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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 20.02.2003
Aktenzeichen: 3 N 1557/02
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB, ROG


Vorschriften:

VwGO § 47
BauGB § 14
BauGB § 35 Abs. 3
ROG § 7
Eine Veränderungssperre für ein 560 ha großes Vorranggebiet Windenergie kann jedenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn der Regionalplan wegen Verfahrensfehlern bei der gemeindlichen Beteiligung oder wegen fehlender Aussageschärfe keine Zielbindung entfaltet.
3 N 1557/02

Verkündet am 20. Februar 2003

Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

In dem Normenkontrollverfahren

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20. Februar 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin vorläufig vollstreckbar.

Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls nicht zuvor die Antragsgegnerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen eine als Satzung beschlossene Veränderungssperre der Antragsgegnerin.

Sie betreibt bundesweit Windenergieanlagen und plant die Errichtung solcher Anlagen auch auf dem Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Ein entsprechendes Genehmigungsverfahren wurde im Hinblick auf das vorliegende Verfahren zurückgestellt.

Der Regionalplan Südhessen 2000 legt im nordwestlichen Bereich des Stadtgebietes der Antragsgegnerin ein ca. 560 ha großes Gebiet zur Nutzung der Windenergie fest. Er wurde am 5. Februar 2001 bekannt gegeben und im Staatsanzeiger für das Land Hessen S. 614 ff. veröffentlicht.

In der Folgezeit setzte sich die Antragsgegnerin gegen diese Festlegung zur Wehr, unter anderem durch Stellung eines Abweichungsantrags gegenüber der Regionalversammlung Südhessen. Zugleich wurde damit begonnen, die Festlegungen des Regionalplans Südhessen 2000 durch Änderung des Flächennutzungsplans zu konkretisieren. Hierzu hat die Antragsgegnerin ein Standortgutachten erarbeiten lassen, welches die Verträglichkeit von Windkraftanlagen mit standortspezifischen Gegebenheiten abprüfen sollte. Das Gutachten wurde im Januar 2002 im Entwurf fertig gestellt und war Grundlage der hieraus entwickelten Vorentwürfe zur Änderung des Flächennutzungsplans. Am 25. September 2001 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin die Aufstellung der Änderung des Flächennutzungsplans. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 28. September 2001 öffentlich bekannt gemacht.

Am 29. Januar 2002 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans "Stadt Steinau an der Straße I", mit dem sie nach ihrem eigenen Vorbringen das städtebauliche Ziel verfolgt, bestimmte Bereiche ihres Gemeindegebiets zugunsten bestimmter Schutzgüter, insbesondere Landschaftsschutz, Fremdenverkehr und Anwohnerschutz, von Windenergieanlagen freizuhalten und ggfs. positiv geeignete Standorte für die Errichtung von Windkraftanlagen festzusetzen. Dazu habe sie ein Planungskonzept in Form einer Änderung des Flächennutzungsplans vorgelegt, in welchem sie einerseits positiv geeignete Standorte darstelle, um damit andererseits ungeeignete Standorte im übrigen Planungsgebiet auszuschließen. Das Plangebiet zur Steuerung der Windenergieanlagen in den Außenbereichen umfasst die Stadtteile Ulmbach, Sarrod, Neustall, Uerzell, Rabenstein und Rebsdorf.

Zur Sicherung dieser Bauleitplanung beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin ebenfalls mit Datum vom 29. Januar 2002 den Erlass einer Veränderungssperre als Satzung. Um die Planungsziele des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans nicht durch eine unangemessen hohe Anzahl von Windenergieanlagen bzw. durch deren Höhe, Leistungsfähigkeit und Gestaltung zu gefährden, sei es planungsrechtlich zwingend erforderlich, auf das Sicherungsinstrument einer Veränderungssperre zurückzugreifen. Hiermit könnten Negativentwicklungen unterbunden werden, ohne dass positive Entwicklungen (Errichtung von Windkraftanlagen an geeigneter Stelle) dauerhaft blockiert würden.

Der Aufstellungsbeschluss sowie der Satzungsbeschluss über den Erlass der Veränderungssperre wurden am 2. Februar 2002 öffentlich bekannt gemacht.

Das Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans wurde in der Folgezeit weitergeführt. Der Planentwurf lag in der Zeit vom 2. Dezember 2002 bis 10. Januar 2003 öffentlich aus, die Frist zur Abgabe der Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange endete am 15. Januar 2003.

Am 1. November 2001 unter gleichzeitiger Rüge der Verletzung von Verfahrensvorschriften bei der Aufstellung des Regionalplans und am 18. Dezember 2002 beantragte die Antragsgegnerin eine Abweichung vom Regionalplan gemäß § 9 HLPG und verfolgt damit das Ziel, die zukünftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans mit den Zielen der Landesplanung und Raumordnung (Regionalplan Südhessen 2000) in Übereinstimmung zu bringen.

