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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.06.2009
Aktenzeichen: 3 C 2212/08.N
Rechtsgebiete: BauGB, HessGemO, VO über die öff. Bekanntmachungen der Gemeinden und Landkreise


Vorschriften:

BauGB § 10 Abs. 3
HessGemO § 7
VO über die öff. Bekanntmachungen der Gemeinden und Landkreise § 3
Bei der auf hessischem Landesrecht beruhenden ortsüblichen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses über einen Bebauungsplan kann die Einsichtnahme nicht auf die Sprechzeiten der Verwaltung beschränkt werden.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 C 2212/08.N

verkündet am 3. Juni 2009

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Normenkontrolle des Bebauungsplans Nr. 4/4 "Fronhof"

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richter am Hess. VGH Dr. Dittmann, Richterin am Hess. VGH Lehmann, Richter am VG Darmstadt Griebeling (abgeordneter Richter)

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bebauungsplan Nr. 4/4 "Fronhof" der Antragsgegnerin ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen den Bebauungsplan Nr. 4/4 "Fronhof" der Antragsgegnerin. Dieser Bebauungsplan wurde bereits am 24. Januar 2003 als Satzung von der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin beschlossen und der Satzungsbeschluss am 28. März 2003 ortsüblich bekanntgemacht. Da bei der Antragsgegnerin Zweifel aufkamen, ob der Bebauungsplan ordnungsgemäß ausgefertigt wurde, fertigte der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin den Bebauungsplan am 13. Mai 2008 nochmals aus. Der Satzungsbeschluss wurde daraufhin am 23. Mai 2008 in der "Neuen Marburger Zeitung" und am 24. Mai 2008 in der "Oberhessischen Presse" erneut bekanntgemacht. In der Bekanntmachung heißt es, dass gemäß § 214 Abs. 4 BauGB der Bebauungsplan durch die erneute Bekanntmachung im Zuge eines ergänzenden Verfahrens rückwirkend zum Datum der ersten Bekanntmachung vom 28. März 2003 in Kraft gesetzt werde.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke in der Gemarkung Marburg, Flur ..., Flurstück .../... (xxxxxxxx) und Flur ..., Flurstücke .../..., .../... und .../... (xxxxxxxxxxxxxxx). Der Bebauungsplan weist für den größten Teil der Fläche dieser Grundstücke eine Fläche für Gemeinbedarf (Einrichtungen und Anlagen für Schule und Kultur) aus. Eine auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin gerichtete Klage, der Antragstellerin einen Bauvorbescheid zur Bebauung dieser Grundstücke mit einem Mehrfamilienwohnhaus zu erteilen, wurde vom VG Gießen mit Urteil vom 7. Juli 2008 - 1 K 366/08.GI - abgewiesen. Der auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil gerichtete Antrag der Antragstellerin ist beim erkennenden Senat seit dem 18. August 2008 unter dem Aktenzeichen 3 A 1746/08.Z anhängig.

Die Antragstellerin hat am 20. Oktober 2008 den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass es der Antragsgegnerin verwehrt sei, sich auf eine Verfristung des Antragsrechts zu berufen, ihr Antragsrecht auch nicht verwirkt und der Bebauungsplan unwirksam sei, da er an formellen und materiellen Mängeln leide.

Wenn die Antragsgegnerin den Bebauungsplan mit einer Rechtsbehelfsbelehrung bekannt mache, so sei sie an den Inhalt dieser Rechtsbehelfsbelehrung gebunden. Jedenfalls sei nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Januar 2004 - 8 CN 1.02 - der Normenkontrollantrag zulässig. Denn Gegenstand des Antrags sei die Rechtswidrigkeit der erneuten Bekanntmachung des Bebauungsplans. Stehe diese Bekanntmachung im Streit, so sei die Antragsfrist gewahrt, und es sei eine Frage der Begründetheit, ob die Bekanntmachung ordnungsgemäß erfolgt sei oder nicht. Werde vom Gericht aber in die Begründetheitsprüfung eingestiegen, so sei auch über die weiteren, die Unwirksamkeit des Bebauungsplans begründenden Mängel des Bebauungsplans zu entscheiden. Ihr Antragsrecht sei auch schon deshalb nicht verwirkt, weil ein innerhalb der Antragsfrist erhobener Normenkontrollantrag wegen des Fehlens eines entsprechenden Zeitmoments nicht verwirkt sein könne.

