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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 25.02.2004
Aktenzeichen: 3 N 1699/03
Rechtsgebiete: BNatSchG, BauGB, FFH-RL, VwGO


Vorschriften:

BNatSchG § 21
BNatSchG § 43
BNatSchG § 62
BauGB § 1
BauGB § 1 a
BauGB § 214
BauGB § 215 a
BauGB § 29
FFH-RL Art. 12
FFH-RL Art. 16
VwGO § 47
Ein Satzungsbeschluss gemäß § 10 BauGB kommt nicht dadurch zustande, dass die Gemeindevertretung der Begründung zum Bebauungsplanentwurf zustimmt.

Eingriffe in Natur und Landschaft auf Grund eines Bebauungsplans sind von speziellen artenschutzrechtlichen Verboten nicht freigestellt, auch wenn die allgemeine naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nach § 1 a Abs. 2 Nr. 2 BauGB in der Abwägung zu berücksichtigen ist. Vielmehr bedarf es gegebenenfalls einer artenschutzrechtlichen Befreiung unter den Voraussetzungen von § 62 BNatSchG, etwa i.V.m. Art. 12, 13, 16 FFH-RL oder Art. 5 - 7, 9 Vogelschutzrichtlinie.

Tiere und Pflanzen der geschützten Art oder ihre Lebensräume werden bereits dann absichtlich beeinträchtigt i.S. v. § 43 Abs. 4 BNatSchG, Art. 12 FFH-RL, wenn der Eingriff zwangsläufig zur Beeinträchtigung führt. Ein gezieltes Vorgehen kann nicht verlangt werden.

Zur Abwägungserheblichkeit eines Lärmgutachtens, über das der Gemeindevorstand die Gemeindevertretung nicht in Kenntnis gesetzt hat.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

3 N 1699/03

Verkündet am 25. Februar 2004

In dem Normenkontrollverfahren

wegen Normenkontrolle des Bebauungsplans Nr. 11.3 "Misch- und Gewerbegebiet Wenkbach"

hat der 3. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richter am Hess. VGH Dr. Dittmann, Richter am Hess. VGH Dr. Fischer, Richterin am Hess. VGH Lehmann

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2004 für Recht erkannt: Tenor:

Der Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 11.3 "Misch- und Gewerbegebiet Wenkbach" wird für unwirksam erklärt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Das Urteil ist wegen der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls nicht zuvor die Antragstellerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen den Bebauungsplan Nr. 11.3 "Misch- und Gewerbegebiet Wenkbach" im Ortsteil Wenkbach der Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke in der Gemarkung Wenkbach, Flur 2, Flurstücke 216/6 und 216/7. Beide Grundstücke grenzen aneinander. Das eine Grundstück ist mit einem Sägewerksbetriebsgebäude bebaut, welches seit 1990 nicht mehr genutzt wird. Auf dem anderen Grundstück befindet sich ein Gebäude, welches zu Wohn- und Bürozwecken genutzt wird und an den Sohn der Antragstellerin vermietet ist, welcher dort das Planungsbüro B.xxxxxx und H. xxxxxxxx, Umweltplanung und Städtebau betreibt.

Am 15. bzw. 24. September 1992 (die Daten variieren) fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss bezüglich des Bebauungsplans Nr. 11.3 "Misch- und Gewerbegebiet Wenkbach". Der Planentwurf hat in der Zeit vom 17. April bis 18. Mai 2001 öffentlich ausgelegen. Hierauf wurde im "Mitteilungsblatt für die Gemeinde B-Stadt" am 5. April 2001 hingewiesen. Im Rahmen der ersten Offenlegung haben die Antragstellerin sowie Träger öffentlicher Belange zahlreiche Anregungen vorgebracht. Diese und veränderte Eigentumsverhältnisse führten zu einer erneuten Offenlegung in der Zeit vom 20. August bis 21. September 2001, worauf am 9. August 2001 im "Mitteilungsblatt für die Gemeinde B-Stadt" öffentlich hingewiesen worden war. In ihrer Sitzung am 25. Oktober 2001 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin gemäß Tagesordnungspunkt 6 c die bauordnungsrechtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans als Satzung. Dem Abwägungsvorschlag und der Begründung des Bebauungsplans stimmte die Gemeindevertretung ausweislich des Sitzungsprotokolls (vgl. "Mitteilungsblatt für die Gemeinde B-Stadt" vom 15. November 2001) zu. Der Satzungsbeschluss wurde am 4. Juli 2002 im "Mitteilungsblatt für die Gemeinde B-Stadt" öffentlich bekannt gemacht. Die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin hat am 17. Juli 2003 den Bebauungsplan Nr. 11.3 als Satzung im Ganzen beschlossen, nachdem erkannt worden war, dass der Satzungsbeschluss vom 25. Oktober 2001 sich seinem Wortlaut nach lediglich auf die bauordnungsrechtlichen Festsetzungen bezogen hatte. Eine erneute inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Bebauungsplan hat dabei nicht stattgefunden. Der Bebauungsplan wurde sodann am 11. September 2003 im "Mitteilungsblatt für die Gemeinde B-Stadt" öffentlich bekannt gemacht.

