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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 24.11.2003
Aktenzeichen: 3 N 1080/03
Rechtsgebiete: BNatSchG, BauGB, VwGO
Vorschriften:
BNatSchG § 42 Abs. 1 | |
BNatSchG § 43 Abs. 4 | |
BNatSchG § 62 Abs. 1 | |
BauGB § 1 Abs. 3 | |
BauGB § 1 Abs. 4 | |
BauGB § 1 Abs. 6 | |
BauGB § 29 Abs. 2 | |
BauGB § 215 a | |
VwGO § 47 |
Für die Erholungseignung einer Landschaft kommt es auf Gesichtspunkte wie Stille, Tiefe, Vielfalt, nahe Erreichbarkeit, Freiheit von störenden Fremdkörpern und frische Luft an.
Ein Bebauungsplan mit der Festsetzung einer Straße im Regionalen Grünzug kann wegen Beeinträchtigung der Freiraumerholung und der klimatischen Verhältnisse die Anpassung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung verfehlen.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 24. November 2003
In dem Normenkontrollverfahren
wegen Normenkontrolle des Bebauungsplans "Stadtentlastungsstraße" mit integriertem Landschaftsplan
hat der 3. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs durch
Vorsitzender Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richterin am Hess. VGH Schott, Richterin am Hess. VGH Lehmann, Richter am Hess. VGH Dr. Fischer
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober und 24. November 2003 für Recht erkannt: Tenor:
Der am 14. Dezember 1995 als Satzung beschlossene Bebauungsplan der Antragsgegnerin "Stadtentlastungsstraße" mit integriertem Landschaftsplan ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, jedoch darf die Antragsgegnerin die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in gleich Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Antragsteller wenden sich im Normenkontrollverfahren gegen den am 14. Dezember 1995 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan "Stadtentlastungsstraße" mit integriertem Landschaftsplan der Antragsgegnerin.
Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken im Geltungsbereich des Plans.
Der Bebauungsplan setzt zwischen den Stadtteilen Schönberg und Oberhöchstadt der Antragsgegnerin eine 2,4 km lange Verbindungsstraße zwischen der B 455 im Norden und der L 3015 im Süden von A-Stadt fest und weist beiderseits der Straße öffentliche Grünflächen, Flächen für die Landwirtschaft und Wald sowie Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft sowie Lärmschutzwälle fest. Eine Teilstrecke der Trasse soll in einem Tunnel verlaufen. Die neue Straße soll die L 3005 entlasten, die zur Zeit die B 455 und die L 3015 in Nord-Süd-Richtung verbindet und den mittelalterlichen Stadtkern von A-Stadt durchquert.
Der Regionale Raumordnungsplan Südhessen (RROP-S 1987, StAnz. 1987, 388) enthielt diese Straßenplanung nicht. Der Flächennutzungsplan des früheren Umlandverbandes Frankfurt (1. Änderung 1991) stellt die Straße in dem Korridor dar, in dem sie nach den Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans nunmehr verlaufen soll. Dieser Korridor war im Regionalen Raumordnungsplan 1987 teilweise als "Wald" und als "Regionaler Grünzug" dargestellt. Die in der Straßenplanung liegende Abweichung vom Regionalen Raumordnungsplan 1987 war im Januar 1989 genehmigt worden. In der am 9. März 1995 festgestellten Neufassung des Regionalen Raumordnungsplans (StAnz. 1995, 1877) ist die Stadtentlastungsstraße nicht enthalten. Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung teilte der Antragsgegnerin hierzu im Juni 1995 mit, die Straße sei aufgrund ihrer nur örtlichen Bedeutung in Abstimmung mit der obersten Landesplanungsbehörde nicht in den Regionalen Raumordnungsplan aufgenommen worden.
Im Regionalen Raumordnungsplan 1995 (Karte Siedlung und Landschaft) ist der Bereich der geplanten Straße erneut als Regionaler Grünzug dargestellt. Der gesamte Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans liegt ferner im Landschaftsschutzgebiet "Taunus" (Verordnung vom 6. April 1995 - LSchVO, StAnz. 1995, 1473 -). Das Regierungspräsidium Darmstadt teilte der Antragsgegnerin im Juli 1995 mit, dass der geplanten Straße aus der Sicht der Raumordnung und Landesplanung im Hinblick auf die zugelassene Abweichung vom Regionalen Raumordnungsplan 1987 regionalplanerische Zielsetzungen nicht entgegenstünden. Mit Bescheid vom 25. Juli 1995 (GA Bl. 145) erteilte das Regierungspräsidium der Antragsgegnerin eine landschaftsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für den Bebauungsplan.
Mit ihrem am 21. November 1997 gestellten Normenkontrollantrag haben die Antragsteller u.a. geltend gemacht, der Bebauungsplan verletze das Gebot, die Ziele des Regionalen Raumordnungsplans Südhessen von 1995 bei allen raumbedeutsamen Maßnahmen zu beachten. Die geplante Straße sei raumbedeutsam, weil sie überörtlichen Verkehrsbeziehungen dienen solle und die Hanglandschaft des Taunus verändern werde. Die Voraussetzungen für eine landschaftsschutzrechtliche Genehmigung seien nicht erfüllt; es habe einer naturschutzrechtlichen Befreiung für das Straßenbauvorhaben bedurft. Die Gemeinwohlbelange des Natur- und Landschaftsschutzes seien nicht ordnungsgemäß abgewogen, die Eingriffe in Natur und Landschaft nicht bewältigt worden. Die Antragsgegnerin verkenne den ökologischen Wert der betroffenen Wiesen und Gärten im Plangebiet.
Die Antragsteller haben in dem unter dem früheren Aktenzeichen 3 N 4010/97 geführten Verfahren beantragt,
den Bebauungsplan "Stadtentlastungsstraße" der Antragsgegnerin vom 14. Dezember 1995 für nichtig zu erklären.
Die Antragsgegnerin hat damals beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung hat sie geltend gemacht, der angefochtene Bebauungsplan sei aus formellen und materiellen Gründen nicht zu beanstanden. Insbesondere seien die Naturschutzbelange ordnungsgemäß erhoben und abgewogen worden.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat den Bebauungsplan mit Urteil vom 31. Mai 2001 - 3 N 4010/97 - für nicht wirksam erklärt, weil die im Regionalen Grünzug vorgesehene Straße das Gebot zur Anpassung des Bebauungsplans an die Ziele der Raumordnung im Sinne des § 1 Abs. 4 BauGB verletze, der Planbereich vor Erlass des Satzungsbeschlusses nicht aus dem förmlichen Landschaftsschutz entlassen worden und das Abwägungsgebot verletzt sei, weil die Tierwelt im Planbereich nicht in dem gebotenen Umfang ermittelt worden sei.
Das Bundesverwaltungsgericht hat nach Zulassung der Revision der Antragsgegnerin das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs mit Urteil vom 30. Januar 2003 - 4 CN 14.01 - aufgehoben, weil die der Antragsgegnerin erteilte landschaftsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für den Bebauungsplan vom 25. Juli 1995 mit ihrer Tatbestandswirkung nicht hinreichend beachtet worden sei, ebenso nicht im Rahmen des Anpassungsgebots des § 1 Abs. 4 BauGB die in den Bebauungsplan integrierte Landschaftsplanung einschließlich der naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die im Hinblick auf die konkrete planerische Konzeption des Bauvorhabens in hinreichendem Einklang mit den regionalplanerischen Zielvorgaben insbesondere des Klimaschutzes stehen könne. Bei den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege seien darüber hinaus im Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung die Anforderungen an die Ermittlungstiefe bei der Bestandsaufnahme der Tierwelt überspannt worden. Es könne ausreichen, für den Untersuchungsraum besonders bedeutsame Repräsentanten an Tier- und Pflanzengruppen festzustellen und für die Bewertung bestimmte Indikationsgruppen heranzuziehen. Im Einzelfall könnten Rückschlüsse auf die Tierarten anhand der vorgefundenen Vegetationsstrukturen (und vorhandenen Literaturangaben) methodisch hinreichend sein. Gebe es dagegen Anhaltspunkte für das Vorhandensein besonders seltener Arten, werde dem im Rahmen der Ermittlungen nachzugehen sein. Es bedürfe tatsächlicher Feststellungen dazu, ob die von der Antragsgegnerin gezogenen "Analogschlüsse" von den vorgefundenen Vegetationsstrukturen auf die Tier- und Vogelwelt der betroffenen Obstwiesen und Biotope im Plangebiet und in der Nachbarschaft dem Gebot sachgerechter Ermittlungen genügten.