In formeller Hinsicht fehle es bei dem Bebauungsplan an der erforderlichen Umweltprüfung einschließlich der Erstellung eines Umweltberichts. Der Bebauungsplan sei auch deshalb unwirksam, weil der Satzungsbeschluss an zwei aufeinander folgenden Tagen bekannt gemacht worden sei, nämlich am 23. Mai 2008 in der "Marburger Neuen Zeitung" und am 24. Mai 2008 in der "Oberhessischen Presse". Der Bebauungsplan trete gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB mit der Bekanntmachung in Kraft. Dadurch, dass die Bekanntmachung an zwei aufeinander folgenden Tagen erfolgt sei, sei der Zeitpunkt, ab dem die Satzung rückwirkend ihre Wirksamkeit entfaltet, nicht mehr eindeutig bestimmbar.

Die Bekanntmachung verstoße auch in mehrfacher Hinsicht gegen die Verordnung über öffentliche Bekanntmachungen der Gemeinden und Landkreise. In der Bekanntmachung sei die Möglichkeit, den Bebauungsplan einzusehen, auf die Sprechzeiten beschränkt worden. Die Einsicht habe aber während der Dienststunden möglich sein müssen. Die Antragsgegnerin habe die Dienststunden in der Bekanntmachung angeben müssen. Außerdem hätten jedenfalls die Sprechstunden angegeben werden müssen. Es fehle letztlich auch die Angabe des Raums, in dem der Plan eingesehen werden könne.

Der Bebauungsplan sei auch in materieller Hinsicht unwirksam, weil die Abwägung fehlerhaft erfolgt sei. Die Festsetzung einer Mehrzweckhalle für den Schulbetrieb und für kulturelle Nutzungen sowie die Festsetzung einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche auf den Grundstücken der Antragstellerin sei abwägungsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin den durch Art. 14 GG gewährleisteten Schutz des Privateigentums nicht seinem Gewicht entsprechend in die Abwägung eingestellt habe.

Der Bebauungsplan sei auch funktionslos. Schon zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses habe, wie einem Protokoll des Magistrats vom 13. Januar 2003 (Beschl.-Nr. 925) zu entnehmen sei, festgestanden, dass die Mehrzweckhalle nicht finanzierbar sei und in absehbarer Zeit nicht gebaut werde. Aus mehreren Zeitungsartikeln in der örtlichen Presse aus den Monaten Januar, Februar und März 2009 ergebe sich auch, dass die Antragsgegnerin die Mehrzweckhalle nicht mehr errichten wolle.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass der am 24. Januar 2003 als Satzung beschlossene Bebauungsplan Nr. 4/4 "Fronhof" der Stadt Marburg unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. den Normenkontrollantrag zu verwerfen,

2. hilfsweise, den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass der Normenkontrollantrag bereits als unzulässig zu verwerfen sei. Die maßgebliche Antragsfrist von zwei Jahren sei bereits vor Antragstellung abgelaufen. Sowohl die erste Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses vom 28. März 2003 als auch die erneute Bekanntmachung von 23./24. Mai 2008 seien ordnungsgemäß gewesen. Durch die zweite Bekanntmachung sei die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht erneut in Gang gesetzt worden. Werde ein Bebauungsplan nicht fristgerecht mit einem Normenkontrollantrag angegriffen, setze eine neuerliche Bekanntmachung die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nur dann in Gang, wenn die geänderte Satzung neue Rechtsvorschriften enthalte, die nunmehr angegriffen würden. Seien dagegen lediglich redaktionelle Änderungen der Norm ohne materiellen Gehalt erfolgt, löse dies den Beginn der Antragsfrist nicht (erneut) aus. Die erneute Bekanntmachung im Rahmen des ergänzenden Verfahrens habe lediglich der Behebung eines Verfahrensfehlers gedient. Es seien weder Festsetzungen geändert worden noch habe es redaktionelle Änderungen gegeben.

Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Antragstellerin ihr Antragsrecht verwirkt habe. Die Antragstellerin habe sich zu ihrem früheren Verhalten in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch gesetzt. Dafür reiche für sich genommen wohl noch nicht aus, dass die Antragstellerin die Liegenschaft "Am Grün 15" in Juni 2002 zu einem Zeitpunkt erworben habe, im dem die Planungsziele und künftigen Planfestsetzungen der Antragstellerin bekannt gewesen seien. Nicht ausreichend sei insofern wohl auch allein der Umstand, dass sich die Antragstellerin trotz anwaltlicher Begleitung am Planaufstellungsverfahren nicht beteiligt habe, insbesondere keine Einwendungen im Rahmen des Beteiligungsverfahrens erhoben habe. Allerdings führten der Grundstückserwerb in Kenntnis des Planvorhabens, die fehlende Beteiligung im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens trotz anwaltlicher Begleitung und die parallel zum Planaufstellungsverfahren zwischen den Beteiligten geführten Verhandlungen über eine Umsetzung des Planungsvorhabens durch den Geschäftsführer der Antragstellerin als Investor in ihrer Gesamtheit zur Verwirkung des nunmehr fünf Jahre nach dem Abschluss des Planaufstellungsverfahrens geltend gemachten Antragsrechts.

Der Antrag sei jedenfalls auch unbegründet. Der Bebauungsplan sei formell rechtmäßig. Der Ausfertigungsmangel sei durch das ergänzende Verfahren geheilt worden. Bei der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses sei die Einschränkung der Einsichtsmöglichkeiten auf die Sprechzeiten anstelle der Dienstzeiten im Ergebnis nicht zu beanstanden. Eine Umweltprüfung sei nicht erforderlich gewesen, da das Bebauungsplanverfahren bereits mit der ersten Bekanntmachung am 28. März 2003 abgeschlossen worden sei. Der Bebauungsplan sei auch materiell rechtmäßig. Insoweit könne auf das Urteil des VG Gießen vom 7. Juli 2008 - 1 K 366/08.GI - verwiesen werden. Der Bebauungsplan sei auch nicht funktionslos. Die Antragsgegnerin halte an der Planung fest, wie auch die Neuausfertigung des Bebauungsplans zeige. Die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin habe am 29. April 2005 die Einleitung eines Umlegungsverfahrens beschlossen. In seiner Sitzung am 23. Februar 2009 habe der Magistrat zudem einstimmig im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren beschlossen, dass die Ausweisung einer Gemeinbedarfsfläche für schulische Zwecke weiterhin unverzichtbar sei und keine Absicht bestehe, die Gemeinbedarfsfläche aufzugeben.

Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung sind auch die Gerichtsakten (zwei Bände) mit dem Aktenzeichen 3 A 1746/08.Z nebst den dort beigezogenen Beiakten (ein Heft Verwaltungsvorgänge, zwei Ordner Planaufstellungsunterlagen für den Bebauungsplan Nr. 4/4 "Fronhof" der Antragsgegnerin und eine Bebauungsplanpause) gewesen. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird ebenso wie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