Das Plangebiet wird im Nordosten vom Ortsteil Wenkbach, im Südosten vom Bahnhofsweg und der Main-Weser-Eisenbahn, im Südwesten vom Ortsteil Niederwalgern und im Nordwesten von der Landesstraße L 3093 begrenzt. Die Grundstücke der Antragstellerin sowie ein weiteres Flurstück sind in Gestalt einer sogenannten Insellösung vom räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplanes ausgenommen. Für den Teilbereich 8 A nördlich der Grundstücke der Antragstellerin trifft der Bebauungsplan folgende Festsetzungen: GE, Firsthöhe 10,50 m, GRZ 0,8, GFZ 1,6. In den textlichen Festsetzungen findet sich unter 1.6 "flächenbezogener Schallleistungspegel" für den Teilbereich 8 A die Festsetzung von 65 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts.

Mit bereits am 2. Juli 2003 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin einen Antrag auf Normenkontrolle gestellt und zur Begründung ausgeführt, die Antragsgegnerin habe den streitgegenständlichen Bebauungsplan vor allem deshalb aufgestellt, damit sich der bisher im Außenbereich befindliche Großbäckereibetrieb der Firma xxxxx in Richtung ihres Anwesens durch Verdoppelung der Bausubstanz erweitern könne.

Der Bebauungsplan sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Entgegen dem Wortlaut der Bekanntmachung vom 4. Juli 2002 sei der Bebauungsplan durch die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin nicht beschlossen worden. Ausweislich des veröffentlichten Protokolls der Gemeindevertretersitzung sei am 25. Oktober 2001 lediglich den Abwägungsvorschlägen des Planers und der Begründung des Bebauungsplans zugestimmt worden. Lediglich die bauordnungsrechtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans seien als Satzung beschlossen worden. Damit fehle es bereits an der formellen Voraussetzung des Satzungsbeschlusses. Soweit die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin dies mit einem neuerlichen Satzungsbeschluss am 17. Juli 2003 nachgeholt haben sollte, fehle es an einer Ausfertigung dieses nunmehr als Satzung beschlossenen Bebauungsplans.

