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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 19.05.2005
Aktenzeichen: 3 UE 2829/04
Rechtsgebiete: BauGB, StrG


Vorschriften:

BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 4
BauGB § 36
BauGB § 37
BauGB § 38
FStrG § 1 Abs. 4 Nr. 4
FStrG § 17 Abs. 1 Satz 1
FStrG § 17 Abs. 1 a
FStrG § 17 Abs. 2
1. Wird für die Errichtung eines Winterstützpunkts an einer Autobahn das falsche Verfahren gewählt, kann eine Gemeinde dagegen nicht mit Erfolg gerichtlich vorgehen, wenn ihre materiellen Rechte gewahrt sind.

2. Ein Recht auf Abwehr einer Beeinträchtigung oder Verunstaltung des Landschaftsbildes steht einer Gemeinde nicht zu.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

3. Senat

3 UE 2829/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts (Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens)

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richterin am Hess. VGH Lehmann, ehrenamtlicher Richter Dornseiff, ehrenamtlicher Richter Helfmann

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2005 für Recht erkannt: Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 22. April 2004 - 4 E 511/02 (3) - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens.

Als Bauherr beantragte die Beigeladene, vertreten durch das Staatsbauamt Fulda, am 11. April 1998 bei der Bauaufsichtsbehörde des Main-Kinzig-Kreises die Durchführung des Zustimmungsverfahrens nach § 75 Abs. 1 HBO 1993. Sie beabsichtigt, direkt an der östlichen Seite der Bundesautobahn A 66 in Bad Soden-Salmünster auf einer bundeseigenen Fläche im inneren Ohr der nordöstlichen Autobahnabfahrt einen bemannten Winterstützpunkt zu errichten, der folgende Anlagen umfassen soll: zwei Salzsilos für 100 cbm Auftausalz sowie eine Salzsoleanlage mit einem 40.000 Liter-Tank, des weiteren ein Unterkunftsgebäude und einen Unterstand für zwei LKW. Als Fläche wird ein Bedarf von 42 m x 44 m veranschlagt. Erschlossen werden soll dieser Standort direkt über die Rampen der Anschlussstelle der Autobahn.

Mit ihrer Stellungnahme vom 23. Juni 1998 versagte die Klägerin ihr Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB wegen der Beeinträchtigung öffentlicher Belange, insbesondere des Ortsbildes. Daraufhin ersetzte das Regierungspräsidium Darmstadt das klägerische Einvernehmen mit Bescheid vom 2. Oktober 1998 (Bl. 2 der Gerichtsakte - GA -) und erklärte das Vorhaben nach § 37 Abs. 1 BauGB für zulässig.

Der Main-Kinzig-Kreis erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 16. November 1998 (vgl. Bl. 26 der Behördenakte - BA -) die Zustimmung zur Ausführung des Bauvorhabens. Über den dagegen eingelegten klägerischen Widerspruch ist noch nicht entschieden worden.