In dem unter dem Aktenzeichen 3 N 1080/03 fortgesetzten Normenkontrollverfahren tragen die Antragsteller vor, die Anpassungspflicht an das Ziel "Regionaler Grünzug" des Regionalen Raumordnungsplans Südhessen von 1995 sei verletzt. Es gebe Defizite bei der beeinträchtigten Freiraumerholung, ebenso beim Klimaschutz im Zusammenhang mit den erwartbaren Schadstoffbelastungen beim Betrieb der geplanten Straße. Der Ausgleich für Eingriffe in klimarelevante Flächen sei verfehlt worden. Die umfangreich vorgesehene Umwandlung von Äckern und Wiesen in Streuobstwiesen beeinträchtige den Kaltluftabfluss, der auf Äckern und Wiesen besser vonstatten gehe. Soweit die Regionalen Grünzüge als Ziel den Freiraum als Träger lebenswichtiger Funktionen von Boden, Wasser, Luft, Klima, Wald und Landschaft sichern sollten und dazu sogar Entwicklungsmaßnahmen zur Verbesserung der genannten Freiraumfunktionen vorgesehen seien, werde dieses Verbesserungsziel ebenfalls verfehlt. Die Zielkonformität könne durch die geplanten Kompensationsmaßnahmen nicht gesichert werden.
Darüber hinaus sei die Tierwelt im Plangebiet und der Umgebung nicht sachgerecht ermittelt worden. Die Antragsgegnerin habe zeitlich vor dem Satzungsbeschluss am 14. Dezember 1995 durch die von ihr am 28. Mai 1995 angekaufte Diplomarbeit von dem inzwischen promovierten Dr. Thomas G. gesicherte Kenntnis davon erhalten, dass die Trasse der Stadtentlastungsstraße zwei Brutreviere des nach der Roten Liste Deutschland stark gefährdeten Steinkauzes durchschneide und ein Brutrevier des in der Roten Liste Hessen mit der Vorwarnstufe aufgeführten Gartenrotschwanzes verkleinere. Mit der angekauften Diplomarbeit G. habe die Antragsgegnerin einen hinreichend konkreten Anlass gehabt, sich mit den Wirkungen der Stadtentlastungsstraße auf den Lebensraum gesetzlich geschützter Vogelarten auseinander zu setzen. Die Auswertung der Biotoptypen habe nicht auf den von G. nachgewiesenen seltenen Vogelbestand schließen lassen.
Daneben sei auch das private Eigentum an Grund und Boden nicht ordnungsgemäß abgewogen worden. Dem verfassungsrechtlichen Übermaßgebot sei nicht ausreichend Rechnung getragen worden, weil nicht geprüft worden sei, ob die Kompensation der planbedingten Eingriffe in Natur und Landschaft auch ohne die Inanspruchnahme von privaten Eigentumsflächen erreichbar sei, etwa durch eine Verschwenkung der Trasse nach Osten.
Schließlich rügen die Antragsteller, dem Bebauungsplan sei nachträglich eine Begründung beigefügt worden, die mit der im Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung und des Satzungsbeschlusses am 14. Dezember 1995 in wesentlichen Teilen nicht mehr übereinstimme. Es sei unklar, welche Begründung den Bebauungsplan trage, die mit 137 Seiten vom 9. Januar 1995 oder die mit 166 Seiten vom 9. Januar 1996. Die öffentliche Bekanntmachung des Bebauungsplans vom 16. September 1996 verweise auf eine Begründung mit eingearbeiteten Stellungnahmen und eingearbeiteten Anregungen und Bedenken, die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht vorgelegen und erst mit Schreiben vom 11. März 1996 an den Magistrat und die Stadtverordneten verteilt worden sei. Immerhin habe sich der Umfang der Begründung um mehr als 20 % erhöht und auch der Inhalt wesentlich verändert.
Die Antragsteller beantragen,
den Bebauungsplan "Stadtentlastungsstraße" der Antragsgegnerin vom 14. Dezember 1995 für nichtig zu erklären, hilfsweise für unwirksam.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die geltend gemachten Verfahrensfehler berührten nicht die Wirksamkeit des Bebauungsplans. Soweit mangels von Anfang an vollständiger Anlagen zur Planbegründung die Entwurfsauslegung gerügt worden sei, sei dies nach den §§ 214, 215 BauGB unbeachtlich oder nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Plans erfolgt. Maßgebliche Planbegründung sei die vom 9. Januar 1995.
Die Antragsgegnerin trägt weiter vor, nach der bestandskräftigen landschaftsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung der oberen Naturschutzbehörde vom 25. Juli 1995 bestehe kein inhaltlicher Widerspruch zwischen dem Bebauungsplan und der Landschaftsschutzverordnung "Taunus" mehr. In dieser Genehmigung seien auch die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen als ausreichend bescheinigt worden.
Ein Verstoß gegen Ziele der Raumordnung im Sinne des § 1 Abs. 4 BauGB liege nicht vor. Der Beeinträchtigung der Freiraumerholung werde durch Ausgleichsmaßnahmen hinreichend entgegengewirkt. Parallel zum geplanten Straßenverlauf sei eine durchgängige Fuß- und Radwegeverbindung zwischen Taunus und Maintal vorgesehen. Als gezielte Lärmschutzmaßnahme seien an der ehemaligen A-Straße eine Lärmschutzwand und ein Lärmschutzwall vorgesehen.
Der Klimaschutz sei nicht beeinträchtigt. Mit einer geeigneten Kompensationsplanung sei es gelungen, die Stadtentlastungsstraße zielkonform im Regionalen Grünzug zu planen. Durch Umwandlung in Wiesen oder Obstwiesen seien etwa 2,8 ha Flächen mit besonderen Funktionen für Kaltluftbildung und -abfluss sowie etwa 3,1 ha mit besonderer Funktion für die Kaltluftbildung vorgesehen. Insgesamt würden die Eingriffe in Natur und Landschaft durch naturschutzrechtliche Maßnahmen auf Flächen von etwa 28 ha ausgeglichen. Dies seien etwa 14 ha mehr als die Flächen, die durch den Bau der Stadtentlastungsstraße belastet würden. Was die Schadstoffbelastung anbelange, habe noch von dem TÜV-Gutachten vom 4. Juli 1989 ausgegangen werden können. Lediglich das prognostizierte Verkehrsaufkommen habe sich weiterentwickelt, wenn auch nicht so stark wie in der Planbegründung von 1995 angenommen. Die umfangreichen Lärmschutz- und Ausgleichsmaßnahmen reichten aus, um die erwartbare Schadstoffbelastung zu kompensieren.
Das Abwägungsgebot sei nicht verletzt. Im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses hätten keine gesicherten Kenntnisse davon vorgelegen, dass die Trasse der Stadtentlastungsstraße zwei Brutreviere besonders geschützter Vogelarten (Steinkauz und Gartenrotschwanz) verkleinerten. Aus der Diplomarbeit G. habe sich dies nicht ergeben. Eine vollständige Aufnahme der Tier- und Pflanzenarten im Untersuchungsraum sei hier nicht erforderlich gewesen.
