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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.11.2005
Aktenzeichen: 22 TL 807/05
Rechtsgebiete: HPVG
Vorschriften:
HPVG § 77 Abs. 1 Nr. 1 e |
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS
Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land)
In dem verwaltungsgerichtlichen Beschlussverfahren
wegen Mitbestimmung bei befristeter Abordnung
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) - durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Nassauer, Richter am Hess. VGH Jeuthe, ehrenamtlichen Richter Knappik, ehrenamtlichen Richter Hessler
auf Grund der mündlichen Anhörung am 17. November 2005 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden - Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) - vom 9. Februar 2005 - 23 L 16/05 (V) - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob eine wenige Tage nach dem Ende einer sechsmonatigen Abordnung begonnene weitere sechsmonatige Abordnung dem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 77 Abs. 1 Nr. 1 e HPVG unterlegen hat.
Durch Verfügung des Polizeipräsidiums Westhessen vom 4. Mai 2004 wurde Polizeihauptkommissar (PHK) A für die "Zeit vom 05. Mai für die Dauer von zunächst sechs Monaten gemäß § 28 Hessischen Beamtengesetzes zur Mitarbeit im Entwicklungsprojekt 'Landesreferenzmodell SAP HR', Team Zeitwirtschaft, zum Hessischen Ministerium des Innern und für Sport, Abteilung Z, in A-Stadt" abgeordnet. Nachdem diese Abordnung am 4. November 2004 geendet hatte, befand sich Herr B vom 5. bis 12. November 2004 im Urlaub.
Während dieses Urlaubs teilte das Hessische Ministerium des Innern und für Sport dem Beteiligten unter dem 9. November 2004 mit, "in einem Koordinierungsgespräch des Projektes IZEMA mit dem Entwicklungs- und Einführungsprojekt SAP HR" am 4. November 2004 sei ein dringender zeitnaher Unterstützungsbedarf im Projekt IZEMA deutlich geworden. Das Ministerium bat deshalb um eine Abordnung des Beamten für dieses Projekt ab dem 15. November 2004 für den Zeitraum von einem halben Jahr. Herr C trat am 15. November 2004 seinen Dienst im Ministerium auch an.
Mit Schreiben vom 16. November 2004 bat der Beteiligte den Antragsteller gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 1 e HPVG um Zustimmung zu dieser Abordnung, nahm diesen Antrag aber am 1. Dezember 2004 wieder zurück, weil er in der Zwischenzeit zu der Auffassung gelangt war, die am 15. November 2004 begonnene Abordnung stehe mit der vorangegangenen Abordnung in keinerlei Zusammenhang, so dass § 77 Abs. 1 Nr. 1 e HPVG nicht einschlägig sei.
Mit Verfügung vom 13. Dezember 2004 wurde PHK D rückwirkend ab dem 15. November 2004 für die Dauer von sechs Monaten zur Mitarbeit im Projekt "IZEMA" zum Hessischen Ministerium des Innern und für Sport, Landespolizeipräsidium, in A-Stadt abgeordnet.
Am 5. Januar 2005 ist für den Antragsteller das Beschlussverfahren eingeleitet und vorgetragen worden, der Beteiligte habe das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 77 Abs. 1 Nr. 1 e HPVG verletzt, wonach der Personalrat bei Abordnungen zu einer anderen Dienststelle für die Dauer von mehr als sechs Monaten mitbestimme. Entgegen der Auffassung des Beteiligten liege hier eine Verlängerung der vorangegangenen Abordnung vor mit der Folge, dass diese zustimmungspflichtig sei. Bereits aus der Erstabordnung gehe hervor, dass sich der Beteiligte die Möglichkeit einer Verlängerung dieser Abordnung vorbehalten habe ("für die Dauer von zunächst sechs Monaten"). PKH E sei sowohl durch die Erstabordnung als auch durch die Folgeabordnung an die gleiche Dienststelle abgeordnet worden. Auch handele es sich inhaltlich im Wesentlichen um die gleiche Tätigkeit. Im Rahmen der Erstabordnung sei er mit dem "Landesreferenzmodell SAP HR" und insofern mit Fragen des Zeitmanagements unter Verwendung der SAP-Software beschäftigt gewesen. Bei dem Projekt IZEMA solle er sich ebenfalls mit Fragen des integrierten Zeitmanagements auf der Basis SAP-kompatibler Software beschäftigen.
