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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 17.06.2008
Aktenzeichen: 2 UE 203/07
Rechtsgebiete: GG, HStrG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
HStrG § 10 Abs. 5
1) Die Regelung einer kommunalen Straßenreinigungssatzung, wonach bei durch mehrere Straßen erschlossenen, aus Kopf- und Hinterliegergrundstücken gebildeten Straßenreinigungseinheiten die Verpflichtung zur Reinigung nur für eine Straße gilt, ist auf Eckgrundstücke nur insoweit anwendbar, als diese der einer bestimmten Straße zugeordneten Straßenreinigungseinheit angehören.

2) Im Übrigen, soweit nämlich ein Eckgrundstück nicht als Kopfgrundstück einer Straßenreinigungseinheit mehrfach erschlossen wird, bleibt der Eigentümer nach Maßgabe der allgemeinen Satzungsbestimmungen zur Reinigung der weiteren Erschließungsstraße verpflichtet.

3) Eigentümer "isolierter" Eckgrundstücke, die nicht Bestandteil einer Straßenreinigungseinheit sind, werden deshalb nicht dadurch unter Verstoß gegen den durch Art. 3 Abs. 1 GG verbürgten Anspruch auf Gleichbehandlung rechtswidrig benachteiligt, dass sie satzungsgemäß hinsichtlich aller ihr Grundstück erschließenden Straßen im Umfang des jeweiligen Angrenzens zur Reinigung (einschließlich Winterdienst) verpflichtet sind.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

2. Senat

Verkündet am 17. Juni 2008

2 UE 203/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Straßenreinigungs- und Winterdienstpflicht

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof -2. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Dyckmans,

Richter am Hess. VGH Hassenpflug,

Richter am Hess. VGH Pabst,

den ehrenamtlichen Richter Herr Klapp,

den ehrenamtlichen Richter Herr Schmidt

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit im Hinblick darauf für erledigt erklärt haben, dass die Beklagte ihren Bescheid vom 12. Februar 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2004 hinsichtlich des Klägers zu 1. aufgehoben hat. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 9. Mai 2006 - 2 E 2683/04 - ist insoweit wirkungslos.

Im Übrigen wird auf die Berufung der Beklagten das o. g. Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Klägerin zu 2. und die Beklagte je zur Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren eine teilweise Befreiung von der durch Straßenreinigungssatzung der Beklagten vom 27. Mai 2003 (StrRS) auf Private übertragenen Reinigungspflicht, insbesondere von der Verpflichtung zum Winterdienst nach den §§ 10 Abs. 2 und 11 Abs. 2 dieser Satzung, nämlich in Jahren mit ungerader Endziffer (2009, 2011 usw.) den einseitigen Gehweg auf der ihrem Wohngrundstück gegenüberliegenden Straßenseite des ...wegs von Schnee zu räumen und dort Schnee- und Eisglätte zu beseitigen.

Die Klägerin zu 2. ist Eigentümerin des 1966/67 mit einem Wohnhaus bebauten, damals noch im Außenbereich liegenden Grundstücks ...straße im Ortsteil ...... der Beklagten. Dieses langgestreckte Eckgrundstück grenzt nur mit seiner südlichen Längsseite an zwei zwischenzeitlich ebenfalls bebaute Privatgrundstücke, im Übrigen jedoch ausschließlich an öffentliche Straßen (im Norden und Westen an die L-förmige Stichstraße ...weg) an.

Mit Schreiben vom 7. November 2003 stellten die Kläger den Antrag, sie - abweichend von einer ihnen am 30. Oktober 2003 schriftlich erteilten Auskunft - gemäß § 12 StrRS aus Zumutbarkeitsgründen von der Verpflichtung zu befreien, nicht nur in der ...straße, sondern auch im ...weg den Winterdienst zu verrichten. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Einholung einer Rechtsauskunft des Hessischen Städte- und Gemeindebundes unter gleichzeitiger Feststellung der Reinigungspflicht der Kläger durch Bescheid vom 12. Februar 2004 (zugestellt am 18. Februar 2004) im Wesentlichen mit der Begründung ab, im Bereich des Grundstücks ...straße seien zwar alle zwei Jahre insgesamt ca. 110 m Gehwegfläche zu räumen und zu streuen; allein die Länge der dem klägerischen Grundstück gegenüberliegenden einseitigen Gehwege begründe aber noch keine Unzumutbarkeit, zumal die Räum- und Streupflicht nicht persönlich erfüllt werden müsse, sondern auch von Dritten wahrgenommen werden könne. Unter Berücksichtigung des allgemeinen Wohls habe ein die Übernahme der Kosten des Winterdienstes durch die Gemeinde rechtfertigender Ausnahmefall nicht erkannt werden können.

Den hiergegen am 17. März 2004 unter Berufung auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz erhobenen Widerspruch wies die Beklagte, nachdem sie die Kläger auf Winterdienstarbeiten durchführende Firmen hingewiesen hatte, durch Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2004 (zugestellt am 16.Oktober 2004) als unbegründet zurück.