Der Normenkontrollantrag ist innerhalb der Antragsfrist gestellt worden. Der Antrag ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen. Der Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 4/4 "Fronhof" wurde am 23./24. Mai 2008 erneut bekanntgemacht; der Normenkontrollantrag wurde am 20. Oktober 2008 gestellt. Da mit dem Normenkontrollantrag auch die Ordnungsmäßigkeit der erneuten Bekanntmachung zur Prüfung gestellt wird, ist der Normenkontrollantrag innerhalb der Antragsfrist gestellt worden. Würde mit dem Normenkontrollantrag allerdings nur die Rechtmäßigkeit der materiellen Festsetzungen des Bebauungsplans angegriffen werden, wäre der Normenkontrollantrag verfristet. Es ist anerkannt, dass die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO durch eine Änderung der Satzung nur neu in Kraft gesetzt wird, wenn die geänderte Satzung neue Rechtsvorschriften enthält, die nunmehr angegriffen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.01.2004 - 8 CN 1/02 - NVwZ 2004, 620; OVG Münster, Urt. v. 02.03.2007 - 7 D 53/06.NE, BRS 71 Nr. 46, bestätigt durch BVerwG, B. v. 20.09.2007 - 4 BN 20/07 - BRS 71 Nr 47). Im vorliegenden Fall sind die Festsetzungen des Bebauungsplans in der Zeit zwischen der Bekanntmachung am 28. März 2003 und der erneuten Bekanntmachung am 23./24. Mai 2008 nicht verändert worden. Ein Normenkontrollantrag ist aber auch dann statthaft, wenn - wie im vorliegenden Fall - gerade strittig ist, ob die Norm formell rechtsgültig erlassen worden ist (vgl. BVerwG, B. v. 02.06.1992 - 4 N 1/90 - BRS 54 Nr. 33).

Die Antragstellerin ist als Eigentümerin von Grundstücken im Bebauungsplangebiet, für die überwiegend eine Fläche für Gemeinbedarf festgesetzt wird, auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

Da die Antragstellerin sich mit ihrem Normenkontrollantrag gerade gegen die formelle Wirksamkeit des Bebauungsplans, die die Antragsgegnerin aus der erneuten Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses am 23./.24. Mai 2008 ableitet, wendet, ist ihr Antragsrecht auch nicht verwirkt. Es fehlt jedenfalls an dem für eine Verwirkung des Antragsrechts erforderlichen Zeitmoment, weil die Antragsstellerin den Normenkontrollantrag etwa fünf Monate nach der erneuten Bekanntmachung gestellt hat.

Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die erneute Bekanntmachung verstößt gegen Vorschriften über die Bekanntmachung des durch die Gemeindevertretung gefassten Satzungsbeschlusses.

Der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB ortsüblich bekanntzumachen. Da § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB keine weiteren Regelungen über die ortsübliche Bekanntmachung enthält, gelten für die Bekanntmachung die landesrechtlichen Bestimmungen. Das Baugesetzbuch enthält keine in sich abgeschlossene und vollständige Regelung der formellen Voraussetzungen für gültige Bebauungspläne. Soweit das Bundesrecht keine Regelungen trifft, bestimmt sich das bei der Aufstellung von Bauleitplänen einzuhaltende Verfahren nach Landesrecht (vgl. BVerwG, B. v. 15.04.1988 - 4 N 4/87 - BVerwGE 79, 200). Ort, Inhalt und Form der Bekanntmachung des Beschlusses des Bebauungsplans ergeben sich somit aus den landesrechtlichen Bestimmungen über die Bekanntmachung und den darauf beruhenden Hauptsatzungen (W. Schrödter in Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 10 Rdnr. 64).

§ 7 Abs. 1 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) regelt, dass die öffentlichen Bekanntmachungen der Gemeinden in einer örtlich verbreiteten, mindestens einmal wöchentlich erscheinenden Zeitung oder in einem Amtsblatt erfolgen. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 HGO bestimmt der Minister des Innern durch Rechtsverordnung Näheres über Form und Verfahren der öffentlichen Bekanntmachungen. Gemäß § 7 Abs. 3 HGO regelt die Gemeinde im Rahmen der Vorschriften der Abs. 1 und 2 die Form ihrer öffentlichen Bekanntmachungen in der Hauptsatzung.

