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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 12.03.2008
Aktenzeichen: 3 N 1907/05
Rechtsgebiete: 16. BImSchV, BauGB, BImSchG


Vorschriften:

16. BImSchV § 1
16. BImSchV § 2
BauGB § 1 Abs. 7
BImSchG § 41
BImSchG § 50
Ein Bebauungsplan zur Ertüchtigung eines Verkehrskreisels verletzt das Abwägungsgebot, wenn er den Lärmkonflikt unbewältigt lässt, obwohl bekannt war, dass die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV i.V.m. § 50 BImSchG in der unmittelbaren Nachbarschaft außerhalb des Plangebiets nicht eingehalten werden können.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 3 N 1907/05

Verkündet am: 12. März 2008

In dem Normenkontrollverfahren

wegen Baurechts, Normenkontrolle des Bebauungsplans Nr. K 61 "Königsteiner Verkehrskreisel" der Stadt Königstein

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof -3. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richterin am Hess. VGH Lehmann, Richter am Hess. VGH Dr. Dittmann, Richter am Hess. VGH Pabst

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Der am 17. Juli 2003 als Satzung beschlossene Bebauungsplan Nr. K 61 "Königsteiner Verkehrskreisel" der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls nicht zuvor die Antragsteller Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen den Bebauungsplan K 61 "Königsteiner Verkehrskreisel" der Antragsgegnerin.

Am 21. November 2002 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans K 61 "Königsteiner Verkehrskreisel". Der Aufstellungsbeschluss wurde in der Taunuszeitung am 7. Dezember 2002 öffentlich bekannt gemacht. Die Bürgerbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB wurde in der Zeit vom 19. Dezember 2002 bis 17. Januar 2003 durchgeführt. Die Bekanntmachung der Bürgerbeteiligung erfolgte in der Taunuszeitung am 11. Dezember 2002. Die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin beschloss die öffentliche Auslegung des Planentwurfs gemäß § 3 Abs. 2 BauGB am 20. März 2003. Dies wurde in der Taunuszeitung am 3. April 2003 öffentlich bekannt gemacht. In der Zeit vom 14. April 2003 bis einschließlich 16. Mai 2003 wurde der Planentwurf mitsamt Begründung öffentlich ausgelegt. Am 17. Juli 2003 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan als Satzung gemäß § 10 BauGB mitsamt bauordnungsrechtlichen Festsetzungen gemäß § 81 HBO. Der Satzungsbeschluss wurde in der Taunuszeitung am 19. Juli 2003 öffentlich bekannt gemacht.

Die Antragsteller zu A. 1. bis 24. sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft X...weg 1 bis 37 und gemeinschaftliche Eigentümer des Wohngrundstücks X...weg 1 - 37 (Flurstück .../16) mit einer Grundstücksfläche von 5.000 qm. Die auf dem Grundstück errichteten Gebäude werden zu Wohnzwecken genutzt. Die Antragsteller zu B. sind Eigentümer des selbstgenutzten Wohneigentums im X...weg 15.

Die Satzung überplant eine ca. 3 Hektar große Fläche im Südosten von Königstein mit einer Verkehrsfläche (Kreiselkreuzung der Bundesstraßen 8 und 455 sowie einer Stadtstraße). Das Plangebiet umfasst auch den südöstlichen Randstreifen des Flurstückes .../16. Der südöstliche Teil des Hausgrundstücks der Antragsteller zu A. grenzt sowohl an die Einmündung der aus Limburg kommenden B 8 in den Kreisel als auch an den eigentlichen Kreisel. Der in dem Bebauungsplan einbezogene Streifen des Grundstücks wird zur Hälfte als "Verkehrsgrün" festgesetzt, für die andere Hälfte fehlt es an einer Festsetzung der Nutzung. Zwischen diesen Streifen und den Wohnhäusern wurde auf dem Flurstück .../16 schon bei Fertigstellung der Wohnanlage von den Antragstellern auf der Gemeinschaftseigentumsfläche ein etwa 4,5 m hoher vegetativ begrünter Lärmschutzwall gebaut. Die obersten Etagen der Wohnhäuser überragen den Wall und haben Sichtkontakt zum Kreisverkehr und zur B 8. Drei der acht Wohngebäudeteile auf dem Grundstück der Antragsteller liegen mit mehreren Gebäudeseiten im Einwirkungsbereich der Verkehrslärmimmissionen der Bundesfernstraßenkreuzung. Auch Außenwohnbereiche sind in Richtung der Verkehrsflächen ausgerichtet. Die geringste Entfernung zwischen der nächsten Gebäudeaußenwand und der Verkehrsfläche der B 8 beträgt am X...weg 15 ca. 11 m. Ziel der Planung ist es, den zu- und abfließenden Verkehr des Verkehrskreisels durch zusätzliche Fahrspuren flüssiger zu gestalten und die Durchflusskapazität in den Verkehrsspitzenzeiten zu erhöhen. In der südwestlich des Grundstücks der Antragsteller gelegenen zum Kreisel führenden B 8 soll der Querschnitt von zwei auf vier Spuren erweitert werden, ferner ist Gegenstand der Planung der Bau eines gemeinsamen Geh- und Radweges an der Südseite der Straße mit einer Breite von 3 m und einer Lichtsignalsteuerung der Zufahrt zum Kreisel.

