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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.04.2003
Aktenzeichen: 22 TL 848/02
Rechtsgebiete: BPersVG, HPVG
Vorschriften:
BPersVG § 76 Abs. 1 Nr. 4 | |
HPVG § 77 Abs. 1 Nr. 2c |
Eine Umsetzung ist eine Änderung des Amtes im konkret-funktionellen Sinn und damit ein Wechsel des Dienstpostens bzw. eine Umsetzung setzt einen Wechsel des Dienstpostens voraus.
Es kommt nicht darauf an, ob die Art der zu verrichtenden Tätigkeit am neuen Einsatzort mit der bisherigen gleich oder im wesentlichen gleich ist.
Zur Frage, ob in Bezug auf eine Umsetzung nach § 77 Abs. 1 Nr. 2.c) Alt. 2 HPVG nur dann ein Mitbestimmungsrecht bestehen kann, wenn der alte und der neue Dienstort mehr als 20 km voneinander entfernt sind.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss
In dem personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren
wegen Voraussetzungen einer Umsetzung nach § 77 Abs. 1 Nr. 2. c) Alt. 2 HPVG
hat der Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Nassauer, Richter am Hess VGH Jeuthe, ehrenamtlichen Richter Knappik, ehrenamtlichen Richter Hessler
am 24. April 2003 beschlossen:
Tenor:
Das Verfahren betreffend die Anschlussbeschwerde wird nach Rücknahme der Anschlussbeschwerde eingestellt.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 4. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob eine dienstliche Anweisung an Beschäftigte der AOK-Regionaldirektion Mittelhessen, vorübergehend für die Dauer von mehr als sechs Monaten im Wesentlichen gleiche Aufgaben wie bisher an einem anderen Dienstort im Bereich der AOK-Regionaldirektion Mittelhessen zu erfüllen, als mitbestimmungspflichtige Umsetzung im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 2. c) Alt. 2 HPVG anzusehen ist.
Die AOK - Gesundheitskasse in Hessen - ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren einziger Dienststellenleiter der Beteiligte zu 1. des vorliegenden Beschlussverfahrens ist. Die AOK in Hessen ist in Regionaldirektionen eingeteilt, denen jeweils ein örtlicher Personalrat zugeordnet ist. Daraus ergibt sich auch, dass ein Gesamtpersonalrat, der Beteiligte zu 2., gebildet wurde. Die AOK-Regionaldirektion Mittelhessen umfasst die Geschäftsstellen Gießen, Marburg, Wetzlar und Dillenburg. Der Antragsteller ist als Personalvertretung der untersten Ebene für den Bereich der AOK-Regionaldirektion Mittelhessen zuständig.
In der Vergangenheit wurden in mehreren Fällen Beschäftigte verpflichtet, für die Dauer von mehr als sechs Monaten im Wesentlichen gleichbleibende dienstliche Tätigkeiten an anderen Dienstorten zu verrichten, die ebenfalls zum Bereich der AOK-Regionaldirektion Mittelhessen gehören. Der Beteiligte zu 1. hat insofern ein Mitbestimmungsrecht nach § 77 Abs. 1 Nr. 2. c) Alt. 2 HPVG verneint.
Am 29. Oktober 2001 hat der Antragsteller das Beschlussverfahren eingeleitet und vorgetragen, ihm stehe ein Feststellungs- bzw. Rechtsschutzinteresse zur Seite, denn trotz Erledigung der konkreten Fälle werde sich die ihnen zu Grunde liegende Rechtsfrage mit mehr als nur geringer Wahrscheinlichkeit zwischen den Verfahrensbeteiligten erneut stellen. Der Antrag sei auch begründet, denn das Mitbestimmungsrecht liege vor. Die Voraussetzungen der genannten Vorschrift seien immer dann erfüllt, wenn Beschäftigte z.B. von der Geschäftsstelle in Dillenburg nach Gießen oder von Gießen nach Marburg oder von Marburg nach Dillenburg für die Dauer von mehr als sechs Monaten umgesetzt würden. In diesen Fällen sei immer ein Dienstortwechsel gegeben. Umsetzungen seien immer mitbestimmungspflichtig, wenn sie mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden seien und länger als sechs Monate dauerten. Nicht notwendig sei für die Mitbestimmung, dass sich das Aufgabengebiet des Beschäftigten verändere oder ihm beispielsweise eine Tätigkeit übertragen werde, die tariflich und besoldungsmäßig höher oder niedriger zu bewerten sei.