Mit am 11. Juni 2002 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin Antrag auf Normenkontrolle gegen die Veränderungssperre erhoben und ergänzend am 8. Oktober 2002 einen Antrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO gestellt.

Zur Begründung trägt sie im Verfahren 3 NG 2754/02 vor, die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre sei rechtswidrig, weil sie der Sicherung einer erkennbar rechtswidrigen Bauleitplanung diene. Mit dem OVG Magdeburg (Beschluss vom 24. April 2002 - 2 R 270/01 -) sei für eine Veränderungssperre zu fordern, dass neben dem Planaufstellungsbeschluss, der die Plangrenzen des Bebauungsplangebiets festlege, wenigstens eine positive und rechtlich zulässige planerische Festsetzung erkennbar sei. Dies ergebe sich aus der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpfe, einzelne Vorhaben auszuschließen, reiche für den Erlass einer Veränderungssperre nicht aus. Eine hinreichend konkretisierte positive planerische Zielsetzung sei nicht zu erkennen. Während der Regionalplan Südhessen 2000 als Ziel der Raumordnung nördlich, westlich und südlich von Ulmbach ein Vorranggebiet Windenergie festlege, sehe der Entwurf der Änderung des Flächennutzungsplans lediglich im äußersten Nordwesten des Vorranggebiets gemäß Regionalplan zwei kleine Vorranggebiete Windenergie vor. Da der Flächennutzungsplan gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die Errichtung von Windkraftanlagen außerhalb dieser Vorranggebiete ausschließen würde, handele es sich um eine Negativplanung, die darauf hinauslaufe, dass auf weit mehr als 90 % der Vorranggebietsfläche nach dem Regionalplan Südhessen 2000 Windkraftanlagen nicht mehr errichtet werden könnten. Dieser rechtlich nicht zulässige Ansatz schlage über § 8 Abs. 2 BauGB auf den in Aufstellung befindlichen und durch die Veränderungssperre geschützten Bebauungsplan durch. Die Planung der Antragsgegnerin verfolge das Ziel, die Errichtung von Windkraftanlagen im Gemeindegebiet weitestgehend zu verhindern. Damit liege eine unzulässige Negativplanung vor, die zudem gegen die aus § 1 Abs. 4 BauGB folgende Anpassungspflicht der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung verstoße. Die Planung verstoße ferner gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB, denn die Belange der Windenergienutzung würden offenkundig nicht mit dem ihnen nicht zuletzt aufgrund des Regionalplans Südhessen 2000 zukommenden Gewicht in die bauleitplanerische Abwägung eingestellt. Der Regionalplan räume der Nutzung der Windenergie in Vorranggebieten ausdrücklich und eindeutig Vorrang vor entgegenstehenden Nutzungen ein. Dies bedeute, dass es auf der Ebene der Bauleitplanung nur noch um eine Verfeinerung und Ausdifferenzierung der grundsätzlich verbindlichen Ziele der Raumordnung gehen könne. Die mit der Veränderungssperre gesicherte Planung entbehre einer positiven Planungskonzeption und stehe in offenkundigem Widerspruch zu den Zielen der Raumordnung.

Durch den weiteren Vollzug der Veränderungssperre würden zu ihren Lasten vollendete und nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen. Werde die angegriffene Veränderungssperre nicht außer Vollzug gesetzt, sei damit zu rechnen, dass sie - die Antragstellerin - vor rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens keine Genehmigung erhalten werde bzw. nicht einmal das Genehmigungsverfahren fortgesetzt würde. Die wirtschaftlichen Nachteile seien erheblich, da durch die Degression der Einspeisevergütung nach dem EEG mit einem Verlust je abgelaufenem Jahr von 1,2 Mio. Euro zu rechnen sei. Ferner seien in den Nutzungsverträgen mit den Grundeigentümern Fristen für die Realisierung des Vorhabens vereinbart. Sollte sich ihr Projekt als nicht realisierbar erweisen, beliefen sich die vergeblichen Vorlaufkosten auf ca. 2 Mio. Euro.