Der Antragsteller hat beantragt
festzustellen, dass die Abordnung des PHK F zum Projekt IZEMA beim Hessischen Ministerium des Innern und für Sport/LPP das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 77 Abs. 1 Nr. 1 e HPVG verletzt hat.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er hat vorgetragen, die erste Abordnung habe die Dauer von sechs Monaten nicht überschritten. Die Verwendung des Wortes "zunächst" in der Abordnungsverfügung vom 4. Mai 2004 beruhe auf einem Verwaltungsversehen und habe keine Bedeutung. Es sei im Zeitpunkt der Abordnungsverfügung nur ein Abordnungszeitraum von sechs Monaten beabsichtigt gewesen. Die am 13. Dezember 2004 rückwirkend zum 15. November 2004 erfolgte weitere Abordnung sei keine Verlängerung der ersten Abordnung. Zwischen beiden Abordnungen lägen 11 Tage. Würde man trotzdem eine Kettenabordnung bejahen, würde die vom Gesetzgeber geforderte klare Auslegung auf Kosten der Flexibilität verschoben werden. Im Übrigen sei das Tätigkeitsspektrum des Beamten G in beiden Projekten nicht identisch gewesen. Beide Projekte verfolgten unterschiedliche Ziele. Der Projektstart IZEMA habe erst am 5. Juli 2004 stattgefunden, also erst nach der ersten Abordnung.
IZEMA erschöpfe sich nicht in der Zeitwirtschaft, sondern enthalte neben Elementen der Zeitwirtschaft auch Polizeispezifika wie die Personaleinsatzplanung sowie die Abwicklung von Zulagen und Zuschlägen.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag mit Beschluss vom 9. Februar 2005 stattgegeben und festgestellt, dass die Abordnung des PHK H zum Projekt IZEMA beim Hessischen Ministerium des Innern und für Sport/LPP das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 77 Abs. 1 Nr. 1 e HPVG verletzt habe. Mit der Abordnung zum 15. November 2004 sei die ursprüngliche Abordnung verlängert worden mit der Folge, dass diese der Mitbestimmung des Antragstellers bedürfe. Dass zwischen beiden Abordnungen 10 Tage lägen, bedeute keine Unterbrechung der Abordnung. Auch handele es sich nur um eine kurzfristige Unterbrechung wegen Urlaubsnahme des Polizeibeamten. Aus der vom Beteiligten angeführten Entscheidung des VGH Mannheim (Beschluss vom 7. Dezember 1993 - PB 15 S 203/93 -) ergebe sich lediglich, dass es für die Abgrenzung der mitbestimmungspflichtigen von den mitbestimmungsfreien Abordnungen allein auf die ununterbrochene Dauer der Abordnung von - in dem dort entschiedenen Fall - mehr als drei Monaten ankomme. Es sei nach der Auffassung des VGH Mannheim ein Gebot der Rechtsklarheit, bei der Abgrenzung entsprechend der gesetzlichen Vorgabe allein auf die ununterbrochene Dauer einer Abordnung von mehr als drei Monaten abzustellen. Eine nur formale Unterbrechung einer Abordnung durch einen Feiertag oder ein arbeitsfreies Wochenende, also ohne dass an der Stammdienststelle eine Dienstleistungspflicht entstehe, habe nach Auffassung des VGH Mannheim für die Frage des Mitbestimmungsrechts keine Bedeutung. Hier lägen zwischen den Abordnungen zwar 10 Tage. In diesen habe der Polizeibeamte jedoch Urlaub gehabt. Spätestens am letzten Tag der Erstabordnung habe das Ministerium eine weitere Abordnung beabsichtigt und insoweit einen Abordnungsbedarf festgestellt. Die hier erfolgte Unterbrechung sei der durch einen Feiertag oder ein arbeitsfreies Wochenende verursachten Unterbrechung insoweit gleichzustellen, als der Beschäftigte infolge der Abordnung vom Dienst in der Stammdienststelle ununterbrochen fern geblieben sei. Es komme hinzu, dass in dem vom VGH Mannheim entschiedenen Fall die Unterbrechungen der Abordnungen länger als drei Monate gedauert hätten. So habe das Verwaltungsgericht Darmstadt mit Beschluss vom 19. Februar 2001 - 23 L 2504/00 - eine Unterbrechung nicht mehr als kurzfristig angesehen, wenn der Unterbrechungszeitraum eineinhalb Monate betragen habe. Ein derartiger Zeitraum sei hier nicht erreicht worden.