Der Bebauungsplan verstoße darüber hinaus gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 5 und 6 BauGB. Die Antragsgegnerin habe zwar ein Lärmgutachten eingeholt, welches aber hinsichtlich ihrer - der Antragstellerin - Grundstücke weder Aussagen noch Prognosen zu Lärmauswirkungen treffe. Das Abwägungsgebot hätte es aber erfordert, Lärmauswirkungen des geplanten Misch- und Gewerbegebietes auf ihre Grundstücke zu untersuchen, gleich welche Nutzungsart und welcher Gebietstyp anzunehmen gewesen wäre. Die Abwägung sei wegen fehlender Einstellung des erforderlichen Abwägungsmaterials fehlerhaft. Die Antragsgegnerin habe aufgrund der fehlenden Beurteilung im Lärmgutachten des TÜV Hessen von 1993 überhaupt nicht beurteilen können, ob die von ihr im Bauplanungsverfahren festgelegten flächenbezogenen Schallleistungspegel und der vorgesehene Lärmschutzwall sowie die Anordnung öffnungsloser Außenwände im zu errichtenden neuen Betriebsgebäude der Firma xxxxx überhaupt geeignet seien, irgendwelche Wirkungen zu Gunsten oder zu Lasten ihrer - der Antragstellerin - Grundstücke zu entfalten. Es liege ein Abwägungsausfall vor, weil die Abwägungsgrundlagen von der Antragsgegnerin nicht ermittelt worden seien. Gleichzeitig liege hierin auch ein Abwägungsdefizit insofern, als die Antragsgegnerin aufgrund mangelnder Tatsachenbasis angenommen habe, die getroffenen Immissionsbegrenzungen seien geeignet, ihre - der Antragstellerin - Grundstücke ausreichend zu schützen. Aus dem von ihr eingeholten lärmtechnischen städtebaulichen Schallschutzgutachten der GSA Limburg GmbH vom 22. Oktober 2002 ergebe sich das Gegenteil. Das Gutachten komme zu dem Ergebnis, dass unter Anwendung der maßgeblichen schalltechnischen Orientierungswerte gemäß DIN 18005 Lärmwerte von bis zu 62,6 dB(A) tags und 53,3 dB(A) nachts zu erwarten seien. Damit würden die Orientierungswerte für ein Mischgebiet während der Tagzeit um 2 bis 3 dB(A) und während der Nachtzeit um ca. 8 dB(A) überschritten. Selbst bezogen auf die Orientierungswerte für die Nachtzeit in Gewerbegebieten müsse noch eine Überschreitung von 3 dB(A) festgestellt werden. Darüber hinaus dürften durch die Betriebserweiterung der Firma xxxxx die zulässigen Nachtwerte nicht vollständig ausgeschöpft werden, weil weitere Betriebsansiedlungen nach dem Bebauungsplan möglich seien. Nach den Feststellungen des Gutachters habe der geplante Lärmschutzwall keine nennenswerte schützende Wirkung. Die mangelnde Konfliktbewältigung im Bebauungsplan könne auch nicht im nachgeschalteten Baugenehmigungsverfahren nachgeholt werden. Auch das zweite Lärmschutzgutachten des TÜV Süddeutschland aus dem Jahre 2002 stelle das von ihr eingeholte Gutachten der GSA inhaltlich nicht in Frage. Das Gutachten L 4707 des TÜV Süddeutschland unterstelle für ihr Grundstück in unzulässiger Weise Gewerbegebietsqualität, während richtigerweise dieses Grundstück als Mischgebiet hätte eingestuft werden müssen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 11.3 "Misch- und Gewerbegebiet Wenkbach" für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trägt sie vor, sofern die Gemeindevertretung nicht ausdrücklich den Bebauungsplan als Satzung am 25. Oktober 2001 beschlossen habe, handele es sich um eine unrichtige, aber unschädliche Formulierung in der Niederschrift über die Sitzung der Gemeindevertretung. Vorsorglich habe sie in einem ergänzenden Verfahren am 17. Juli 2003 einen entsprechenden Satzungsbeschluss gefasst, der inzwischen veröffentlicht worden sei. Sie habe es entgegen der Annahme der Antragstellerseite nicht dabei bewenden lassen, eine Stellungnahme des TÜV Hessen aus dem Jahre 1993 zur Lärmbelastung einzuholen. Vielmehr habe der TÜV Süddeutschland die Lärmproblematik erneut geprüft und sie - die Antragsgegnerin - habe sich dessen Einschätzung angeschlossen. Sie habe zu Recht die Festsetzung von flächenbezogenen Schallleistungspegeln als ausreichende Immissionsschutzvorkehrungen angesehen. Bei dem angeblichen Wohnkomplex der Antragstellerin handele es sich in Wahrheit um ein gewerblich genutztes Objekt. Dieses sei als Folgenutzung dadurch entstanden, dass ein im Außenbereich genehmigtes Sägewerk mit einem Wohn- und Bürogebäude versehen worden sei. Bei der Beurteilung der Schutzwürdigung solcher Liegenschaften dränge sich die Vergleichbarkeit mit § 8 Abs. 3 BauNVO auf. Sinngemäß seien die seinerzeit genehmigten Nutzungen baurechtlich im Blick auf die gewerbliche Nutzung erfolgt. Bei der nunmehr im Rahmen der Bauleitplanung zu beurteilenden Schutzwürdigkeit sei dem Grundstück der Antragstellerin ein geringes Maß an Rücksichtnahme zuzubilligen. Diesem Maß entspreche die planerische Festsetzung in Anlehnung an die Sachverständigenerkenntnisse des TÜV Süddeutschland.

