese sind beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat teilweise Erfolg.

Die Klage ist unzulässig, soweit sie von den Klägerinnen zu 1. und 6. erhoben worden ist, sowie unzulässig, soweit sich die anderen Klägerinnen gegen Anflugverfahren wenden. Im Übrigen ist die Klage zulässig und auch insoweit begründet, als sie sich gegen die im Tenor bezeichneten Abflugverfahren richtet.

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs folgt aus §§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 52 Nr. 1 VwGO. Die An- und Abflugverfahren betreffen den Betrieb des Flughafens; sie stehen in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit dem Flughafen selbst (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000, NJW 2000, 3584).

Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage nach § 43 VwGO. § 47 VwGO, der auf Bundesrechtsverordnungen nicht anwendbar ist, entfaltet keine Sperrwirkung. Der Begriff des Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO ist verfassungskonform (Art. 19 Abs. 4 GG) weit auszulegen. Die Klägerinnen können sich darauf berufen, durch die Norm selbst, d. h. ohne weitere hoheitliche Umsetzungsakte, in ihren Rechten verletzt zu sein. Das Rechtsverhältnis wird nicht allein durch Norm und Normadressat, sondern durch die Rechtsbehauptung der Klägerinnen konkretisiert, durch die Norm selbst in subjektiven Rechten verletzt zu sein.

Die Klagebefugnis, die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO auch bei der Feststellungsklage nach § 43 VwGO vorliegen muss (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000, a. a. O. S. 3585), ist nur teilweise gegeben.

Die Klägerinnen haben insbesondere in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt, dass sie Eigentümerinnen von Grundstücken sind, die mit Wohnhäusern oder mit Anlagen bebaut sind, die zumindest teilweise Wohnraum umfassen. Auch wenn sich die Klägerinnen, die selbst hoheitliche Befugnisse ausüben, nicht auf das verfassungsrechtlich (durch Art. 14 GG) geschützte Eigentum berufen können, sind sie doch befugt, staatlichen Planungen diejenigen Belange entgegenzuhalten, die aus dem privatrechtlichen Eigentum resultieren (BVerwG, Urteil vom 27. März 1992, DVBl. 92, 1233 <1234>). Das bedeutet, dass die Klägerinnen grundsätzlich geltend machen können, durch die streitigen Rechtsverordnungen in ihrem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung ihrer Lärmschutzbelange als private Eigentümerinnen der Wohngrundstücke beeinträchtigt zu sein.

Um ihre Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO darzulegen, müssen die Klägerinnen darüber hinaus geltend machen können, dass ihr Grundeigentum infolge der angegriffenen Flugrouten einer Lärmbelastung ausgesetzt ist, die zumindest als abwägungserheblich einzustufen ist. Das trifft auf die Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. - mit noch zu erörternden Einschränkungen -, aber nicht auf die Klägerinnen zu 1. und 6. zu.

Nach den von den Klägerinnen zu 2. bis 7. vorgelegten Gutachten (Anlagen 51 bis 57 sowie Bl. 652 ff. d. A.), sind die am stärksten betroffenen Wohnungen Mittelungspegeln - als äquivalente Dauerschallpegel bei einem Halbierungsquotienten 3 - Leq(3) - von annähernd 50 dB(A) am Tag und annähernd 43 dB(A) in der Nacht ausgesetzt. Diese Lärmbelastung liegt deutlich unterhalb der sog. fachplanerischen Erheblichkeits- oder Zumutbarkeitsschwelle. Das ist die Grenze, ab der bei dem Neubau oder der wesentlichen Änderung von Verkehrsanlagen Lärmschutzmaßnahmen notwendig sind, oder bei der der Schritt von der bloßen Belästigung hin zu einer schädlichen Umwelteinwirkung im Sinne des § 3 BImSchG vollzogen wird. Das vorliegende Verfahren gibt dem Senat keine Veranlassung, diese Grenzwerte für den Bereich des Fluglärms zu definieren. Selbst wenn man hierfür einen relativ niedrigen Ansatzpunkt wählen und z. B. mit dem Rat der Sachverständigen für Umweltfragen (Umweltgutachten 2002 - BT-Drs. 14/8792) eine Erheblichkeitsschwelle von 55 dB(A) am Tag und 45 dB(A) in der Nacht annehmen würde, lägen die Belastungen der klägerischen Anwesen noch deutlich unter diesen Werten. Es besteht für den Senat Anlass hervorzuheben, dass mit diesen Bemerkungen keine Festlegung der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle für Fluglärm getroffen wird.

Von der fachplanerischen Zumutbarkeits- oder Erheblichkeitsschwelle ist diejenige Grenzlinie zu unterscheiden, unterhalb der eine Immissionsbelastung so gering ist, dass sie nicht (mehr) als eigengewichtiger Belang in die planerische Abwägung einzustellen ist. Diese Abwägungserheblichkeitsschwelle wird in Bezug auf das Wohneigentum der Klägerinnen zu 1. und 6. nicht erreicht.

Die Klägerin zu 1. hat nicht darzulegen vermocht, dass ihr Eigentum infolge der Einführung der neuen Flugrouten überhaupt einer wahrnehmbaren Lärmsteigerung ausgesetzt ist. Im Gegensatz zu den Klägerinnen zu 2. bis 7. hat sie kein Gutachten über ihre Lärmbetroffenheit vorgelegt. Der Senat kann jedoch aufgrund der Lage der Städte zu den Flugrouten - mangels anderweitiger konkreter Anhaltspunkte - davon ausgehen, dass das Wohneigentum der Klägerin zu 1. auch unter Berücksichtigung der topographischen Verhältnisse keiner wesentlich höheren Lärmbelastung ausgesetzt ist als sie an der Messstelle Kelkheim-Mitte festgestellt worden ist. Dort hat sich nach dem Gutachten des Dipl.-Physikers Dr. Krämer (TÜV Süddeutschland) vom 5. Juni 2001 (Anlage 53 der Klägerinnen) der Mittelungspegel - Leq(3) - am Tag von 41,5 auf 41,8 dB(A) und in der Nacht von 34 auf 34,4 dB(A) erhöht. Hierbei handelt es sich nach allgemeinen Gesetzen der Akustik um für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbare Veränderungen der Lärmsituation, die deshalb auch nicht in die planerische Abwägung als eigenständiger Belang einbezogen werden müssen.

Das Wohneigentum der Klägerin zu 6. ist nach dem Gutachten des Dipl.-Physikers Dr. Krämer vom 31. Oktober 2001 (Anlage 55 der Klägerinnen und Bl. 652 ff. d. A.) Mittelungspegeln in Leq(3) von - je nach Stadtteil - 32 bis 39 dB(A) am Tag und 26 bis 30 dB(A) in der Nacht ausgesetzt. Diese Werte stellen jedenfalls bei der Festlegung von Flugrouten keine Beeinträchtigung dar, die als eigenständiger Belang in die fachplanerische Abwägung einzubeziehen ist. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Es wurde oben dargelegt, dass die fachplanerische Erheblichkeitsschwelle für Fluglärm bei mindestens 55/45 dB(A) liegen dürfte. Die niedrigsten Orientierungswerte nach der DIN 18005 (Schallschutz im Städtebau), die keine Grenzwerte, sondern optimale Planungsziele für die Ausweisung von reinen Wohngebieten beschreiben, liegen bei 50/40 dB(A). Diese Orientierungswerte werden an den Wohnungen der Klägerin zu 6. noch einmal um eine erhebliche Differenz von 10 dB(A) und mehr unterschritten. Selbst sehr ruhige Wohngebiete sind vielfältigen Schallereignissen ausgesetzt mit der Folge, dass Mittelungspegel von maximal 39 dB(A) am Tag und 30 dB(A) in der Nacht eher einen Rechenwert als einen tatsächlichen Zustand beschreiben. Der auf 24 Stunden bezogene Mittelungspegel liegt je nach Stadtteil zwischen 30 und 35 dB(A) (vgl. Gutachten S. 13) und damit unterhalb der Schwelle, ab der die Beklagte - für das Gericht gut nachvollziehbar - mit ihrem System NIROS überhaupt Lärmbelastungen erfasst. Auf Einzelheiten der Lärmermittlung und Lärmbewertung kommt es in diesem untersten Bereich einer Immissionsbelastung nicht an.