Insgesamt sei auch nicht gegen das Übermaßverbot in Bezug auf die mögliche Inanspruchnahme von Grundstücken der Antragsteller verstoßen worden. Die Kompensationsmaßnahmen hätten im gleichen Naturraum des Regionalen Grünzugs vorgenommen werden sollen. Die Planung sei mit der unteren und oberen Naturschutzbehörde abgestimmt.
Zu Beweiszwecken hat der Senat eine Ortsbesichtigung durchgeführt, darüber hinaus Herrn Dr. Thomas G. als sachverständigen Zeugen und Herrn Professor Dr. M. als Zeugen vernommen sowie den Deutschen Wetterdienst - Regionales Gutachtenbüro Mainz - mit einer geländeklimatologischen Stellungnahme beauftragt, die Frau Dr. C. abgab. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 8. Oktober 2003 (GA Bl. 603 ff.) Bezug genommen.
Die von den Antragstellern eingereichten Lichtbilder und Unterlagen sind ebenso wie die einschlägigen Aufstellungsunterlagen für den streitbefangenen Bebauungsplan "Stadtentlastungsstraße" zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gemacht worden. Auf ihren Inhalt wird ebenso wie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Anträge sind statthaft, denn die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan und damit gegen eine Satzung nach dem Baugesetzbuch (BauGB), deren Gültigkeit vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
Die Anträge sind auch im Übrigen zulässig. Die Antragsteller sind antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Sie sind Eigentümer von im Plangebiet liegenden Grundstücken und wenden sich gegen sie belastende Festsetzungen des Bebauungsplans, der die sogenannte Stadtentlastungsstraße und Kompensationsmaßnahmen vorsieht.
Die Anträge sind auch begründet.
Allerdings liegen zur Unwirksamkeit führende Verfahrensfehler nicht vor.
Bei der öffentlichen Bekanntmachung der Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplans nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB ist die erforderliche Anstoßwirkung (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369) hier noch hinreichend erfüllt. In der Bekanntmachung der Auslegung ist das Gebiet des Planentwurfs auch hinreichend bestimmt bezeichnet worden. Die Erkennbarkeit des räumlichen Bereichs des Bebauungsplans für Planbetroffene ergibt sich für das Gebiet der Antragsgegnerin, das lediglich aus drei Stadtteilen besteht, aus den in der schriftlichen Beschreibung aufgeführten Gemarkungsbezeichnungen, zu denen die Namen der Stadtteile gehören, zwischen denen die Stadtentlastungsstraße verlaufen soll (Schönberg und Oberhöchstadt) i.V.m. der Übersichtskarte. Allerdings wäre es wünschenswert gewesen, die Anstoßwirkung durch die Aufnahme der Namen der beiden Stadtteile in den Betreff und in die Übersichtskarte zu verstärken.
Soweit die Antragsteller wegen teilweise fehlender oder erst auf Verlangen vorgelegter Anlagen zur nach § 9 Abs. 8 Satz 1 BauGB erforderlichen Planbegründung deren Unvollständigkeit rügen, ist dieses Vorbringen nach § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB unbeachtlich. Darüber hinaus fehlt es im Hinblick auf § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB insoweit an einer rechtzeitigen Rüge, die nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des streitbefangenen Bebauungsplans schriftlich gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht worden ist. Dabei sei zur Klarstellung darauf hingewiesen, dass die für die Überprüfung des Bebauungsplans maßgebliche Begründung die vom 9. Januar 1995 und nicht die etwa 30 Seiten mehr umfassende vom 9. Januar 1996 ist, die erst nach dem Satzungsbeschluss vom 14. Dezember 1995 datiert ist.
Der Bebauungsplan ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unwirksam. Danach darf die Gemeinde von ihrer Planungsbefugnis nur Gebrauch machen, wenn dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bebauungsplan, der sich als vollzugsunfähig erweist, weil seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. Ein naturschutzrechtliches Bauverbot im Geltungsbereich einer Landschaftsschutzverordnung kann ein derartiges Hindernis bilden (BVerwG, U. v. 30.01.2003 - 4 CN 14.01 - DVBl. 2003, 733). Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem im vorliegenden Verfahren ergangenen Revisionsurteil auf die der Antragsgegnerin unter dem 25. Juli 1995 nach § 3 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 3 LSchVO für den streitbefangenen Bebauungsplan erteilte bestandskräftige Ausnahmegenehmigung und deren zu beachtende Tatbestandswirkung hingewiesen. Ein inhaltlicher Widerspruch zwischen Bebauungsplan und Landschaftsschutzverordnung besteht danach nicht. Bei alledem sind Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Genehmigung im Sinne des § 44 Abs. 1 HVwVfG nicht vorgetragen worden und nicht ersichtlich.
Der Senat läst offen, ob sich der streitbefangene Bebauungsplan wegen artenschutzrechtlicher Bestimmungen als vollzugsunfähig erweist, sodass die Antragsgegnerin nach § 1 Abs. 3 BauGB von ihrer Planungsbefugnis keinen Gebrauch machen durfte. Auch im Hinblick auf ein mögliches ergänzendes Verfahrens nach § 215 a BauGB ist der Senat bei Vorliegen mehrerer anderer, noch zu behandelnder Unwirksamkeitsgründe aus prozessökonomischen Erwägungen nicht gehalten, der Frage artenschutzrechtlicher Gesetzesschranken für den Bebauungsplan durch eigene Ermittlungen zu geschützten Arten und ihren Lebensstätten weiter nachzugehen (BVerwG, B. v. 20.06.2001 - 4 BN 21/01 - NVwZ 2002, 83). Dabei ist von Bedeutung, dass es sich möglicherweise um schwierige und langwierige Untersuchungen handelt, zumal die Antragsgegnerin dazu im Planaufstellungsverfahren keinerlei Vorarbeiten geleistet hat. Sie hat lediglich die Tier- und Vogelwelt betreffende Analogschlüsse in Bezug auf die Obstwiesen und Biotope im Plangebiet und in der Nachbarschaft gezogen, ohne jedoch tatsächlich einzelne Arten daraus abzuleiten oder auch nur zu nennen. Folglich ist die Antragsgegnerin in Bezug auf bestimmte schützenswerte Arten auch möglichen Kompensationsmöglichkeiten mit eventuellem Ersatz für Lebensstätten nicht nachgegangen.
Bei alledem gab es hier hinreichende Anhaltspunkte für das Vorhandensein wildlebender Tiere besonders geschützter Arten und ihrer Lebensstätten. Schon die von der Antragsgegnerin im Sommer 1995 und damit vor Erlass des Satzungsbeschlusses angekaufte Diplomarbeit des inzwischen promovierten sachverständigen Zeugen Dr. G. von 1994 zeigt auf einer mit farbigen Einzeichnungen von Brutvogelrevieren versehenen Übersichtskarte auf S. 177 im Bereich der Stadtentlastungsstraße zwei Reviere des Steinkauzes und ein Revier des Gartenrotschwanzes auf. Dabei lässt die vielfältige Kartierung von weiteren Brutvogelrevieren in der nächsten, näheren und weiteren Nachbarschaft westlich, südlich und östlich der Stadtteile A-Stadt, Schönberg und Oberhöchstadt ohne Weiteres darauf schließen, dass auch im übrigen Planbereich der Stadtentlastungsstraße mit weiteren Brutvogelrevieren von besonders geschützten Arten zu rechnen war. Darauf weist auch das Schreiben von Dr. G. vom 3. Oktober 1996 an die BUND-Vorsitzende von A-Stadt mit Angaben aus einer selektiven Brutvogelkartierung aus dem Jahre 1994 hin. In dem Schreiben werden vier Reviere der Dorngrasmücke, je zwei Reviere des Mittelspechts und des Gartenrotschwanzes genannt und je ein Revier des Kleinspechts, Grünspechts, Steinkauzes, der Feldlerche, der Klapper- und der Gartengrasmücke.