Das Grundstück der Antragstellerin sei zwischen 1920 und 1930 mit einem Gewerbebetrieb bebaut worden. Bis zur Gewerbeabmeldung zum 30. April 1990 seien die baulichen Anlagen durchgehend als Sägewerk und Zimmereibetrieb genutzt worden. Dazu habe ein Büro und eine Betriebsinhaberwohnung gehört. Die bauliche Entwicklung lasse sich aufgrund der Bauakten des zuständigen Kreisbauamtes seit 1951 lückenlos nachvollziehen. Infolge der Gewerbeabmeldung im Jahre 1990 sei nicht etwa der Bestandsschutz bezüglich des gewerblichen Teils des Grundstücks erloschen mit der Folge, dass es sich nur noch um ein Wohnhaus im Außenbereich handele, würde man sich die ursprünglich genehmigte gewerbliche Nutzung hinwegdenken. Der gewerbliche Teil des Grundstücks sei noch voll intakt, und ein Zimmereibetrieb oder ein Sägewerk könnten jederzeit wieder aufgenommen werden. Auch die derzeitige Büronutzung füge sich vollständig in die seinerzeit erfolgte Nutzungsgenehmigung ein. Diese somit auf dem Grundstück untergeordnete Wohnnutzung im Außenbereich sei vergleichbar mit einer solchen, die nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden könne, somit aber keinen über den Gewerbegebietscharakter hinausgehenden Schutzanspruch verdiene. Von Seiten der Antragstellerin wolle man gewerbliche Außenbereichsfläche in Wohnbauland umfunktionieren. Einer solchen Nutzungsänderung stünde aber keine Privilegierung gemäß § 35 Abs. 4 BauGB zur Seite. Einer förmlichen Ausfertigung des am 17. Juli 2003 als Satzung beschlossenen Bebauungsplans bedürfe es nach hessischem Kommunalverfassungsrecht nicht.

Mit Beschluss vom 26. November 2003 hat der Senat die Firma xxxxxxxxxxxx , A-Straße, Friedrichsdorf/Taunus gemäß § 65 Abs. 1 zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Dem Senat hat ein Ordner Planaufstellungsunterlagen der Antragsgegnerin (in dreifacher Ausfertigung) sowie 2 Hefter Baugenehmigungsakten des Kreisausschusses des Landkreises Marburg-Biedenkopf und der Antragsgegnerin vorgelegen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung waren. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt der Beiakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist statthaft, denn die Antragstellerin wendet sich gegen einen Bebauungsplan und damit eine Satzung nach dem Baugesetzbuch (BauGB), deren Gültigkeit vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.

Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Ebenso wie bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen nach § 42 VwGO reicht für die Antragsbefugnis aus, dass die Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin möglich erscheint. Dies ist hier der Fall, denn die Antragstellerin befürchtet durch die gewerbliche Nutzung der Nachbargrundstücke eine Beeinträchtigung ihres Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 GG. Darüber hinaus macht sie die Verletzung des drittschützenden Abwägungsgebots gemäß § 1 Abs. 6 BauGB geltend.

Der Normenkontrollantrag hat auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

In formeller Hinsicht begegnet der angefochtene Bebauungsplan keinen durchgreifenden Bedenken. Allerdings weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass ein Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan von der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin in ihrer Sitzung am 25. Oktober 2001 nicht gefasst worden war. Nach Punkt 6 der Tagesordnung für diese Sitzung (vgl. Mitteilungsblatt für die Gemeinde B-Stadt Nr. 46/2001) war unter anderem unter b) ein "Satzungsbeschluss nach § 10 BauGB" vorgesehen, beschlossen als Satzung wurden jedoch nur unter c) die bauordnungsrechtlichen Festsetzungen (Gestaltungssatzung), wohingegen der Begründung des Bebauungsplans nur zugestimmt wurde. Hierin kann kein unter Umständen unschädlicher "Protokollierungsfehler" gesehen werden, da dies offenbar einer bei der Antragsgegnerin gepflegten Übung entsprach, wie die Behandlung des Tagesordnungspunktes 8 in derselben Sitzung verdeutlicht. Auch wenn anzunehmen ist, dass ein Satzungsbeschluss gemäß § 10 BauGB über den Bebauungsplan Nr. 11.3 im Ganzen beabsichtigt war, worauf auch der Vermerk des Bürgermeisters über den "Satzungsbeschluss" auf dem dem Senat vorliegenden Planexemplar hindeutet, erfordern es Sicherheit und Klarheit im Rechts- und Geschäftsverkehr, dass über die formelle Gültigkeit einer Norm keine Zweifel erlaubt sind. Solche Zweifel bestünden jedoch, da die Satzung nach § 10 BauGB und die Gestaltungssatzung nach § 87 HBO 1993 i.V.m. § 9 Abs. 4 BauGB zwei verschiedene Satzungen sind, auch wenn sie häufig in einer Satzung zusammengefasst werden.