Die Antragstellerin beantragt,

die Satzung der Antragsgegnerin über eine Veränderungssperre gemäß § 14 BauGB vom 29. Januar 2002 für das Gebiet des "Bebauungsplans Steinau an der Straße I" für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie führt zur Begründung aus, die Satzung über die Veränderungssperre sei formell und materiell rechtmäßig. Eine Veränderungssperre sei nur dann unzulässig, wenn sich der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise absehen lasse. Umgekehrt sei nicht erforderlich, dass die Planung bereits einen Stand erreicht habe, der nahezu den Abschluss des Aufstellungsverfahrens ermögliche. Es genüge vielmehr, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder evtl. weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lasse, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein solle. Dementsprechend sei es nicht erforderlich, dass über den formalen Planaufstellungsbeschluss hinaus positive, rechtlich zulässige planerische Festsetzungen erkennbar sein müssten. Sie - die Antragsgegnerin - verfolge mit dem gefassten Aufstellungsbeschluss das städtebauliche Ziel, geeignete Standorte für die Errichtung von Windkraftanlagen festzusetzen und bestimmte Bereiche zugunsten anderer Schutzgüter, insbesondere des Landschaftsschutzes, des Fremdenverkehrs und des Anwohnerschutzes, von Windenergieanlagen freizuhalten. Dies reiche für die materiellen Voraussetzungen einer Veränderungssperre aus. Eine unzulässige Negativplanung, wie sie die Antragstellerin vermute, läge nur dann vor, wenn sich die vermeintlichen Planungsabsichten in der Verhinderung eines Vorhabens erschöpfen würden. Dies sei jedoch schon deshalb nicht der Fall, weil mit der Aufstellung des Bebauungsplans auch das städtebauliche Ziel verfolgt werde, geeignete Standorte für die Errichtung von Windkraftanlagen festzusetzen.

Dem Senat haben ein Ordner und ein Hefter Planaufstellungsunterlagen der Antragsgegnerin (Änderung des Flächennutzungsplans, Erlass der Veränderungssperre) vorgelegen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gemacht wurden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Beiakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg.

Der Normenkontrollantrag ist statthaft, denn die Antragstellerin wendet sich gegen eine Veränderungssperre, die als Satzung nach dem Baugesetzbuch beschlossen wurde und deren Gültigkeit vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.

Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Sie hat in dem von der Veränderungssperre erfassten Bereich mit Grundeigentümern zur Errichtung von Windkraftanlagen Nutzungsverträge geschlossen, die nicht ausgenutzt werden können, weil die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung im Hinblick auf die Veränderungssperre und das vorliegende Normenkontrollverfahren zurückgestellt wurde. Eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin durch die Veränderungssperre erscheint daher möglich, auch wenn sie nicht Grundeigentümerin in dem von der Veränderungssperre erfassten Gebiet ist (so auch Thüringisches OVG, Urteil vom 16. Mai 2001 - 1 N 932/00 - BRS 64 Nr. 53 = ZfBR 2002, 272).

Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.

Die von der Antragsgegnerin beschlossene Veränderungssperre steht mit § 14 Abs. 1 BauGB in Einklang. Danach kann nach Beschlussfassung über die Aufstellung eines Bebauungsplans die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass unter anderem Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen.

Die Antragsgegnerin hat die Aufstellung des Bebauungsplans "Steinau an der Straße I" beschlossen und dies ortsüblich bekannt gemacht.

Die von der Antragsgegnerin angeordnete Veränderungssperre ist zur Sicherung der Planung auch erforderlich. Dazu muss der künftige Planinhalt bereits in einem Mindestmaß bestimmt und absehbar, d.h. konkretisiert sein (Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl. 2002, § 14 Anm. 9). Dies ist hier der Fall.

Mit dem Beschluss, einen Bebauungsplan aufzustellen und die Änderung des bestehenden Flächennutzungsplans einzuleiten, verfolgt die Antragsgegnerin unter anderem das Ziel, bestimmte Bereiche des Stadtgebiets zugunsten bestimmter Schutzgüter wie Landschaftsschutz, Fremdenverkehr und Anwohnerschutz von Windenergieanlagen freizuhalten und ggfs. positiv geeignete Standorte für die Errichtung von Windkraftanlagen festzusetzen.

Gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB sind Windenergieanlagen im Außenbereich privilegiert, allerdings nur, wenn unter anderem öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Davon ist jedoch gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in der Regel dann auszugehen, soweit bei einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt. Damit sind Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB unter einen "Planvorbehalt" gestellt, der es den Gemeinden ermöglicht, Windkraftanlagen durch Darstellung im Flächennutzungsplan auf bestimmte Standorte zu konzentrieren, nicht aber das gesamte Gemeindegebiet dafür zu sperren (BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - soweit bekannt noch nicht veröffentlicht). Letzterem stünde es gleich, wenn lediglich objektiv ungeeignete oder sich in einer Alibifunktion erschöpfende Flächen dargestellt würden. Auch dies wäre eine unzulässige Negativ- bzw. Verhinderungsplanung (BVerwG a.a.O.).