Eine vom Amt für Straßen- und Verkehrswesen Frankfurt erstellte schalltechnische Berechnung kommt für das zweite Obergeschoss des Wohngebäudes X...weg 15 - dem Wohneigentum der Antragsteller zu B. - zu einem Beurteilungspegel von 62 db(A) tags und 54 db(A) nachts.

Im Verlauf des Planaufstellungsverfahrens wurde kontrovers diskutiert, mit welcher Verkehrsmehrbelastung und damit einhergehend Lärmimmissionen und Schadstoffbelastungen der Luft bei Verwirklichung der Planung zu rechnen ist.

Im Planfeststellungsbeschluss des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 26. Oktober 2007 für die Errichtung einer Lärmschutzwand in der Stadt Königstein im Taunus nördlich der Kreisverkehrsanlage ("Königsteiner Verkehrskreisel") wird der Plan für die Errichtung einer Lärmschutzwand nördlich der Kreisverkehrsanlage (Bundesstraße 8/Bundesstraße 455/Frankfurter Straße) auf der Westseite der Bundesstraße 8 von Baukilometer 0 + 000 bis Baukilometer 0 + 217,15 festgestellt. In den Auflagen heißt es hierzu, soweit durch diese aktive Lärmschutzmaßnahme die maßgeblichen Immissisionsgrenzwerte von 59 db(A) am Tage und 49 db(A) in der Nacht für allgemeine Wohngebiete nicht eingehalten werden könnten, sei passiver Lärmschutz zu gewähren. Außerdem seien Entschädigungen für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs zu leisten.

Bereits mit Schriftsatz vom 19. Juli 2005, beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof am 22. Juli 2005 eingegangenem Schriftsatz, haben die Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt und zur Begründung u.a. ausgeführt, sie seien als Gemeinschaftseigentümer eines überplanten Grundstücksteils antragsbefugt, die Antragsteller zu B. darüber hinaus gesundheitsgefährdenden Lärmimmissionen ausgesetzt.

In formeller Hinsicht sei die Bürger- und Trägerbeteiligung fehlerhaft durchgeführt worden, weil der Geltungsbereich des Planentwurfs der Bekanntmachung nicht vollständig zu entnehmen gewesen sei. Es fehlten Angaben über die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Anregungen seien nicht vollständig geprüft worden. Die Bürger seien über die Wirkungen der Planung nicht vollständig unterrichtet worden. Mit dem offengelegten unvollständigen Entwurf der Begründung des Bebauungsplans sei der Zweck der Unterrichtung der Bürger nicht erreicht worden. Zu den Immissionskonflikten für die Wohnnutzung enthalte die Begründung nur "floskelhafte Leerformeln". Zur Gesundheitsrelevanz planbedingter Schallimmissionen am Wohneigentum der Antragsteller zu B. werde auf umweltmedizinische Erkenntnisse der vom Robert-Koch-Institut im Auftrag des Bundesumweltamtes durchgeführten Spandau Health Survey hingewiesen, bei welcher erhöhte gesundheitliche Risiken durch Lärmbelastungen bei 1.700 Menschen untersucht und ermittelt wurden. In der Bekanntmachung des Bebauungsplans sei der Hinweiszweck verfehlt worden. Bekannt gemacht worden sei ein Bebauungsplan "Königsteiner Kreisel", der nie als Satzung beschlossen worden sei. Der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplans "Königsteiner Kreisel" sei in der Bekanntmachung vom 18. Juli 2003 nicht eindeutig identifizierbar. Eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles sowie anschließend eine Umweltverträglichkeitsprüfung seien nicht durchgeführt worden. Die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung werde beeinträchtigt, weil die dort dargestellte Wohnnutzung auf den Nachbargrundstücken durch die planbedingte Erhöhung der Schallimmissionen auf ein gesundheitsunverträgliches Maß beeinträchtigt werde.