Sieht man sich die einzelnen Arten näher an, ist für den maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 14. Dezember 1995 von dem gemäß § 4 Satz 3 BNatSchG unmittelbar geltenden § 20 f BNatSchG in der Fassung des Gesetzes vom 6. August 1993 (BGBl. I S. 1458) auszugehen. Nach § 20 f Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Art nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (vgl. jetzt: § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG i.d.F. des Gesetzes vom 25. März 2002 - BGBl. I S. 1193).
Bei der Betrachtung der von Dr. G. genannten neun Brutvogelarten ist der Steinkauz gesondert zu bewerten, da er allein nach EG-Recht geschützt ist. Auszugehen ist von dem ebenfalls unmittelbar geltenden § 20 e Abs. 3 Satz 1 BNatSchG 1993. Danach sind besonders geschützte Arten auch die in den Anhängen I und II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (WA) in der Fassung des Anhangs A der Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 sowie in Anhang C dieser Verordnung aufgeführten Arten. Die Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 vom 3. Dezember 1982 (ABl. EG Nr. L 384/1) in der Fassung der VO (EWG) Nr. 1970/92 der Kommission vom 30. Juni 1992 (ABl. EG Nr. L 201/1) enthält in dem aktualisierten Anhang II alle Eulenvögel (STRINGIFORMES), wozu der Steinkauz als hiernach besonders geschützte Art gehört.
Zusätzlich ist der Steinkauz aber auch vom Aussterben bedroht. Dies ergibt sich aus der nach § 20 e Abs. 1 BNatSchG 1976 ergangenen Bundes-Artenschutzverordnung (BArtSchV) vom 18. September 1989 (BGBl. I S. 1677, ber. BGBl. I S. 2011). Gemäß § 4 Satz 2 der Verordnung sind vom Aussterben bedroht auch die in Anlage 2 Spalte 3 mit einem Kreuz (+) bezeichneten Arten. Dazu gehört der Steinkauz (Athene noctua) als eine der bereits der VO (EWG) Nr. 3626/82 unterliegende Art, für die zusätzliche Vorschriften gelten.
Besonderes gilt auch für den Mittelspecht. Gemäß § 1 Satz 1 BArtSchV werden die in Anlage 1 Spalte 1 aufgeführten wild lebenden Tierarten unter besonderen Schutz gestellt. Nach Satz 2 der Vorschrift sind die in Spalte 1 durch Fettdruck besonders hervorgehobenen Arten vom Aussterben bedroht. Dazu zählt der in der Anlage 1 Spalte 1 zu § 1 in Fettdruck aufgeführte Mittelspecht (Dendrocopos medius).
Die anderen sieben europäischen Brutvögel unterliegen dem besonderen Schutz nach § 1 BArtSchV. In Anlage 1 Spalte 1 ist unter der Sammelbezeichnung Aves spp. der Schutz für alle europäischen Vogelarten genannt, soweit sie nicht im Einzelnen, wie etwa vorher der Mittelspecht, aufgeführt sind. Nicht erfasst werden dabei die der Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 unterliegenden Arten, zu denen der Steinkauz gehört. Ausgenommen sind auch die nach § 2 Abs. 1 BJagG dem Jagdrecht unterliegende Arten, was hier nicht einschlägig ist. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 10 b) bb) BNatSchG 2002 sind übrigens alle europäischen Vogelarten besonders geschützte Arten, die nicht bereits nach EG-Recht geschützt sind.
Das Bundesnaturschutzgesetz 1993 stellt in § 20 f. Nr. 1 BNatSchG für besonders geschützte Tierarten Verbote auf, von denen die Antragsgegnerin nicht nach § 20 f. Abs. 3 BNatSchG 1993 (vgl. jetzt die §§ 42 Abs. 1 Nr. 1, 43 Abs. 4 BNatSchG 2002) freigestellt ist. Dies folgt zum einen daraus, dass ein Bebauungsplan nicht selbst einen Eingriff zulässt im Sinne des § 8 BNatSchG 1993 (bzw. § 19 BNatSchG 2002), da er erst - wegen § 29 Abs. 2 BauGB vorbehaltlich des sonstigen Nebenrechts, auch des Artenschutzrechts - die Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Eingriffs schafft (a.A. offenbar Kratsch in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, Kommentar 2003, § 43 Rdnr. 25 sowie HMULF, Vollzugshinweise zum Artenschutzrecht vom 15.09.2000, S. 31). In der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB sind u.a. die Vorgaben des § 1 a Abs. 2 BauGB zu berücksichtigen, darunter nach § 1 a Abs. 2 Nr. 2 BauGB die Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz. Die Freistellung vom Artenschutzrecht nach § 20 f Abs. 3 BNatSchG 1993 (bzw. § 43 Abs. 4 BNatSchG 2002) scheitert darüber hinaus insbesondere auch daran, dass Tiere, einschließlich ihrer Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten wie auch Pflanzen der besonders geschützten Arten nicht absichtlich beeinträchtigt werden dürfen (Schrödter, Städtebaurecht und das Recht des gesetzlichen Biotop- und Artenschutzes, NdsVBl 2003, 33, 39). Absicht liegt aber schon dann vor, wenn der Eingriff zwangsläufig zu einer Zerstörung oder erheblichen Beeinträchtigung der Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten besonders geschützter Tier- und Pflanzenarten führt (EuGH, U. v. 30.01.2002 - C - 103/00 -; ferner U. v. 17.09.1987 - E 1987, 3503 ff.; Gellermann, Artenschutz in der Fachplanung und der kommunalen Bauleitplanung, NuR 2003, 385, 388; Schrödter, a.a.O.). Die engere Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 11.01.2001 - 4 C 6.00 - BVerwGE 112, 321; dazu kritisch Louis, NuR 2001, 388) dürfte deshalb europarechtlich nicht haltbar sein (zum Erfordernis europarechtlicher Konformität vgl. Gellermann, a.a.O.).
Vor diesem Hintergrund spricht manches dafür, dass hier eine artenschutzrechtliche Befreiung nach § 31 BNatSchG 1993 (jetzt: § 62 BNatSchG 2002) erforderlich war (vgl. dazu auch Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, Kommentar, 2. Auflage 2003, § 43 Rdnr. 17), ohne dass eine solche Befreiung im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vorlag oder von der zuständigen Behörde in Aussicht gestellt worden war. Ob insoweit eine objektive Befreiungslage vorhanden war, in die die Antragsgegnerin "hineinplanen" konnte, vermag der Senat nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht zu beurteilen. Dies bleibt der Antragsgegnerin in einem möglichen ergänzenden Verfahren nach § 215 a BauGB vorbehalten.
Der Bebauungsplan ist fehlerhaft, weil mit ihm gegen die Pflicht verstoßen wird, Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Ein Verstoß gegen das Anpassungsgebot scheidet hier nicht schon deshalb aus, weil die streitbefangene Straßenplanung aufgrund einer 1989 zugelassenen Abweichung vom Regionalplan Südhessen 1987 Eingang in den Flächennutzungsplan des Umlandverbandes Frankfurt (1. Änderung 1991) gefunden hat (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30.01.2003 in dieser Sache, a.a.O. unter 2.2).
Als eine die Anpassungspflicht auslösende Planaussage mit Zielqualität des zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses maßgeblichen Regionalen Raumordnungsplans von 1995 ist der folgende, unter Planziffer 3.2 "Regionale Grünzüge" formulierte Absatz anzusehen:
"In Regionalen Grünzügen sind bauliche Anlagen nicht statthaft, die zu einer Zersiedlung, zu einer Beeinträchtigung der Gliederung von Siedlungsgebieten, des Wasserhaushaltes oder der Freiraumerholung oder zur Veränderung der klimatischen Verhältnisse führen können. Bauliche Anlagen im Sinne einer Besiedlung sind in den Regionalen Grünzügen nicht zulässig."