Am 5. November 2004 haben die Kläger bei dem Verwaltungsgericht Kassel Klage erhoben. Als Anlieger der ...straße sei es ihnen jedenfalls nicht zuzumuten, auch noch den Winterdienst im ...weg zu verrichten, der von insgesamt 10 Anliegern als Erschließungsstraße genutzt werde. Nachdem es ihnen während mehrerer Jahre nicht gelungen sei, überhaupt ein entsprechendes Angebot von einer Privatfirma zu erhalten, habe am 3. November 2004 eine der beiden von der Beklagten benannten Firmen nunmehr angeboten, den Winterdienst für ihr Grundstück pro Saison für 788,80 € durchzuführen. Die sich daraus für sie ergebende Sonderbelastung sei unzumutbar und widerspreche dem Gebot sozialer Gerechtigkeit. Unter der Geltung des verfassungsrechtlichen Verbots der Ungleichbehandlung müsse die Beklagte die Straßenreinigungspflicht im vorliegenden Fall auf eine Erschließungsstraße beschränken. Dies folge auch aus § 3 Abs. 4 Satz 1 StrRS; diese sich vorrangig zwar auf Straßenreinigungseinheiten aus Kopf- und Hinterliegergrundstücken beziehende Vorschrift bestimme, dass, falls die Straßenreinigungseinheit durch mehrere Straßen erschlossen werde, die Verpflichtung zur Reinigung nur für eine Straße gelte. Es sei aber kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, derartige Straßenreinigungseinheiten besser zu stellen als Grundstückseigentümer, deren Grundstück ebenfalls von zwei Straßen erschlossen werde. Vielmehr sei eine Satzungsregelung, die ohne hinreichenden sachlichen Grund Eigentümer von Einzelgrundstücken gegenüber den Eigentümern von Vorder- und Hinterliegergrundstücken benachteilige, verfassungswidrig. Die Kläger haben beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2004 aufzuheben,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, sie antragsgemäß von der Verpflichtung zur Straßenreinigung und vom Winterdienst zu befreien.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit der satzungsmäßigen Straßenreinigungspflicht werde den Klägern ein unzumutbares Sonderopfer nicht auferlegt. Ihr Grundstück werde nämlich über die gesamte Länge des Gehwegs in der ...straße und im ...weg von 110 m erschlossen. Schon dieser Vorteil rechtfertige nach den Vorgaben des Hessischen Straßengesetzes (HStrG) die Übertragung der Reinigungspflicht von der Gemeinde auf die Eigentümer der durch öffentliche Straßen erschlossenen Grundstücke. Von einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit sei hier nicht auszugehen, da die Kläger auch die Vorteile ihres vergleichsweise großen Grundstücks genössen. Die sog. Hinterliegerregelung im Sinne der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, die mehrere hintereinander zur sie erschließenden Straße liegende Grundstücke zu einer Straßenreinigungseinheit zusammenfasse, könne ausschließlich dann angewendet werden, wenn durch eine Straße erschlossene Grundstücke an diese selbst nicht angrenzten, was hier jedoch nicht der Fall sei.

Durch den Klägern am 18. und der Beklagten am 19. Mai 2006 zugestelltes Urteil hat das Verwaltungsgericht aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9. Mai 2006 den Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2004, soweit er Feststellungen zur Straßenreinigungspflicht der Kläger trifft, mit der Begründung aufgehoben, die in § 3 Abs. 4 StrRS für einen bestimmten Kreis von Grundstückseigentümern getroffene Regelung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG mit der Folge, dass die Straßenreinigungssatzung der Beklagten insoweit rechtswidrig sei und deshalb als Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid nicht herangezogen werden könne. In Konsequenz aus der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteile vom 1. März 1977 - II OE 131/76 -, HessVGRspr. 1977, 38, und vom 10. November 1987 - 2 UE 329/95 -, Juris) habe die Beklagte in ihrer Satzung (§ 3 Abs. 2 bis 4) die Straßenreinigungs- und Winterdienstpflicht der sog. Hinterliegergrundstücke dergestalt geregelt, dass Eigentümer solcher Grundstücke, auch wenn diese durch mehrere Straßen erschlossen sind, gleichwohl nur für eine Straße reinigungsverpflichtet sein sollen. Ein sachlicher Grund für diese Bevorzugung von Hinterliegergrundstücken gegenüber Grundstücken, die direkt an öffentliche Straßen angrenzen, sei auch unter Berücksichtigung des gegenteiligen Vorbringens der Beklagten nicht zu erkennen. In Abkehr von der Rechtslage im preußischen Rechtskreis beziehe nämlich § 10 Abs. 5 HStrG alle durch eine öffentliche Straße erschlossenen Grundstücke in den Kreis derjenigen Grundstücke ein, deren Eigentümer oder Besitzer zur Reinigungspflicht herangezogen werden könnten. Mit der Heranziehung auch der Hinterliegergrundstücke sollten diese aus Billigkeitsgründen mit den direkt an öffentliche Straßen angrenzenden Grundstücken gleichgestellt werden, weil sich unter dem für die Heranziehung zur Reinigungspflicht allein maßgeblichen Gesichtspunkt des Erschlossenseins eine Ungleichbehandlung verbiete. Vor diesem Hintergrund sei eine unterschiedliche Behandlung mehrfach erschlossener, direkt an öffentliche Straßen liegender Grundstücke einerseits sowie ebenfalls mehrfach erschlossener Hinterliegergrundstücke andererseits mit dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot nicht vereinbar. Da die Kläger als Eigentümer eines an die ...straße sowie an den ...weg direkt angrenzenden und deshalb mehrfach erschlossenen Grundstücks somit unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zur Reinigungspflicht herangezogen würden, sei es dem Gericht nach Maßgabe der Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Januar 1995 (- 8 B 193.94 -, NVwZ-RR 1996, 54) und vom 10. Februar 2000 (- 11 B 54.99 -, NVwZ-RR 2000, 457) verwehrt, von der Aufhebung des angefochtenen Bescheids oder der Annahme der Nichtigkeit nur von § 3 Abs. 4 StrRS abzusehen.