Der streitbefangene Bebauungsplan ist erst am 17. Juli 2003 als Satzung beschlossen worden, wobei Bedenken gegen das Zustandekommen des Satzungsbeschlusses weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind. Die von der Antragstellerin angezweifelte Ausfertigung gibt keinen Anlass zu durchgreifenden Bedenken. Mit der Ausfertigung wird von dem zur Ausfertigung befugten Amtsinhaber durch handschriftliche Unterschrift mit Datum bekundet, dass der textliche bzw. zeichnerische Inhalt der Planurkunde mit dem Willen des Normgebers übereinstimmt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 1991 - 4 NB 26.90 -, BVerwGE 88, 204, NVwZ 1992, 371). Dabei reicht es vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips aus, wenn die Identität des vom Normgeber gewollten und des verkündeten Inhalts des Bebauungsplans hinreichend gewährleistet ist. Die vom 8. September 2003 datierte Ausfertigung des Bürgermeisters der Antragsgegnerin genügt den Anforderungen auch in zeitlicher Hinsicht, denn sie geht der öffentlichen Bekanntmachung im gemeindlichen Mitteilungsblatt am 11. September 2003 voraus (zu diesem Erfordernis vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.01.1999 - 4 B 129.98 -, NVwZ 1999, 878 m.w.N.).

Ist der Satzungsbeschluss somit erst am 17. Juli 2003 wirksam gefasst worden, so ist dies auch der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Entgegen der vom Bevollmächtigten der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht ist die Antragstellerin nicht kraft Gesetzes auf die während der letzten Offenlage des Bebauungsplanentwurfs vorgebrachten Anregungen beschränkt, denn die Monatsfrist in § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist keine Ausschlussfrist. Zwar ist die Gemeinde nicht verpflichtet, alle bis zum Satzungsbeschluss vorgetragenen privaten und öffentlichen Belange zu berücksichtigen. Vielmehr sind die eingegangenen Anregungen eines Betroffenen nur zu beachten, "wenn sich der planenden Stelle die Tatsache dieser Betroffenheit aufdrängen musste" (BVerwG, Beschluss vom 09.11.1979, BVerwGE 59, 87 <104>; Schrödter, BauGB, 6. Auflage 1998, § 3 Anm. 40 m.w.N.). So liegen die Dinge hier.

In materieller Hinsicht leidet der angegriffene Bebauungsplan an Mängeln, die nicht zu seiner Nichtigkeit, sondern nur zu seiner Unwirksamkeit führen (§ 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO), da sie in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können.

Der Senat lässt offen, inwieweit der Bebauungsplan gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit gemäß § 1 Abs. 3 BauGB verstößt. Ein solcher Verstoß könnte dann bestehen, wenn Bestimmungen des Naturschutz- oder des Europäischen Artenschutzrechts unüberwindbare normative Schranken darstellten, welche der Verwirklichung des Plans entgegenstehen und ihn aus diesem Grund nicht erforderlich machen. Der Erläuterungsbericht des Grünordnungsplans zum Bebauungsplan führt eine Reihe geschützter Tierarten auf, die bei Verwirklichung der von dem Plan ermöglichten Vorhaben bedroht bzw. beeinträchtigt werden. So befindet sich der Dunkle Moorbläuling als streng geschützte Art in Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43 EWG (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie-FFH-RL). Er ist an den Wiesenknopf als Wirtpflanze gebunden, welche am Ufersaum des bisherigen Wenkbachverlaufs vorkommt (vgl. auch Landschaftsrahmenplan Mittelhessen 1998, S. 42). Ferner wird z.B. das Rebhuhn erwähnt, welches nach der Richtlinie 79/409 EWG - Vogelschutzrichtlinie - Anhang II/1 geschützt ist. Der NABU, Kreisverband Marburg-Biedenkopf e.V. weist in seinen Stellungnahmen vom 17. Mai und 20. September 2001 ebenfalls auf diese sowie andere seltene Tier- und Pflanzenarten hin und hebt besonders deren ausgeprägte Reviertreue hervor.