Der Senat verkennt nicht, dass trotz der relativ niedrigen Mittelungspegel einzelne Überflüge als störend wahrgenommen werden können. Abgesehen davon, dass das auch für viele andere Einzelschallereignisse gilt, stellt der Mittelungspegel gerade im unteren Lärmbereich ein geeignetes Bewertungskriterium dar, weil die Gesamtbelastung nicht allein von der Wahrnehmbarkeit einzelner Geräusche und deren Intensität, sondern auch davon abhängt, wie häufig ein Lärmereignis in einem bestimmten Zeitraum auftritt. Darüber hinaus rechtfertigen auch die ermittelten Maximalpegel keine andere Beurteilung. In nennenswertem Umfang sind am Tag nur Maximalpegel zwischen 55 und 65 dB(A) festzustellen, vereinzelt, nämlich durchschnittlich ein- bis zweimal täglich, treten Werte zwischen 65 und 70 dB(A) auf. Nachts wird ein Wert zwischen 55 und 60 dB(A) durchschnittlich zweimal und zwischen 60 und 65 dB(A) einmal erreicht. Auch diese Statistik, die im Übrigen nur die Tage mit überwiegendem Westbetrieb, also nicht die ruhigen Ostwindlagen, erfasst, zeigt, dass auch die Maximalpegel weder nach Höhe noch nach Häufigkeit eine Lärmbelastung darstellen, die als besonderer Belang in die Abwägung der für und gegen die Routenführung sprechenden Interessen einzustellen ist. Das gilt um so mehr, als angesichts der Besiedlungsstruktur in dem - auch größeren - Umkreis um den Flughafen Frankfurt am Main ausgeschlossen werden kann, eine Flugroute auszuweisen, die derartige Lärmbelastungen generell vermeidet.

Dem kann die Klägerin zu 6. nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Ergebnisse der Messungen wegen des Rückgangs der Flugbewegungszahlen infolge der Ereignisse vom 11. September 2001 kein realistisches Bild widerspiegelten. Die allgemeine Einschätzung, dass sich die Zahl der Passagiere deshalb insgesamt um ca. 10 % reduziert habe, wird durch die Zahlen über die Belegung der TABUM-Routen untermauert, die einen entsprechenden Rückgang in den Monaten September, Oktober und November 2001 ausweisen. Dass, wie die Klägerinnen meinen, diese Reduzierung nahezu ausschließlich den Nachtflügen zuzuordnen sei, ist nicht hinreichend substantiiert dargelegt und lässt sich auch nicht aus Messungen ableiten, die in der Nähe von Neu-Isenburg durchgeführt worden sind. Diese Fragen bedürfen jedoch keiner näheren Aufklärung, weil selbst bei einem Zuschlag von um die 2 dB(A) auf die nächtlichen Pegel die Lärmbelastung des Eigentums der Klägerin zu 6. insgesamt nicht die Schwelle zur Abwägungserheblichkeit überschreiten würde.

Die Klagebefugnis der Klägerinnen zu 1. und 6. lässt sich auch nicht aus der kommunalen Planungshoheit herleiten, die durch Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich gewährleistet ist.

Ein Eingriff in die kommunale Planungshoheit liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. Urteil vom 15. April 1999, NVwZ-RR 99, 554 <555>) vor, wenn

* entweder eine hinreichend konkretisierte und verfestigte Planung der Gemeinde durch eine andere (in der Regel überörtliche) Planung vereitelt oder zumindest nachhaltig beeinträchtigt wird

* oder wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung entzogen werden

* oder kommunale Einrichtungen erheblich beeinträchtigt werden.

Diese Voraussetzungen müssen, um in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren berücksichtigt werden zu können, von den Gemeinden im Einzelnen dargelegt werden (BVerwG, Beschluss vom 18. September 1998, NuR 99, 631). Bei der Anwendung dieser Grundsätze ist gerade im Zusammenhang mit Immissionsabwehrklagen zu berücksichtigen, dass die Gemeinden weder dazu berufen noch ermächtigt sind, die Immissionsschutzbelange ihrer Bürgerinnen und Bürger als eigene Angelegenheiten oder nach Art einer Prozessstandschaft im eigenen Namen wahrzunehmen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. April 2000, NVwZ 2001, 82 <85>). Damit dieser Grundsatz nicht über das Institut der Planungshoheit umgangen wird, ist strikt zwischen den Immissionsschutzbelangen der Bewohner der Gemeinde einerseits und den Planungskompetenzen der Gemeinde andererseits zu trennen. Die Planungshoheit verschafft den Kommunen ein Recht auf Planung, aber keinen Anspruch darauf, Baugebiete auszuweisen, die frei von Störungen sind. Dementsprechend fließt aus dem subjektiven Recht auf Abwägung kein Anspruch der Gemeinden auf Berücksichtigung von Lärmschutzbelangen, sondern auf Beachtung ihrer kommunalen - planerischen - Interessen.

Die Klägerinnen können sich hier zwar auf hinreichend konkretisierte Planungen berufen, für den Senat ist jedoch nicht erkennbar, dass diese Planungen durch die Einführung der neuen Flugverfahren nachhaltig beeinträchtigt oder gar vereitelt würden. Durch die Ausweisung der neuen Flugrouten wird weder Gemeindegebiet beansprucht noch durch normative Festsetzungen von irgendeiner Nutzung ausgeschlossen. Eine (mittelbare) Beeinträchtigung durch Verkehrslärm kann zwar unter besonderen Voraussetzungen einen nachhaltigen Eingriff in kommunale Planungen indizieren. Wann diese Schwelle erreicht ist, bedarf hier keiner näheren Erörterung. Sie liegt jedenfalls über der Schwelle einer abwägungserheblichen Lärmbeeinträchtigung, die bzgl. des Wohneigentums der Klägerinnen zu 1. und 6. nicht erreicht wird. Aus diesen Gründen können diese Klägerinnen auch nicht mit Erfolg geltend machen (im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO), durch die Einführung der neuen Flugrouten würden kommunale Einrichtungen, wie z. B. Kindergärten, Kindertagesstätten oder Sportanlagen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich beeinträchtigt.

Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen zu 1. und 6. lässt sich ihre Klagebefugnis nicht aus § 29b Abs. 2 LuftVG herleiten. Unabhängig von der Frage, ob diese Vorschrift überhaupt Rechtspositionen der Klägerinnen begründen kann, greift diese Vorschrift schon tatbestandlich nicht ein, weil Werte unterhalb der Abwägungserheblichkeit keine unzumutbare Beeinträchtigung im Sinne dieser Vorschrift belegen können.