Der Antragsteller hat beantragt
festzustellen, dass ihm, dem Antragsteller, bei der Umsetzung von Beschäftigten mit einem Dienstortwechsel im Bereich der AOK-Regionaldirektion Mittelhessen ein Mitbestimmungsrecht nach § 77 Abs. 1 Nr. 2. c) HPVG zustehe.
Der Beteiligte zu 2. hat sich dem Antrag des Antragstellers angeschlossen.
Der Beteiligte zu 1. hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat vorgetragen, ein Feststellungs- und ein Rechtsschutzinteresse seien nicht gegeben. Die Klärung einer allgemeinen Rechtsfrage, die nicht im Zusammenhang mit einem konkreten Fall stehe, könne nicht im Wege der Feststellungsklage herbeigeführt werden. Der Antrag sei auch unbegründet. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 1996 - 6 P 8/95 - festgelegt, dass von einer mitbestimmungspflichtigen (Teil-)Umsetzung nur dann auszugehen sei, wenn der entzogene Aufgabenteil prägend für den Dienstposten sei und der Dienstposten durch den neuen Aufgabenbereich eine neue, andere Prägung erhalte. Auch liege ein "Wechsel des Dienstpostens" nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. April 1994 - 6 P 3.83 - nur dann vor, wenn die Maßnahme den Beschäftigten zwinge, unter veränderten personellen Bedingungen andere Aufgaben zu erfüllen. Voraussetzung sei zudem, dass die Maßnahme in die individuelle Rechtssphäre des Beschäftigten eingreife.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 4. Februar 2002 dem Antrag des Antragstellers (im Wesentlichen) stattgegeben und festgestellt, dass dem Antragsteller bei der Umsetzung von Beschäftigten mit einem Dienstortwechsel bei einer Entfernung von mehr als 20 Kilometern im Bereich der AOK-Regionaldirektion Mittelhessen ein Mitbestimmungsrecht nach § 77 Abs. 1 Nr. 2. c) Alt. 2 HPVG zustehe. Es hat das Rechtsschutzbedürfnis und das Feststellungsinteresse bejaht mit der sinngemäßen Begründung, es bestehe eine mehr als nur geringfügige Wahrscheinlichkeit, dass weiterhin Streit über die Frage entstehe, ob eine Umsetzung mit Dienstortwechsel für länger als sechs Monate mitbestimmungsbedürftig sei. Der Antrag sei auch in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet. Da es sich bei der AOK um eine Dienststelle für ganz Hessen handele, komme eine Versetzung nicht in Betracht. Die Umsetzung sei jede das Beschäftigungsverhältnis unberührt lassende Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes innerhalb der Behörde. Hierunter verstehe die Kammer auch die Umsetzung von einem Arbeitsplatz auf einen anderen örtlich verschiedenen Arbeitsplatz, ohne dass dadurch das Aufgabenfeld wesentlich verändert worden sei. Entscheidend sei, dass ein Dienstortwechsel erfolge. Er liege immer dann vor, wenn eine kommunalpolitische Grenze überschritten werde. Dies gelte aber nicht für jeden Dienstortwechsel, denn auf Grund der Struktur der Außenvertretungen der AOK gegenüber den Mitgliedern und auch der Struktur der Personalvertretungen sehe die Kammer bei relativ nah beieinanderliegenden Dienstorten innerhalb einer Region einen Dienstortwechsel vergleichbar einer Abordnung oder Versetzung nicht als gegeben an. Insoweit werde nicht wesentlich stärker in die individuelle Rechtssphäre des Betroffenen eingegriffen als bei einer räumlichen Verlegung des Arbeitsplatzes innerhalb einer politischen Großgemeinde. Insoweit orientiere sich die Kammer an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bildung eigenständiger Personalräte räumlich getrennter Dienststellenteile. Danach wäre eine Verselbständigung von Dienststellenteilen nur möglich, wenn diese räumlich 20 km voneinander entfernt seien. Dieses Korrektiv sei notwendig, da einzelne Verwaltungsstellen der AOK nicht weiter als 3 km voneinander entfernt seien, jedoch in unterschiedlichen politischen Orten lägen, eine Entfernung, die in einer größeren Stadt nicht zur Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes führen würde. Nach allem sei eine mitbestimmungsbedürftige Umsetzung mit Dienstortwechsel immer dann gegeben, wenn eine Übertragung eines Arbeitsplatzes mit räumlicher Verlegung dergestalt erfolge, dass dieser Arbeitsplatz an einem mehr als 20 km entfernten anderen Dienstort liege.