In materieller Hinsicht seien die Verkehrszahlen und die von ihnen ausgehenden Immissionen methodisch fehlerhaft prognostiziert worden. Die im Jahre 2000 von Durth-Roos-Consulting GmbH ermittelte Verkehrsbelastung von 20.000 Kraftfahrzeugen pro Tag mit 5 % Schwerverkehrsanteilen und die im Jahre 2002 vom Amt für Straßenverkehrswesen ermittelte Verkehrsbelastung von 24.000 Kraftfahrzeugen pro Tag bei 3,5 % Schwerverkehrsanteil seien nicht aus einer methodisch korrekten Prognose abgeleitet worden, sondern erschienen willkürlich gewählt. Die Einführung der LKW-Maut auf Bundesautobahnen sei nicht berücksichtigt worden, obwohl sie zu einem Anstieg des LKW-Verkehrs auf den beiden Bundesstraßen geführt habe. Die Lärmobergrenzen für ein reines Wohngebiet anstelle eines allgemeinen Wohngebiets hätten bei der Planung zugrunde gelegt werden müssen. Die Straßenplanung sei abwägungsfehlerhaft, weil das Trennungsgebot des § 50 BImSchG nicht beachtet worden sei. Die darin enthaltene Abwägungsdirektive eines Optimierungsgebots greife bereits unterhalb der Schwelle der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 41 BImSchG. Alternative Streckenführungen, insbesondere Tunnelvarianten seien fehlerhaft nicht untersucht bzw. verworfen worden. Auch eine Optimierung der Lärmsituation durch vollständige oder teilweise Tieferlegung der Trasse der B 8 in einem Trog mit einem nach Maßgabe des aktiven Lärmschutzes zu gestaltenden Deckel sei als Alternative nicht geprüft worden.

Die Antragsgegnerin habe ferner den gesetzlichen Vorrang des aktiven Lärmschutzes gemäß § 41 BImSchG verkannt, weil die Antragsgegnerin § 1 der 16. BImSchV fehlerhaft interpretiere. Bei der Prüfung der technischen Möglichkeiten aktiven Lärmschutzes hätte die Antragsgegnerin die Baulänge und Bauhöhe einer Lärmschutzwand darauf hin zu prüfen gehabt, ob auch die Obergeschosse der Wohnhäuser im X...weg wirksam geschützt werden könnten. Eine solche Prüfung habe sich auch aufgedrängt, weil zum Schutz dieser Wohnhäuser bereits parallel zur Bundesfernstraßentrasse ein Lärmschutzwall existiere, dessen Ersatz oder Erhöhung nahegelegen habe. Es habe auch keine Prüfung gemäß § 41 Abs. 2 BImSchG stattgefunden, ob die Einhaltung der Grenzwerte 16. BImSchV vollständig oder zumindest teilweise durch aktiven Lärmschutz zu garantieren seien. Zu einer sachgerechten Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Frage, wann passiver Lärmschutz an die Stelle von aktivem Lärmschutz treten dürfe, sei die Antragsgegnerin nicht vorgedrungen.

Der Bebauungsplan schaffe keine geordnete städtebauliche Entwicklung, weil sein Geltungsbereich nicht auf Flächen ausgedehnt worden sei, auf die er hätte ausgedehnt werden müssen, um nicht die städtebauliche Ordnung seiner Umgebung in Frage zu stellen. Das dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB inne wohnende Gebot der Problem- und Konfliktbewältigung hätte die Einbeziehung weiterer Grundstücksflächen im Gemeinschaftseigentum der Antragsteller erfordert, weil ihnen durch die zu erwartenden Verkehrsmehrlastungen medizinisch belegbare Gesundheitsgefahren drohten. Die lückenhafte Ermittlung der den Grenzwert überschreitenden Beurteilungspegel an den Fassaden des X...weges 1 bis 37 führe schließlich zu einer erheblichen Unterschätzung der Zahl der mit Gesundheitsrisiken durch Lärm betroffenen Anwohner.