Schließlich folgt die Klagebefugnis der Klägerinnen zu 1. und 6. nicht aus einer Verletzung von Verfahrensvorschriften. Eine Verpflichtung des LBA, vor Erlass der 13. Änderungsverordnung das Benehmen der Klägerinnen herzustellen, lässt sich entgegen deren Auffassung nicht aus § 7 Sätze 3 und 4 BauGB herleiten. Diese Bestimmungen knüpfen daran an, dass ein öffentlicher Planungsträger seine Planung nicht an den Flächennutzungsplan einer Gemeinde anpasst, nachdem er an dem Verfahren zur Aufstellung des Flächennutzungsplans beteiligt war und dem Plan nicht widersprochen hat. Es ist schon zweifelhaft, ob das LBA als für die Ausweisung der Flugroute zuständige Behörde als Planungsträger im Sinne des § 7 Satz 1 BauGB angesehen werden kann. Jedenfalls liegt hier kein Verstoß gegen die Anpassungspflicht vor. § 7 BauGB befasst sich mit dem Verhältnis zwischen konkurrierenden kommunalen und sonstigen (in der Regel überörtlichen) Planungen. Ein Regelungsbedürfnis besteht jedoch nur für Planungen, die in einem Widerspruch zu den Ausweisungen des Flächennutzungsplans (im Sinne des § 5 BauGB) stehen können. Das wiederum trifft nur auf raumbeanspruchende Maßnahmen zu (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31. Januar 1997, NVwZ-RR 98, 221 <223>).

Die Festsetzung der streitigen Flugrouten stellt sich jedoch in Bezug auf die Gebiete dieser Klägerinnen nicht als raumbeanspruchende Planung oder sonstige Maßnahme dar, die die Klägerinnen in ihren Planungsabsichten beeinträchtigen könnten; sie schließt es nicht aus, dass die im Flächennutzungsplan in Aussicht genommenen Bodennutzungen in Form der Bauleitplanung oder Landschaftsplanung realisiert werden. Diese Einschätzung wird durch die tatsächliche planerischen Tätigkeiten der Klägerinnen zu 1. und 6. nach dem 19. April 2001 (vgl. Anlagen 74 und 79) bestätigt.

Die strittigen Flugverfahren verletzen die Klägerinnen zu 1. und 6. schließlich nicht in einem Recht auf Beteiligung an dem Rechtsetzungsverfahren. Weder Art. 80 GG noch die luftverkehrsrechtlichen Vorschriften sehen eine Information oder Anhörung betroffener Kommunen vor. Ob sich hier ein Beteiligungsrecht unmittelbar aus der verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) ableiten lässt (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2002, ZUR 2002, 415 <417>), erscheint zweifelhaft. Denn das Verfahren zur Festsetzung von Flugverfahren unterscheidet sich von den bisher in der Rechtsprechung anerkannten Fällen eines Anhörungsrechts kraft Verfassung nicht nur, wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg meint, graduell, sondern strukturell. Das liegt insbesondere an der Eigenart der Festsetzung der Flugrouten durch eine generalisierende und mehr vergleichende Abwägung, die eine erheblich geringere Ermittlungstiefe erfordert, als etwa die Festsetzung eines Lärmschutzbereichs für einen Flughafen oder die fachplanerische Abwägung für die Errichtung oder Änderung eines Flughafens. Im Übrigen liegt hier, wie dargelegt, kein Eingriff in die Planungshoheit der Klägerinnen zu 1. und 6. vor.

Vor allem aber kommt es für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob Kommunen generell ein Recht auf Beteiligung am Rechtssetzungsverfahren haben. Denn hier sind die Klägerinnen ausreichend angehört worden, und zwar vor Erlass der 212. DVO-LuftVO vom 13. November 2002, die am 28. November 2002 in Kraft getreten ist. Die Klägerinnen hatten im gerichtlichen Verfahren Gelegenheit und sie haben davon auch äußerst ausführlich Gebrauch gemacht, ihre Bedenken und Anregungen bezüglich der neuen Abflugverfahren via TABUM vorzutragen. In Kenntnis dieses Vorbringens hat das LBA die streitbefangenen Flugrouten mit teilweise neuer Bezeichnung, aber ohne inhaltliche Veränderung neu festgesetzt. Es hat damit zum Ausdruck gebracht, dass es an seiner Entscheidung vom 13. März 2001 (Erlass der 13. ÄndVO) trotz der von den Klägerinnen vorgetragenen Einwendungen in der Sache festhalten will. Die dem Entwurf der 212. DVO-LuftVO beigefügten Erläuterungen der DFS belegen darüber hinaus, dass sich die Regelungen der 212. DVO-LuftVO nicht auf eine bloß redaktionelle Neufassung beschränken, sondern auch von einer sachlichen Überprüfung getragen sind. Da die Normadressaten, d.h. das Flugsicherungsunternehmen und die einzelnen Luftfahrzeugführer, die Flugverfahren in der aktuell gültigen Fassung anzuwenden haben, ist somit ein der 13. ÄndVO eventuell anhaftender Anhörungsfehler geheilt worden. Für eine eventuelle isolierte Beanstandung der 13. ÄndVO fehlt das Rechtsschutzinteresse, weil dadurch die Position der Klägerinnen weder rechtlich noch tatsächlich verbessert werden würde; sie müssten dann nämlich die Festsetzungen der 212. DVO-LuftVO hinnehmen. Die Heilung bedarf keiner speziellen gesetzlichen Ermächtigung; sie folgt aus der gesetzlichen Grundlage, aus der sich auch die Anhörungspflicht ergibt. Verfahrensvorschriften bestehen nicht um ihrer selbst willen, sondern sie dienen dem materiellen Recht. Die in §§ 45 und 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes enthaltenen Regeln gelten als allgemeine Grundsätze in allen Planungsverfahren, in denen auch Anhörungsrechte bestehen.

Selbst wenn die Klagebefugnis der Klägerinnen zu 1. und 6. gegeben wäre, müsste ihre Klage als unbegründet abgewiesen werden. Denn jedenfalls werden diese Klägerinnen durch die angefochtenen Flugverfahren im Ergebnis nicht in ihren Rechten verletzt, worauf später eingegangen wird.

Unzulässig ist schließlich die Klage der Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7., soweit sie sich gegen die Anflugverfahren richtet. Nach den Aussagen aller Gutachter ist die von den Anflugrouten auf das Eigentum der Klägerinnen ausgehende Lärmbelastung zu vernachlässigen, so dass auch insoweit die Grenze der Abwägungserheblichkeit nicht erreicht wird. Diese Anflugverfahren über den Einflugpunkt ETARU, die nur bei Ostwind genutzt werden können, stehen in keinem untrennbaren Zusammenhang mit den Abflugrouten in Richtung TABUM, so dass sie auch nicht zwangsläufig deren rechtliches Schicksal teilen müssen.

Soweit die Klage der Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. zulässig ist, ist sie auch überwiegend, nämlich hinsichtlich der im Tenor bezeichneten Flugverfahren, begründet.

Der Senat fasst das Begehren der Klägerinnen dahingehend auf, dass die durch die 13. ÄndVO zur 177. DVO-LuftVO neu festgesetzten Flugverfahren in der Gestalt Gegenstand des Feststellungsantrags sind, die sie durch die 212. DVO-LuftVO erhalten haben. Denn durch die 212. DVO-LuftVO sind keine gegenüber der 13. ÄndVO zusätzlichen Flugverfahren eingeführt, sondern die bis dahin gültigen Flugrouten ohne inhaltliche Veränderung, aber unter einer neuen Bezeichnung festgesetzt worden.

Die Rechtsverordnungen sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerinnen in ihren Rechten, als sie sich auf die Abflugverfahren beziehen, die auf kurzem Weg zu dem Punkt TABUM führen (F-, G- und J-Routen). Dagegen sind die Verordnungen nicht zu beanstanden, soweit sie die Flugrouten auf langem Weg zu dem Punkt TABUM (N-, T- und S-Routen) festsetzen.