Die Klägerin stellte am 8. Dezember 1998 beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main - 3 G 3888/98 (1) - einen Eilantrag gegen den Zustimmungsbescheid des Main-Kinzig-Kreises vom 16. November 1998. Der Eilantrag blieb im ersten Rechtszug erfolglos. Im Beschwerdeverfahren ordnete der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. Dezember 2000 - 4 TG 3044/99 - die aufschiebende Wirkung des klägerischen Widerspruchs gegen den Zustimmungsbescheid an. Der Zustimmungsbescheid sei zumindest deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil das ihm zugrundeliegende gemeindliche Einvernehmen nicht rechtswirksam ersetzt worden sei. Dem gemeindlichen Widerspruch gegen die ohne Sofortvollzug erfolgte Ersetzung des Einvernehmens komme aufschiebende Wirkung zu.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 1998 hatte die Klägerin Widerspruch gegen die nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens vom 2. Oktober 1998 eingelegt. Das Regierungspräsidium Darmstadt wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2002 (Bl. 3 GA) mit der Begründung zurück, der Winterstützpunkt sei ein im Außenbereich privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Eine Beeinträchtigung des Ortsbildes sei wegen baulicher Vorbelastungen in der näheren Umgebung durch einen Baumarkt, eine Lärmschutzwand und ein Einkaufszentrum sowie der großen Entfernung zum Kurbad selbst nicht gegeben, auch keine Verkehrsgefährdung durch die Benutzung der Autobahnauf- und -abfahrt durch Räumfahrzeuge.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat die am 12. Februar 2002 erhobene Anfechtungsklage mit Urteil vom 22. April 2004 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Vorhaben sei im Außenbereich privilegiert. Von alternativen Standorten in zwei städtischen Gewerbegebieten aus sei die Anfahrt mit den 4,00 m breiten Streufahrzeugen nicht in gleicher Weise günstig und gesichert. Auch sonst böten sich keine gleichwertigen Alternativen an. Der frühere Standort Ahl sei für die heute übliche Räummethode der Feuchtsalz-30-Streuung ungeeignet und werde deshalb seit 10 Jahren nicht mehr benutzt. Gegen die 8 km entfernte Anschlussstelle Bad Orb/Wächtersbach spreche, dass die vorgesehene Anschlussstelle Bad Soden-Salmünster seit 10 Jahren der geeignete Wendepunkt zweier Streubezirke sei. Das Verwaltungsgericht hat weiter ausgeführt, eine Verunstaltung des Ortsbildes sei nicht gegeben. Die Darstellung Straßenverkehrsgrün im Flächennutzungsplan stehe dem Vorhaben nicht entgegen. Soweit die Klägerin ein Planfeststellungsverfahren oder eine Plangenehmigung nach dem Bundesfernstraßengesetz für die richtige Form der Genehmigung halte, gebe das ersetzte Einvernehmen der Beigeladenen noch kein Baurecht. Für eine Beeinträchtigung planerischer Belange der Klägerin oder eine Verkürzung ihres Rechtsschutzes sei nichts ersichtlich.

Auf Antrag der Klägerin hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 21. September 2004 - 3 UZ 2147/04 - zugelassen.

Im Anschluss an diesen der Klägerin am 27. September 2004 zugestellten Beschluss hat sie am 26. Oktober 2004 ihren Berufungsantrag gestellt und diesen begründet. Wegen § 38 BauGB seien die Vorschriften, auf die die angefochtenen Bescheide gestützt seien, nicht anwendbar. Bei dem geplanten Winterdienststützpunkt handele es sich um die Nebenanlage einer Bundesfernstraße, die dem Fachplanungsprivileg unterfalle. Es handele sich um ein Vorhaben von überörtlicher Bedeutung, da es dem Lückenschluss eines 46 km langen Streubezirks zwischen Schlüchtern und Langenselbold dienen solle. Die von dem Abfahrtsohr der Bundesautobahn umschlossene Grundstücksfläche sei vom Planfeststellungsbeschluss für den Bau der Autobahn A 66 erfasst. Der seinerzeitige Planfeststellungsbeschluss bedürfe daher der Abänderung. Sie, die Klägerin, wende sich gegen die Anwendbarkeit der §§ 29 bis 37 BauGB, auch wenn grundsätzlich mit der Einholung des gemeindlichen Einvernehmens eine weitergehende Beteiligung als im Rahmen der Fachplanung verbunden sei. Im Fachplanungsrecht finde allerdings eine nachvollziehbare Prüfung von Standortalternativen statt, darüber hinaus verlange § 17 FStrG eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Bei alledem bestehe für das Klagebegehren ein Rechtsschutzbedürfnis, auch wenn in einem möglichen späteren Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren nur ein Beteiligungsrecht, nicht aber ein Einvernehmenserfordernis zur Verfügung stehe. Im Fachplanungsrecht bestehe die Pflicht zur alternativen Standortprüfung auch über das Gemeindegebiet hinaus. Eine ernsthafte Alternativenprüfung habe bisher nicht wirklich stattgefunden. Der Senat würde das Ergebnis eines förmlichen Fachplanungsverfahrens vorwegnehmen, wenn er in dem bisherigen Ablauf des Verfahrens eine ausreichende klägerische Beteiligung unterstellen würde. Die bewusste Inkaufnahme einer Rechtsbeeinträchtigung durch einen in einem falschen Verfahren ergangenen Verwaltungsakt sei nicht hinnehmbar.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 22. April 2004 - 4 E 511/02 (3) - abzuändern und den Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 2. Oktober 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 14. Januar 2002 aufzuheben.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es trägt vor, es bestünden Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin. Die Klägerin müsste mit ihren Bedenken gegen den geplanten Winterdienststützpunkt zwar auch in einem Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren angehört werden, ohne dass sie dessen Errichtung an dem vorgesehenen Standort aber tatsächlich verhindern könne. Das Amt für Straßenwesen Frankfurt sei inzwischen mit der Durchführung eines Plangenehmigungsverfahrens beauftragt worden. Die Voraussetzungen dafür gemäß § 17 Abs. 1 a FStrG lägen vor. Bei alledem sei zweifelhaft, ob ein Fall von unwesentlicher Bedeutung im Sinne des § 17 Abs. 2 FStrG gegeben sei.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

In der Sache schließt sie sich den Ausführungen des Beklagten an.