Damit sind in raumordnerischer Letztentscheidung konkretisierte Zielaussagen zu Lasten anderer Nutzungen vorgegeben worden, die für die gemeindliche Bauleitplanung bindend sein sollen. Zugunsten der vorfindlichen landschaftlichen Situation wird hier ein Vorrangverhältnis mit bestimmten Unterlassungspflichten geregelt. Dass eine solche Aussage nach der hessischen Praxis bei der Umsetzung des Raumordnungsgesetzes in Raumordnungsplänen auf der Grundlage des Hessischen Landesplanungsgesetzes nicht bloße Grundsätze, sondern Zielvorgaben sind, wird auch durch einen Vergleich mit den entsprechenden Ausweisungen im parallel zu dem Regionalen Raumordnungsplan Südhessen aufgestellten "Regionalen Raumordnungsplan Mittelhessen" (RROP-M-StAnz. 1995, S. 1648) bestätigt. Er misst den entsprechenden Regelungen (Planziffern 3.1.1.3, S. 1677 und 3.1.3.2, S. 1679) ausdrücklich Zielcharakter bei.
Wegen des indiziellen Charakters sei darüber hinaus am Rande darauf hingewiesen, dass die vergleichbare Planziffer 3.1 - 2 des allerdings nicht einschlägigen späteren Regionalplans Südhessen vom 22. Dezember 2000 (StAnz. 2001, 614, 630), wo die Ziele der Raumordnung im Text durch kursiven Fettdruck gekennzeichnet sind, ebenfalls, und hier ausdrücklich, als Ziel der Raumordnung genannt ist.
Aus dem regionalplanerischen Aufstellungsverfahren ergibt sich auch, dass es sich bei den genannten Zielen im Regionalen Grünzug trotz seiner Weiträumigkeit um für den Bereich der Stadtentlastungsstraße auch mit der obersten Landesplanungsbehörde abgestimmte Ziele handelt, an denen die Antragsgegnerin beteiligt war und an die sie gebunden ist (BVerwG, Urteil vom 18.02.1994 - 4 C 4.92 - Buchholz 406.11 § 5 BauGB Nr. 8 = BRS 56 Nr. 2). Die Antragsgegnerin war an der Aufstellung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung ausreichend beteiligt, was ihre Initiativen, insbesondere ihre Bemühungen, die Stadtentlastungsstraße in den Regionalen Raumordnungsplan Südhessen von 1995 aufnehmen zu lassen, deutlich machen. Anpassen im Sinne des § 1 Abs. 4 BauGB bedeutet dabei, dass die Gemeinde, die in einem Ziel der Raumordnung und Landesplanung enthaltenen Vorgaben zielkonform ausgestalten, sie aber nicht im Wege der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB überwinden kann (BVerwG, Beschluss vom 01.06.1994 - 4 NB 21/94 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 74).
Die Pflicht zur Anpassung an den RROP-S 1995 ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil der Regierungspräsident in Darmstadt mit Bescheid vom 8. Januar 1989 eine Abweichung vom RROP-S 1987 zugelassen hatte. Der Raumordnungsplan von 1995 ist zu beachtendes jüngeres Recht und hat die Abweichung vom früheren Raumordnungsplan in der Sache überholt und ihre rechtliche Wirkung entfallen lassen. Eine rechtlich wirksame Abweichungsentscheidung zum RROP-S 1995 gibt es nicht. Sie ist auch nicht in der sachlich unzutreffenden Mitteilung des Regierungspräsidiums Darmstadt vom Juli 1995 zu sehen, der geplanten Straße stünden im Hinblick auf die zugelassene Abweichung vom RROP-S 1987 regionalplanerische Zielsetzungen nicht entgegen.
Das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB ist insofern verletzt, als Bau und Betrieb der Stadtentlastungsstraße als bauliche Anlage die Freiraumerholung in diesem Bereich des Regionalen Grünzugs beeinträchtigen würde, ohne dass die nachteiligen Wirkungen insoweit durch in Größe, Qualität und Funktion ausreichende Kompensationsmaßnahmen abgefangen werden. Dabei ist dem Naherholungsgebiet zwischen den Kronberger Stadtteilen Schönberg und Oberhöchststadt eine besondere Bedeutung beizumessen. Der Senat hat sich bei seiner Ortsbesichtigung einen Eindruck von der im Norden in ein Waldstück übergehenden gefälligen Wiesenlandschaft verschafft, die vielfältigen, nicht vorstrukturierten Freizeitnutzungen von beiden Stadtteilen aus offensteht. Legt man an die Erholungseignung des Gebiets Maßstäbe an wie Stille, Tiefe, Vielfalt, nahe Erreichbarkeit und Freiheit von störenden Fremdkörpern an (vgl. Sening, Bedrohte Erholungslandschaft, München 1977), handelt es sich zwar bei dem Planbereich zwischen der B 455 im Norden und der L 3015 im Süden um einen durch Verkehrslärm und bauliche Anlagen wie die ehemalige A-Straße, die Altkönigsschule und den Sportplatz vorbelasteten Bereich, der aber durch seine nahe Erreichbarkeit, seine Vielfalt im Wechsel von Wald, Wiesen, Feuchtbiotopen, Hügeln und Baumbestand noch immer besondere Qualitäten für die Freiraumerholung bietet. Trotz der teilweisen Tunnellage würde die Stadtentlastungsstraße mit der oberirdischen Straßentrasse, den Geländeeinschnitten und den Lärmschutzwällen in Nord-Süd-Richtung eine zerschneidende Trennwirkung zwischen beiden Ortsteilen mit zusätzlicher Verlärmung mit sich bringen. Eine darüber hinausgehende Barrierewirkung, die den jetzigen geschlossenen Freiflächenbereich durchschneidet, entsteht durch das in Verlängerung des Hermann-Löns-Weges geplante Straßenverbindungsstück zwischen der Stadtentlastungsstraße und der Straße Auf der Heide. Auch dieses Straßenstück ist geeignet, für die Erholung nachteilige zusätzliche Verkehrsgeräusche in den Planbereich zu bringen. Die im Bebauungsplan festgesetzten Kompensationsmaßnahmen zugunsten des Schutzguts Erholung sind insgesamt nicht geeignet, die diesbezüglichen nachteiligen Wirkungen mit der Folge zu mindern oder auszugleichen, dass das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB insoweit nicht als verletzt anzusehen wäre. Zu diesen Maßnahmen gehören die Rad- und Wanderwege, die unter Nr. 5.5 der Begründung des Bebauungsplans (Stand: 09.01.1995) aufgeführt sind, darüber hinaus die insbesondere auf und neben dem Straßentunnel festgesetzte naturnahe Parkanlage mit Kinderspielplatz. Angesichts des deutlich zunehmenden Verkehrslärms in der näheren Umgebung handelt es sich durchweg um Bereiche, die unter Erholungsgesichtspunkten nicht als Gunststandorte anzusprechen sind. Die insgesamt nachteilige Auswirkung auf die Freiraumerholung zwischen Schönberg und Oberhöchststadt wird auch nicht dadurch im Sinne einer genügenden Beachtung des Anpassungsgebots kompensiert, dass ein Hauptrad- und Wanderweg entlang der Stadtentlastungsstraße mit Überbrückung der B 455 eine Lücke im regionalen Wegenetz zwischen Frankfurt-Eschborn und dem Hochtaunus schließt und die Altkönigstraße zurückgebaut wird. Dies ändert nichts daran, dass die Stadtentlastungsstraße in einem bisher bis auf die K 769 (Schönberger Straße) von Straßentrassen nicht zerschnittenen Bereich aus den dargelegten Gründen für die Freiraumerholung nachhaltig entwertet und verlärmt wird.