Gegen den ihm am 28. Februar 2005 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte am 18. März 2005 Beschwerde eingelegt und diese am 19. April 2005 begründet.
Er trägt vor, der Gegenstand der ersten Abordnung habe nicht dem Gegenstand der zweiten Abordnung entsprochen. Dies stehe der Annahme einer Verlängerung der ersten Abordnung entgegen. Die erste Abordnung habe die Mitarbeit im Entwicklungsprojekt "Landesreferenzmodell SAP HR" im Team Zeitwirtschaft vorgesehen. Aufgrund der zweiten Abordnung habe der Beamte im Projekt "IZEMA" im Landespolizeipräsidium mitarbeiten sollen. Die Verlängerung einer ursprünglich nicht mitbestimmungspflichtigen Abordnung sei vom Bundesverwaltungsgericht als mitbestimmungspflichtig angesehen worden, wobei der Beamte ohne jede Unterbrechung für mehr als drei Monate abgeordnet gewesen sei. So sei es hier jedoch nicht gewesen. Außerdem habe das Landespolizeipräsidium erst mit Schreiben vom 9. November 2004 um die weitere Abordnung ersucht. Damit hätten zwischen dem letzten Tag der Erstabordnung und dem Ersuchen des Landespolizeipräsidiums fünf Tage gelegen. Das Gesetz sehe den Begriff der Verlängerung einer Abordnung nicht vor. Deshalb sei auf den allgemeinen juristischen Sprachgebrauch zurückzugreifen. Danach sei die Verlängerung einer bereits abgelaufenen Frist nicht möglich.
Das Verwaltungsgericht habe auch den Urlaub des Beamten nicht richtig bewertet. Der Beamte hätte in der Zeit vom 5. bis zum 12. November 2004 bei seiner Stammdienststelle Dienst leisten müssen, falls er keinen Urlaub genommen hätte. Damit habe in dem genannten Zeitraum eine Dienstleistungspflicht an der Stammdienststelle bestanden. Eine solche Dienstleistungspflicht gegenüber der Stammdienststelle führe nach Auffassung des VGH Mannheim zu einer Abordnungsunterbrechung, die einem Mitbestimmungsrecht entgegenstehe.
Dem Beschluss des VGH Mannheim sei aus Gründen der Rechtssicherheit zu folgen. Die Personalvertretungsgesetze sähen ein Mitbestimmungsrecht nur bei Abordnungen von bestimmter Dauer vor. Begriffe wie "Unterbrechung" oder "Verlängerung" der Abordnung hätten keine gesetzliche Regelung erfahren. Gleiches gelte für den Fall der mehrfachen Abordnung. Deshalb bleibe nur die Möglichkeit, die jeweilige Dauer der einzelnen Abordnung zu ermitteln und dem Personalrat ein Mitbestimmungsrecht nur dann zuzubilligen, wenn die jeweilige Abordnung ohne Unterbrechung mehr als sechs Monate dauere. Falls man der hier vertretenen Auffassung nicht folge, sei festzulegen, bei welchen Unterbrechungszeiträumen ein Mitbestimmungsrecht bestehe und bei welchen Zeiträumen ein Mitbestimmungsrecht entfalle. Der Gesetzgeber selbst habe eine derartige Festlegung nicht getroffen. Eine entsprechende Festlegung durch die im Streitfall angerufenen Gerichte wäre zwar möglich, würde jedoch zu einer Einzelfallrechtsprechung führen, deren Ergebnisse für die davon betroffenen Dienststellen und Personalräte in keiner Weise vorhersehbar wären. Die sich daraus ergebende Rechtsunsicherheit wäre nicht geeignet, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalrat zu fördern. Gerade dies habe der Gesetzgeber aber angestrebt (§ 60 Abs. 1 HPVG).