Die gegen dieses Urteil durch Senatsbeschluss vom 30. Januar 2007 - 2 UZ 1377/06 - zugelassene Berufung hat die Beklagte am 27. Februar 2007 im Wesentlichen damit begründet, dass die von dem Verwaltungsgericht als rechtswidrig beanstandete Differenzierung zwischen mehrfach erschlossenen, aus Kopf- und Hinterliegergrundstücken gebildeten Straßenreinigungseinheiten einerseits sowie ebenfalls durch mindestens zwei öffentliche Straßen erschlossenen Einzelgrundstücken andererseits nicht willkürlich erfolgt sei. Die in § 10 Abs. 5 HStrG i. V. m. der Straßenreinigungssatzung der Beklagten getroffene Regelung stelle eine Konkretisierung der sog. polizeimäßigen Reinigungspflicht für öffentliche Straßen dar, die vor allem der öffentlichen Gemeinschaft diene und unter dem Gesichtspunkten der Aufrechterhaltung der öffentlichen Hygiene, der Verkehrssicherheit und des Zusammenlebens der Einwohner einer Gemeinde erforderlich sei. Somit handele es sich bei der durch § 10 Abs. 5 HStrG eröffneten Möglichkeit zur Übertragung der Straßenreinigungspflicht auf die Anlieger nicht um eine in besonderem Maße an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebundene Verteilungsregelung im Sinne des kommunalen Abgabenrechts (Straßenreinigungsgebührenrechts), sondern um eine Regelung im Rahmen des Polizei- bzw. Ordnungsrechts, bei der eindeutige Zuordnungen und praktische Durchsetzbarkeit im Vordergrund stünden. Ein durch mehrere Straßen erschlossenes (Eck-)Grundstück wie dasjenige der Kläger weise eine im Sinne des Polizei- und Ordnungsrechts eindeutige Verkehrsbeziehung zu den einzelnen, unmittelbar angrenzenden Straßen auf, während bei den sog. Hinterliegergrundstücken eine derartige klare Zuordnung zu einer öffentlichen Verkehrsfläche insbesondere dann fehle, wenn die Grundstückszufahrt nicht über ein "Kopfgrundstück", sondern über ein drittes Grundstück genommen werde. Die durch § 3 Abs. 4 StrRS eröffnete Möglichkeit zum Erlass einer die Reinigungspflicht betreffenden ordnungsrechtlichen Anordnung gewährleiste die Erfüllung der polizeirechtlichen Reinigungspflicht aufgrund eindeutiger Zuordnung der Grundstücke einer Straßenreinigungseinheit zu der zu reinigenden Straße sowie die Bestimmung der Reihenfolge, in der die Reinigungspflicht zu erfüllen ist. Fehle in derartigen, zunehmend häufigen Fällen eine klare Regelung, bestehe die Gefahr, dass der Verpflichtung zur Straßenreinigung - mit erheblichen haftungsrechtlichen Konsequenzen - nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen werde. § 3 Abs. 4 StrRS stelle auch deshalb keine - gar sachwidrige - Begünstigung von mehrfach erschlossenen Hinterlieger- gegenüber entsprechenden Eckgrundstücken dar, weil ohne diese Satzungsbestimmung eine Pflicht zur Straßenreinigung überhaupt nicht bestünde. Das Verwaltungsgericht habe insoweit die tatsächliche Situation bei durch mehrere Straßen erschlossenen Straßenreinigungseinheiten sowie das mit der Übertragbarkeit der Reinigungspflicht verfolgte Ziel des Gesetzgebers verkannt. Bei Regelungen auf dem Gebiet des Polizei- und Ordnungsrechts müsse jedenfalls der Kreis der Pflichtigen genau bestimmt und in möglichst engen Grenzen gehalten werden; eine Übertragung von Pflichten auf Hinterlieger sei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs nur dann vertretbar, wenn es hierbei nicht zu Unklarheiten komme.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 9. Mai 2006 - 2 E 2683/04 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil und führen ergänzend aus, durchgreifende Unterschiede zwischen Eckgrundstücken und den durch § 3 Abs. 4 Satz 1 StrRS begünstigten Grundstücken seien nicht zu erkennen. Insbesondere könne ohne Weiteres, ohne dass es zu Unklarheiten kommen müsse, eine Satzungsregelung auch dahin getroffen werden, dass aus Kopf- und Hinterliegergrundstücken gebildete Straßenreinigungseinheiten ebenfalls an mehreren öffentlichen Straßen reinigungspflichtig seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die einschlägigen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (3 Hefter) Bezug genommen, die beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe:

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit im Hinblick darauf übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, dass die Beklagte ihren Bescheid vom 12. Februar 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2004 hinsichtlich des Klägers zu 1., der nicht Verpflichteter im Sinne des § 3 Abs.1 Satz 1 StrRS ist, in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat aufgehoben hat, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und zur Klarstellung auszusprechen, dass das angefochtene verwaltungsgerichtliche Urteil insoweit wirkungslos ist (§ 173 VwGO i. V. m. dem entsprechend anzuwendenden § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