Darüber hinaus ist für die unzulässig beeinträchtigte Freiraumerholung von Bedeutung, dass die Stadtentlastungsstraße die für die Erholung bedeutsame Luftqualität im Planbereich verschlechtert. Dies ergibt sich aus der zu Beweiszwecken eingeholten, mündlich erstatteten Stellungnahme der Sachverständigen Dr. Classen, die dazu auf die mit Bau und Betrieb der Straße verbundene Asphaltierung bzw. Betonierung und die Abgase verwiesen hat. Die Sachverständige hat ausgeführt, bezogen auf die Luftqualität sei die Straße ein Klimaverschlechterungsstreifen, durch deren Betrieb die Frischluft eine Nichtfrischluft werde. Bei alledem hat sie den zu Kompensationszwecken geforderten Gehölzpflanzungen keine ins Gewicht fallende Luftverbesserungsqualität zugesprochen. Mithin bleibt es insgesamt dabei, dass der streitbefangene Bebauungsplan das raumordnerische Ziel einer möglichst unbeeinträchtigten Freiraumerholung im Regionalen Grünzug verfehlt hat.
Unabhängig davon werden auch die klimatischen Verhältnisse als weiteres Ziel der Raumordnung und Landesplanung trotz darauf bezogener, als Kompensation gedachter Festsetzungen so nachteilig verschlechtert, dass das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB verletzt wird. Zwar hat die Sachverständige mitgeteilt, dass der Wetterdienst unter Klima Temperatur, Sonne und Wind verstehe, nicht die Luftchemie, gleichwohl hat sie die beeinträchtigte Frischluftqualität der vor allem im nördlich gelegenen Kronberger Stadtwald entstehenden Kaltluft auch in Verbindung mit einer Verschlechterung der klimatischen Verhältnisse gebracht. Wie bereits erwähnt, hat sie bezogen auf die Luftqualität die Straße wegen der Betonierung und den Abgasen als Klimaverschlechterungsstreifen bezeichnet. Auch sonst hat sie in ihrer Stellungnahme mehrfach bekundet, dass das Problem der beeinträchtigten Frischluftqualität mit der Kaltluftentstehung im Rahmen der zu bewertenden klimatischen Verhältnisse verknüpft ist. Der Senat hält diese Betrachtungsweise unter Beachtung der vom maßgeblichen Raumordnungsplan vorgegebenen Schutzziele im Regionalen Grünzug für angemessen. Für die möglichst unbeeinträchtigt zu erhaltende Bedeutung der Kaltluft im Rahmen der klimatischen Verhältnisse kommt es nicht nur isoliert auf die physikalische Beschaffenheit als solche, sondern auch auf ihre funktionelle Wirksamkeit als für den Menschen und seine Mitwelt wichtige kalte Frischluft an. Als regionalplanerisches Ziel soll deren Beeinträchtigung durch bauliche Anlagen abgewehrt werden, was dem umstrittenen Bebauungsplan nicht hinreichend gelingt. Bei alledem hat die Sachverständige auch unmissverständlich und nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Anpflanzung neuer Streuobstbestände für die durch die Straße bedingte Frischluftverschlechterung nicht als Ausgleichsfaktor dient. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die Antragsgegnerin dieselben Kompensationsflächen bezogen auf einzelne verletzte Schutzgüter mehrfach angesetzt hat und so insgesamt zu einer verblüffend hohen und zunächst nicht ohne Weiteres nachvollziehbaren Größe an im Bebauungsplan vorgesehenen Kompensationsflächen kommt.
Zusätzlich zur Frischluftverschlechterung ergibt sich eine Beeinträchtigung der klimatischen Verhältnisse hier auch durch die mit dem Straßenbau verbundene verringerte Kaltluftentstehung. Zwar ist die Sachverständige (GA Bl. 627) insoweit zunächst nur von einer geringfügigen Verschlechterung ausgegangen. Gleichwohl hat sie auf Nachfrage dazu eine überschlägige Quantifizierung vorgenommen. Sie ist von einem gemittelten Wert für die Gesamtfläche der Trasse für die Kaltluftentstehung von 10 cbm pro qm/h ausgegangen. Bezogen auf die asphaltierte Straßenfläche mit Zusatzflächen ergebe sich daraus ein Wert für die durch den Betrieb der Straße verminderte Kaltluftentstehung. Auf weitere Nachfrage hat sie erklärt, die Kaltluftproduktion auf der Straßenfläche werde weitgehend entfallen. Nimmt man die eigentlichen Straßenverkehrsflächen mit 62.100 qm in den Blick (S. 113 der Planbegründung vom 09.01.1995), ergibt sich bei 10 cbm pro qm/h eine verminderte Kaltluftentstehung von etwa 600.000 cbm pro qm/h, ohne dass die Beteiligten diese Berechnung für sich genommen in Frage stellen. Soweit die Antragsgegnerin diesbezüglich auf eine Kompensation durch die Neuanlage von Streuobstwiesen verweist, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Sachverständige mit plausiblen Erwägungen insoweit einen Ausgleich verneint. Sie hat die Kaltluftproduktion auf den für die Straßenflächen in Anspruch genommenen Wiesen der neuer Obstbaumwiesen in etwa gleichgestellt und hält es in diesem Zusammenhang für unwesentlich, ob Wiesen in Streuobstwiesen oder Äcker in Streuobstwiesen oder ähnliche Umwandlungen vorgenommen werden. Soweit die Waldvergrößerung um etwa 1 ha auf der Teilfläche 2 in positiver Hinsicht zur Kaltluftentstehung beitragen kann, geht der Senat gleichwohl wegen der deutlich größeren in Anspruch genommenen Straßenverkehrsfläche von gut 6 ha noch von einer zusätzlichen Beeinträchtigung der klimatischen Verhältnisse wegen geminderter Kaltluftentstehung aus. Allerdings hält der Senat diesen Gesichtspunkt für sich allein genommen für nicht so wesentlich, dass eine Verletzung der Anpassungspflicht des § 1 Abs. 4 BauGB darauf allein gestützt werden kann. In Verbindung mit der beeinträchtigten Frischluftentstehung trägt aber auch die verminderte Kaltluftproduktion zur Beeinträchtigung der klimatischen Verhältnisse bei.
Für den Kaltluftabfluss ist dies anders zu sehen. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen wird der Abfluss der vorrangig im nördlich gelegenen Kronberger Stadtwald entstehenden Kaltluft infolge des Gefälles nach Süden nicht wesentlich behindert. Im Gelände sei Bewuchs da, auch Gehölzstreifen und Erdaufschüttungen, woraus sich bereits eine gewisse Bremswirkung für den bodennahen Kaltluftabfluss ergebe. Insgesamt habe die Kaltluft aber genügend Schwung vom Taunushang her, um wie bisher nach Süden abfließen zu können.
Unabhängig von der Verletzung der Anpassungspflicht verstößt der umstrittene Bebauungsplan wegen der dargelegten Beeinträchtigung der Freiraumerholung und der klimatischen Verhältnisse im Regionalen Grünzug auch gegen § 8 Abs. 7 Satz 1 Hessisches Landesplanungsgesetz (HLPG) vom 29.11.1994 (GVBl. I S. 707). Danach sind u.a. die Gemeinden verpflichtet, die im Regionalplan festgelegten Ziele der Raumordnung bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten und zu ihrer Verwirklichung beizutragen. Angesichts der Größe der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenverkehrs- und Zusatzflächen (vgl. die Flächenbilanz S. 113 der Planbegründung) ist von der Raumbedeutsamkeit der Planungen und Maßnahmen auszugehen, wie dies der Senat in dem aufgehobenen Urteil vom 31. Mai 2001 - 3 N 4010/97 - auch näher dargelegt hat (Bl. 219 GA). Die raumordnerische Aussage, zielbeeinträchtigende bauliche Anlagen seien im Regionalen Grünzug nicht statthaft, ist nicht hinreichend beachtet worden. Die Antragsgegnerin hat auch nicht zur Verwirklichung der raumordnerischen Ziele beigetragen, sondern aus den oben dargelegten Gründen zu einer Beeinträchtigung und Verschlechterung. Das raumordnerische Ziel, aus naturräumlichen Gegebenheiten folgende Raumfunktionen in der Fläche zu sichern (vgl. BVerwG, U. v. 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329, 336), ist hier für den Wald-, Feld- und Wiesenbereich zwischen Schönberg und Oberhöchststadt unzulässigerweise verlassen worden.
