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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.03.2002
Aktenzeichen: 3 TG 481/02
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 80 a Abs. 3
Erfolgreicher nachbarlicher Eilantrag auf Anordnung des Sofortvollzugs durch das Gericht für den Rückbau einer Wohnhauserweiterung im Innenbereich.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

3. Senat

3 TG 481/02

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Bauplanungs-, Bauordnungs- und Städtebauförderungsrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richterin am Hess. VGH Schott

am 26. März 2002 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 14. Januar 2002 - 6 G 4893/01 (V) - wird abgeändert. Auf Antrag der Antragsteller wird die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 11. Juni 2001 (Az.: 63 AG 017227.0111) angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz haben der Antragsgegner und die Beigeladenen je zur Hälfte zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für die zweite Instanz auf 2.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Rahmen eines Eilverfahrens vom Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung der von ihm mit Beschluss vom 11. Juni 2001 (Bl. 216 roter Behördenordner) gegenüber den Beigeladenen ausgesprochenen Beseitigungsverfügung. In dem genannten Bescheid wird den Beigeladenen aufgegeben, ihr Bauvorhaben auf den ursprünglichen Bestand zurückzubauen, sodass ein Mindestabstand von 3 m zum Nachbargrundstück eingehalten werden kann.

Den Beigeladenen war durch Baugenehmigung vom 23. März 1998 der An- bzw. Umbau ihres Wohnhauses nebst Dachanhebung und beabsichtigter Wohnnutzung im Erdgeschoss erlaubt sowie mit Bescheid vom selben Tage Befreiung von der Einhaltung der Geschossflächenzahl erteilt worden. Aufgrund eines gerichtlichen Eilantrages ordnete das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 3. August 1999 (Az.: 15 G 1950/99) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 28. April 1998 an. Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde blieb ohne Erfolg (Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. September 1999, Az.: 4 TZ 2784/99).

Die Klage der Antragsteller gegen die Baugenehmigung und gegen den Befreiungsbescheid hatte vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 24. August 2000, Az.: 15 E 295/98; Bl. 166 roter Behördenordner) Erfolg. Beide Bescheide wurden durch das genannte Urteil aufgehoben. Die Zulassungsanträge des Antragsgegners und der Beigeladenen blieben ohne Erfolg (Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Mai 2001, Az.: 3 UZ 3469/00).

Mit Bescheid vom 26. August 1999 (Bl. 76 roter Behördenordner) erging eine Baueinstellungsverfügung nebst Androhung eines Zwangsgeldes gegen die Beigeladenen; mit Bescheid vom 8. Oktober 1999 (Bl. 118 roter Behördenordner) wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 DM gegen die Beigeladenen festgesetzt. Gegen beide Bescheide legten die Beigeladenen Widerspruch ein (vom 26. August 1999 bzw. vom 13. Oktober 1999), über den, soweit aus der Behördenakte ersichtlich, noch nicht entschieden ist.

Mit Bescheid vom 11. Mai 2001 setzte die Behörde erneut ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 DM (Bl. 95 roter Behördenordner) fest. Die Beigeladenen legten mit Schreiben vom 15. Mai 2001 Widerspruch gegen den Bescheid ein, über den ebenfalls noch nicht entschieden ist.

Mit Bescheid vom 11. Juni 2001 (Bl. 216 roter Behördenordner) forderte der Antragsgegner die Beigeladenen unter Zwangsgeldandrohung auf, das Bauvorhaben innerhalb von drei Monaten nach Bestandskraft der Verfügung auf den ursprünglichen Bestand zurückzubauen, sodass eine Abstandsfläche von 3 m zum Nachbargrundstück eingehalten werden könne. Die Beigeladenen legten mit Schreiben vom 13. Juni 2001 (Bl. 220 roter Behördenordner) Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Sie trugen im Wesentlichen vor, die Aufforderung zum Rückbau sei unverhältnismäßig unter Berücksichtigung der nachbarlichen Interessen, die im Wesentlichen die Funktionsfähigkeit des Kamins beträfen. Das Bauwerk sei zunächst genehmigt worden, sodass sie sich auf Vertrauensschutz berufen könnten. Die Antragsteller leiteten daraufhin mit Schriftsatz vom 13. November 2001 ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren mit dem Ziel ein, die Anordnung des Sofortvollzuges hinsichtlich der Rückbauverpflichtung zu erreichen. Sie trugen vor, es stehe nunmehr rechtskräftig fest, dass An- und Umbau sowie Dachanhebung rechtswidrig gewesen seien.