Die streitigen Rechtsverordnungen sind allerdings formell rechtmäßig. Rechtsgrundlage der angefochtenen Rechtsverordnungen ist § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftVG, der das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen dazu ermächtigt, die Flugverfahren durch Rechtsverordnung festzusetzen. Diese Befugnis wiederum hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung in § 32 Abs. 3 Satz 3 LuftVG durch § 27a Abs. 2 Satz 1 LuftVO auf das LBA delegiert. Diese Rechtsgrundlagen sind in den streitigen Rechtsverordnungen genannt. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung sind durch § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftVG hinreichend konkret vorgegeben, so dass die Verordnungen den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG genügen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2002 - 8 S 1271/01 - <teilweise veröffentlicht in ZUR 2002, 415>, S. 17 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. März 2002 - 20 D 120/97.AK - <teilweise veröffentlicht in NZV 2002, 478>, S. 13 f.).

Die streitgegenständlichen Rechtsverordnungen sind hinreichend bestimmt. Allerdings ist der Inhalt dieser Verordnungen insgesamt für jemanden, der nicht mit Fragen der Flugsicherung vertraut ist, nur schwer zu verstehen. Das allein führt jedoch nicht dazu, dass die Verordnungen als nicht hinreichend bestimmt oder nicht hinreichend klar anzusehen sind. Eine eindeutige Festlegung der Flugrouten ist einerseits aus Gründen der Sicherheit des Flugverkehrs zwingend geboten, andererseits aber ohne Rückgriff auf spezifische vermessungs- und flugsicherungstechnische Fakten und Begriffe nicht möglich. Die Verordnungen über die Ausweisung von Flugrouten richten sich an die Flugverkehrskontrolldienste und die einzelnen Luftfahrzeugführer, also an Personengruppen, die mit diesen Begriffen und Zusammenhängen bestens vertraut sind. Außerdem nehmen die Verordnungen Bezug auf das Luftfahrthandbuch, in dem die Flugverfahren in Kartenform dargestellt sind. Aber auch Dritte können - wenn auch mit gewisser Mühe - die Flugrouten anhand des verwendeten Koordinatensystems räumlich zuordnen. Insoweit unterscheiden sich die Durchführungsverordnungen nach § 27a LuftVO nicht von anderen technischen Regelwerken, wie z. B. den zahlreichen Ausführungsverordnungen zum Bundesimmissionsschutzgesetz, die auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit oder fehlender Rechtsklarheit als nichtig angesehen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2002, a. a. O., S. 19 f.).

Die Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. werden durch die angefochtenen Rechtsverordnungen nicht in ihren Verfahrensrechten verletzt. Es wurde oben dargelegt, dass die Klagebefugnis der Klägerinnen zu 1. und 6. weder aus einem Verstoß gegen § 7 BauGB noch aus der Unterlassung einer evtl. gebotenen Anhörung hergeleitet werden kann. Diese Erwägungen gelten für alle Klägerinnen, so dass sie insgesamt jedenfalls im Ergebnis nicht in einem Verfahrensrecht verletzt werden.

Materieller Maßstab für die Überprüfung der Flugrouten ist das Abwägungsgebot. Die Geltung des Abwägungsgebots hängt weder von einer fachgesetzlichen Normierung noch von einer bestimmten Handlungs- oder Verfahrensform ab. Es folgt vielmehr aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung und gilt dementsprechend allgemein. Es begrenzt die planerische Gestaltungsfreiheit, die einerseits unerlässlich ist, um widerstreitende private und öffentliche Belange auszugleichen, andererseits im Rechtsstaat nicht schrankenlos gilt, sondern rechtlich gebunden und gerichtlich kontrollierbar sein muss (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000, a. a. O., S. 3585). Die Belange, die bei der Festlegung von An- und Abflugverfahren in die planerische Abwägung einzustellen sind, lassen sich unmittelbar aus den gesetzlichen Bestimmungen ableiten. Auf der einen Seite zu berücksichtigen ist das Interesse an einer sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs (§ 27c Abs. 1 LuftVG). Auf der anderen Seite haben die Luftfahrtbehörden, also auch das LBA, und die für die Flugsicherung zuständigen Stellen nach § 29b Abs. 2 LuftVG auf den Schutz der Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm hinzuwirken. Während die Sicherheit des Luftverkehrs vordringlichstes Ziel der Flugsicherung ist, besteht zwischen den Bezugpunkten Flüssigkeit des Luftverkehrs einerseits und Lärmschutz der Bevölkerung andererseits ein Spannungsverhältnis, in dem die Ermächtigung, aber auch die Verpflichtung des LBA, eine abwägende Entscheidung über die Routenführung zu treffen, besonderes Gewicht erlangt.

Das Abwägungsgebot gilt für die Ausweisung von Flugrouten zwar grundsätzlich, aber nicht mit allen inhaltlichen Anforderungen, die in der Dogmatik des Fachplanungsrechts entwickelt worden sind. Das folgt aus der besonderen sachlichen Eigenart der zur Überprüfung stehenden Entscheidung. Eine erste Beschränkung ergibt sich daraus, dass das LBA aus kompetenzrechtlichen Gründen darauf beschränkt ist, den vorhandenen Fluglärm zu verteilen, ohne die eigentliche Störquelle beseitigen oder einschränken zu können. Aufgrund der Genehmigung oder Planfeststellung (oder ggf. der Fiktion des § 71 Abs. 2 LuftVG) des betreffenden Flughafens besteht als Vorgabe ein bestimmtes "Lärmpotenzial", das - im Rahmen der ebenfalls vorgegebenen Lage der Start- und Landebahnen - verteilt, aber nicht in seiner Gesamtheit verändert werden kann. Deshalb ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die Ausweisung einer Flugroute den Anforderungen des Abwägungsgebots genügt, obwohl die betroffene Bevölkerung einer unzumutbaren Lärmbelastung ausgesetzt wird. Diese rechtliche Konsequenz unterliegt im Hinblick auf die Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber der Planfeststellungsbehörde keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000, a. a. O., S. 3586).

Allerdings eröffnet der planerische Gestaltungsspielraum dem LBA die Möglichkeit und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch die Verpflichtung, sich für ein lärmminderndes Verfahren zu entscheiden, auch wenn darunter die Flüssigkeit der Abwicklung des Flugverkehrs leidet und sich dieses Phänomen mittelbar auf die Kapazität eines Flughafens auswirkt. Die Beklagte trägt zwar zu Recht vor, dass die Flugsicherung keinen Einfluss auf die aktuell zu bewältigende Flugmenge hat, langfristig aber spielt das Argument der Flüssigkeit der Verkehrsabwicklung bei der Festsetzung der Koordinierungseckwerte (Slots), die die abstrakte Kapazität eines Flughafens bestimmen, eine erhebliche Rolle (vgl. § 27a Abs. 2 LuftVG). Insoweit bedarf die oben getroffene Aussage, die Flugroutenbestimmung erfülle in Bezug auf den Fluglärm eine reine Verteilungsfunktion, einer Ergänzung. Unter engen Voraussetzungen, die hier nicht erörtert werden müssen, kann über lärmmindernde Ab- und vor allem Anflugverfahren eine Reduzierung des Lärms insgesamt erreicht werden, wenn auch mit Einbußen bei der Flüssigkeit der Verkehrsabwicklung und damit letztlich bei der Kapazität des Flughafens.