Die Antragsteller teilen mit, dass sieben von ihnen gegen den Planfeststellungsbeschluss des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 26. Oktober 2007 Klage erhoben haben, die beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof unter dem Aktenzeichen 2 C 2720/07.T geführt werde und sich dagegen richte, dass der von der Antragsgegnerin zu ihren Gunsten vorgesehene aktive Schallschutz in Form der Errichtung einer neuen Schallschutzwand an der Grundstücksgrenze des Gemeinschaftseigentums zu dem im öffentlichen Eigentum stehenden Grundstück mit der Nutzung des Verkehrskreisels auf einige Maßnahmen des passiven Schallschutzes herabgesetzt werde.

Die Antragsteller regen schließlich an, den vorläufig auf 340.000 € festgesetzten Streitwert auf insgesamt 20.000,00 € herabzusetzen.

Die Antragsteller beantragen,

den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. K 61 "Königsteiner Verkehrskreisel" in der Fassung des Satzungsbeschlusses vom 17.07.2003 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Zur Begründung führt sie aus, formelle Fehler bestünden nicht bzw. seien gemäß § 214 BauGB unbeachtlich. Es treffe nicht zu, die ausgelegte Planbegründung enthalte zu den aufgeworfenen Konflikten des Verkehrslärms nur nichtssagende und floskelhafte Ausführungen. Vielmehr sei auf die Vorarbeiten und die Untersuchungen der Durth-Roos-Consulting GmbH sowie des Amtes für Straßen- und Verkehrswesens Frankfurt ausdrücklich Bezug genommen worden. Es sei unschädlich, dass in der Bekanntmachung der Königsteiner Verkehrskreisel als "Königsteiner Kreisel" bezeichnet worden sei.

Die Verkehrszahlen und die von ihnen ausgehenden Immissionen seien methodisch fehlerfrei prognostiziert worden. Die vom Amt für Straßen- und Verkehrswesen Frankfurt angenommenen 24.000 Kraftfahrzeuge pro Tag erschienen in der Berechnung als Maximalkapazität des Kreisels, sodass es nicht angreifbar sei, die Lärm- und Schadstoffbelastungen auf der Grundlage dieser Zahl zu ermitteln. Die Befürchtung, das überlastete Wiesbadener Kreuz der A 3/A 66 könnte über die B 8 umgangen werden, werde aktuell durch die Erweiterung der A 3 auf drei Fahrspuren entkräftet. Die Annahme eines allgemeinen Wohngebiets entspreche den Vorgaben der Baunutzungsverordnung. Mit dem vorliegenden Bebauungsplan werde eine vorhandene Verkehrsanlage ausgebaut. In der Begründung zum Bebauungsplan werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Realisierung der geplanten Westumgehung Königstein im Taunus im Zuge der B 8 dringend erforderlich bleibe und nur so eine Entlastung der gesamten Stadt und insbesondere des Kreisverkehrs erreicht werde. Ziel des Bebauungsplans sei es, den zu- und abfließenden Verkehr innerhalb des bereits bestehenden Kreisels flüssiger zu gestalten, um Staus in den Spitzenzeiten künftig zu vermeiden. Die von den Antragstellern angesprochenen Tunnelvarianten seien unter Kostengesichtspunkten und wegen fehlender dafür erforderlicher Flächen nicht realisierbar. Gleiches gelte für eine Tieferlegung nur der B 8 mit einem Trog mit Deckel. Die Planung widerspreche auch nicht einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Werde der Ausbau einer Straße für notwendig erachtet, so liege die Planung der Streckenführung und Ausgestaltung im Planungsermessen der Gemeinde.

Abschließend weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass die Baugenehmigung des Hochtaunuskreises vom 25. November 1998 bezüglich des Objekts X...weg 1 - 37 bereits passive Schallschutzmaßnahmen vorgesehen habe.

Dem Senat haben zwei Ordner Planaufstellungsunterlagen der Antragsgegnerin sowie ein Forschungsbericht des Umweltbundesamtes zum Einfluss von Lärmstress auf das Immunsystem vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt der beigezogenen Akten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag der Antragsteller hat Erfolg.

Der Normenkontrollantrag ist statthaft, denn die Antragsteller wenden sich gegen einen nach § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung beschlossenen Bebauungsplan, dessen Gültigkeit vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.