Die Antragsgegnerin hat im Entwurf zur Änderung des Flächennutzungsplans nur eine Fläche von ca. 20 ha für die Nutzung von Windenergieanlagen vorgesehen und damit den Vorwurf der Antragstellerin, Verhinderungsplanung zu betreiben, hervorgerufen. Dies ist allerdings nur vor dem Hintergrund verständlich, dass der Regionalplan Südhessen 2000 im Stadtgebiet der Antragsgegnerin als Ziel der Raumordnung einen Bereich für die Windenergienutzung als Vorranggebiet gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 1 ROG von ca. 560 ha festlegt (StAnz. 2001, 614 ff., 641 sowie Teilkarte 2 "Siedlung und Landschaft"). Insoweit ist jedoch eine Zielbindung gemäß § 1 Abs. 4 BauGB nicht eingetreten, weil die diesbezüglichen Festlegungen im Regionalplan nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sind.

Ursprünglich umfasste das vorgesehene Vorranggebiet lediglich einen Bereich von ca. 30 ha östlich des Stadtteils Sarrod, mit dessen Ausweisung die Antragsgegnerin zunächst einverstanden gewesen ist. Die Erhöhung auf 560 ha wurde von der Regionalversammlung Südhessen ohne erneute Beteiligung der Antragsgegnerin beschlossen. Da es sich um eine erhebliche Abweichung von der ursprünglichen Planung handelte, hätte die Antragsgegnerin erneut beteiligt werden müssen, um ihre Bürger informieren zu können (§ 7 Abs. 3 Satz 4 HLPG a.F.). Die Landesregierung hätte somit den Regionalplan Südhessen 2000 in Bezug auf das beschlossene Vorranggebiet gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 a HLPG a.F. nicht genehmigen dürfen. Den Verfahrensfehler hat die Antragsgegnerin auch innerhalb der Jahresfrist des § 12 HLPG a.F. gerügt, sodass er beachtlich ist. Gemäß § 1 Abs. 4 BauGB bindende Ziele der Raumordnung sind aber nur solche, die nach dem jeweiligen Landesrecht ordnungsgemäß zustande gekommen sind (vgl. Gaentzsch, Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. 2002, § 1 Anm. 34).

Darüber hinaus lassen die beigezogenen Unterlagen nicht erkennen, dass in Bezug auf die Ausweisung des Vorranggebietes eine korrekte Abwägung überhaupt stattgefunden hat.

Die Veränderungssperre ist aber auch deshalb zur Sicherung der Bauleitplanung erforderlich, weil der Regionalplan Südhessen 2000 bezogen auf das Vorranggebiet Windenergie im Gebiet der Antragsgegnerin keine ausreichenden und erschöpfenden Festsetzungen trifft und deshalb wegen der geringen Aussageschärfe planerische Konkretisierungen vernünftigerweise geboten sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992 - 4 NB 20.91 - BVerwGE 90, 329). Die Antragsgegnerin wird zum Beispiel bei ihrer Planung Fragen der Erschließung der Windenergieanlagen, der Nabenhöhe, des Rotordurchmessers, des Abstands der einzelnen Anlagen zueinander u.v.m. behandeln und sachgerecht regeln müssen. Es bedarf daher, wie dies auch § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nahe legt, einer kommunalen Feinplanung, zu der der Regionalplan Südhessen 2000 so gut wie nichts beiträgt und deshalb - jedenfalls bisher - insoweit auch keine Bindungswirkung entfalten kann.

Es ist der Antragsgegnerin deshalb nicht verwehrt, zur Sicherung einer flächenmäßig allerdings sehr ausgedehnten Bauleitplanung Sicherungsmaßnahmen wie die angegriffene Veränderungssperre zu ergreifen. Sollte im Falle einer im Abweichungsverfahren beantragten und auch beschlossenen Reduzierung der Vorrangflächen die Zulässigkeit von Windenergieanlagen erneut zur Debatte stehen, wird die Antragsgegnerin zu beachten haben, dass für die Nutzung der Windenergie substantielle Entfaltungsmöglichkeiten übrig bleiben müssen (BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -). Die Antragsgegnerin wird deshalb überprüfen müssen, ob sie allen Festlegungen im Standortgutachten wird folgen können.

Die angegriffene Veränderungssperre erweist sich auch insoweit als rechtens, als die Antragsgegnerin hinsichtlich eines südlichen Teilbereichs bereits ursprünglich mit der Ausweisung eines Gebiets für die Errichtung von Windenergienanlagen einverstanden war, denn auch insofern ist noch planerischer "Feinschliff" erforderlich, der bislang nicht geleistet wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.



Ende der Entscheidung

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