Eine zweite Abweichung von dem fachplanerischen Abwägungsgebot besteht bei der Festlegung von Flugrouten darin, dass keine "parzellenscharfe" Ermittlung und Bewertung der Belange der Betroffenen geboten, sondern eine generalisierende Betrachtung ausreichend ist. Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 28. Juni 2000, a. a. O., S. 3586) leitet diesen Aspekt aus dem Umstand her, dass Flugrouten im Gegensatz zu Verkehrswegen am Boden nur eine "Ideallinie" beschreiben würden, denen ein "Flugerwartungsgebiet" zuzuordnen sei. Demgegenüber ist die Flugsicherung aufgrund der neueren Entwicklung der Navigationstechnik in der Lage, die Fluglinien, wenn es erwünscht ist, auf einen relativ engen Raum zu bündeln, wie insbesondere die Flugspuraufzeichnungen von Flugrouten belegen, die von dem Flughafen Frankfurt am Main in südlicher Richtung führen (Minimal Noise Routes).

Die generalisierende Betrachtung rechtfertigt sich aber auch aus der Dimension des durch die Flugroutenbestimmung betroffenen Raumes. Der Überflug eines Strahlflugzeugs wird auch bei relativ großer Entfernung als störendes Schallereignis empfunden. Wegen der großen Streuwirkung des Fluglärms und dem Fehlen natürlicher Schallhindernisse werden zwar einerseits Lebensräume von erheblicher Ausdehnung betroffen, andererseits trifft die Belastung die Wohnbevölkerung, die sich in annähernd gleicher Lage zur Flugroute befindet, auch in annähernd gleicher und typischer Weise. Ferner kommt es, wie oben dargelegt, für die Überprüfung der Flugroutenbestimmung grundsätzlich nicht auf die absolute Belastung (gemessen in bestimmten Mittelungs- oder Maximalpegeln), sondern die relative Belastung im Verhältnis zu anderen Gebieten und anderen Routenführungen an. Aus diesen Erwägungen heraus ist es gerechtfertigt, wenn sich der Verordnungsgeber auf eine generalisierende Betrachtung beschränkt. Das gilt um so mehr, als die Rahmenbedingungen für die Lärmbelastung, z. B. die Zahl der Flugbewegungen und die meteorologischen Verhältnisse, einem ständigen Wechsel unterworfen sind.

Der Einschränkung auf eine generalisierende Betrachtung entspricht ein relativ weiter - normativer - Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers. Der erkennende Senat teilt die Auffassung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 4. März 2002, a. a. O., S. 23 ff.), dass es in dem planerischen Ermessen des Verordnungsgebers liegt, die Grundentscheidungen über die Lärmverteilungsprinzipien zu treffen, insbesondere die Fragen zu beantworten, ob Flugbewegungen eher gebündelt oder gestreut werden sollen, ob die Lärmbelastung nach Art eines großräumigen Lastenausgleichs aufgeteilt oder weniger belastete Gebiete möglichst geschont werden sollen, und ob bei der Bewertung der Belange mehr Gewicht auf das Ausmaß der Betroffenheit oder mehr auf die Zahl der betroffenen Bewohner gelegt werden soll. Es gehört zum Wesensgehalt der planerischen Gestaltungsfreiheit, dass in diesem Geflecht der für- und gegeneinander streitenden Interesse keinem Belang von vornherein ein Übergewicht oder Vorrang gegenüber anderen Belangen einzuräumen ist.

Hier sehen die Klägerinnen einen Fehler im Abwägungsvorgang schon darin, dass die planerische Entscheidung über die Festsetzung der Flugrouten nicht von dem dafür zuständigen LBA - Verwaltungsstelle Flugsicherung - sondern in Wirklichkeit von der DFS getroffen worden sei. Dem vermag sich der Senat im Ergebnis nicht anzuschließen; allerdings würde die 13. ÄndVO - für sich betrachtet - unter diesem Aspekt der rechtlichen Überprüfung nicht Stand halten. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2000 (a. a. O., S. 3586) ist die Festlegung der Flugrouten nicht schon deshalb als willkürlich anzusehen, weil das LBA die Abwägungsentscheidung "im Wesentlichen" der DFS überlasse. Das gelte jedenfalls dann, wenn das LBA

* erstens für die Entscheidung verantwortlich bleibe,

* zweitens für die Einhaltung des Abwägungsgebots Sorge trage und

* drittens die Nachprüfbarkeit der Einhaltung der durch dieses Gebot vorgegebenen Maßstäbe sicherstelle.

Die erste Voraussetzung ist erfüllt, weil das LBA durch die Unterschrift des zuständigen Beamten die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsverordnung übernimmt. Ob das LBA bei Erlass der 13. ÄndVO auch für die Einhaltung des Abwägungsgebots Sorge getragen hat, ist für den Senat nicht feststellbar, weil jedenfalls die dritte der o. g. Voraussetzungen fehlt. Denn es lässt sich weder aus den im Zusammenhang mit der 13. ÄndVO vorgelegten Unterlagen noch aus sonstigen Umständen ableiten, dass das LBA bei Erlass der 13. ÄndVO Sorge für die Einhaltung der Maßstäbe des Abwägungsgebots (im oben dargelegten Sinne) getragen hat.

Die im Zusammenhang mit dieser Rechtsverordnung bei dem LBA entstandenen Verwaltungsvorgänge beschränken sich auf den Entwurf der Verordnung und den Entwurf der Fassung der Verordnung für die Veröffentlichung in dem Handbuch für Luftfahrer. Aus diesen Unterlagen lässt sich nicht nachvollziehen, dass das LBA überhaupt eine abwägende Entscheidung getroffen hat und welche Belange den Ausschlag für diese Entscheidung gegeben haben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2002, a. a. O., S. 25 f.).

Bestätigt wird diese Einschätzung dadurch, dass sich das LBA offensichtlich selbst als ein Organ begreift bzw. begriffen hat, das die von der DFS erarbeiteten Rechtsverordnungen erlässt und veröffentlicht, wozu die DFS seit ihrer Privatisierung im Gegensatz zum früheren Rechtszustand nicht mehr befugt ist (vgl. z. B. die Formulierung "... hat die DFS ... nachvollziehbare Abwägungen vorgenommen ..." auf S. 17 des Schriftsatzes der Beklagten vom 13. Juli 2001 - Bl. 364 der Akten). Auch die DFS formuliert in ihrer Broschüre "Vergleich der An- und Abflugverfahren Frankfurt vor/nach dem 19. April 2001" auf Seite 2 (Bl. 370 R der Akten 2 A 1569/01).:

"Abflüge erfolgen auf sogenannten Instrumentenabflugstrecken, die durch die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH geplant werden. Die Kommission zur Abwehr des Fluglärms (Fluglärmkommission) hat hierbei beratende Funktion. Das Luftfahrtbundesamt (LBA) veröffentlicht die Verfahren per Rechtsverordnung."

Ähnlich führt die Beigeladene in ihrem "Fluglärmreport", Ausgabe 2/2002, auf Seite 3 (Bl. 1012 der Akten) aus:

"Die für die Planung von An- und Abflugrouten zuständige DFS wird Änderungswünsche der Kommission letztlich nur dann dauerhaft umsetzen, wenn ..."

Diese Auffassungen der Beklagten und der Beigeladenen finden eine Grundlage in dem Organisationserlass des (damaligen) Bundesministeriums für Verkehr vom 13. November 1992 (Bl. 489 der Akten) in der Fassung der Änderung vom 7. Juli 1993 - Z 14/02.04.25/74 Vmz 93 - (Bl. 961 der Akten i.V.m. Bl. 496 ff. der Akten 2 A 159/01). Darin wird bestimmt:

"Aus arbeitsökonomischen Gründen und um den Sachverstand der die Flugsicherung ausführenden Stelle einzubeziehen, ist eine Arbeitsteilung zwischen LBA (Abteilung V) und der DFS vorzusehen, bei der die DFS den fachlichen Inhalt der Rechtsverordnungen erstellt, während das LBA (Abteilung V) die Rechtsförmlichkeit überprüft, die Rechtsverordnungen erlässt und im Bundesanzeiger und in den Nachrichten für Luftfahrer bekannt macht. Für den fachlichen Inhalt der Rechtsverordnungen trägt allein die DFS die Verantwortung."