Gegen den am 6. März 2002 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1. am 25. März 2002 Beschwerde eingelegt, die er am 25. April 2002 damit begründet hat, der Antrag sei unzulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis und das Feststellungsinteresse seien nicht gegeben, weil die vom Antragsteller angegebenen Sachverhalte nach Durchführung der personellen Maßnahmen einer Beurteilung durch das Gericht nicht mehr zugänglich seien. Den zitierten Entscheidungen hätten Sachverhalte zu Grunde gelegen, bei denen die Klärung einer Rechtsfrage im Zusammenhang mit dem konkreten Fall gestanden habe. Hiervon abweichend wolle der Antragsteller die Klärung einer allgemeinen Rechtsfrage herbeiführen. Der Antrag sei auch unbegründet. Es liege keine Umsetzung vor, wenn die Übertragung eines anderen Arbeitsplatzes dessen bloße räumliche Verlegung beinhalte. Gleiches gelte, wenn ein einzelner Posten einem anderen Dienststellenleiter zugeordnet werde und der Dienstposteninhaber seinen Dienstort wechseln müsse. Dann liege keine Zuweisung eines anderen Dienstpostens vor, sondern nur eine Organisationsmaßnahme, die darauf gerichtet sei, einem Dienstposten einen anderen Dienststellenteil zuzuordnen. Ausschlaggebend sei nach der Rechtsprechung, ob die Maßnahme zu einem Wechsel des Dienstpostens/Arbeitsplatzes führe, der den Betroffenen zwinge, unter veränderten personellen Bedingungen andere Aufgaben zu erfüllen. Der Gesetzgeber habe sicherlich nicht gewollt, dass die bloße Verwaltung organisatorischer Maßnahmen als Umsetzung gewertet werden könne, sondern nur solche von deutlich höherem, nämlich Abordnung und Versetzung vergleichbarem Gewicht. Die hier in Rede stehenden personellen Maßnahmen stellten keine Umsetzungen dar, weil die Übertragung der Tätigkeiten von einem Standort zu einem anderen Standort der AOK nicht als Übertragung eines anderen Arbeitsplatzes zu werten sei. Was die vom Verwaltungsgericht angenommene Entfernungsgrenze von 20 km betreffe, finde keine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Meinungen in Literatur und Rechtsprechung statt. Das Verwaltungsgericht habe auch nicht ermittelt, ob das Korrektiv der räumlichen Entfernung des neuen Dienstortes von 20 respektive 30 km tatsächlich vorliege. Der Sachverhalt sei nicht vollständig aufgeklärt worden, was nun im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden müsse. Dabei werde zu beachten sein, dass weder die Entfernung der alten Dienstorte zu den neuen Dienstorten der betreffenden Mitarbeiter noch die Entfernung der Wohnorte dieser Mitarbeiter zu deren neuen Dienstorten größer als 20 oder 30 km sei.
Der Beteiligte zu 1. beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 4. Februar 2002 abzuändern und den Antrag des Antragstellers auf Feststellung eines Mitbestimmungsrechts nach § 77 Abs. 1 Nr. 2. c) Alt. 2 HPVG abzulehnen.
Am 8. Juli 2002 sind - per Telefax - die Beschwerdeerwiderung und die Anschlussbeschwerde des Antragstellers bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen. Die Anschlussbeschwerde hat der Antragsteller im Rahmen der mündlichen Anhörung vor dem Senat zurückgenommen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde des Beteiligten zu 1. zurückzuweisen.