Dem Senat liegen zwei Hefter Verwaltungsvorgänge des Beklagten vor, ebenso die Gerichtsakte des früheren Eilverfahrens beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main - 3 G 3888/98 (1) = Hess. VGH - 4 TZ 1412/99 -. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Auf ihren Inhalt wird ebenso wie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Nach der Zustellung des Zulassungsbeschlusses des Senats vom 21. September 2004 an die Klägerin am 27. September 2004 sind der klägerische Berufungsantrag und die Begründung der Berufung rechtzeitig am 26. Oktober 2004 bei Gericht eingegangen.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Zwar ist die Klage zulässig. Der Klägerin steht die Klagebefugnis des § 42 Abs. 2 VwGO zu. Die Klägerin kann geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die streitbefangene Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens vom 2. Oktober 1998 stellt einen die Klägerin belastenden Verwaltungsakt dar. Die Klägerin hat hinreichend substantiiert tatsächliche und rechtliche Anhaltspunkte vorgetragen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass sie durch das ersetzte Einvernehmen für einen Winterstützpunkt in ihrem Gemeindegebiet in ihrer kommunalen Planungshoheit verletzt wird.

Der Klägerin steht auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zu. Bei einem erfolgreichen Verfahrensausgang stünde sie bezogen auf ihre Planungshoheit und die von ihr vertretenen öffentlichen Belange rechtlich günstiger dar. Eine rechtskräftige Aufhebung des ersetzten Einvernehmens nähme der durch das Einvernehmen begünstigten Beigeladenen die Möglichkeit, sich darauf im Rechtsverkehr, insbesondere auch im Zusammenhang mit der bereits erteilten bauaufsichtlichen Zustimmung vom 16. November 1998, erfolgreich zu berufen. Dabei ist von Bedeutung, dass der 4. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Beschluss vom 7. Dezember 2000 - 4 TG 3044/99 - DVBl. 2001, 655 die aufschiebende Wirkung des klägerischen Widerspruchs gegen den Zustimmungsbescheid deshalb angeordnet hatte, weil dem klägerischen Widerspruch gegen die ohne Sofortvollzug erfolgte Ersetzung des Einvernehmens seinerseits aufschiebende Wirkung zukam.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Eine Aufhebung der angefochtenen Ersetzung des Einvernehmens kommt gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht in Betracht, weil die Klägerin trotz der Wahl eines falschen Verfahrens nicht in ihren Rechten verletzt ist.

Dabei ist der Klägerin zuzugeben, dass der geplante Winterstützpunkt als Nebenanlage zu den Bundesfernstraßen nach den §§ 1 Abs. 4 Nr. 4, 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG grundsätzlich planfeststellungsbedürftig ist. Gemäß § 17 Abs. 1 a FStrG kann unter den dort genannten Voraussetzungen an Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden. Das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen hat sich diese Auffassung offenbar auch zu eigen gemacht, da es, wie die Beklagte mitgeteilt hat, das Amt für Straßenwesen Frankfurt mit der Durchführung eines entsprechenden Plangenehmigungsverfahrens beauftragt hat.

Mit der grundsätzlichen Planfeststellungsbedürftigkeit kommt § 38 BauGB ins Blickfeld, der bei einem Vorhaben von überörtlicher Bedeutung die §§ 29 bis 37 BauGB bei Beteiligung der Gemeinde für nicht anwendbar erklärt, womit auch kein gemeindliches Einvernehmen oder seine Ersetzung in Betracht kommt. Eine überörtliche Bedeutung des Vorhabens liegt hier vor, da es dem Lückenschluss eines 46 km langen Streubezirks zwischen Schlüchtern und Langenselbold dienen soll. Damit wird ein überörtlicher Koordinierungsbedarf ausgelöst (vgl. BVerwG, B. v. 30.06.2004 - 7 B 92.03 - RdL 2004, 315). Nach dieser Entscheidung ist die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 4. Mai 1988 - 4 C 22.87 - BVerwGE 79, 318 nicht mehr maßgebend, wonach eine überörtliche Planung im Sinne des § 38 Satz 2 BBauG (= § 38 Satz 1 BauGB) regelmäßig dann gegeben ist, wenn das planfestzustellende Vorhaben das Gebiet von zumindest zwei Gemeinden tatsächlich berührt.