Dieser Teil des Erlasses ist jedoch nicht mit § 32 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 3 LuftVG i. V. m. § 27a Abs. 2 Satz 1 LuftVO zu vereinbaren. Nach diesen Bestimmungen hat eindeutig das LBA die Flugverfahren festzusetzen. Durch diese Zuständigkeitsregelung wird das LBA ermächtigt, aber auch verpflichtet, die mit der Festsetzung verbundene Abwägung selbst vorzunehmen. Für eine Beschränkung des LBA auf die Prüfung der Rechtsförmlichkeit der Verordnung, wie sie der Erlass vom 7. Juli 1993 vorsieht, bieten die gesetzlichen Bestimmungen keinen Ansatz.

Der Senat verkennt nicht, dass es auch aus der Sicht des Gesetz- und Verordnungsgebers sinnvoll ist, die Sachkunde sowie die personelle und technische Ausstattung der DFS bei der Planung und Festsetzung der Flugverfahren nutzbar zu machen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. März 2002, a. a. O., S. 16 f.). Dieser Aspekt rechtfertigt jedoch keine Abweichung von der gesetzlichen Kompetenzordnung und ihm kann auch im Rahmen der gesetzlichen Kompetenzordnung Rechnung getragen werden. Denn es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Rechtsverordnungen über die Ausweisung von Flugverfahren weitgehend - bis hin zur Unterschriftsreife - von der DFS vorbereitet werden. Lediglich die abschließende verantwortliche Entscheidung über die Festsetzung der Flugverfahren und die damit verbundene - nachvollziehbare - Entscheidung über die Einhaltung der Anforderungen des Abwägungsgebots muss dem LBA vorbehalten bleiben.

Welche Anforderungen sich hieraus an das Rechtssetzungsverfahren im Einzelnen ergeben, hängt von dem jeweiligen Flugverfahren und insbesondere dem Maß der Lärmbetroffenheit der Bevölkerung ab. Soweit sich Rechtsverordnungen über die Ausweisung von Flugverfahren nicht auf rein flugsicherungstechnische Veränderungen beschränken, muss die Einhaltung der Anforderungen des Abwägungsgebots aus einer Begründung oder einem Erläuterungsbericht oder aus den im Zusammenhang mit der Planung einer Flugroute entstandenen Vorgängen ersichtlich sein. In Ausnahmefällen kann sich die abwägende Entscheidung aus sonstigen Umständen, insbesondere auch - worauf später zurückzukommen ist - aus der Routenführung selbst ergeben.

Das hiernach erforderliche Eigengewicht der Entscheidung des LBA dient nicht nur kompetenzrechtlichen Anforderungen, sondern erfüllt auch zwei wesentliche materiell-rechtliche Funktionen: Zum einen bietet die Zuständigkeit des LBA für die abschließende Entscheidung über ein Flugverfahren die organisationsrechtliche Gewähr, dass den eigentlichen Belangen der Flugsicherung im Sinne des § 27c Abs. 1 LuftVG, insbesondere dem Interesse an der flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs, die Lärmschutzbelange der betroffenen Wohnbevölkerung mit dem gebotenen Nachdruck entgegengehalten werden. Zum anderen kommt den Stellungnahmen und Wünschen der Kommission zum Schutz gegen Fluglärm bei dem Flughafen Frankfurt am Main nach der Einschätzung des Senats ein erhebliches Gewicht zu. Da die Willensbildung in der Kommission auf dem Mehrheitsprinzip beruht, obliegt dem LBA die Aufgabe, den Schutz der Minderheiten nach Maßgabe des Abwägungsgebots zu gewährleisten.

Gemessen an diesen Maßstäben ist für den Senat nicht erkennbar und nachvollziehbar, dass das LBA bei Erlass der 13. ÄndVO zur 177. DVO-LuftVO hinsichtlich der auf kurzem Weg via TABUM führenden Abflugverfahren (F-, G- und J-Routen) eine eigene und die Einhaltung der Anforderungen des Abwägungsgebots garantierende Entscheidung getroffen hat. Der darin liegende Abwägungsfehler kann der Klage aber nicht zum Erfolg verhelfen, weil er durch den Erlass der 212. DVO-LuftVO geheilt worden ist. Die Klägerinnen hatten während des gerichtlichen Verfahrens Gelegenheit und sie haben davon auch ausführlich Gebrauch gemacht, ihre Einwendungen und Bedenken gegen die am 19. April 2001 in Kraft getretenen Flugverfahren vorzutragen. Die Beklagte hat in ihren Schriftsätzen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass und aus welchen Gründen sie diese Einwendungen nicht für begründet ansieht. Wenn also das LBA die streitigen Flugverfahren in Kenntnis der Einwendungen der Klägerinnen ohne inhaltliche Veränderung am 13. November 2002 durch Erlass der 212. DVO-LuftVO neu in Kraft gesetzt hat, kommt darin nach der Überzeugung des Senats hinreichend deutlich eine abwägende Entscheidung des LBA mit dem Inhalt zum Ausdruck, dass es den von ihm schriftsätzlich dargelegten Belangen den Vorrang vor den ebenfalls schriftsätzlich vorgetragenen Lärmschutzbelangen der Klägerinnen einräumt. Auf die Stichhaltigkeit der einzelnen Argumente kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Denn der Mangel im Abwägungsvorgang, dass das LBA nicht nachvollziehbar eine eigene abwägende Entscheidung getroffen hat, ist durch den Erlass der 212. DVO-LuftVO in Verbindung mit dem prozessualen Vorbringen der Beklagten ausgeräumt worden. Eine isolierte Beanstandung der 13. ÄndVO scheitert an dem fehlenden Rechtsschutzinteresse. Durch eine Feststellung der Rechtswidrigkeit nur der 13. ÄndVO würde die Rechtsstellung der Klägerinnen nicht verbessert, weil sie die sie belastenden Flugverfahren aufgrund der 212. DVO-LuftVO zu dulden hätten.

Die streitigen Rechtsverordnungen (13. ÄndVO in der Gestalt der 212. DVO-LuftVO) sind aber insoweit abwägungsfehlerhaft zustande gekommen und deshalb rechtswidrig, als sie die auf kurzem Weg via TABUM führenden Flugverfahren (F-, G- und J-Routen) betreffen. Hinsichtlich dieser Verfahren sind die Lärmschutzbelange der Klägerinnen und der anderen Betroffenen nicht in dem gebotenen Umfang ermittelt und in die planerische Abwägung - insbesondere im Vergleich zu anderen Planungsalternativen - eingestellt worden. Im Rahmen der abwägenden Entscheidung über die Festsetzung der kurzen Abflugverfahren hätte das LBA mehr als geschehen die besonderen topographischen Bedingungen berücksichtigen müssen. Denn die Lärmminderung, die sich sonst mit zunehmender Flughöhe regelmäßig einstellt, wird hier aufgrund des beachtlichen Anstiegs des Geländes neutralisiert oder zumindest wesentlich relativiert. Dazu ist im Einzelnen auszuführen:

Die mit Wohnraum bebauten Grundstücke der Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. sind, wie im Zusammenhang mit der Klagebefugnis bereits ausgeführt, einer Lärmbelastung ausgesetzt, die insgesamt betrachtet nicht die Schwelle zur Unzumutbarkeit (im Sinne der fachplanerischen Erheblichkeit) erreicht. Gleichwohl sind diese - mehr als geringfügigen - Beeinträchtigungen doch im Rahmen der planerischen Abwägung zu berücksichtigen. Dieser Grundsatz ist im Fachplanungs- und Bauplanungsrecht anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1998, BVerwGE 107, 313 <322 f.>) und muss auch für die Planung von Flugverfahren gelten, obwohl diese, wie oben dargelegt, nicht allen Regeln unterworfen sind, die die Dogmatik des Fachplanungsrechts erarbeitet hat. Denn zum einen gehört es zu dem Kernbereich oder Wesensgehalt des Abwägungsgebots, dass alle Belange, die nach Lage der Dinge von einigem Gewicht sind und für oder gegen eine gerechte Planung sprechen, auch tatsächlich mit dem ihnen objektiv zukommenden Gewicht in die planerische Abwägung eingestellt werden. Zum anderen soll das Abwägungsgebot bei der Ausweisung von Flugverfahren willkürliche Entscheidungen vermeiden. Die Wahl einer Flugroute, von der zwar keine erhebliche Lärmbelastung, aber gleichwohl eine nicht von vornherein zu vernachlässigende Störung ausgeht, wäre aber durch sachliche Kriterien nicht zu rechtfertigen, wenn eine Planungsalternative zur Verfügung steht, die derartige Beeinträchtigungen insgesamt vermeidet oder insgesamt schonender ist.

Die Einschätzung der somit abwägungserheblichen Lärmschutzbelange der Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. setzt angesichts der spezifischen topographischen Verhältnisse in dem hier betroffenen Raum voraus, dass die Höhenlage der betroffenen Orts- oder Stadtteile in zumindest generalisierender Form in die Entscheidung über die Ausweisung von Flugrouten einbezogen wird. Vorab klarzustellen ist allerdings, dass damit nicht alle topographischen Besonderheiten gemeint sind, die sich schalltechnisch auswirken können (wie z. B. das genaue Geländerelief oder das Vorliegen einer Tal-, Hang- oder Kessellage). Auch gewöhnliche Höhenunterschiede dürften im Rahmen der hier gebotenen generalisierenden Betrachtung zu vernachlässigen sein. Denn die Bestimmung von Flugrouten erfordert, wie oben dargelegt, gerade keine parzellenscharfe Ermittlung der abwägungserheblichen Belange. Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass das Gebiet in Richtung des Punktes TABUM erheblich ansteigt, nämlich von dem Flughafenniveau (ca. 110 m NN) über Grundstücke der Klägerinnen zu 2., 4. und 7. (bis 420 m) sowie der Klägerin zu 3. (ca. 450 m) bis hin zu einer Höhenlage von ca. 640 m (Stadtteil Oberreifenberg der Klägerin zu 5.). Vergleicht man den tatsächlichen Verlauf des Geländes mit der Steiggradienten bei einem Steigwinkel von 3,3 %, der zwar häufig übertroffen wird, aber der Planung zu Grunde liegt (vgl. Bl. 64 des von der DFS vorgelegten Ordners), wird die Lärmminderung infolge des Zuwachses an Flughöhe durch den Anstieg des Geländes neutralisiert oder zumindest erheblich relativiert. Die effektive Flughöhe über Grund darf hier nicht unberücksichtigt bleiben. Denn im Gegensatz zu anderen Parametern, die die Lärmwerte weniger stark beeinflussen (z. B. die Zahl der Flugbewegungen) wirkt sich die Entfernung zwischen der Lärmquelle und dem Immissionsort unmittelbar und erheblich auf das Maß der Betroffenheit aus. Selbst bei einer Flughöhe von ca. 1.500 m über Grund macht eine Höhendifferenz von bis zu 500 m einen nicht zu vernachlässigenden Faktor aus. Das gilt umso mehr, als die Flughöhe nach der eigenen Einschätzung der Beklagten ein für die Festlegung der Flugroute bedeutsames Kriterium darstellt (vgl. S. 8 f. des Schriftsatzes vom 13. Juli 2001, Bl. 355 f. der Akten).

Die grundsätzliche Abwägungserheblichkeit derartiger topographischer Bedingungen hat die Beklagte auch zwischenzeitlich selbst anerkannt, indem sie ihr Bewertungssystem NIROS um diesen Aspekt erweitert hat. Bei Erlass der 13. ÄndVO und der 212. DVO-LuftVO ist dieser Aspekt nicht für den Senat erkennbar berücksichtigt worden.

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten sind die topographischen Verhältnisse im Untersuchungsraum auch nicht im Zusammenhang mit der Prüfung der zulässigen Mindestflughöhe in ausreichendem Umfang in den Entscheidungsprozess eingeflossen. Es ist zwar richtig, dass mit der Einhaltung der Mindestflughöhe über und neben den Geländeerhebungen und sonstigen Hindernissen im Lauftraum auch Lärmschutzbelange berücksichtigt werden (vgl. §§ 6 Abs. 1 i. V. m. 36 LuftVO). Damit wird aber noch nicht den Anforderungen des Abwägungsgebots ausreichend Rechnung getragen. Denn dieses Rechts- und Gerechtigkeitsprinzip ist nicht nur auf die Einhaltung von Mindeststandards gerichtet, sondern zielt auf eine Optimierung dieser Belange, was eine intensivere Auseinandersetzung als im Rahmen der Prüfung der zulässigen Mindestflughöhe voraussetzt. Gerade durch die Festlegung der Flugverfahren unter Berücksichtigung der Lärmschutzbelange werden die einzelnen Luftfahrzeugführer in die Lage versetzt, dem Lärmminimierungsgebot des § 6 Abs. 1 LuftVO gerecht zu werden.

Der somit festzustellende Abwägungsfehler ist auch kausal für das Abwägungsergebnis. Es besteht die konkrete Möglichkeit einer Routenführung, die sich als insgesamt schonendere Alternative darstellen könnte. In Betracht kommen insoweit die von den Klägerinnen dargelegten Alternativen, die unter Beibehaltung oder jedenfalls unter grundsätzlicher Beibehaltung des Anflugpunktes ETARU eine leichte Verschiebung des Abflugpunktes TABUM in westlicher Richtung erfordern. Dass ein solcher Spielraum, wenn auch in geringem Umfang, besteht, haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Hinzu kommt, dass die Routenführung bis zum Wegpunkt TABUM schon jetzt variabel ist und insoweit ein weiterer Spielraum für die Festlegung des Hauptverkehrsstroms (F-Route) zur Verfügung steht. Diese Alternativen sind von den Klägerinnen schon frühzeitig und ausführlich dargelegt worden, so dass sie sich spätestens bei Erlass der 212. DVO-LuftVO als abwägungsrelevant aufdrängen mussten.

Der Senat verkennt nicht, dass eine derartige Routenverschiebung auf den ersten Blick keine Verbesserung der Lärmsituation insgesamt verspricht, weil dieser Bereich wohl dichter besiedelt ist als der jetzt betroffene. Auf der anderen Seite könnte hier die Intensität der Betroffenheit infolge größerer Flughöhen deutlich reduziert werden und unter Umständen zu einer anderen Gesamtbilanz führen. Deshalb lässt sich diese Alternative nach derzeitigem Erkenntnisstand des Senats nicht ohne nähere Prüfung aus dem Kreis der potentiell vorzugswürdigen Varianten ausklammern. Die Anforderungen des Abwägungsgebots gebieten es daher, dass die Beklagte die Festsetzung der auf kurzem Weg via TABUM führenden Abflugverfahren unter Berücksichtigung der tatsächlichen Flughöhen über Grund und im Hinblick auf die dargelegten und eventuellen weiteren Planungsalternativen, soweit sie nicht aus sachlichen Gründen von vornherein ausscheiden, überprüft.