Darüber hinaus ist das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB verletzt. Insbesondere genügt die Tierbestandsaufnahme den Anforderungen nicht. Dabei ist nicht nur § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB in den Blick zu nehmen (Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege), sondern auch § 8 a Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG i.d.F. des Gesetzes vom 06.08.1993 (BGBl. I S. 1458). Bei alledem dient die innerhalb des Bebauungsplans selbst abzuarbeitende Eingriffs- und Ausgleichsregelung nicht einer allgemeinen Bestandsaufnahme. Es kann umso eher auf typisierende Merkmale und allgemeine Erfahrungen abgestellt werden, je typischer die Gebietsstruktur ist. Gibt es dagegen Anhaltspunkte für das Vorhandensein besonders seltener Arten, ist dem im Rahmen der Ermittlungen nachzugehen (BVerwG, B. v. 21.02.1997 - 4 B 177/96 - NVwZ-RR 1997, 607; Urteil vom 30.01.2003, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall war die Antragsgegnerin in der Begründung zum Bebauungsplan (S. 93) davon ausgegangen, vertiefende Untersuchungen zu besonderen Fragen aus der Sicht von Flora, Vegetation und Fauna seien nicht notwendig, da mit Hilfe von Analogschlüssen aufgrund der vorhandenen Nutzung eine hinreichend genaue Bewertung möglich sei. Bei alledem ist eine Bestandsaufnahme der Tierwelt, insbesondere der Vogelwelt, seitens der Antragsgegnerin und des von ihr beauftragten Planungsbüros vor dem Satzungsbeschluss unstreitig unterblieben. Die im Auftrag der Antragsgegnerin erstellten "Faunistischen Untersuchungen im Trassenbereich einer geplanten Entlastungsstraße von A-Stadt "von Dr. R. (bio-plan) vom September 2002 (GA Bl. 764 ff.) sind erst nachträglich vorgenommen worden und lassen mit ihren vielschichtigen Erhebungen zu gefährdeten Arten erkennen, was unter Beachtung des Abwägungsgebots in der Zeit vor dem Satzungsbeschluss hätte erfolgen müssen.
In der Sache ist der Antragsgegnerin vorab entgegenzuhalten, dass das, was sie in der Begründung mitteilt, getan zu haben, nicht erfolgt ist. Die Planbegründung lässt über Analogschlüsse von festgestellten Biotopstrukturen auf die Tierwelt nichts erkennen. Es wird keine einzige Leittierart oder sonst ein konkreter faunistischer Befund genannt, der aus den vorfindlichen Biotopstrukturen hergeleitet worden wäre. Es ist auch nicht ansatzweise erkennbar, dass sich die Antragsgegnerin des Vorhandenseins gefährdeter Arten bewusst war. Insofern gibt es auch kein spezifisch darauf zugeschnittenes planerisches Kompensationsprogramm. Es ist auch nicht richtig, wie die Antragsgegnerin im Verfahren vorgetragen hat, sie habe bei der Planaufstellung faunistische Befunde des Zeugen Dr. G. in die planerischen Überlegungen einbezogen. Die Planbegründung gibt dafür jedenfalls nichts her.
Bei alledem bestanden hier bereits vor dem Satzungsbeschluss gewichtige Anhaltspunkte für das Erfordernis einer besonderen Aufnahme der Vogelwelt und vertiefte artenschutzbezogene Erhebungen. Lässt man noch beiseite, dass auf einem dem Gericht vorliegenden handelsüblichen Stadtplan mitten auf der dort verzeichneten Trasse der Stadtentlastungsstraße ein wenn auch nicht formell dazu erklärtes "Vogelschutzgebiet" bezeichnet ist, hätte jedenfalls die vogelkundliche Tätigkeit von Dr. G. die Antragsgegnerin zu besonderem Augenmerk für den Artenschutz veranlassen müssen. So hat der Zeuge seine im Jahre 1994 fertiggestellte Diplomarbeit, die die Avifauna von Streuobstwiesen auf Untersuchungsflächen in der Gemarkung A-Stadt analysiert, 1994 fertiggestellt und dem Magistrat der Antragsgegnerin am 30. Januar 1995 vorgestellt, darüber hinaus am 13. Februar 1995 der Öffentlichkeit einschließlich Presse. Die "Kronberger Zeitung" vom 24. Februar 1995 (GA Bl. 428) erwähnte die Diplomarbeit und die Befürchtung des Autors, bei einem Umbau des Sodener Stocks ohne Ausgleichsmaßnahmen drohten die letzten vier Pärchen des Steinkauzes zu verschwinden. Ein weiterer Zeitungsbericht vom 30. Mai 1995 (GA Bl. 429) berichtet vom Ankauf der Diplomarbeit durch die Antragsgegnerin am 28. Mai 1995. Dieselbe Nachricht, ebenfalls mit einem Bild des Verfassers und des 1. Stadtrats von A-Stadt, verbreitet am 29. Mai 1995 die "Taunus-Zeitung" (GA Bl. 430). Die Arbeit selbst mit dem Titel "Analyse zur Avifauna der Streuobstwiesen und Beurteilung eines geplanten Eingriffs unter Verwendung eines Geographischen Informationssystems", deren Beispiele aus Untersuchungsflächen in der Gemarkung A-Stadt stammen, enthält auf S. 177 eine farbig angelegte Karte über Brutvögel und deren Reviere. Dort wird erkennbar, dass auch der Bereich der Stadtentlastungsstraße nördlich der L 3015 mit Reviereintragungen über den Steinkauz und den Gartenrotschwanz versehen ist, die beide, wie oben dargelegt, dem Artenschutzrecht unterliegen. Angesichts der ausgedehnten Kartierung, vor allem im Westen, Süden und Osten aller drei Stadtteile von A-Stadt, wie sie auf Seite 177 der Diplomarbeit auf der genannten Karte über Brutvogelreviere belegt ist, hätte es bei den vielfältigen Kontakten der Antragsgegnerin mit dem Zeugen nahegelegen, ihn speziell zu seinen Kenntnissen über die Vogelwelt im Bereich der Stadtentlastungsstraße zu befragen. Es konnte und musste davon ausgegangen werden, dass er dazu gewichtige Anhaltspunkte hätte liefern können. Dies wird auch dadurch belegt, dass er eine selektive Brutvogelkartierung von 1994 auch für den Planbereich in den Händen hatte, wie sein Schreiben vom 3. Oktober 1996 an die BUND-Vorsitzende von A-Stadt zeigt.
Als langjähriger Kreisvertrauensmann und Beauftragter für Vogelschutz hat auch der Zeuge Prof. Martini Anhaltspunkte für artenschutzrechtlich bedeutsame Vögel gegeben, von deren Vorhandensein im Plangebiet und seiner Umgebung die Antragsgegnerin Kenntnis oder Anlass hatte, sich diese zu verschaffen. So hat er berichtet, dass die Steinkauzpopulation in A-Stadt zusammengebrochen gewesen und mit Hilfe von Niströhren bzw. mardersicheren Brutröhren seit 1989 ein Wiederansiedlungsprogramm mit Erfolg betrieben worden sei. Die Trasse der Stadtentlastungsstraße bedrohe im oberen Bereich südlich der Schönberger Straße die Brutstätten von zwei Steinkauzpaaren. Nimmt man hinzu, dass die inzwischen am häufigsten beobachtete Todesursache für Steinkäuze, die durch direkte menschliche Einwirkung verursacht wird, der Verkehrstod ist (vgl. Hölzinger - Hrsg.- "Die Vögel - Baden-Württembergs", Teil 2, S. 1085 ff.), wird am Beispiel des Steinkauzes deutlich, dass eine entsprechende Bestandsaufnahme der Arten und ihrer gesetzlich geschützten Lebensstätten erforderlich war.