Die grundsätzliche Planfeststellungsbedürftigkeit des Vorhabens und die Anwendung des § 38 Satz 1 BauGB entfallen auch nicht deshalb, weil ein Fall von unwesentlicher Bedeutung vorliegt, in dem gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 FStrG Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen. Satz 2 der Vorschrift regelt unter Nr. 1 bis 3 die Voraussetzungen für Fälle unwesentlicher Bedeutung. Danach darf es sich nicht um ein Vorhaben handeln, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, es dürfen andere öffentliche Belange nicht berührt sein oder es müssen die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen, die dem Plan nicht entgegenstehen, und Rechte anderer dürfen nicht beeinflusst werden oder es sind mit den vom Plan betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden. Auch wenn hier nichts hinreichend dafür ersichtlich oder vorgetragen worden ist, dass für den Winterstützpunkt eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, fehlt es jedenfalls an der zweiten Voraussetzung, dass andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder erforderliche, dem Plan nicht entgegenstehende rechtswirksame behördliche Entscheidungen vorliegen. So berühren die 10 m hohen Salzsilos als öffentlichen Belang das Landschaftsbild, selbst wenn in der näheren Umgebung optische Vorbelastungen des Landschaftsbildes durch die Autobahn, einen Baumarkt, eine Lärmschutzwand und ein Einkaufszentrum gegeben sind. Mit dem gesetzlichen Begriff des Berührens eines öffentlichen Belangs ist gegenüber der Beeinträchtigung oder Verletzung eine verhältnismäßig geringe Belastungsstufe normiert worden, die hier durch die mindestens teilweise Sichtbarkeit der geplanten Vertikalstrukturen in Verbindung mit dem Landschaftsbild der Umgebung erreicht ist. Davon gehen auch die Beteiligten selbst übereinstimmend aus, auch wenn sie bei der Frage, ob dem Außenbereichsvorhaben öffentliche Belange entgegenstehen oder nicht, verschiedener Ansicht sind.

Es liegt hier auch keine zur Zeit rechtlich wirksame erforderliche oder sonstige behördliche Entscheidung zu Gunsten des Vorhabens vor. Selbst wenn man in der bauordnungsrechtlichen Zustimmung des Main-Kinzig-Kreises vom 16. November 1998 eine solche behördliche Entscheidung sehen wollte, wäre sie derzeit wegen des Beschlusses des 4. Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Dezember 2004 - 4 TG 3044/99 - nicht wirksam, weil dort die aufschiebende Wirkung des klägerischen Widerspruchs gegen den Zustimmungsbescheid vom 16. November 1998 angeordnet worden ist. Rechtlich neue Gesichtspunkte hierzu, etwa ein den klägerischen Widerspruch zurückweisender bestandskräftiger Widerspruchsbescheid, liegen nicht vor.

Für den Ausschluss eines Falles von unwesentlicher Bedeutung im Sinne des § 17 Abs. 2 FStrG kommt es nach alledem nicht mehr entscheidend darauf an, ob Rechte anderer im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FStrG nicht beeinflusst werden. Ob hier über die berührten öffentlichen Belange hinaus Rechte der Klägerin aus ihrer Planungshoheit und planerischen Gestaltungsfreiheit mehr als geringfügig beeinflusst sind, mag zweifelhaft sein, ist hier aber für den Ausschluss eines Falles von unwesentlicher Bedeutung nicht mehr von Belang. Insoweit sei nur darauf hingewiesen, dass auch die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass hier ein Fall von unwesentlicher Bedeutung nicht vorliegt.