Im Übrigen ist auf die mit Schriftsatz vom 26. Februar 2007 fristgerecht begründete und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 i. V. m. Abs. 5 Satz 5 VwGO) das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die den Umfang der Reinigungspflicht der Klägerin zu 2. feststellenden Bescheide der Beklagten sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtmäßig und verletzen die Klägerin zu 2. nicht in ihren Rechten, so dass ihre auch nur teilweise Aufhebung nicht in Betracht kommt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere steht die Feststellung, der Klägerin zu 2. als der Eigentümerin des (Eck-)Grundstücks ...straße obliege in Jahren mit ungerader Endziffer der Winterdienst auf den ihrem Grundstück sowohl in der ...straße als auch im ...weg gegenüberliegenden (einseitigen) Gehwegen, in Einklang mit der von der Beklagten beschlossenen Satzung (§ 10 Abs. 2), die ihrerseits auf der Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 5 Satz 1 HStrG beruht. Danach sind die Gemeinden berechtigt, durch Satzung die Verpflichtung zur Reinigung im Sinne der Abs. 1 bis 3 ganz oder teilweise den Eigentümern oder Besitzern der durch öffentliche Straßen erschlossenen Grundstücke aufzuerlegen oder sie zu den entsprechenden Kosten heranzuziehen. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 HStrG umfasst die Reinigungspflicht auch die Verpflichtung, die Gehwege und Überwege für Fußgänger vom Schnee zu räumen und bei Schnee- und Eisglätte zu streuen. Diese Verpflichtung obliegt ausschließlich der Klägerin zu 2. als (Allein-)Eigentümerin des hier in Rede stehenden Grundstücks, weil gemäß § 3 Abs. 1 StrRS "Verpflichtete" im Sinne dieser - in formeller Hinsicht nicht zu beanstandenden - Satzung für die in § 1 bezeichneten, durch öffentliche Straßen erschlossenen bebauten oder unbebauten Grundstücke Eigentümer und sonstige zur Nutzung des Grundstücks dinglich Berechtigte sind, nicht hingegen Besitzer wie der Kläger zu 1.

Unstreitig grenzt das klägerische Grundstück auf drei Seiten - mit Ausnahme nur der südlichen Längsseite - an öffentliche Straßen an und wird schon deshalb im Sinne des § 10 Abs. 5 Satz 1 HStrG und des § 1 StrRS sowohl durch die ...straße als auch den L-förmigen ...weg "erschlossen". Nach ständiger Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. schon Urteile vom 15. November 1967 - II OE 99/67 -, HessVGRspr. 1968, 29 f., und vom 10. Oktober 1968 - OS V 61/66 -, ESVGH 20, 79, 83) ist nämlich ein Grundstück dann im Sinne des § 10 Abs. 5 Satz 1 HStrG durch öffentliche Straßen erschlossen, wenn es von einer öffentlichen Straße einen wirtschaftlichen Vorteil hat. Dabei bringt in aller Regel schon das Angrenzen eines Grundstücks an eine öffentliche Straße die Möglichkeit der wirtschaftlichen oder verkehrlichen Nutzung, insbesondere die Möglichkeit der Schaffung eines Zugangs oder einer Zufahrt mit sich, so dass sich die Straßenreinigung für den Eigentümer als vorteilhaft auswirkt und daher ein objektives Interesse des Angrenzers an der Reinhaltung der Straße begründet (Senatsurteil vom 5. Februar 1980 - II OE 170/77 -, HessVGRspr. 1980, 61 f.). Die Möglichkeit der Schaffung eines Zugangs oder einer Zufahrt zum klägerischen Grundstück nicht nur von der ...straße her, sondern auch von dem in einem Wendehammer endenden ...weg ist - insbesondere im Fall einer (zulässigen) weitergehenden Bebauung - offensichtlich gegeben.

Der ständigen Senatsrechtsprechung entspricht es weiterhin, dass die Gemeinde, soweit sie von der ihr durch § 10 Abs. 5 Satz 1 HStrG eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, bei Straßen mit einseitigem Gehweg die Eigentümer oder Besitzer, vor deren Grundstücken der Gehweg liegt, und die Eigentümer oder Besitzer der gegenüberliegenden Grundstücke grundsätzlich in gleicher Weise zum Winterdienst heranziehen muss; denn aufgrund seiner für alle Grundstücke vorteilhaften Vermittlungsfunktion erschließt der einseitige Gehweg auch die ihm gegenüberliegenden Grundstücke im Sinne des § 10 Abs. 5 Satz 1 HStrG (vgl. Beschlüsse vom 11. September 1979 - II N 2/75 -, HessVGRspr. 1980, 1, 2 f., vom 6. Dezember 1985 - 2 N 2676/84 -, HessVGRspr. 1987, 45 f., und vom 20. November 1989 - 2 N 3353/86 -, jeweils m. w. N.). Dass die Klägerin zu 2. von diesem auch durch den ...weg vermittelten objektiven Erschließungsvorteil zumindest derzeit keinen Gebrauch machen will, ändert nichts an der ihr als alleiniger Grundstückseigentümerin durch § 10 Abs. 2 bis 4 und § 11 Abs. 2 StrRS sowohl hinsichtlich der ...straße als auch hinsichtlich des ...wegs in Jahren mit ungerader Endziffer auferlegten Verpflichtung zur Schneeräumung des jeweils nur einseitig vorhandenen Gehwegs und zur Beseitigung dort entstehender Schnee- und Eisglätte, zu deren Erfüllung sie sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 StrRS auch geeigneter Dritter bedienen kann.