Auch im Rahmen der Anregungen und Bedenken aus der Öffentlichkeit zum Entwurf des Bebauungsplans waren hinreichende Anhaltspunkte für eine vertiefte artenschutzbezogene Bestandsaufnahme der Tierwelt zu entnehmen. Beschränkte sich die Stellungnahme des BUND vom 14.12.1987 insoweit noch auf die Aussage, Amphibien würden in ihrem Wanderverhalten von und zu Feuchtgebieten gefährdet, ist in dem am 5. Juni 1992 eingegangenen Schreiben der Ortsgruppe A-Stadt des BUND im Namen von 6 in Hessen anerkannten Naturschutzverbänden zusätzlich von der Zerstörung von Biotopen für bedrohte Tierarten die Rede, wobei der Gartenrotschwanz beispielhaft genannt wird. In der Einwendung Nr. 7518 werden zusätzlich Rotkehlchen und Grünspecht angesprochen, in Nr. 7053 auf ansässig gewordene Greifvögel hingewiesen, zu denen der Steinkauz gehört. Weitere Hinweise, etwa auf Amphibien und den Graureiher und allgemein auf seltene Vogelarten, seltene Tiere und Pflanzen und geschützte Arten enthalten die Einwendungen, die die Antragsteller in ihrem Schriftsatz vom 23. Oktober 2003 (GA Bl. 709, 716 ff.) unwidersprochen aufgeführt haben.
Insgesamt hätte die Antragsgegnerin hier für die Erkennung und Bewertung der Tierwelt nicht bei Analogschlüssen aus der Biotopaufnahme stehen bleiben dürfen, die sie in der Sache noch nicht einmal gezogen hat. Es gab vielmehr gewichtige Anhaltspunkte für das Vorhandensein besonders seltener und geschützter Arten, denen sie im Rahmen der Ermittlungen hätte nachgehen müssen (BVerwG, B. v. 21.02.1997 - 4 B 177.96 - NVwZ-RR 1997, 607). Dabei ist zu beachten, dass sich bei einem, wie hier, auf der Hand liegenden artenschutzrechtlichen Einschlag die Anforderungen des Abwägungsgebots an eine sachgerechte Ermittlungstiefe und Bestandsaufnahme weiter erhöhen.
Unabhängig davon sind auch die prognostizierte Verkehrsentwicklung und die damit verbundenen Immissionen nicht ordnungsgemäß und in sich widerspruchsfrei in die Abwägung eingestellt worden. Die Antragsteller haben insoweit zu Recht gerügt, dass etwa die Abschätzung der Schadstoffbelastungen im Gutachten des TÜV Rheinland vom 04.07.1989 im Planungsfall 1 nur von einem durchschnittlichen Tages-Verkehrsaufkommen auf der Stadtentlastungsstraße von 9140 Kfz/24h (Bl. 9) ausgegangen sei, während im Gegensatz dazu die Planbegründung vom 9. Januar 1995 auf S. 55 im Planfall 1 15000 bis 18250 Kfz/24 Std. als höchste Querschnittsbelastung benannt hat. Für diese Verdoppelung der prognostizierten Verkehrsmenge auf der Stadtentlastungsstraße fehlt es an einer Abschätzung der Schadstoffbelastungen, die bei dem TÜV-Gutachten von 1993 stehen geblieben ist. Soweit die Antragsgegnerin in den beiden mündlichen Verhandlungen (GA Bl. 619 und 837) davon gesprochen hat, die Verkehrsprognose des TÜV-Gutachtens von 1989 sei durch eine neuere Verkehrsuntersuchung zur Entlastungsstraße A-Stadt vom Juni 2003 bestätigt worden, ist dem nicht zu folgen. Nach Auffassung der Antragsgegnerin sei nach der Untersuchung von 2003 je nach Planfall von etwa 10000 bis 12000 pro 24 Std. auszugehen, womit die Prognose näher bei dem TÜV-Gutachten von 1989 als bei der Planbegründung von 1995 liege. Dem ist entgegenzuhalten, dass nach der Verkehrsuntersuchung von 2003 (S. 12) im Planfall 1 auf der Stadtentlastungsstraße schon von 13000 bis 14800 Kfz. pro 24 Std. gesprochen wird. Damit kann nicht die Rede davon sein, dass die Verkehrsuntersuchung von 2003 die Prognose von 1989 im Planfall 1 mit 9140 Kfz/24 Std. auf der Stadtentlastungsstraße bestätigt habe. Mithin ist auch nicht der Schluss gerechtfertigt, die unterlassene Abschätzung der Schadstoffbelastungen für die gegenüber den Annahmen von 1989 doppelt so hoch prognostizierte Verkehrsbelastung nach der Planbegründung von 1995 sei gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB als Mangel im Abwägungsvorgang nicht erheblich, weil dies nicht von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann. Der Senat ist vielmehr der Ansicht, dass bei einer doppelt so hoch prognostizierten Verkehrsbelastung, die durch die Verkehrsuntersuchung von 2003 nicht als widerlegt anzusehen ist, eine unterlassene Abschätzung der Schadstoffbelastungen das Abwägungsergebnis beeinflusst hat.
Was das von den Antragstellern außerdem angeführte Übermaßverbot wegen der Inanspruchnahme privater Grundstücksflächen der Antragstellerinnen und Antragsteller anbelangt, wozu insbesondere eine Verschwenkung der Straße nach Osten vorgeschlagen worden ist, ist die Lage der Trasse als solche vorbehaltlich der erst später bekannt gewordenen Angaben zum Südteil in der Zusammenfassung der "Faunistischen Untersuchung" von September 2002 (S. 25, GA Bl. 789) für den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, weil, wie die Antragsgegnerin in der Begründung zum Bebauungsplan ausgeführt hat, die Mittellage zwischen Schönberg und Oberhöchststadt gewählt worden ist, um die Immissionen für beide Stadtteile möglichst gleichmäßig zu mindern. Im Übrigen ist die Trasse im Norden mit Bedacht nicht näher an das östlich gelegene Naturschutzgebiet "Waldwiesenbachtal von Oberhöchststadt" herangelegt worden, um die dort berührten Naturschutzbelange möglichst nicht zu gefährden.
Dass die Antragsgegnerin zur Zeit kein Verfügungsrecht über wesentliche Bau- und Kompensationsflächen im Plangebiet besitzt und nicht zu erwarten ist, dass sie im freihändigen Erwerb oder sonst im Konsens an die Flächen und ihre Nutzung herankommt, führt nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Die Antragsgegnerin hat in der früheren mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2001 glaubhaft vorgetragen, sie habe eine Umlegung im Plangebiet ins Auge gefasst. Darüber hinaus stehen ihr grundsätzlich weitere Verfügungsmöglichkeiten im Enteignungs- und Entschädigungsrecht zur Seite, sodass derzeit nicht davon auszugehen ist, der Bau der Entlastungsstraße und die Durchführung der Kompensationsmaßnahmen werde an unüberbrückbaren Schwierigkeiten beim Grunderwerb oder der Nutzungsverfügung scheitern.
Insgesamt ist der Bebauungsplan nach § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO im Hinblick auf § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht für nichtig, sondern nur für unwirksam zu erklären. Dies beruht darauf, dass die dargelegten Mängel nicht die Grundzüge und das Gefüge der Planung insgesamt in Frage stellen, sondern nach derzeitigem Erkenntnisstand in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO entsprechend.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Vermerk: Streitwert gemäß Beschluss vom 31.05.2001: 160.000,00 DM.
Ende der Entscheidung
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