Das Bundesnaturschutzgesetz 2002 stellt in § 42 für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten Verbote auf, von denen die Antragsgegnerin nach § 43 Abs. 4 BNatSchG nicht freigestellt ist. Dies folgt daraus, dass ein Bebauungsplan keinen Eingriff im Sinne des § 19 BNatSchG "zulässt", vielmehr die Eingriffsproblematik gemäß § 21 Abs. 1 BNatSchG bauplanungsrechtlich im Rahmen der Abwägung gemäß § 1 a Abs. 2 Nr. 2 BauGB abzuarbeiten ist. Etwa erforderliche artenschutzrechtliche Erlaubnisse oder Befreiungen bleiben davon unberührt (§ 29 Abs. 2 BauGB, anderer Ansicht offenbar Kratsch in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG 2003, § 43 Rdnr. 25 sowie HMULF, Vollzugshinweise zum Artenschutzrecht vom 15. September 2000, S. 31). Die Freistellung scheitert auch daran, dass die Tiere, einschließlich ihrer Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten und Pflanzen der besonders geschützten Arten nicht absichtlich beeinträchtigt werden dürfen (Schrödter, Städtebaurecht und das Recht des gesetzlichen Biotop- und Artenschutzes, NdsVBl. 2003, 33 <39>). Absicht liegt aber schon dann vor, wenn der Eingriff zwangsläufig zu einer Zerstörung oder erheblichen Beeinträchtigung der Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten besonders geschützter Tier- und Pflanzenarten führt (EuGH, Urteil vom 30.01.2002 - C - 103/00 -; ferner Urteil vom 17.09.1987 - E 1987, 3503 ff.; Gellermann, Artenschutz in der Fachplanung und der kommunalen Bauleitplanung, NuR 2003, 385/388; Schrödter, NdsVBl., a.a.O.). Die engere Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 11.01.2001 - 4 C 6.00 - BVerwGE 112, 321; kritisch dazu Louis, NuR 2001, 388) dürfte deshalb europarechtlich nicht haltbar sein (zum Erfordernis europarechtlicher Konformität Gellermann, a.a.O.).

Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu entscheiden, ob von den gesetzlichen Artenschutzbestimmungen eine Befreiung nach § 62 BNatSchG möglich ist, denn hierzu fehlt es bislang an einer zoologischen bzw. botanischen Bestandsaufnahme hinsichtlich der Nist-, Brut-, Wohn-, Zufluchts-, Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Ruhestätten und -zeiten. Ohne diese Vorarbeit bezogen auf das Plangebiet und seine nähere Umgebung ist die konkrete Beurteilung einer objektiven "Befreiungslage" nicht möglich. Eine Befreiung ist nicht von vornherein unter jeden denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt ausgeschlossen, was zwangsläufig die Feststellung der Nichtigkeit des angegriffenen Bebauungsplans zur Folge hätte. § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG i.V.m. Art. 12 und Art. 16 FFH-RL lassen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Befreiungen ("zulässige Abweichungen") zu. Die hierfür erforderlichen Erhebungen vorzunehmen bzw. zu veranlassen ist primär Aufgabe des Planungsträgers und nicht des angerufenen Gerichts, zumal die Antragsgegnerin im ergänzenden Verfahren nach § 215 a BauGB, worauf noch einzugehen sein wird, unter anderem auch im Hinblick auf § 1 a Abs. 2 Nr. 2 BauGB noch diesbezüglich tätig werden muss, mit anderen Worten die zuvor aufgeworfenen Fragen des Artenschutzes nicht alleinige Ursache für das gefundene Ergebnis sind, was anderenfalls zu einer umfassenden Sachaufklärung durch das Gericht nötigen müsste (BVerwG, B. v. 20.06.2001 - 4 BN 21/01 - NVwZ 2002, 83).

Die Antragsgegnerin hat gegen das Abwägungsgebot der §§ 1 Abs. 5 und 6, 1 a Abs. 2 BauGB verstoßen.