Die diese Verpflichtung feststellenden Bescheide der Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden; ihnen fehlt es entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts insbesondere nicht deshalb an der erforderlichen Rechtsgrundlage, weil die am 20. Mai 2003 beschlossene Straßenreinigungssatzung wegen Verstoßes ihres § 3 Abs. 4 gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG insoweit nicht herangezogen werden könne. Gemäß dieser Satzungsbestimmung gilt die Verpflichtung zur Reinigung nur für eine Straße, wenn die aus Kopf- und Hinterliegergrundstücken gebildete Straßenreinigungseinheit durch mehrere Straßen erschlossen wird; in diesem Fall regelt der Gemeindevorstand die Zuordnung der Grundstücke zu der zu reinigenden Straße sowie die Reihenfolge, in der die Reinigungspflicht zu erfüllen ist, durch Bescheid. Diese Vorschrift bzw. das von dem Verwaltungsgericht sinngemäß als Verstoß gegen den Gleichheitssatz beanstandete Fehlen einer dem § 3 Abs. 4 StrRS vergleichbaren Regelung für den Fall, dass ein Einzelgrundstück - insbesondere ein Eckgrundstück wie dasjenige der Klägerin zu 2. - ebenfalls durch mehrere Straßen im Sinne des § 10 Abs. 5 Satz 1 HStrG erschlossen wird, führt nicht dazu, dass der jeweilige Eigentümer von jeglicher Straßenreinigungspflicht (einschließlich Winterdienst) oder auch nur von der Verpflichtung befreit wäre, mehr als eine Straße satzungsgemäß zu reinigen. Der von dem Verwaltungsgericht mit näherer Begründung vertretenen Auffassung, die Klägerin zu 2. sei als Eigentümerin eines an mehreren Straßen direkt anliegenden und damit von diesen mehrfach erschlossenen Grundstücks unter Verletzung des Gleichbehandlungsgebots zur Reinigungspflicht herangezogen worden, vermag der erkennende Senat aufgrund nachstehender Erwägungen nicht zu folgen. Deshalb bedarf es hier keiner Entscheidung darüber, ob es dem Gericht in einem derartigen Fall entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (NVwZ-RR 2000, 457 f.) grundsätzlich verwehrt ist, "von der inzidenten Feststellung der Unwirksamkeit einer als rechtswidrig erkannten Satzung oder der daraus resultierenden Aufhebung der auf ihr beruhenden Verwaltungsakte wegen der damit verbundenen Folgen abzusehen".

§ 3 Abs. 4 StrRS ist in der durch Wortlaut, Regelungssystematik und Normzweck gebotenen Auslegung mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Vorschrift bestimmt nicht, was allerdings mit Art. 3 Abs. 1 GG schwerlich zu vereinbaren wäre, dass Verpflichtete im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 StrRS, falls sie Eigentümer eines "durch mehrere Straßen erschlossenen" Eckgrundstücks mit Hinterliegergrundstücken sind, der Reinigungspflicht nur hinsichtlich einer Straße unterliegen, dass demgegenüber Verpflichtete, die - wie die Klägerin zu 2. - Eckgrundstückseigentümer ohne dahinter liegende Grundstücke sind, alle ihr Grundstück erschließenden (weil direkt angrenzenden) Straßen zu reinigen haben.

Zwar handelt es sich auch bei Eckgrundstücken, die direkt an mindestens zwei in bestimmtem Winkel aufeinandertreffende Straßen angrenzen, ebenso wie bei zwischen nicht aufeinandertreffenden Straßen gelegenen, jeweils an sie angrenzenden Grundstücken um "durch mehrere Straßen erschlossene" Grundstücke, deren die Auferlegung der Straßenreinigungspflicht und deren Umfang rechtfertigender, durch das Angrenzen an öffentliche Straßen bedingter Erschließungsvorteil in keinem sachlichen Zusammenhang damit steht, ob noch Hinterliegergrundstücke vorhanden sind oder nicht. Wenn § 3 Abs. 4 Satz 1 StrRS bestimmt, dass, falls eine aus Kopf- und Hinterliegergrundstücken bestehende "Straßenreinigungseinheit" (Abs. 2 Satz 1) durch mehrere Straßen erschlossen wird, die Verpflichtung zur Reinigung nur für eine Straße gilt, ist dies aber nicht so zu verstehen, dass der Eigentümer eines Eckgrundstücks mit dahinter liegenden Grundstücken nur hinsichtlich einer von mindestens zwei an sein Grundstück unmittelbar angrenzenden Straßen reinigungspflichtig sei, wie es die Klägerin zu 2. unter Berufung auf das verfassungsrechtlich gewährleistete Gleichbehandlungsgebot auch für ihr (Eck-)Grundstück ...straße beansprucht, welches jedoch keine Hinterliegergrundstücke aufweist. Dies folgt aus dem Regelungszusammenhang, in dem die von dem Verwaltungsgericht als gleichheitswidrig beanstandete Vorschrift steht, sowie aus Sinn und Zweck des § 3 Abs. 2 bis 4 StrRS. Danach kommt die durch Abs. 4 Satz 1 dieser Bestimmung eingeräumte Vergünstigung (der Beschränkung der Reinigungspflicht auf nur eine Straße) ausschließlich Straßenreinigungseinheiten insgesamt (und nicht etwa auch Einzelgrundstücken) zugute, die durch mehrere Straßen erschlossen sind. Die Bildung von Straßenreinigungseinheiten setzt aber definitionsgemäß voraus, dass mehrere Grundstücke hintereinander zur sie erschließenden Straße liegen, ohne dass die Hinterliegergrundstücke selbst an eine öffentliche Straße oder einen öffentlichen Weg angrenzen (Abs. 2 Satz 1 und 2). Diese Grundstücke bilden auch dann eine Straßenreinigungseinheit, wenn sie durch mehrere Straßen erschlossen werden (Satz 3). Hintereinander zur sie erschließenden Straße liegen Grundstücke gemäß Abs. 3 Satz 1 dann, wenn sie mit der Hälfte oder mehr ihrer dieser Straße zugekehrten Seite hinter dem Kopfgrundstück liegen, nämlich hinter dem unmittelbar an die Straße angrenzenden Grundstück (Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1). Daraus ergibt sich, dass bei einem Eckgrundstück, das zugleich Kopfgrundstück einer der einen Erschließungsstraße zugeordneten Straßenreinigungseinheit ist, die Verpflichtung des Eigentümers zur Reinigung der anderen das Grundstück ebenfalls erschließenden Straße nach den allgemeinen Regeln des Ortsrechts unberührt bleibt, sich die Bevorteilung der Straßenreinigungseinheit gegenüber Einzelgrundstücken somit darauf beschränkt, dass die Reinigungspflicht hinsichtlich der der Straßenreinigungseinheit zugeordneten Straße von Woche zu Woche zwischen den mehreren Pflichtigen wechselt (Abs. 3 Satz 2 und 3).