§ 3 der Verordnung über öffentliche Bekanntmachungen der Gemeinden und Landkreise (BekVO) vom 12. Oktober 1977 (GVBl. I S. 409) regelt die bei der Bekanntmachung eines von der Gemeinde gefassten Beschlusses des Bebauungsplans erforderliche öffentliche Auslegung. Sind Karten, Pläne oder Zeichnungen und damit verbundene Texte und Erläuterungen bekanntzumachen, so können diese nach § 3 Satz 1 BekVO an einer oder mehreren bestimmten Stellen der Gemeindeverwaltung zu jedermanns Einsicht während der "Dienststunden" ausgelegt werden. Ort (Gebäude) und Dauer der Auslegung sind in der Hauptsatzung zu bestimmen (§ 3 Satz 2 BekVO). Gegenstand, Ort (Gebäude und Raum), Tageszeit und Dauer der Auslegung sind spätestens am Tag vor Beginn der Auslegung in den Formen des § 1 BekVO [Bekanntmachung in Zeitungen oder Amtsblättern] oder § 2 Abs. 1 BekVO [Bekanntmachung durch Aushang] öffentlich bekanntzumachen (§ 3 Satz 3 BekVO). Nach § 7 Abs. 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin erfolgen öffentliche Bekanntmachungen der Stadt Marburg - vorbehaltlich der Abs. 2 und 3- durch einmaligen Abdruck in der "Oberhessischen Presse" und in der "Marburger Neuen Zeitung". Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 der Hauptsatzung erfolgt die öffentliche Bekanntmachung von Karten, Plänen oder Zeichnungen und der damit verbundenen Texte und Erläuterungen - vorbehaltlich einer anderen gesetzlichen Regelung - im Wege der öffentlichen Auslegung. Die Auslegung erfolgt zu jedermanns Einsicht während der "allgemeinen Dienstzeiten" im Stadtbauamt, Barfüßerstraße 11 (§ 7 Abs. 2 Satz 2 der Hauptsatzung). Nach § 7 Abs. 2 Satz 3 der Hauptsatzung werden spätestens am Tag vor Beginn der Auslegung gemäß Abs. 1 Gegenstand, Ort (Gebäude und Raum), Tageszeit und Dauer der Auslegung öffentlich bekanntgemacht.

Die erneute Bekanntmachung des vom Oberbürgermeister der Antragsgegnerin neu ausgefertigten Bebauungsplans genügte den Anforderungen des § 3 BekVO und des § 7 Abs. 2 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin nicht. In der Bekanntmachung heißt es, dass der Bebauungsplan einschließlich Begründung in den Räumen des Stadtbauamtes, Barfüßerstraße 11, 35037 Marburg, Fachdienst Stadtplanung, Untergeschoss, während der "Sprechzeiten" eingesehen werden kann. Zwar ist - wie dies § 7 Abs. 2 Satz 3 der Hauptsatzung vorsieht - auf die öffentliche Bekanntmachung im Wege der Auslegung durch einmaligen Abdruck in der "Oberhessischen Presse" und in der "Marburger Neuen Zeitung" hingewiesen worden. Entgegen den Bekanntmachungsvorschriften der BekVO und der Hauptsatzung ist jedoch lediglich das Gebäude, nicht jedoch der Raum, wo die Auslegung erfolgt, angegeben worden. Außerdem wurde die Einsicht auf die "Sprechzeiten" begrenzt, obwohl die BekVO und die Hauptsatzung vorsehen, dass die Einsicht während der "Dienststunden" bzw. während der "allgemeinen Dienstzeiten" zu erfolgen hat. Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass er allerdings einen rechtserheblichen Widerspruch zwischen der BekVO und der Hauptsatzung trotz der Verschiedenheit der Formulierungen "Dienststunden" und "allgemeine Dienstzeiten" nicht zu ersehen vermag. Beide Formulierungen beziehen sich auf die Zeiten des Tages, in denen das für die Auslegung ausgewählte Verwaltungsgebäude unabhängig von "Sprechzeiten" bestimmter einzelner Verwaltungen der Stadt für Besucher zugänglich ist. Zeiten, in denen etwa Reinigungskräfte vor Beginn der Arbeitszeit der Verwaltungsbediensteten der Stadt das Gebäude reinigen, sollen damit ebenso ausgeschlossen werden wie Zeiten, in denen einzelne Bedienstete wegen größeren Arbeitsanfalls über die gewöhnliche Arbeitszeit hinaus arbeiten. Auch die Tageszeit, in der die Einsichtnahme erfolgen kann, wurde nicht angegeben. Letztlich wurde auch die Dauer der Auslegung, die bei einem durch die Gemeinde beschlossenen Bebauungsplan zeitlich nicht begrenzt ist, nicht - wie dies BekVO und Hauptsatzung vorsehen - angegeben.