Der Antragsgegner machte die Unzulässigkeit des Antrags geltend, da die Antragsteller es unterlassen hätten, sich mit ihrem Begehren zunächst an die Behörde zu wenden. Im Übrigen sei der Antrag aber auch unbegründet, denn es überwiege das Interesse der Beigeladenen daran, die Rechtmäßigkeit der Teilabrissverfügung zunächst im Rahmen des Widerspruchsverfahrens prüfen zu lassen. Das Verwaltungsgericht habe in seinem rechtskräftigen Urteil festgestellt, eine Beeinträchtigung der benachbarten Antragsteller trete nur deshalb ein, weil deren Schornstein erhöht werden müsse. Da es sich insoweit nur um einen der Belüftung des Kachelofens dienenden Nebenschornstein handele, müsse das Interesse der Antragsteller hinter dem der Beigeladenen zurücktreten.

Die Beigeladenen sind dem Begehren ebenfalls entgegengetreten und haben ausgeführt, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung sei nicht präjudiziell für die anstehende Entscheidung zum Teilabriss bzw. Rückbau. Hinsichtlich der Frage des Rückbaus sei vielmehr eine Güterabwägung vorzunehmen, die eindeutig dazu führen müsse, dass ein Rückbau nicht verlangt werden könne. Die Beigeladenen hätten auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung vertraut. Erst nachdem der Bau fast fertig gewesen sei, hätten sie erfahren, dass sich die Antragsteller dem Bauvorhaben widersetzten. Die nachbarrechtlichen Interessen der Antragsteller an der Funktionsfähigkeit des Kamins seien geringer zu bewerten als die Schwere des Eingriffs bei einem Rückbau. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Beigeladenen den Antragstellern die Übernahme der Kosten für die Erhöhung des Schornsteins jederzeit angeboten hätten. Eine Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rückbauverpflichtung würde die Hauptsache vorwegnehmen. Das Begehren müsse bereits aus diesem Grund scheitern.

Mit Beschluss vom 14. Januar 2002 hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main den Antrag kostenpflichtig abgelehnt und im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei zwar zulässig, denn die Antragsteller hätten sich unmittelbar an das Gericht wenden können ohne zuvor einen Antrag bei der Behörde stellen zu müssen. Das Begehren sei jedoch unbegründet. Denn die nur im Rahmen eines Eilverfahrens bestätigte Verpflichtung zum Rückbau baulicher Anlagen nehme die Hauptsache in unangemessener Weise vorweg. Der Anbau der Beigeladenen könne nicht ohne wesentlichen Substanzverlust zurückgebaut werden.

Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2002, bei Gericht am selben Tage eingegangen, haben die Antragsteller gegen den ihnen am 18. Januar 2002 zugestellten Beschluss Beschwerde eingelegt und diese mit am 18. Februar 2002 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Telefax begründet. Sie haben vorgetragen, es bestehe entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ein besonders öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Rückbauverpflichtung. Denn die Rückbauverfügung sei offensichtlich rechtmäßig. Der eingelegte Widerspruch diene nur der zeitlichen Verzögerung des Rückbaus. Das öffentliche Interesse gebiete grundsätzlich das sofortige behördliche Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände. Die bauliche Veränderung am Haus der Beigeladenen habe eine erhebliche negative Vorbildfunktion. Die Frage eines eventuellen Substanzverlustes sei hier nicht relevant, denn gegen die Beigeladenen sei bereits im August 1999 eine Baueinstellungsverfügung ergangen, über die sich die Beigeladenen hinweggesetzt hätten.

Der Antragsgegner hat sich nicht geäußert. Die Beigeladenen sind der Beschwerde entgegengetreten und haben ausgeführt, es bestehe kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Rückbauverfügung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf zwei Hefter Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, denn das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 11. Juni 2001, mit dem die Rückbauverpflichtung gegenüber den Beigeladenen ausgesprochen wurde, zu Unrecht abgelehnt.