Da "hintereinander zur sie erschließenden Straße" Grundstücke nur dann liegen, wenn sie mit der Hälfte oder mehr ihrer dieser Straße zugekehrten Seite hinter dem Kopfgrundstück liegen (Abs. 3 Satz 1), die Bildung von Straßenreinigungseinheiten gemäß Abs. 2 Satz 1 jedoch davon abhängt, dass mehrere Grundstücke hintereinander zur sie erschließenden Straße liegen, kommt nämlich eine Anwendung des § 3 Abs. 4 StrRS auf Eckgrundstücke in dem Sinne, dass der jeweilige Eigentümer von der Verpflichtung zur Reinigung einer der mehreren an sein Grundstück angrenzenden Straßen gänzlich freigestellt wäre, grundsätzlich nicht in Betracht. Denn hinter einem derartigen (Eck-)Grundstück, dass auf mindestens zwei Seiten unmittelbar an in einem bestimmten Winkel aufeinandertreffende Straßen angrenzt, können Grundstücke "mit der Hälfte oder mehr ihrer der erschließenden Straße zugekehrten Seite" grundsätzlich nur zu einer Straße hin liegen und kann deshalb auch nur eine Straßenreinigungseinheit gebildet werden, die sich auf diese eine (von mehreren tatsächlich vorhandenen) Erschließungsstraße bezieht.

Selbst wenn gemäß § 3 Abs.2 Satz 1 StrRS bei einem Eckgrundstück ausnahmsweise nicht nur zu einer, sondern zu zwei aufeinandertreffenden Erschließungsstraßen hin je eine Straßenreinigungseinheit zu bilden wäre, weil das Hinterliegergrundstück jeweils genau mit der Hälfte seiner den Straßen zugekehrten Seite hinter dem Kopfgrundstück liegt (nämlich die Winkelhalbierende zwischen den Straßen die diesen zugewandte Seite des Hinterliegergrundstücks exakt mittig im rechten Winkel durchschneidet), würde dies nicht zu einer gleichheitswidrigen Bevorteilung des (Kopf-)Grund-stückseigentümers im Verhältnis zu dem Eigentümer eines (Eck-)Grundstücks ohne dahinter liegende Grundstücke führen. Denn auch in diesem praktisch wohl äußerst seltenen Fall entfällt die Reinigungspflicht hinsichtlich einer das Eckgrundstück begrenzenden Straßen nicht völlig, wie es die Klägerin zu 2. hinsichtlich des ...wegs aus Gründen der Gleichbehandlung für geboten hält. Sie wird vielmehr lediglich in der Weise modifiziert, dass der Eigentümer mit den Eigentümern der anderen zur jeweiligen Straßenreinigungseinheit gehörenden Grundstücke reinigungspflichtig ist (§ 3 Abs. 3 Satz 2 StrRS).

§ 3 Abs. 4 Satz 1 StrRS ist nach allem entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorschrift, eine eindeutige Zuordnung der Grundstücke zu der zu reinigenden Straße auch dann zu ermöglichen, wenn eine Straßenreinigungseinheit durch mehrere (getrennt verlaufende) Straßen erschlossen wird, dahin auszulegen, dass sie auf Eckgrundstücke mit im Sinne des § 3 Abs. 2 und 3 StrRS dahinter liegenden Grundstücken nur insoweit Anwendung findet, als das Kopfgrundstück Bestandteil dieser Straßenreinigungseinheit ist. Bei Eckgrundstücken - sei es mit, sei es ohne dahinter liegende Grundstücke - stellt sich nämlich das in § 3 Abs. 4 StrRS geregelte Zuordnungsproblem schon im Ansatz nicht, weil bei ihnen durch das Ausmaß ihres Angrenzens an mehrere sie erschließende Straßen eine eindeutige Zuordnung zu den deshalb auch auf entsprechender Länge zu reinigenden Straßen ohne näheren Regelungsbedarf bereits gegeben ist. Kommt aber die durch § 3 Abs. 4 Satz 1 StrRS angeordnete Rechtsfolge, dass nämlich die Verpflichtung zur Reinigung nur für eine Straße gilt, auch für Eckgrundstücke mit im Sinne der Abs. 2 und 3 "dahinter liegenden" Grundstücken (über die das klägerische Grundstück unstreitig nicht verfügt) nicht in Betracht, entfällt auch die Möglichkeit einer zu Lasten der Klägerin zu 2. gehenden, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleichbehandlung. Dass die Größe der Reinigungsfläche auch bei Eckgrundstücken von dem Ausmaß des tatsächlichen Angrenzens an öffentliche Straßen abhängig gemacht werden darf, dass der Satzungsgeber deshalb insbesondere keine auf eine geringere ("fiktive") Grundstücksbreite abstellende Vergünstigung für Eckgrundstücke vorsehen muss, um dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot zu genügen, entspricht der ständigen, auch von dem erkennenden Senat geteilten Verwaltungsrechtsprechung. Enthält das Ortsrecht - wie hier § 12 StrRS - eine Ausnahmeregelung für den Fall, dass die Durchführung der Straßenreinigung (einschließlich des Winterdienstes) dem Pflichtigen unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zugemutet werden kann (vgl. hierzu Senatsurteil vom 24. August 1982 - II OE 59/81 -), ist damit hinreichend dem von dem Satzungsgeber im Rahmen seines Ermessens generalisierend zu berücksichtigenden Grundsatz Rechnung getragen, dass die Auferlegung von Reinigungs- und Sicherungspflichten nicht über das hinausgehen darf, was einem Straßenanlieger persönlich (insbesondere im Hinblick auf den Schutz von Leben und Gesundheit, aber etwa auch im Hinblick auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit) und sachlich (beispielsweise im Hinblick auf die zeitliche und räumliche Ausdehnung der Pflichten, auf die Struktur der Straße oder auf die Leistbarkeit der Pflichten z. B. in besonders schneereichen Gebieten) billigerweise zugemutet werden kann (vgl. Urteil des Bay. VGH vom 4. April 2007 - 8 B 05.3195 -, BayVBl. 2007, 558, 560).