Der Antragsteller trägt vor, das Rechtsschutzbedürfnis und das Feststellungsinteresse lägen vor. Auch sei der Antrag begründet. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass bei der Umsetzung von Beschäftigten mit Dienstortwechsel dem Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht zustehe. Unter Umsetzung sei auch der Wechsel von einem Arbeitsplatz auf einen örtlich anderen Arbeitsplatz zu verstehen, ohne dass dadurch das Aufgabengebiet wesentlich verändert werde. Es treffe aber nicht zu, dass eine Umsetzung ausscheide, wenn der Betroffene in einen nahegelegenen Dienstort innerhalb einer Region umgesetzt werde. Im Beamtenrecht sei mit dem Amt im konkret-funktionellen Sinn die konkrete Tätigkeit des Beamten gemeint, also der "Dienstposten", der ihm durch den Organisationsplan zugewiesen werde und die von ihm hierbei konkret zu erledigenden Aufgaben betreffe. Der Dienstposten des Beamten entspreche dem dem Angestellten zugewiesenen konkreten Arbeitsplatz. Dabei sei nicht entscheidend, ob der allgemeine Aufgabenkreis des Angestellten im Rahmen einer bestimmten Behördenorganisation gleichbleibend sei. Es komme allein darauf an, ob der bisherige Dienstposten (Arbeitsplatz) verlassen werde und ein neuer Dienstposten (Arbeitsplatz, Amt im konkret-funktionellen Sinn im Beamtenrecht) zugeteilt werde. Unbeachtlich sei, ob die räumliche Entfernung zwischen dem bisherigen Dienstort und dem neuen Dienstort nur gering sei, da es hierauf für die Beantwortung der Frage, ob die Zuweisung eines neuen Dienstpostens erfolgt sei, nicht ankomme.
Der Beteiligte zu 2. teilt die Auffassung des Antragstellers.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und den darüber hinausgehenden Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Das Verfahren betreffend die Anschlussbeschwerde ist nach deren Rücknahme einzustellen (§ 111 Abs. 3 HPVG i.V.m. § 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG).
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist zulässig; sie ist insbesondere rechtzeitig eingelegt und begründet worden.
Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg, denn das Verwaltungsgericht hat dem Antragsteller zu Recht bei der vorübergehenden, einen Zeitraum von sechs Monaten übersteigenden Umsetzung von Beschäftigten mit einem Dienstortwechsel im Bereich der AOK-Regionaldirektion Mittelhessen ein Mitbestimmungsrecht nach § 77 Abs. 1 Nr. 2. c) Alt. 2 HPVG zugesprochen.
Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1. ist der Antrag des Antragstellers zulässig. Insbesondere liegen das Feststellungsinteresse und das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis vor. Zwar haben sich die mehreren dem vorliegenden personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren zu Grunde liegenden Einzelfälle durch Ablauf der jeweiligen Dienstverpflichtung erledigt. Die diesen Einzelfällen zu Grunde liegende und vom Antragsteller zutreffend zum Gegenstand seines Antrags gemachte Rechtsfrage wird sich jedoch mit mehr als nur geringfügiger Wahrscheinlichkeit zwischen den Verfahrensbeteiligten des vorliegenden Beschlussverfahrens wieder stellen, was auch vom Beteiligten zu 1. letztlich nicht bestritten wird. Immer dann, wenn ein Bediensteter der AOK-Regionaldirektion Mittelhessen für mehr als sechs Monate in einem anderen Dienstort der AOK-Bezirksdirektion Mittelhessen die gleichen Aufgaben wie bisher erfüllen muss, wird sich die Frage stellen, ob es sich insoweit um eine mitbestimmungsbedürftige Umsetzung handelt. Nur dann, wenn davon ausgegangen werden könnte, dass in Zukunft überhaupt nicht mehr oder allenfalls vereinzelt derartige Maßnahmen ergriffen werden, könnten Feststellungsinteresse und Rechtsschutzbedürfnis verneint werden. Diese Voraussetzung ist jedoch hier nicht gegeben.
Der nach allem zulässige Antrag ist auch begründet. Es stellt eine mitbestimmungsbedürftige Umsetzung im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 2. c) Alt. 2 HPVG dar, wenn Beschäftigte bei gleichbleibender Tätigkeit für die Dauer von mehr als sechs Monaten ihren Dienstort im Bereich der AOK-Regionaldirektion Mittelhessen wechseln müssen.
