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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.10.2004
Aktenzeichen: 3 TP 2922/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 181 Abs. 1
Soweit bei der Ersatzzustellung eines Schriftstücks durch Niederlegung nach § 181 Abs. 1 Satz 2 ZPO eine schriftliche Mitteilung darüber in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abgegeben werden kann, ist die Ablage in einem offenen Zeitungsrohr bzw. einer Zeitungsrolle ausreichend, wenn es keinen Briefkasten gibt und Briefe stets in der Rolle abgelegt werden. Eine Befestigung der Mitteilung an der Haustür ist dann nicht erforderlich.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

3 TM 2920/04 3 TP 2922/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Zwangsvollstreckung und Prozesskostenhilfe

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Fischer, Richterin am Hess. VGH Lehmann

am 5. Oktober 2004 beschlossen:

Tenor:

1. Das Beschwerdeverfahren der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 2. September 2004 - 10 G 3350/04 - wird abgetrennt, soweit es sich gegen die Antragsgegnerin zu 2) richtet. Das Verfahren wird insoweit unter dem Aktenzeichen 5 TM 2976/04 und 5 TP 2977/04 fortgeführt.

2. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 2. September 2004 - 10 G 3350/04 - sowie der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung für beide Rechtszüge auf 4.545,-- € festgesetzt.

Gründe:

Soweit die Beschwerde der Antragsteller sich auf rückständige gemeindliche Gebühren der Antragsgegnerin zu 2) bezieht und auch insoweit um Prozesskostenhilfe für beide Rechtszüge nachgesucht wird, ist das Verfahren abzutrennen und zuständigkeitshalber an den 5. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs abzugeben.

Die im 3. Senat verbleibende Beschwerde der Antragsteller hat im Ergebnis keinen Erfolg.

Der Senat legt den erstinstanzlich gestellten Antrag der Antragsteller dahingehend aus, dass diese den Antragsgegner zu 1. im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet wissen wollen, die beim Amtsgericht Marburg (Az. 7 K 52/01) betriebene Zwangsvollstreckung im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens einzustellen, indem dieser den Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung zurücknimmt. Insoweit wenden sich die Antragsteller gegen Vollstreckungsmaßnahmen, die durch Verwaltungsbehörden (Vollstreckungsbehörden) getroffen worden sind, nämlich den Antrag auf Zwangsversteigerung durch die Vollstreckungsbehörde bei dem zuständigen Amtsgericht, womit gemäß den §§ 12, 58, 59 Hessisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.

Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da die Antragsteller mit ihrer Einwendung, ihnen sei der Bescheid vom 17. Januar 2000 nicht wirksam zugestellt worden, nicht durchdringen können. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Kopien der Postzustellungsurkunden (Blatt 55 bis 58 der Gerichtsakte) wurde der Bescheid vom 17. Januar 2000, mit dem die Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von 35.561,45 DM (entsprechend 18.182,28 €) festgesetzt und die Antragsteller aufgefordert wurden, den Betrag spätestens drei Monate nach Bestandskraft der Verfügung zu begleichen, den Antragstellern durch Niederlegung zugestellt. Ausweislich der Postzustellungsurkunden wurde die Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung wie bei gewöhnlichen Briefen üblich in den Hausbriefkasten eingelegt. Soweit die Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren eidesstattlich versichert haben, den Bescheid vom 17. Januar 2000 nicht zugestellt bekommen zu haben und im Beschwerdeverfahren erstmals vortragen, die Zustellungsurkunde vom 20. Januar 2000 sei bereits deshalb fehlerhaft, da dort beurkundet worden sei, dass die Niederlegungsnachricht in den Hausbriefkasten eingelegt worden sei, dies könne jedoch schon deshalb nicht richtig sein, da sie keinen Hausbriefkasten hätten, sondern lediglich ein auf einer Seite offenes Zeitungsrohr an der Hauswand, zudem sei der Hof zugängig für jedermann, da kein Zaun vorhanden sei, hindert dies eine wirksame Zustellung nicht, insbesondere musste die Nachricht über die Niederlegung nicht an der Haustür befestigt werden. Gemäß § 1 Abs. 1 Hessisches Verwaltungszustellungsgesetz, § 3 Abs. 3 Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes i. V. m. § 181 ZPO kann das zuzustellende Schriftstück, soweit die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 ZPO nicht ausführbar ist, auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt oder an diesem Ort, wenn die Post mit der Ausführung der Zustellung beauftragt ist, bei einer von der Post dafür bestimmten Stellen niedergelegt werden. Über die Niederlegung ist eine schriftliche Mitteilung auf dem vorgesehenen Vordruck unter der Anschrift der Person, der zugestellt werden soll, in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben oder, wenn das nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften. Die Mitteilung kann dadurch erfolgen, dass der Zusteller sie in der Wohnung des Zustellungsadressaten "in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise" abgibt, wenn dieser Weg Erfolg verspricht. Grundsätzlich kommt es auf die vom Postzusteller beim einzelnen Zustellungsadressaten praktizierte und von diesem jedenfalls hingenommene Übung an. In einem solchen Fall reicht also zum Beispiel meist ein Einwurf in den Briefkasten, es reicht auch ein Einwurf in den einzigen Briefkasten oder Briefschlitz eines Mehrfamilienhauses, wobei der Briefkasten weder verschlossen noch verschließbar sein muss. Ausreichend ist auch die Ablage in einer Zeitungsrolle, wenn es keinen Briefkasten gibt und wenn der Postbote Briefe stets in der Rolle ablegt (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, Kommentar, 62. Auflage, München 2004, § 181 Randnummer 10, 17 mit Rechtsprechungsnachweisen). Entgegen der Auffassung der Antragsteller war eine Befestigung an der Wohnungstür nicht erforderlich, insbesondere führt die mangelnde Befestigung an der Wohnungstür nicht zur Unwirksamkeit der Vollstreckungsmaßnahmen.

Die Antragsteller haben in ihrer Beschwerdebegründung, die der Senat allein prüft (§ 146 Abs. 4 Satz 5 VwGO), im Übrigen nicht behauptet, die Benachrichtigung über die Niederlegung nicht erhalten zu haben, sie sind vielmehr der Auffassung, die Benachrichtigung habe in einer anderen Art und Weise erfolgen müssen. Dass sie den Bescheid vom 17. Januar 2000 tatsächlich nicht erhalten haben, mag sein, da dies voraussetzen würde, dass sie den Bescheid an der auf dem Benachrichtigungszettel angegebenen Stelle abgeholt haben müssten, was möglicherweise nicht geschehen ist. Die Antragsteller haben jedoch gemäß § 181 Abs. 1 Satz 3 ZPO die Zustellung gegen sich gelten zu lassen, da das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt gilt.

Mangels Erfolgsaussicht des erstinstanzlich gestellten Antrags und des eingelegten Rechtsmittels ist der Antrag der Antragsteller auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug ebenso abzulehnen wie die diesbezügliche Beschwerde für die Versagung im ersten Rechtszug zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung auf den §§ 52 Abs. 1, 47, 53 Abs. 3 GKG, die Befugnis zur Änderung des erstinstanzlichen Streitwerts auf § 63 Abs. 3 GKG. Der Senat hat den Wert des Streitgegenstandes für den hier in Streit befindlichen Bescheid vom 17. Januar 2000 auf 4.545,-- € festgesetzt, da aufgrund der Vorläufigkeit eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren es angemessen erscheint, von dem in Streit befindlichen Betrag der Ersatzvornahmekosten in Höhe von 18.182,28 € lediglich ein Vierteil festzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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