Da der Widerspruch der Beigeladenen gegen die in dem Bescheid ausgesprochene Rückbauverpflichtung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat, kann das Gericht gemäß § 80 a Abs. 3 VwGO auf Antrag des Begünstigten die sofortige Vollziehung anordnen. Dabei folgt der Senat der Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach ein solcher Antrag nicht zunächst vor der Behörde zu stellen ist (vgl. zum Meinungsstand ausführlich Christoph Heydemann, Der Vorrang einer behördlichen Entscheidung vor dem einstweiligen Rechtsschutz durch das Verwaltungsgericht, NVwZ 93, 419 ff.). Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts sowie auf die damit übereinstimmende Rechtsprechung des Hess. VGH (B. v. 01.08.1991, Az.: 4 TH 1244/91, NVwZ 93, 491 f.) Bezug genommen. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Behörde es im Rahmen des Eilverfahrens inzwischen abgelehnt hat, den Sofortvollzug anzuordnen. Der Antrag der Antragsteller wäre daher mittlerweile auch dann nicht mehr unzulässig, wenn man der Auffassung folgen würde, es müsse zunächst ein Antrag vor der Behörde gestellt werden.

Aufgrund eines Antrags nach § 80 a Abs. 3 VwGO ist dem Gericht die Möglichkeit eröffnet, nicht nur die Behörde zur Anordnung des Sofortvollzuges zu verpflichten, sondern ihn anstelle der Behörde selbst auszusprechen (vgl. Hess. VGH, B. v. 10.05.1996, Az.: 4 TG 128/96 m.w.N., BRS 58 Nr. 149). Das Gericht trifft in diesem Fall eine eigene Ermessensentscheidung (ebenda; OVG Berlin, B. v. 07.09.1990, Az.: 2 S 14.90, BRS 50, Nr. 206).

Für eine Entscheidung des Gerichts über den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der sofortigen Vollziehung durch das Gericht gelten grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 80 Abs. 5 und Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO entwickelten Maßstäbe (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 01.08.1991 a.a.O.). Danach ist ein Antrag begründet, wenn das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts gegenüber dem privaten Interesse des weiteren Beteiligten, die Vollziehung bis zur Entscheidung über seinen Rechtsbehelf hinauszuschieben, überwiegt und das gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erforderliche besondere Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung vorliegt. Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abrissverfügung bestehen nicht. Durch Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 24. August 2000 wurde rechtskräftig festgestellt, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen formell und materiell rechtswidrig ist. Da die bauliche Veränderung, die die Antragsteller durch Erhöhung ihres Kamins an ihrem Wohnhaus vornehmen müssten, wenn das Bauvorhaben der Beigeladenen erhalten bliebe, den Antragstellern nicht zuzumuten ist, konnte die Behörde hier nur gemäß § 78 Abs. 1 HBO den Rückbau des Vorhabens insgesamt anordnen. Die Antragsteller haben, da sie durch eine rechtswidrige und im gerichtlichen Verfahren aufgehobene Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt sind, Anspruch auf den Erlass einer Abrissverfügung (vgl. BVerwG, B. v. 09.02.2000, Az.: 4 B 11.00, BauR 2000, 1318 ff., VGH Kassel, U. v. 25.11.1999, Az.: 4 UE 2222/92, BauR 2000, 973). Soweit die Beigeladenen sich in ihrem Widerspruch auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes berufen und die Ansicht vertreten, die Anordnung des Rückbaus sei nicht gerechtfertigt, kann ihren Ausführungen nicht gefolgt werden. Bereits mit Telefax vom 28. April 1998 hatten die Antragsteller Widerspruch gegen die Baugenehmigung eingelegt. Mit Bescheid des Antragsgegners vom 26. August 1999 erging ein Baueinstellungsbescheid aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 3. August 1999. Den Beigeladenen musste daher frühzeitig deutlich gewesen sein, dass sie möglicherweise ihr Bauvorhaben nicht würden realisieren können. Dass sie ihr Bauvorhaben, wie aus den von der Behörde in der Zwischenzeit wiederholt gefertigten Fotos hervorgeht, weitgehend fertiggestellt haben, berechtigt sie nicht dazu, sich mit Erfolg auf den nunmehr höheren Substanzverlust bei Durchführung des Rückbaus zu berufen. Denn der Substanzverlust würde sehr viel geringer ausfallen, wenn die Antragsteller die Bauarbeiten nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller durch das Gericht oder bereits nach Kenntnis vom Widerspruch der Antragsteller gegen die Baugenehmigung tatsächlich eingestellt hätten. Darüber hinaus wird gegebenenfalls in einem gerichtlichen Verfahren zu klären sein, welche Ersatzansprüche den Beigeladenen wegen ihrer im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung getätigten Investitionen gegen den Antragsgegner zustehen (vgl. dazu Johlen und Beutling, Schadensersatzanspruch des Bauherrn bei einer rechtswidrig erteilten und später aufgehobenen Baugenehmigung, BauR 2002, 263 ff.). Die Anordnung des Rückbaus ist verhältnismäßig und widerspricht auch nicht den Grundsätzen des Vertrauensschutzes.