Der Beteiligte beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden - Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) - vom 9. Februar 2005 - 23 L 16/05 (V) - abzuändern und den Antrag des Antragstellers abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er trägt vor, am letzten Tag der ersten Abordnung (4. November 2004) sei es zu dem Koordinierungsgespräch gekommen, in dessen Verlauf für das Projekt IZEMA ein dringender zeitnaher Unterstützungsbedarf deutlich geworden sei. Im Rahmen dieses Gesprächs sei der Wunsch des Ministeriums zum Ausdruck gebracht worden, dass für dieses Projekt PHK I erneut abgeordnet werde. Zur Zeit des Koordinierungsgesprächs sei bereits bekannt gewesen, dass der Beamte für die Zeit vom 5. bis zum 14. November 2004 Urlaub beantragt hatte. Vor diesem Hindergrund sei man übereingekommen, dass er seinen Dienst erst am 15. November 2004, also an seinem ersten Arbeitstag nach dem Urlaub, habe aufnehmen sollen. Ausfluss des Koordinierungsgesprächs sei dann die E-Mail des Ministeriums vom 9. November 2004 gewesen, in der beim Polizeipräsidium Westhessen die erneute Abordnung des Beamten gefordert werde.
Sodann verteidigt der Antragsteller die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts und trägt sinngemäß vor, eine Kettenabordnung könne auch dann vorliegen, wenn zwischen den beiden Abordnungen dienstpflichtige Zeiten lägen. Im vorliegenden Fall müssten die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden. Die Entscheidung für die weitere Abordnung sei noch während der Erstabordnungszeit des Beamten gefallen. Allein der genehmigte Urlaub habe dazu geführt, dass seine Abordnung erst mit Wirkung ab 15. November 2004 verfügt worden sei. Es sei festzuhalten, dass aus der Sicht des Beteiligten wie auch des Ministeriums grundsätzlich eine "Kettenabordnung" gewollt gewesen sei. Dies habe auch der Beteiligte zunächst so gesehen, denn er habe zunächst das Beteiligungsverfahren eingeleitet. Die Entscheidung des VGH Mannheim sei dahin auszulegen, dass auch Urlaubstage nicht zu einer Abordnungsunterbrechung führten. Entscheidend sei, dass es sich auch insoweit um arbeitsfreie Zeit handele, in der - aus der Sicht des Dienstherrn - eine (vorzeitige) Abordnung keinen Sinn machen würde. Der Gesetzgeber habe die Mitbestimmungspflicht von dem Gewicht der Maßnahme abhängig machen wollen. Es könne nur auf das tatsächliche Gewicht der Maßnahme ankommen. Faktisch sei der Beamte im vorliegenden Fall für ein Jahr abgeordnet worden. Sein während dieser Zeit genommener Urlaub sei hierfür ohne Relevanz. Die erforderliche Klarheit der Abgrenzung sei gewahrt, weil eine Kettenabordnung ausscheide, wenn zwischen den beiden Abordnungen der betroffene Beamte auf seiner alten Dienststelle wieder tätig geworden sei. Dies sei nur dann nicht der Fall, wenn zwischen den beiden Abordnungen - wie hier - ausschließlich arbeitsfreie Tage lägen. Abzustellen sei auf den Begriff der "Arbeitsfreiheit". Insoweit sei die Abgrenzung rechtssicher und ohne weiteres durchzuführen.
Die den Beamten J betreffenden Personalakten (1 Heft und 1 Laufmappe mit weiteren Unterlagen) haben vorgelegen und sind zum Gegenstand der Anhörung gemacht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgenannten Unterlagen, die gewechselten Schriftsätze und den darüber hinausgehenden Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Beteiligten ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden.
Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, denn das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers zu Recht stattgegeben.
Der am 5. Januar 2005 bei dem Verwaltungsgericht eingegangene und unter dem 4. Januar 2005 gestellte Antrag des Antragstellers, mit dem das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet wurde, ist zulässig, nachdem der Antragsteller durch Vorlage der bisher nur unvollständig vorgelegten "Niederschrift der 12. Arbeitssitzung des Personalrates vom 1. Dezember 2004, 09.00 - 14.00 Uhr, im Raum 3082 des Polizeipräsidiums in A-Stadt" nachgewiesen hat, dass er schon am 1. Dezember 2004 beschlossen hat, das gerichtliche Beschlussverfahren einzuleiten und einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen. Die anlässlich der Anhörung vor dem Senat vorgelegte Niederschrift, die auch den genannten Beschluss enthält, ist zwar nicht sehr klar formuliert, aber im Wege der Auslegung eindeutig dahin zu verstehen, dass ein Rechtsanwalt beauftragt werden und ein gerichtliches Beschlussverfahren eingeleitet werden sollte.