Gleichwohl kann die Klägerin mit ihrem Anfechtungsbegehren gegen die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens im Ergebnis nicht durchdringen, obwohl nicht das richtige Verfahren gewählt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B. v. 27.10.1997 - 11 VR 4/97 - DÖV 1998, 341; B. v. 05.03.1999 - 4 A 7/98, 4 VR 3/98 - NVwZ-RR 1999, 556), der der Senat folgt, kann der einzelne verlangen, dass seine materiellen Rechte gewahrt werden, er hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass dies in einem bestimmten Verfahren geschieht. Das Verfahrensrecht diene zwar insofern dem Schutz potentiell Betroffener, als es gewährleisten solle, dass die materiell-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Das bedeute jedoch nicht, dass der einzelne die Beachtung der Verfahrensvorschriften um ihrer selbst Willen erzwingen könnte, unabhängig davon, ob er in einem materiellen Recht verletzt ist oder nicht (vgl. auch BVerwG, U. v. 14.12.1973 - 4 C 50.71 - BVerwGE 44, 235; U. v. 15.01.1982 - 4 C 26.78 - BVerwGE 64, 325; U. v. 05.10.1990 - 7 C 55 und 56.89 - BVerwGE 85, 368). Es liegt hier auch kein Fall einer unzulässigen Umgehung von Verfahrensrechten zulasten der Klägerin vor (vgl. dazu BVerwG, U. v. 14.05.1997 - 11 A 43.96 - BVerwGE 104, 367). Für eine missbräuchliche Verfahrenswahl gibt es keine Anhaltspunkte. Auch die Klägerin hat solche nicht geltend gemacht.

Mit ihrer Planungshoheit verknüpfte materielle Rechte der Klägerin sind hier nicht verletzt. Es ist nichts dafür vorgetragen worden oder sonst ersichtlich, dass die Klägerin den streitbefangenen Standort selbst beplanen wollte. Es ist auch nichts dafür erkennbar, dass die Klägerin im Einwirkungsbereich des streitbefangenen Vorhabens Planungen verwirklichen wollte, die davon nachteilig betroffen wären. Der Sache nach ruft die Klägerin lediglich als öffentlichen Belang die möglichst unbeeinträchtigte Erhaltung des Landschaftsbilds in der Umgebung auf, insbesondere hinsichtlich der Blickbeziehungen zum Orber Berg. Bei alledem steht der Klägerin kein Recht auf eine ungeschmälerte Erhaltung des Landschaftsbildes oder auf die Abwehr einer Verunstaltung oder Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zu. Mit dem optischen Landschafts- und Erholungsschutz sind keine die Klägerin begünstigenden materiellen Rechte verknüpft. Die Klägerin beruft sich lediglich als Kur- und Fremdenverkehrsort auf ein öffentliches Interesse, das jedoch nicht zu einem mit Erfolg aufrufbaren subjektiv-öffentlichen Recht erstarkt ist.

Im Rahmen der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens nach den §§ 35 Abs. 1 Nr. 4, 36 Abs. 1 und 37 Abs. 1 BauGB ebenso wie durch die bauaufsichtliche Zustimmung nach § 75 Abs. 1 HBO 1993 sind auch Beteiligungsrechte der Klägerin , wie sie ihr in einem Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren zustehen mit der Möglichkeit, alternative Standorte vorzuschlagen, hinreichend gewahrt.