Fehlt es den angefochtenen Bescheiden somit nicht, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, an der erforderlichen Rechtsgrundlage und ist deshalb die Klage mit dem Hauptantrag abzuweisen, bedarf es noch einer Entscheidung über den von der Klägerin zu 2. schon im ersten Rechtszug hilfsweise gestellten und dort nicht beschiedenen Antrag, die Beklagte zu verpflichten, sie antragsgemäß von der Verpflichtung zur Straßenreinigung (einschließlich Winterdienst) zu befreien. Dieser Antrag bezieht sich erkennbar nur auf den ...weg, der nach dem Vortrag der Klägerin zu 2. nicht auch von ihr selbst, sondern ausschließlich von 10 anderen Anliegern des ...wegs als Erschließungsstraße tatsächlich genutzt wird, weshalb sie insbesondere die Durchführung des Winterdienstes auf dem dort vorhandenen einseitigen Gehweg nach Maßgabe der §§ 10 und 11 StrRS als unzumutbare Sonderlast betrachtet. Eine derartige Befreiung von der ihr als Eigentümerin des (Eck-)Grundstücks ...straße obliegenden Verpflichtung zur Straßenreinigung kann die Klägerin zu 2. indessen rechtlich nicht beanspruchen, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

Gemäß § 12 StrRS können Befreiungen von dieser Verpflichtung ganz oder teilweise nur dann auf besonderen Antrag erteilt werden, wenn - auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Wohles - die Durchführung der Reinigung dem Pflichtigen nicht zugemutet werden kann. Mit dieser das verfassungsrechtliche Übermaßverbot konkretisierenden Regelung wird außergewöhnlichen Härten begegnet, die sich im Einzelfall aus der Anwendung der weitgehend an formale Kriterien anknüpfenden Satzungsbestimmungen der Beklagten, insbesondere der §§ 7 Abs. 1, 10 Abs. 1 bis 4 und 11 Abs. 2 StrRS, ergeben. Soweit - wie auch hier - in einer kommunalen Satzung für Fälle eine Befreiungsmöglichkeit vorgesehen ist, in denen eine allgemeine Regelung für einzelne Betroffene wegen der bei ihnen gegebenen besonderen Verhältnisse zu Härten führt, lässt sich deshalb aus derartigen individuellen Härten ein Verstoß des Satzungsgebers gegen das Willkürverbot nicht ableiten (vgl. Entscheidung des Bay. VerfGH vom 28. März 1977 - Vf. 3-VII-76 -, BayVBl. 1977, 369, 370). Dabei ist eine derartige Härte als Voraussetzung für einen Befreiungsanspruch dann anzunehmen, wenn eine mit der Anlieger- oder Hinterliegereigenschaft verbundene Verpflichtung den Betroffenen in Anbetracht des gesetz- und satzungsgeberischen Anliegens im Vergleich zu anderen Anliegern bzw. Hinterliegern ungerechtfertigt benachteiligt. Ein aus der Regel fallender, atypischer Sachverhalt, der es gebietet, die Härten der Anwendung genereller Satzungsvorschriften durch Erteilung einer (teilweisen) Befreiung zu mildern, liegt beispielsweise dann vor, wenn die betreffende Grundstücksfläche so gestaltet und genutzt ist, dass die von ihr für die Straßenreinigung ausgehende Kostenverursachung und der Vorteil, der sich für sie mit der Straßenreinigung verbindet, außergewöhnlich gering sind (vgl. Urteil des OVG Berlin vom 2. Dezember 1998 - 1 B 79/94 -, NVwZ-RR 2000, 463 ff.). In der Rechtsprechung des Senats ist ebenfalls anerkannt, dass bei Anwendung einer kommunalen Straßenreinigungssatzung im Einzelfall der Grundsatz der Zumutbarkeit zu beachten ist (Urteil vom 24. August 1982 - II OE 59/81 -). Für die Zumutbarkeitsfrage ist gerade bei vergleichsweise großen (Eck-)Grundstücken wie demjenigen der Klägerin zu 2. von erheblicher Bedeutung, dass die Straßenreinigungspflicht von den Grundstückseigentümern nicht etwa verlangt, dass sie ihre Verpflichtung durch persönliche Arbeitsleistung erfüllen. Den Grundstückseigentümern steht es, wie die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden auch zutreffend zugrunde gelegt hat, vielmehr frei, ihrer Verpflichtung dadurch nachzukommen, dass sie die erforderlichen Arbeiten durch Dritte, z. B. durch einen fachlich geeigneten Betrieb, durchführen lassen. Entscheidend für die Frage der Straßenreinigungspflicht (einschließlich des Winterdienstes) ist nämlich der damit verbundene Erfolg, nicht die persönliche Dienstleistung des Pflichtigen (vgl. Urteile des BVerwG vom 5. August 1965 - 1 C 78.62 -, BVerwGE 22, 26, 28 = NJW 1966, 170 f., und vom 11. März 1988 - 4C 78.84 -, NJW 1988, 2121 f.).