Das Abwägungsgebot verpflichtet den Träger der Bauleitplanung dazu, dass erstens eine Abwägung überhaupt stattfindet, zweitens in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, drittens weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt, noch viertens der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 - BVerwGE 34, 301 - seither ständige Rechtsprechung).

Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Die Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots auf die Frage, ob die Gemeinde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat. Diese Grundsätze hat die Antragsgegnerin nicht ausreichend beachtet.

Im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (17. Juli 2003) hatte der Gemeindevorstand der Antragsgegnerin Kenntnis von dem von der Antragstellerin und ihrem Ehemann in Auftrag gegebenen Lärmgutachten der GSA Limburg GmbH vom 23. Oktober 2002, welches zu anderen Lärmprognosen gelangt als das Gutachten L 2647 des TÜV Hessen vom 3. November 1993. Dies ergibt sich aus dem vom Sohn der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftwechsel seiner Eltern mit dem Bürgermeister der Antragsgegnerin vom 12. November 2002, 7. Februar 2003 und 25. März 2003. Die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin wurde hiervon nicht in Kenntnis gesetzt, sondern lediglich davon, dass Zweifel am Zustandekommen eines Satzungsbeschlusses am 25. Oktober 2001 aufgetaucht waren. Das Vorliegen eines Lärmgutachtens für das Plangebiet ist ein abwägungserheblicher Umstand, der der Gemeindevertretung als Satzungsorgan nicht hätte vorenthalten werden dürfen. Gleiches gilt für das Gutachten Nr. L 4707 des TÜV Süddeutschland vom 15. Februar 2002, welches allem Anschein nach der Gemeindevertretung bei Beschlussfassung am 17. Juli 2003 ebenfalls nicht vorgelegen hat.

Die Antragsgegnerin hat damit in die Abwägung bezogen auf Lärmimmissionen nicht eingestellt, was nach Lage der Dinge einzustellen war. Dieser Abwägungsfehler ist offensichtlich. Da die konkrete Möglichkeit bestand, dass die Gemeindevertretung in Kenntnis der genannten Gutachten etwas anderes beschlossen hätte - z.B. eine Erhöhung des Lärmschutzwalles, weil das Lärmgutachten der GSA Limburg GmbH die Grenzwerte auch für ein Gewerbegebiet als überschritten ansieht - ist der Fehler auf das Abwägungsergebnis auch von Einfluss gewesen und damit beachtlich im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 <39> zu § 155 b Abs. 2 Satz 2 BBauG 1979).

Hinsichtlich der zulässigen Lärmgrenzwerte durfte die Antragsgegnerin das Außenbereichsgrundstück der Antragstellerin dem Gebietstyp Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO zuordnen, denn es ist von der früheren Nutzung durch ein Sägewerk und Zimmereibetrieb wesentlich geprägt. Daneben könnte im Hinblick auf den Störungsumfang auch an ein Industriegebiet (§ 9 BauNVO) gedacht werden. Zu berücksichtigen ist dabei auch die Vorbelastung durch die Nähe des Grundstücks zu der stark befahrenen Bahnstrecke Kassel-Marburg-C-Stadt-Frankfurt sowie zu den Getreidesilos von Raiffeisen in Nachbarschaft zum früheren Bahnhof und jetzigen Haltepunkt von Niederwalgern. Eine Zuordnung zum Gebietstyp eines Dorfgebiets im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO kommt nicht in Betracht, denn wegen ihrer störenden Wirkung waren Sägewerk und Zimmerei im Jahr 1927 aus der Ortsmitte von Niederwalgern in den Außenbereich ausgelagert worden. Für die Zulässigkeit von Gewerbebetrieben im Dorfgebiet ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1990 jedoch Voraussetzung, dass sie nicht wesentlich stören.