Eine solche Überprüfung liegt bisher nicht vor. Das LBA hat auch im Zusammenhang mit der Bestätigung der Routen durch Erlass der 212. DVO-LuftVO keine für den Senat erkennbare neue Abwägung unter Berücksichtigung der spezifischen topographischen Bedingungen vorgenommen. Die Beklagte trägt zwar vor, ein Vergleich der TABUM-Routen mit der früheren TAU-Route habe auch in Bezug auf die Flughöhe über Grund keine signifikanten Unterschiede erbracht. Abgesehen davon, dass eine solche Untersuchung dem Gericht nicht nachvollziehbar vorliegt, klärt sie auch nicht die Fragen, die nach den oben dargelegten Grundsätzen hier durch das Abwägungsgebot aufgeworfen werden.

Somit sind die im Tenor bezeichneten Flugverfahren wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot rechtswidrig. Sie verletzen die Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. auch in ihren Rechten, nämlich in ihrem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung ihrer Lärmschutzbelange als Eigentümerinnen von mit Wohnraum bebauten Grundstücken. Diese Feststellung hat zwar grundsätzlich die rechtliche Konsequenz, dass die Flugverfahren nach Rechtskraft des Urteils nicht mehr verwendet werden dürfen. Da hier die gerichtliche Entscheidung zumindest teilweise auf eine Normenkontrolle hinaus läuft und in ihren Auswirkungen weit über die Bereiche der oben genannten Grundstücke hinaus reicht, hat der Senat mögliche Eingriffe in andere Rechtsgüter zu beachten. Um zu verhindern, dass infolge einer spontanen Umverteilung der Flugbewegungen andere Bereiche, die schon jetzt bis an die Grenze der Zumutbarkeit betroffen sind, einer Mehrbelastung durch Verkehrslärm ausgesetzt werden oder gar die Sicherheit des Flugverkehrs beeinträchtigt wird, kann der Senat dem Feststellungsbegehren der Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7., soweit sich daraus die Konsequenz der Nichtanwendbarkeit der Flugverfahren ergibt, nur mit der Maßgabe stattgeben, dass diese Klägerinnen die Lärmbelastung trotz eines Planungsfehlers für einen Übergangszeitraum von drei Monaten hinzunehmen haben. Bei der Bemessung der Übergangsfrist hat sich der Senat an der Regelung des § 27a Abs. 2 Satz 2 LuftVO orientiert.

Die weitergehenden Anträge der Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. sind nicht begründet. Der oben dargelegte Planungsfehler ergreift nicht diejenigen Flugverfahren, die auf langem Weg nach TABUM führen (N-, T- und S-Routen). Das folgt schon aus der relativ geringen Belegung dieser Routen. Nach den von der Beklagten vorgelegten Flugbewegungszahlen (vgl. Bl. 1049 ff. der Akten) sind die N- und S-Routen in den Monaten Juli, August und September 2002 bei Westbetrieb durchschnittlich fünfmal am Tag und einmal in der Nacht genutzt worden. Die T-Routen werden nach den Darlegungen in der mündlichen Verhandlung noch seltener frequentiert. Diese Zahlen rechtfertigen insbesondere in Relation zu der Belegung der F-, G- und J-Routen mit durchschnittlich 160 Flügen in 24 Stunden die Schlussfolgerung, dass die klägerischen Anwesen durch die N-, T- und S-Routen keiner abwägungserheblichen Lärmbelastung ausgesetzt sind. Darüber hinaus lässt sich schon aus der Linienführung der N- und T-Routen selbst ableiten, dass dieses Flugverfahren für schwere Flugzeuge mit relativ geringem Steigvermögen bestimmt sind und sicherstellen, dass diese Flugzeuge, wenn sie die Wohngrundstücke der Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. überfliegen, eine möglichst große Höhe erreicht haben. Damit ist für den Senat auch ohne ausdrückliche Begründung oder Erläuterung der sie festsetzenden Rechtsverordnungen ersichtlich, dass diese Flugverfahren zumindest auch den Lärmschutzinteressen der Bewohner der hier betroffenen Gebiete zu dienen bestimmt sind.

Entsprechendes gilt für die S-Routen, die von der Startbahn 18 zunächst nach Süden und dann in einer großen Rechtskurve nach TABUM geführt werden. Hier kommt hinzu, dass diese auf den ersten Blick ungewöhnliche Startrichtung für Flugzeuge, die Ziele im Norden des Flughafens anstreben, nach den Erläuterungen der Beklagten meteorologische Gründe hat. Bei einer erheblichen Beeinträchtigung der Sicht wird die Kapazität der Parallelbahnen durch die landenden Flugzeuge ausgeschöpft, so dass die startenden Flugzeuge zu einem erheblichen Teil über die Startbahn 18 "umgeleitet" werden müssen. Das wird durch die Belegungszahlen bestätigt, die an wenigen Tagen eine sehr hohe Frequenz der S-Routen ausweisen. Schließlich stellen die N-, S- und T-Routen einerseits und die F-, G- und J-Routen andererseits in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht selbständige Flugverfahren dar, so dass der Abwägungsfehler bei der Festlegung der F-, G- und J-Routen nicht zwangsläufig die auf langem Weg nach TABUM führenden Routen ergreift. Daher ist die Klage der Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. insoweit abzuweisen.

Unbegründet sind schließlich die von den Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. gestellten Hilfsanträge. Die Rechtsposition der Klägerinnen bei der Überprüfung der durch Rechtsverordnung ausgewiesenen Flugverfahren erschöpft sich in dem Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und der rechtsverletzenden Wirkung der Flugverfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000, a. a. O.). Soweit dem Feststellungsbegehren stattgegeben wird, ergibt sich daraus, wie oben dargelegt, zwangsläufig die weitere rechtliche Konsequenz, dass die Flugverfahren - mit den sich aus dem Tenor ergebenden zeitlichen Einschränkungen - nicht mehr angewendet werden dürfen. Für eine klarstellende oder weitergehende Feststellung besteht daher kein Rechtsschutzinteresse. Das ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Aufhebungsbegehren der Klägerinnen zu 2. bis 5. und 7. scheitert schon daran, dass als statthafte Klageart hier allein eine Feststellungsklage und keine Anfechtungsklage in Betracht kommt (vgl. ebenfalls BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2000, a. a. O. S. 3584).

Nach allem ist das Luftfahrt-Bundesamt gehalten, eine neue - abwägende - Entscheidung über die Ausweisung der beanstandeten Flugrouten zu treffen. Welche rechtlichen Aspekte, die hier nicht entscheidungserheblich sind, das Luftfahrt-Bundesamt in dem weiteren Verfahren zu berücksichtigen hat, ergibt sich aus dem ebenfalls am 11. Februar 2003 verkündeten Urteil in dem Verfahren 2 A 1569/01, auf das insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt schließlich, dass die Klage der Klägerin zu 6. bei unterstellter Klagebefugnis keinen Erfolg haben würde. Auch wenn die Lärmbelastung ihres Wohneigentums der Klägerin zu 6. als abwägungserheblich einzustufen wäre, würde sie jedoch nicht das Maß erreichen, das die Beklagte zu einer Prüfung von Alternativen verpflichtet. Denn die Frage, mit welcher Intensität die planende Behörde anderen Varianten nachzugehen hat, hängt von dem Ausmaß der Betroffenheit der jeweiligen Klägerin ab. Eine Planungsalternative, die sich in Relation zu der Betroffenheit der Klägerin zu 6. als insgesamt schonendere Variante darstellen würde, ist weder konkret dargelegt noch für den Senat sonst erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3 und 162 Abs. 3 VwGO.

Die Vollstreckbarkeitserklärung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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