Auch die Voraussetzungen des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung der Verfügung sind hier gegeben. Diese müssen vorliegen, weil grundsätzlich ein Anspruch des Betroffenen anzuerkennen ist, dass seine Einwendungen gegen den Verwaltungsakt, gegen den er sich wendet, in einem ordnungsgemäßen Hauptsacheverfahren gerichtlich überprüft werden, bevor der Verwaltungsakt vollzogen wird. Anderenfalls müssten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes weitgehende Aufklärungen und Überprüfungen vorgenommen werden und es würde die Schaffung vollendeter irreparabler Tatsachen in Kauf genommen. Ein besonderes Vollzugsinteresse ist aber anzuerkennen, wenn - wie im vorliegenden Verfahren bereits bejaht - der Widerspruch gegen die umstrittene Verfügung offensichtlich unbegründet ist - sofern nicht und ein Abriss ohne Substanzverlust vorgenommen werden kann (OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 28.08.1995, Az.: 11 B 1957/95, DÖV 1996, 38) oder von dem Vorhaben eine erhebliche Breiten- und Nachahmungswirkung ausgeht (vgl. ebenda sowie Niedersächsisches OVG, B. v. 10. Mai 1994, Az.: 1 N 1046/94, BauR 94, 611 ff.) - ein besonderes Interesse an der Vollziehung als Ergebnis einer Abwägung aller im konkreten Fall betroffenen öffentlichen und privaten Interessen gegeben ist.

Ohne Substanzverlust kann das Vorhaben der Beigeladenen nicht zurückgebaut werden. Ob ohne die Anordnung des Sofortvollzuges ein erheblicher Breiten- und Nachahmungseffekt besteht, erscheint fraglich. Denn immerhin haben die Beigeladenen mit dem Vorhaben nicht illegal, sondern aufgrund einer ihnen erteilten Baugenehmigung begonnen. Die Fälle, in denen in der Rechtsprechung eine erhebliche Breiten- und Nachahmungswirkung angenommen worden ist, haben in der Regel rechtswidrig errichtete Hütten im Außenbereich betroffen.

Die sofortige Vollziehung ist hier jedoch als Ergebnis einer Abwägung aller im konkreten Fall betroffenen öffentlichen und privaten Interessen auszusprechen. Es wurden bereits in einem Hauptsacheverfahren die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung und die Beeinträchtigung der durch Art. 14 GG geschützten Nachbarbelange festgestellt. Die Antragsteller sind gehalten, ihren Kamin in erheblichem Umfang zu erhöhen, solange das Vorhaben der Beigeladenen Bestand hat. Angesichts der langen Dauer von Verwaltungsstreitverfahren sowie des Umstands, dass die Baugenehmigung selbst bereits im Eil- und im Hauptsacheverfahren überprüft worden ist, ist hier ein Überwiegen der grundrechtlich geschützten Position der Antragsteller festzustellen. Die Beigeladenen haben nach Kenntnis von der Einlegung des Widerspruchs der Antragsteller auf eigenes Risiko gebaut bzw. weitergebaut. In diesem Zeitpunkt waren größere substanzverändernde Investitionen noch nicht getätigt. Der nunmehr eintretende Substanzverlust tritt daher zu einem großen Teil auch deshalb ein, weil die Beigeladenen das Risiko der Aufhebung der Baugenehmigung bewusst in Kauf genommen haben. Angesichts dieser Situation überwiegt das Interesse der Antragsteller an einem Sofortvollzug der von dem Antragsgegner ausgesprochenen Abrissverfügung.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus den §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 3, 20 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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