Der Normenkontrollantrag ist auch im Übrigen zulässig. Die Antragsteller sind antragsbefugt im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Ebenso wie bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen nach § 42 VwGO reicht es für die Antragsbefugnis aus, dass die Verletzung von subjektiven Rechten der Antragsteller durch den Bebauungsplan möglich erscheint. Dies ist hier der Fall. Wenden sich - wie hier - die Antragsteller als gemeinschaftliche Eigentümer eines zum Teil im Plangebiet liegenden Grundstücks gegen Festsetzungen eines Bebauungsplans, so ist die erforderliche Antragsbefugnis regelmäßig gegeben.

Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

Formelle Fehler beim Zustandekommen des Bebauungsplans sind nicht ersichtlich. Die Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange gemäß den §§ 3 und 4 BauGB lässt Fehler nicht erkennen; die öffentlichen Bekanntmachungen von Aufstellungsbeschluss, Bürgerbeteiligung, Planentwurfsauslegung und Satzungsbeschluss genügen der gebotenen Anstoß- und Hinweisfunktion. Die fehlerhafte Bezeichnung des Planvorhabens als "Königsteiner Kreisel" anstelle von "Königsteiner Verkehrskreisel" war bei verständiger Würdigung des Umstands, dass die dortigen Verkehrsprobleme in Königstein wie im übrigen Vordertaunus seit Jahrzehnten ein Dauerthema sind, nicht geeignet, in der Öffentlichkeit einen relevanten Irrtum hervorzurufen, zumal bei keiner Bekanntmachung die korrekte und für sich schon ausreichende Planbezeichnung "K 61" fehlte. Anhaltspunkte für eine verkürzte Bürgerinformation sind im Übrigen nicht ersichtlich, insbesondere musste der "Zusatzgeltungsbereich für die Kompensationsmaßnahme Sonnenhofstraße" nicht in der öffentlichen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses enthalten sein, denn rechtsstaatlichen Verkündungserfordernissen wird entsprochen, wenn sich der genaue Geltungsbereich des Plans aus dem Gesamtvorgang der Ersatzverkündung einschließlich des ausgelegten Plans ergibt (vgl. BVerwG, U. v. 06.07.1984 - 4 C 22.80 - NJW 1985, 1570; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, § 10 Anm. 35 m. w. N.). Schließlich ist der Vorwurf einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung unbegründet, da eine solche gesetzlich nicht vorgesehen ist (§ 3 UVPG i. V. m. Nr. 14.3 bis 14.6 der Anlage 1). Weitere Einwände der Antragsteller gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen des Bebauungsplans sind entweder unbeachtlich im Sinne von § 214 Abs. 1 BauGB oder aber materiell-rechtlicher Natur und in diesem Zusammenhang zu behandeln.

Der angefochtene Bebauungsplan leidet an inhaltlichen Fehlern.

Allerdings ist das Gebot der Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) beachtet worden. Danach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist (jetzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB). An der Erforderlichkeit der Bauleitplanung fehlt es nur dann, wenn sie von keiner erkennbaren Konzeption getragen wird. Welche städtebaulichen Ziele sich die Gemeinde setzt, liegt in ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, B. v. 14.08.1996 - 4 NB 21.95 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86). Ein Bebauungsplan ist im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich, soweit er nach der städtebaulichen Konzeption der Gemeinde vernünftigerweise geboten ist (BVerwG, U. v. 07.05.1971 - IV C 76.68 - BRS 24 Nr. 25). Bauleitpläne sind somit dann "erforderlich", wenn sie nach der planerischen Konzeption der Gemeinde als vernünftigerweise geboten angesehen werden können. Diese Konzeption (insbesondere im Sinne einer bewussten Städtebaupolitik) ist gerade Aufgabe der Gemeinde.

Die Antragsgegnerin hat die Erforderlichkeit des Bebauungsplans zu Recht bejaht. In der Begründung heißt es unter 2. Ziele des Bebauungsplans:

"Der Bebauungsplan soll das straßenbauliche Planfeststellungsverfahren ersetzen und für die Kompensation der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft sorgen.

Der Ausbau des Kreisels soll den zu- und abfließenden Verkehr flüssiger gestalten und die bisher in Verkehrsspitzenzeiten auftretenden Staus vermeiden helfen."