Im Verwaltungsstreitverfahren hat die Klägerin schon frühzeitig verschiedene andere Standorte für den Winterstützpunkt in dem betreffenden Bereich und darüber hinaus vorgeschlagen. Für den Streusalzeinsatz in dem 46 km langen Streubezirk zwischen Schlüchtern und Langenselbold handelt es sich unter Berücksichtigung der bisher erkennbaren Umstände gleichwohl um einen besonders gut geeigneten Standort, dessen Auswahl beanstandungsfrei erfolgt ist. Der unmittelbar an der Autobahnabfahrt gelegene Standort soll eine reibungslose Zu- und Abfahrt der Streufahrzeuge ermöglichen, ohne dass sich bessere Alternativen anbieten. Der Standort gewährleistet insbesondere die Einhaltung der Leistung Nr. 5.1 Abs. 3 des "Leistungshefts für die betriebliche Straßenunterhaltung auf Bundesfernstraßen", Leistungsbereich 5: Winterdienst, Stand: Juli 2001 (Bl. 184, 187 GA), wonach u.a. auf Bundesautobahnen alle Fahrstreifen der Richtungsfahrbahnen während des gesamten Tages (24 h) innerhalb von 2 h, ggfs. wiederholt abgestreut sein sollen. Auf die jahrelangen Bemühungen der Klägerin hin, eine Verlegung des Standorts zu erreichen, sei es in eines ihrer Gewerbegebiete, sei es an eine andere Autobahnabfahrt oder den früheren Standort Ahl, hat das Amt für Straßen- und Verkehrswesen Frankfurt bereits in seiner Stellungnahme vom 22. Februar 1999 an das Staatsbauamt Fulda (Bl. 61 BA) näher dargelegt, dass der streitbefangene Standort als am besten für die betrieblichen Belange geeignet ausgewählt worden sei. Der Beklagte hat dazu plausibel dargelegt, dass der frühere Standort Ahl zu klein und ungeeignet sei, den geplanten Winterstützpunkt aufzunehmen und von dort aus den Streubezirk in gleicher Weise optimal bedienen zu können. Das gilt auch für die Gewerbegebiete der Klägerin wie etwa "Im See" und "Galgenbach". Gerade im Winter kann es auf den Zufahrtsstraßen von den Gewerbegebieten zur Autobahn geparkte oder liegengebliebene Fahrzeuge geben, die selbst bei kurzen Entfernungen eine Durchfahrt der 4 m breiten Räumfahrzeuge behindern oder sperren. Als Zufahrt ungeeignet ist dabei auch die nur 4,50 m breite Unterführung zum Gewerbegebiet "Im See", die bei winterlichen Verhältnissen eine ungehinderte Durchfahrt der Streufahrzeuge nicht als hinreichend gesichert erscheinen lässt. Auch ein Standort an der Autobahnabfahrt Bad Orb/Wächtersbach ist nicht in gleicher Weise geeignet wie der streitbefangene Standort, der fast genau in der Mitte des Streubezirks liegt und ein zeitsparendes Wenden der Streufahrzeuge und damit eine sachgerechte Bedienung des Streubezirks besser ermöglicht.

Wenn auch die angefochtenen Bescheide die im Vorfeld erfolgten und in zwei Gerichtsinstanzen aufgenommenen alternativen Standortbewertungen nicht ausdrücklich selbst vorgenommen haben, ändert dies nichts daran, dass die insoweit bestehenden Beteiligungsrechte der Klägerin insgesamt ausreichend gewürdigt und einbezogen worden sind. In einem Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren, wo der Klägerin nur ein Beteiligungsrecht zustünde und keine materielle Rechtsprüfung wie bei der Ersetzung des Einvernehmens, könnte die Klägerin in Bezug auf ihre materiellen Rechte nicht besser stehen. Soweit die Klägerin geltend macht, in einem Planfeststellungsverfahren sei anders als bei der Ersetzung des Einvernehmens zwingend eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, besteht darauf kein gemeindlicher Anspruch. Die Vorschriften über die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sind nicht drittschützend und können daher von der Klägerin verfahrensrechtlich nicht mit Erfolg aufgerufen werden. Ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich wäre, wofür die Klägerin nichts substantiiert vorgetragen hat, ist unbeachtlich.

Nach alledem bleibt die Klägerin darauf verwiesen, dass ihre aus der Planungshoheit fließenden Belange im Rahmen des ersetzten Einvernehmens und der bauaufsichtlichen Zustimmung hinreichend geprüft und im Ergebnis beanstandungsfrei bewertet worden sind. Öffentliche Belange stehen dem Vorhaben nicht entgegen. Was die optischen Auswirkungen auf das Landschaftsbild in der näheren Umgebung betrifft, muss sich die Klägerin die Vorbelastungen durch einen Baumarkt, eine Lärmschutzwand und ein Einkaufszentrum sowie die große Entfernung zum Kurbad selbst entgegenhalten lassen. Das Innenohr einer Autobahnausfahrt ist maßgeblich von der vorbeiführenden Autobahn und der Ausfahrt selbst geprägt. Die besonderen betriebstechnischen Vorteile eines so unmittelbar an der Autobahntrasse gelegenen Winterstützpunkts lassen die Nachteile der etwa 10 m hoch aufragenden Salzsilos an dieser Stelle für das Landschaftsbild der Umgebung zurücktreten.

Soweit der Flächennutzungsplan für die betreffende Fläche Straßenverkehrsgrün festsetzt, handelt es sich nicht um eine standortbezogene Aussage, die einem privilegierten Außenbereichsvorhaben als öffentlicher Belang im Sinne eines anderweitig verplanten Standorts konkret entgegengehalten werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 06.10.1989 - 4 C 28/86 - NVwZ 1991, 161).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Billigkeit gebietet es nicht, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, zumal diese keinen Antrag gestellt und damit kein Prozessrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Vermerk: Streitwert 10.000,00 €.

Ende der Entscheidung

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