Das Hessische Personalvertretungsgesetz definiert die Begriffe der Versetzung und Umsetzung des § 77 Abs. 1 Nr. 2. c) HPVG nicht. Dies ist jedoch auch nicht erforderlich, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts übernehmen das Bundespersonalvertretungsgesetz und die übrigen Landespersonalvertretungsgesetze die Begriffe, die die einzelnen in der Vorschrift geregelten Mitbestimmungstatbestände bezeichnen, aus dem Beamtenrecht, soweit sie die Mitbestimmungsbefugnis in Personalangelegenheiten der Beamten festlegen, und aus dem Tarifrecht, soweit sie die entsprechenden Befugnisse in Personalangelegenheiten der Angestellten und Arbeiter bestimmen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. April 1984 - 6 P 39.83 - Buchholz 238.36 § 78 NdsPersVG Nr. 4, 3. Juli 1990 - 6 P 10.87 - PersVG 1990, 540 f., 10. Oktober 1991 - 6 P 23.90 - Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 22). Der Begriff der Umsetzung im Speziellen entstammt der dienstrechtlichen Praxis und hat über das Personalvertretungsrecht auch Eingang in das Arbeitsrecht gefunden. Seine Auslegung hat sich daher an der hierzu entwickelten Rechtsprechung zu orientieren. Danach ist unter Umsetzung jede das Beschäftigungsverhältnis unberührt lassende Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes innerhalb der Behörde zu verstehen. Die Umsetzung unterscheidet sich von sonstigen Änderungen des Aufgabenkreises dadurch, dass die bisherige Tätigkeit aufzugeben und eine neue zu übernehmen ist. Ferner ist es ein Wesensmerkmal der Umsetzung, dass es den Beschäftigten zwingt, seinen Dienst unter veränderten personellen und gegebenenfalls auch unter anderen örtlichen Gegebenheiten auszuüben. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob die Art der zu verrichtenden Tätigkeit am neuen Einsatzort mit der bisherigen gleich oder im Wesentlichen gleich ist. Denn an eine mögliche oder tatsächliche Veränderung des Aufgabengebietes knüpft der Mitbestimmungstatbestand nicht an (vgl. Rothländer, in von Roetteken/Rothländer, HBR, Hessisches Bedienstetenrecht, Stand: 26. Ergänzungslieferung, Januar 2003, Rdnrn. 330 und 330 a zu § 77 HPVG m.w.N.).
Mit anderen Worten: Die Umsetzung ist die Übertragung eines anderen Amtes im konkret-funktionellen Sinn, ohne dass das Amt im statusrechtlichen und im abstrakt-funktionellen Sinn berührt würde oder die Beschäftigungsbehörde sich änderte (vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl., 2001, Rdnr. 141 m.w.N.; Battis, BBG, Bundesbeamtengesetz mit Erläuterungen, 2. Aufl., 1997, Rdnr. 6 zu § 26 BBG). Das abstrakt-funktionelle Amt kennzeichnet einen der Stellung des Bediensteten entsprechenden Aufgabenkreis in einer bestimmten Behörde. Vom abstrakt-funktionellen Amt ist zu unterscheiden das konkret-funktionelle Amt, das mit der
Übertragung eines im Organisations- und Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen, bestimmten Aufgabenkreises innerhalb einer Behörde begründet wird. Das Amt im konkret-funktionellen Sinn wird unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen Vorbildung, der Tätigkeitsart, des Arbeitsanfalls und der Arbeitsbedingungen auch als Dienstposten bezeichnet (vgl. Battis a.a.O., Rdnr. 10 zu § 6 BBG).
Nach allem ist eine Umsetzung eine Änderung des Amtes im konkret-funktionellen Sinn und damit ein Wechsel des Dienstpostens bzw. eine Umsetzung setzt einen Wechsel des Dienstpostens voraus (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. April 1977 - VI C 154.73 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 18, 3. April 1984 - 6 P 3/83 - juris; 18. Dezember 1996 - 6 P 8/95 - ZfPR 1997, 114 ff. = Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 24).
Das Bundesverwaltungsgericht hat in der auch vom Beteiligten zu 1. zitierten Entscheidung vom 18. Dezember 1996 - 6 P 8/95 - unter anderem ausgeführt, Änderungen des personellen Umfeldes und der zu erfüllenden Aufgaben allein reichten nicht aus, um eine Umsetzung im Sinne des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW zu bejahen. Erforderlich sei vielmehr stets, dass ein Wechsel des Dienstpostens, also die Abberufung von dem bisherigen und die Zuweisung eines anderen Dienstpostens gegeben sei. Andernfalls unterlägen verwaltungsorganisatorische Maßnahmen im großen Umfang der Mitbestimmungspflicht.