Unter 6. Bauleitplanung/Straßenplanung heißt es ferner:

"Begründung für den Umbau

Der Kreisverkehrsplatz in Königstein im Taunus, der die B 8 und die B 455 miteinander verknüpft, ist seit Jahren ein neuralgischer Knotenpunkt, an dem regelmäßig Rückstaus in den Spitzenzeiten auftreten. Insbesondere in der Le-Cannet-Rocheville-Straße sowie der Sodener Straße sind hohe Rückstaulängen zu verzeichnen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des Kreisverkehrsplatzes wurden mit der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung (HSVV) erörtert und einvernehmlich abgestimmt. Die nun umzusetzende Variante beinhaltet eine Teil-Signalisierung; einzelne Zufahrten sollen ohne Lichtsignalanlagen betrieben werden ... "

An der Erforderlichkeit des Bebauungsplans bestehen danach keine durchschlagenden Zweifel, zumal keine normativen Schranken erkennbar sind, die der Verwirklichung der planerischen Ziele durch Planumsetzung dauerhaft entgegenstehen.

Die Antragsgegnerin hat jedoch das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 (jetzt §§ 1 Abs. 7, 2 Abs. 3) BauGB nicht ausreichend beachtet.

Das Abwägungsgebot verpflichtet den Träger der Bauleitplanung dazu, dass erstens eine Abwägung überhaupt stattfindet, zweitens in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, drittens weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt, noch viertens der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, U. v. 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 - seither st. Rspr.). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Die Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots auf die Frage, ob die Gemeinde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat. Diese Grundsätze hat die Antragsgegnerin nicht ausreichend beachtet.

Der Bebauungsplan enthält lediglich grünordnerische Festsetzungen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB entlang der Verkehrswege sowie Festsetzungen zu Kompensationspflanzungen im Zusatzgeltungsbereich Sonnenhofstraße 2 bis 6 außerhalb des Plangebiets.

Im Hinblick auf die durch die Erweiterung des Verkehrskreisels zu erwartende Verkehrszunahme und die damit einhergehenden Lärm- und Schadstoffimmissionen durfte sich die Antragsgegnerin nicht auf die zuvor geschilderten Festsetzungen beschränken, zumal der Bebauungsplan gemäß § 17 Abs. 3 Bundesfernstraßengesetz (FStrG) a. F. (jetzt § 17b Abs. 2 FStrG) die straßenrechtliche Planfeststellung ersetzen sollte.

Die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen des § 41 BImSchG und der §§ 1 und 2 16. BImSchV hätten eingehende Erhebungen und daraus resultierend Aussagen zum (aktiven und/oder passiven) Lärmschutz erfordert, denn es war bekannt, dass die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 16. BImSchV i. V. m. § 50 BImSchG nicht überall in der unmittelbaren Nachbarschaft des Plangebiets eingehalten werden können. Die Untersuchungen von Durth Roos Consulting GmbH und dem Amt für Straßenverkehrswesen Frankfurt zu den zu erwartenden Lärm- und Schadstoffbelastungen haben nicht zu planerischen Konsequenzen geführt, die dem der planerischen Abwägung inne wohnenden Gebot der Konfliktbewältigung zwischen Straßenverkehr und angrenzender Wohnnutzung gerecht werden.

Es ist nicht erkennbar, dass die Konfliktbewältigung auf einer nachgeordneten Ebene - etwa durch Anordnung von Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Teil-Signalisierungen - hinreichend erfolgen könnte, denn der Bebauungsplan darf der Plandurchführung und weiteren Planungsschritten nur das überlassen, was diese an zusätzlichem Interessenausgleich tatsächlich zu leisten vermögen (Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, § 1 Anm. 115). Hierfür ist jedoch nichts ersichtlich.

Die Antragsgegnerin hat die zu beachtenden privaten Belange der Antragsteller in der Abwägung nicht angemessen gewichtet und den Konflikt zwischen Straßenverkehr und Wohnnutzung ungelöst gelassen. Dies wird im Planfeststellungsbeschluss des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 26. Oktober 2007, Seite 34 f. (Bl. 186, 187 GA) ebenso gesehen.

Das Planungsergebnis, das im Wesentlichen darin besteht, einen lösungsbedürftigen Konflikt ungelöst zu lassen, entspricht nicht der ausdrücklich betonten Planungsabsicht, einen Planfeststellungsbeschluss zu ersetzen. Dies hat die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge (vgl. auch Hess. VGH, B. v. 25.08.1994 - 4 N 796/92 -).

Da die konkrete Möglichkeit bestand, dass bei Einstellung und korrekter Gewichtung aller abwägungserheblichen Belange die Antragsgegnerin anders geplant hätte, ist der Mangel im Abwägungsvorgang auch erheblich im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB.

Nach alledem hat der Normenkontrollantrag Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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