Nach allem muss der Fachsenat nicht darüber entscheiden, ob durch den mit Rückwirkung für das erstinstanzliche Verfahren versehenen Beschluss des Antragstellers vom 2. November 2005 der Mangel des fehlenden Einleitungsbeschlusses sowie das Fehlen einer rechtsgültigen Beauftragung des Bevollmächtigten des Antragstellers, das Verfahren für den Antragsteller durchzuführen, geheilt worden sind.
Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht entgegen, dass die zweite Abordnung des Beamten inzwischen beendet ist. Denn sowohl das Feststellungsinteresse als auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis liegen vor, weil Wiederholungsgefahr besteht; dies ist insbesondere vom Beteiligten anlässlich der mündlichen Anhörung vor dem Senat nicht bestritten worden.
Der nach allem zulässige Antrag des Antragstellers ist auch begründet.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 9. Februar 2005 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Abordnung des PHK K zum Projekt IZEMA beim Hessischen Ministerium des Innern und für Sport/LPP das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 77 Abs. 1 Nr. 1 e HPVG verletzt hat. Nach dieser Vorschrift bestimmt der Personalrat mit in Personalangelegenheiten der Beamten bei "Abordnung zu einer anderen Dienststelle für eine Dauer von mehr als sechs Monaten".
Es stellt zwar entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Verlängerung der ursprünglichen Abordnung dar, dass PHK L mit Verfügung vom 13. Dezember 2004 rückwirkend ab dem 15. November 2004 erneut zum Hessischen Ministerium des Innern und für Sport, Landespolizeipräsidium, in A-Stadt abgeordnet worden ist, denn die erste Abordnung des Beamten endete bereits am 4. November 2004. Darauf kommt es letztlich aber auch nicht an, denn entscheidend ist, ob eine Umgehung des in § 77 Abs. 1 Nr. 1 e HPVG geregelten Mitbestimmungstatbestandes darin liegt, dass der Beamte nach Beendigung der ersten Abordnung und daran anschließenden wenigen Urlaubstagen erneut - wenn auch zu einem anderen Projekt - an das Hessische Innenministerium abgeordnet wurde. Dass es insofern auf den Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs bzw. der Umgehung des Mitbestimmungstatbestands ankommt, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs anerkannt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. September 1984 - 6 P 19/83 - PersR 1986, 36 = juris; Hess. VGH, Beschluss vom 27. August 1992 - HPV TL 526/90 - juris), wobei es insofern unerheblich ist, ob es sich um einen bewussten und/oder gewollten Rechtsmissbrauch bzw. eine damit vergleichbare Umgehung des Mitbestimmungstatbestands handelt. Denn entscheidend ist, welche Wirkung die Abordnung objektiv nicht nur in der Person des abgeordneten Bediensteten, sondern auch in seiner Dienststelle hat.
Das Mitbestimmungsrecht bei Abordnungen, die länger als sechs Monate dauern, dient erkennbar dem Zweck, im Mitbestimmungsverfahren sowohl die Interessen des abgeordneten Bediensteten als auch die Interessen seiner in der Dienststelle zurückbleibenden Kolleginnen und Kollegen geltend zu machen. Es soll verhindert werden, dass die Stammdienststelle des abgeordneten Bediensteten längere Zeit - nämlich länger als sechs Monate - oder gar auf Dauer die durch den Wegfall der Arbeitskraft des Bediensteten entstehenden zusätzlichen Belastungen tragen muss, ohne dass die in diesem Zusammenhang entstehenden Probleme Gegenstand eines Mitbestimmungsverfahrens sein können. Dies ist Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts in den Fällen, in denen die Abordnung länger als sechs Monate dauert.
Auf der anderen Seite ist jedoch auch der Zweck der Fristregelung zu berücksichtigen. Diese soll es dem Dienstherrn ermöglichen, im Interesse der Funktionsfähigkeit der Dienststelle kurzfristig personelle Dispositionen treffen zu können, ohne zuvor die nicht immer unverzüglich zu erreichende Zustimmung der Personalvertretung einholen zu müssen. Dass deren Beteiligungsbefugnis nach dem Willen des Gesetzgebers insoweit hinter die Bedürfnisse des Dienstherrn und seiner Dienststellen zurücktritt, rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass eine auf eine bestimmte im Gesetz geregelte Zeit befristete Abordnung nicht so entscheidend in die dienstlichen und persönlichen Verhältnisse des abgeordneten Beamten und der sonst von der Maßnahme betroffenen Beschäftigten eingreift, dass diese des kollektivrechtlichen Schutzes des Personalrats bedürften. Diese Gesichtspunkte vermögen die Mitbestimmungsfreiheit der Abordnung jedoch schon dann nicht mehr zu rechtfertigen, wenn die Abordnung nur nominell auf den gesetzlich geregelten Zeitraum befristet wird, nach den bereits vorliegenden Vorstellungen des Dienstherrn in Wirklichkeit aber länger dauern soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. September 1984, a.a.O.).