Die nach Angaben der Klägerin zu 2. jahrelang erfolglosen Bemühungen, eine zur Durchführung des Winterdienstes bereite Fachfirma ausfindig zu machen, sind, nachdem die Beklagte einen entsprechenden Hinweis gegeben und die Klägerin zu 2. daraufhin ein konkretes Angebot eines ortsansässigen Reinigungsunternehmens erhalten hat, nicht geeignet, eine Unzumutbarkeit im Sinne des § 12 StrRS darzutun. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer (teilweisen) Befreiung von der der Klägerin zu 2. satzungsgemäß obliegenden Reinigungspflicht sind auch nicht deshalb erfüllt, weil der Preis für die Durchführung des Winterdienstes in der ...straße und im ...weg nach dem Angebot vom 3. November 2004 "pro Saison" insgesamt 788,80 € betragen sollte. Dabei kann offen bleiben, welcher Teilbetrag für die Erledigung des Winterdienstes auf dem einseitigen Gehweg der ...straße hiervon abzusetzen ist, der der Klägerin zu 2. auch nach deren eigener Auffassung weiterhin obliegt. Zudem ist als jährliche finanzielle Belastung jedenfalls nicht der in dem Angebot genannte Endbetrag anzunehmen; denn die Klägerin zu 2. ist gemäß §§ 10 Abs. 2 und 11 Abs. 2 StrRS nur alle zwei Jahre - nämlich in Jahren mit ungerader Endziffer - zur Schneeräumung und Beseitigung von Schnee- und Eisglätte verpflichtet.

Weder hat die Klägerin zu 2. substantiiert vorgetragen, noch ist sonst wie ersichtlich, dass bei ihr, wenn die beantragte Befreiung nicht gewährt wird, die allgemeine Zumutbarkeits- bzw. Opfergrenze bezüglich ihrer finanziellen Möglichkeiten überschritten wäre. Auch höhere finanzielle Aufwendungen stellen im Übrigen zumindest bei einem vergleichsweise großen, auch baulich noch weitergehend als bisher nutzbaren Grundstück keine übermäßige Belastung und grundlegende Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse des Eigentümers dergestalt dar, dass von einem unzulässigen Eingriff in die Kapitalsubstanz gesprochen werden könnte (vgl. Urteil des Bay. VGH vom 15. Dezember 1992 - 8 B 90.348 -, Juris). Allein die beträchtliche Länge des dem klägerischen Grundstück im ...weg gegenüberliegenden Gehwegs stellt auch nach Auffassung des erkennenden Senats keinen hinreichenden Grund dar, um die Voraussetzungen des § 12 StrRS als erfüllt ansehen zu können. Dabei wird nicht verkannt, dass das Grundstück ...straße auf verhältnismäßig langer Strecke an den L-förmigen, in einem Wendehammer endenden ...weg angrenzt; wer jedoch ein großes, auf drei Seiten von öffentlichen Straßen umschlossenes Grundstück besitzt, genießt nicht nur die mit dieser besonderen Situation verbundenen objektiven Erschließungsvorteile, sondern muss auch die damit notwendigerweise verbundenen Lasten der Straßenreinigung tragen, wobei es allerdings dem jeweiligen Grundstückseigentümer überlassen bleibt zu entscheiden, auf welche Weise - gegebenenfalls auch durch Arbeitsleistung Dritter - er der ihm satzungsgemäß obliegenden Verpflichtung genügen will.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 161 Abs. 2 Satz 1 und 154 Abs. 1 VwGO. Danach haben die Beklagte und die Klägerin zu 2. die gesamten Verfahrenskosten je zur Hälfte zu tragen. Unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes bis zur Einstellung des Verfahrens des Klägers zu 1. aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen entspricht es nämlich der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens zur einen Hälfte der Beklagten aufzuerlegen, während die andere Hälfte die Klägerin zu 2. als Unterlegene zu tragen hat. Die von beiden Klägern gemeinschaftlich erhobene Klage hätte hinsichtlich des Klägers zu 1., der unstreitig nicht "Verpflichteter" im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 StrRS ist, bei Fortführung des Verfahrens Erfolg haben müssen; dem hat die Beklagte in zutreffender Einschätzung der Rechtslage dadurch Rechnung getragen, dass sie die angefochtenen Bescheide in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hinsichtlich des Klägers zu 1. aufgehoben, diesen also klaglos gestellt hat. Soweit danach noch über die von der Klägerin zu 2. weiterverfolgte Klage zu entscheiden war, ergeht die Kostenentscheidung zu Lasten der in vollem Umfang unterlegenen Klägerin, der als alleiniger Grundstückseigentümerin die Straßenreinigung nach Maßgabe der Satzung der Beklagten - ohne Anspruch auf teilweise Befreiung - obliegt.

Die Vollstreckbarkeitserklärung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den entsprechend anzuwendenden §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung angefochten werden.



Ende der Entscheidung

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