Diese Mängel der Bekanntmachung führen zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Anders als das BauGB enthält die HGO keine Regelungen darüber, dass die Verletzung von bestimmten Verfahrensvorschriften nicht beachtlich ist. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB, der bestimmt, dass eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des BauGB für die Rechtswirkung der Satzungen nach dem BauGB u. a. nur beachtlich ist, wenn ein Beschluss der Gemeinde über die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist, kann nicht zur Anwendung kommen, weil sich § 214 Abs. 1 BauGB nach seinem klaren Wortlaut ausschließlich auf Verfahrens- und Formvorschriften nach dem Baugesetzbuch bezieht (vgl. BVerwG, B. v. 05.10.2001 - 4 BN 49/01 - BRS 64 Nr. 43). Der Bebauungsplan ist auch nicht deshalb wirksam, weil er schon am 28. Mai 2003 bekanntgemacht wurde. Bei dieser Bekanntmachung war die vom Bürgermeister vorgenommene Ausfertigung der Planurkunde nicht mit einem Datum versehen. Damit liegt ein Verstoß gegen landesrechtliche Vorschriften über die Ausfertigung von Bebauungsplänen vor. Aus Bundesrecht ergibt sich, dass Bebauungspläne auszufertigen sind. Welche Anforderungen im Einzelnen an die Ausfertigung zu stellen sind, lässt das Bundesrecht jedoch ungeregelt. § 10 BauGB ist aber mittelbar geeignet, einen Hinweis auf die zeitliche Abfolge von Ausfertigung und Verkündung zu geben. Die Ausfertigung erweist sich danach als ein Verfahrensschritt, der der Bekanntmachung vorauszugehen hat. Die Verkündung bildet den Schlusspunkt des Rechtssetzungsvorgangs, denn sie stellt den für die Hervorbringung der Norm notwendigen letzten Akt dar (vgl. BVerwG, B. v. 09.05.1996 - 4 B 60/96 - NVwZ-RR 1996, 630; BVerwG, B. v. 27.01.1999 - 4 B 129/98 - NVwZ 1999, 878). Da die Ausfertigung durch den Oberbürgermeister nicht mit einem Datum versehen war, war sie nicht ordnungsgemäß. Es stand nicht fest, dass die Ausfertigung vor der ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplans erfolgte.

Abschließend weist der Senat noch darauf hin, dass er die Ansicht des Antragstellers, die Bekanntmachung des Bebauungsplans sei auch deshalb unwirksam, weil sie an zwei aufeinanderfolgenden Tagen erfolgt sei, nicht teilt. Entschließt sich eine Gemeinde, wie dies in § 1 Abs. 1 BekVO vorgesehen ist, ihre öffentlichen Bekanntmachungen in mehreren Tageszeitungen erscheinen zu lassen, kann es dazu kommen, dass die Bekanntmachungen an verschiedenen Tagen erscheinen. Darin liegt kein Grund für eine Unwirksamkeit. Die BekVO regelt diesen Fall vielmehr in § 6 Abs. 1 Satz 2 in dem Sinne, dass die öffentliche Bekanntmachung, wenn für die Bekanntmachung mehrere Zeitungen bestimmt sind, mit dem Ablauf des Tages vollendet ist, an dem die letzte Zeitung mit der Bekanntmachung erscheint.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 709 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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