Wendet man diese Grundsätze hier an, so liegt eine Umsetzung vor, denn die Bediensteten der AOK werden - wenn auch nur für begrenzte Zeit - von ihrem bisherigen Dienstposten abberufen und ihnen wird ein anderer Dienstposten zugewiesen. Zum Beispiel war der Bedienstete C. in Gladenbach als Sachbearbeiter "Krankengeldfallmanagement" tätig. Die gleiche Tätigkeit hatte er dann in Dillenburg zu verrichten. Die Arbeitsplätze in Gladenbach und Dillenburg stellen unterschiedliche Dienstposten und damit auch verschiedene Ämter im konkret-funktionellen Sinn dar. Dem steht - wie oben bereits gesagt - gerade nicht entgegen, dass beide Dienstposten mit im Wesentlichen gleichartigen Tätigkeiten verbunden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. April 1984, a.a.O.).
Mangels einer Beschwerde des Antragstellers hat der Senat zwar keine Gelegenheit, darüber zu entscheiden, ob in Bezug auf eine Umsetzung nach § 77 Abs. 1 Nr. 2. c) Alt. 2 HPVG nur dann ein Mitbestimmungsrecht bestehen kann, wenn der alte und der neue Dienstort mehr als 20 km voneinander entfernt sind. Der Senat weist aber darauf hin, dass ihm die Annahme dieser vom Verwaltungsgericht entwickelten Einschränkung des gesetzlichen Mitbestimmungstatbestandes bedenklich erscheint. § 77 Abs. 1 Nr. 2. c) Alt. 2 HPVG enthält diese zusätzliche Voraussetzung nicht. Es ist grundsätzlich nicht Sache der Gerichte, zusätzliche gesetzliche Voraussetzungen für ein Mitbestimmungsrecht aufzustellen. Dies obliegt vielmehr allein dem Gesetzgeber. Dagegen, dass § 77 Abs. 1 Nr. 2. c) Alt. 2 HPVG auch nur ungeschrieben ein derartiges einschränkendes Tatbestandsmerkmal enthält, spricht, dass in § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG in Bezug auf Personalangelegenheiten der Beamten im Bundesdienst eine vergleichbare Einschränkung ausdrücklich geregelt ist. Danach hat der Personalrat mitzubestimmen bei "Umsetzung innerhalb der Dienststelle, wenn sie mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden ist (das Einzugsgebiet im Sinne des Umzugskostenrechts gehört zum Dienstort)". Aus dem Umstand, dass die entsprechende Hessische Regelung trotz zahlreicher in den letzten Jahren vorgenommener Änderungen eine derartige Einschränkung nicht enthält, ist zu schließen, dass der Hessische Landesgesetzgeber eine derartige Einschränkung nicht gewollt hat.
Die vom Bevollmächtigten des Beteiligten zu 1. im Rahmen der mündlichen Anhörung erwähnte Dienstvereinbarung zwischen dem Vorstand der AOK Hessen und dem Beteiligten zu 2., die der Beteiligte zu 1. nicht vorgelegt hat und die nach Angaben der Bevollmächtigten des Antragstellers ein "Abfedern" von Maßnahmen im Rahmen der Umstrukturierung betreffen soll, vermag an der Mitbestimmungsbedürftigkeit der im vorliegenden Beschlussverfahren in Rede stehenden Umsetzungen nichts zu ändern. Zum einen stehen Mitbestimmungsrechte bezüglich personeller Einzelmaßnahmen nach § 77 Abs. 1 HPVG nicht unter dem Vorbehalt von Dienstvereinbarungen; Dienstvereinbarungen sind (nur) zulässig, soweit das Hessische Personalvertretungsgesetz sie ausdrücklich zulässt (§ 113 Abs. 2 Satz 1 HPVG). Zum anderen kann eine Dienstvereinbarung den Inhalt des dienstrechtlichen Begriffs der Umsetzung nicht ändern.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 111 Abs. 3 i.V.m. § 92 Abs. 1 und § 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben sind.
Ende der Entscheidung
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