Dem Zweck des Mitbestimmungsrechts widerspricht es aber auch, wenn der Dienststellenleiter erst gegen Ende der ersten Abordnung beschließt, entweder die Abordnung zu verlängern oder aber unmittelbar nach dem Ende der ersten Abordnung eine weitere Abordnung anschließen zu lassen. Auch in diesem Fall liegt eine Belastung des einzelnen Bediensteten und auch der übrigen Bediensteten seiner Dienststelle vor, die nach Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestands die Mitbestimmung des Personalrats eröffnen soll. Wann der Dienststellenleiter die Entscheidung getroffen hat, den Bediensteten weiterhin abzuordnen, ist für die belastende Wirkung der Maßnahme unerheblich. Ebenso ist es unerheblich, ob die Kettenabordnung an ein- und dieselbe Dienststelle erfolgt oder nacheinander zu verschiedenen Dienststellen (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 7. Dezember 1993, a.a.O.). Es ist dementsprechend auch unerheblich, ob der Bedienstete im Rahmen der weiteren Abordnung in einem anderen Tätigkeitsfeld seinen Dienst versieht.
Dem dargestellten Sinn und Zweck der Mitbestimmungsregelung widerspricht es weiterhin auch, das Mitbestimmungsrecht zu versagen, wenn zwischen den einzelnen Abordnungen ein Feiertag oder ein arbeitsfreies Wochenende liegt (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 7. Dezember 1993, a.a.O.).
Nichts anderes kann aber auch dann gelten, wenn - wie hier - der betreffende Beamte nach dem Ablauf der ersten Abordnung Urlaub hat und mit Beginn des ersten dem Urlaub folgenden Arbeitstages erneut abgeordnet wird. Dies hat der Senat bereits mit dem zitierten Beschluss vom 27. August 1992 (- HPV TL 526/90 - juris) - allerdings ohne nähere Begründung - entschieden. Daran ist unter Berücksichtigung des oben dargestellten Sinnes und Zwecks der Mitbestimmungsregelung des § 77 Abs. 1 Nr. 1 e HPVG festzuhalten. Denn auch in diesem Fall kommt der Beamte nicht in die Dienststelle zurück, um dort wieder seine Arbeit aufzunehmen. Auch in diesem Fall wird zumindest zu Beginn der weiteren Abordnung eine Ersatzkraft kaum zur Verfügung stehen, die die bisher von dem abgeordneten Beamten verrichteten Tätigkeiten wahrnimmt. Vielmehr muss die Dienststelle in der Regel dafür Sorge tragen, dass auch für den weiteren Abordnungszeitraum die von dem Beamten grundsätzlich geschuldeten Tätigkeiten von anderen Bediensteten wahrgenommen werden, so dass die Belastung der Dienststelle und damit der Kolleginnen und Kollegen des abgeordneten Bediensteten der Belastung gleichsteht, die eine unmittelbar anschließende weitere Abordnung hervorrufen würde.
Ob - weitergehend - sogar eine kurzfristige Dienst- bzw. Arbeitsaufnahme in der "Heimat-"Behörde einer Mitbestimmungspflicht für die weitere Abordnung unter dem Gesichtspunkt der Kettenabordnungen ebenfalls nicht entgegenstehen würde (so Rothländer, in: v. Roetteken/Rothländer, a.a.O., Rdnr. 191 zu § 77 HPVG), kann hier dahinstehen, weil ein solcher Fall nicht vorliegt.
Nach allem ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 111 Abs. 3 HPVG i.V.m. § 92 Abs. 1 und § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die Frage, ob der Mitbestimmungstatbestand des § 77 Abs. 1 Nr. 1 e HPVG auch dann vorliegen kann, wenn der betreffende Beamte nach dem Ablauf der ersten Abordnung Urlaub hat und mit Beginn des ersten dem Urlaub folgenden Arbeitstages erneut abgeordnet wird, ist in der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs geklärt.
Ende der Entscheidung
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