Die Antragstellerin kann nicht beanspruchen, dass auf die Wohnnutzung ihres Grundstücks durch Heranziehung der Lärmgrenzwerte etwa für ein allgemeines Wohngebiet oder ein Mischgebiet Rücksicht genommen werden muss. Das Wohngebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin hatte im Verhältnis zum Betriebsgebäude immer nur dienende Funktion, wie sich den von den Beteiligten vorgelegten Bauunterlagen entnehmen lässt. Als Bauvorhaben zu bloßen Wohnzwecken wäre es im Außenbereich auch nach früherem Recht nicht zulässig gewesen (vgl. § 3 der Verordnung über die Regelung der Bebauung vom 15.02.1936 - RGBl. I 104 - BauRegVO 1936). Die Baubeschreibung zum Wohnungsneubau des früheren Betriebsinhabers Zimmermeister J. xxxxx vom 30. März 1946 verdeutlicht, dass der Weg zwischen Wohnung einschließlich Büro und Betrieb mit 500 bis 600 m zu weit und der Betrieb außerhalb der Arbeitszeit unbewacht war. Deshalb sollte alles vereinigt werden, wobei die Wohnung für einen seiner Arbeiter bestimmt sei. Diese dienende Funktion des Wohngebäudes wurde durch spätere Baugenehmigungen für Anbauten, Gauben usw. nicht beseitigt. Sie wird auch nicht durch die Erklärung des Sohnes der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung in Frage gestellt, die Wohnung sei nach Errichtung an einen Finanzbeamten vermietet gewesen, der die Buchhaltung für den Betrieb erledigt habe.

Sollten die auf dem Grundstück der Antragstellerin zu erwartenden Lärmimmissionen auch für den Gebietscharakter Gewerbegebiet "grenzwertig" sein, wird die Antragsgegnerin auch die Möglichkeit von Maßnahmen des passiven Schallschutzes in die Abwägung einzubeziehen haben, wobei die von Antragstellerseite im Rahmen der Vergleichsgespräche in der mündlichen Verhandlung genannten Beträge überhöht sein dürften.

Dem Bebauungsplan liegt noch ein weiterer nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtlicher Abwägungsmangel zugrunde, denn die Vermeidung und der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft (§ 1 a Abs. 2 Nr. 2 BauGB) wurden nicht ausreichend in den Blick genommen. Wie bereits an anderer Stelle geschildert, sind im Grünordnungsplan zur Begründung des Bebauungsplans und in den Stellungnahmen des NABU vom 17. Mai und 20. September 2001 geschützte Tier- und Pflanzenarten aufgeführt, die bzw. ihre Lebensräume bei Verwirklichung der durch den Bebauungsplan zugelassenen Vorhaben bedroht, mindestens aber beeinträchtigt sein werden. Im Hinblick auf die vom NABU hervorgehobene ausgeprägte Revier- bzw. Standorttreue einzelner Arten, die zudem unter Artenschutz stehen, hätte es in mehrerlei Hinsicht genauerer Erhebungen bedurft, um abschätzen zu können, ob und ggfs. welche Maßnahmen zur (möglichst weitgehenden) Eingriffsvermeidung (Minimierung) zu treffen sind, welche Möglichkeiten zur Kompensation (Ausgleich und Ersatz) der Eingriffe bestehen und ob eine artenschutzrechtliche Befreiung nach § 62 BNatSchG i.V.m. Art. 16 FFH-RL objektiv überhaupt möglich ist. In diesen Zusammenhang können beispielsweise auch Erwägungen gehören, ob und ggfs. wie Umzugshilfen für den Dunklen Moorbläuling und den Großen Wiesenknopf bewerkstelligt werden können. Die Abarbeitung insbesondere der Anregungen des NABU hat sich bislang in dieser Hinsicht als defizitär erwiesen; jedenfalls konnte als Prüfergebnis die Feststellung nicht genügen, von Seiten der zuständigen Naturschutzbehörden seien keine Einwände erhoben oder Anregungen vorgebracht worden.

Die festgestellten Mängel können nach jetzigem Erkenntnisstand erwartbar in einem ergänzenden Verfahren gemäß § 215 a BauGB behoben werden, ohne die Identität des angegriffenen Bebauungsplans aufgeben zu müssen (vgl. Schmaltz in Schrödter, BauGB, 6. Auflage 1998, § 215 a Anm. 8).

Der Bebauungsplan Nr. 11.3 der Antragsgegnerin ist daher gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO i.V.m. § 215 a BauGB (nur) für unwirksam zu erklären, der weitergehende Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit hingegen abzulehnen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 47 Anm. 112).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind aus Billigkeitsgründen nicht erstattungsfähig, zumal diese keine Anträge gestellt und damit nicht am Prozesskostenrisiko teilgenommen hat (vgl. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Hinweis: Streitwert 40.000,00 €.

Ende der Entscheidung

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