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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.08.2003
Aktenzeichen: 3 UE 2870/99.A
Rechtsgebiete: AuslG, GG


Vorschriften:

AuslG § 53 Abs. 6
GG Art. 16a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3. Senat 3 UE 2870/99.A

Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Asylrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch

am 15. August 2003 beschlossen:

Tenor:

Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juli 1997 - 9 E 33834/94.A (V) aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des gesamten Verfahrens je zu einem Drittel zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Entscheidung über die Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die antragstellende Familie, Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo, begehrt ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

Die Familie reiste mit vier Kindern am 3. September 1992 ins Bundesgebiet ein, beantragte Asyl und machte weitere Ausführungen im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 16. Februar 1994. Die Klägerin zu 2. erklärte, sie sei mit ihrem Mann eingereist, ihr Reiseweg stimme mit seinen Angaben überein und sie habe ansonsten nichts hinzuzufügen. Sie sei mit einem fremden kongolesischen Reisepass bis nach Moskau gereist. Ihr Mann habe den Reisepass dann in den Kongo zurückgeschickt. Sie habe keine persönlichen Gründe, sondern sei wegen ihres Mannes nach Deutschland gekommen. Es seien in Zaire eines Tages Soldaten zu ihnen nach Hause gekommen und hätten ihren Mann mit Gewalt ins Auto gezerrt. Dabei sei ihre Tochter, die ihr Mann auf dem Arm gehalten habe, auf eine Eisenstange gefallen. Ihr Mann gehöre der LCD an. Mit der DSP habe sie nichts zu tun gehabt. Der Kläger zu 1. erklärte, seine Frau und seine Tochter seien am 20. August 1992 von Kinshasa aus mit einer Pirogue nach Brazzaville übergesetzt und dort vom 28. August 1992 in ein Flugzeug nach Moskau gestiegen. In Moskau seien sie am 28. August 1992 angekommen und am 31. August 1992 von Moskau aus nach Frankfurt mit dem Zug weitergereist. Am 2. September 1992 sei man in Frankfurt am Main angekommen und am 3. September 1992 habe die Familie Asyl beantragt. Den fremden kongolesischen Reisepass habe er sich in Brazzaville besorgt. Der Onkel habe die Reise organisiert und auch die Reisepässe besorgt. Der Reisepass sei auf einen Herrn xxxxxxxxxx ausgestellt gewesen. Dieser Reisepass sei dann von Moskau aus in den Kongo zurückgeschickt worden, und zwar an eine bestimmte Adresse in Brazzaville. Er habe die Grundschule in Kinshasa besucht und im Anschluss daran die Sekundarschule, die den Namen Lycee-Matonge getragen habe. Er habe sie mit einem Abschluss beendet. Eine Berufsausbildung habe er nicht, sondern ein Geschäft in Kinshasa und Matadi betrieben. Er habe mit Gemüse und Autoreifen gehandelt und zuletzt ca. 100.000.000,00 Zaire verdient. Seit 1986 habe er in einer Firma, die der Familie des Präsidenten Mobutu gehört habe, gearbeitet. 1988 habe ihn sein Chef für die Einheitspartei MBR angeworben, mit der er aber nichts habe zu tun haben wollen. Er sei daraufhin am 5. September 1988 von Soldaten der DSP (Division speciale présidentielle) festgenommen und in das Folterzentrum Malupu gebracht worden. Dort sei er verhört und geschlagen worden und habe durch diese Schläge auch sein rechtes Auge verloren. Dann hätten ihn die Soldaten der DSP ins Krankenhaus gebracht und ihn dort allein gelassen. Im Krankenhaus habe er eine medizinische Versorgung erhalten, die er selbst finanziert habe. Am 24. April 1990 habe er nach der Zulassung des Mehrparteiensystems eine eigene Partei gegründet, und zwar die LCD (Ligue de combat pour la démocratie), die das Ziel gehabt habe, gegen die Diktatur zu kämpfen. Er habe die Partei im Februar 1991 gegründet und habe am 30. Mai 1992 einen Vortrag über seine Partei gehalten, und zwar in der Schule Lycée-Matema-Mpiko. Es habe auch Flugblätter gegeben, auf denen gestanden habe, dass die Weiterführung der Nationalkonferenz gewünscht sei. Mit der DSP sei er zum ersten Mal am 5. September 1988 in Kontakt gekommen, weil er von seinem Chef für die MPR angeworben worden sei. Die Soldaten von der DSP hätten ihn dann geholt. Er habe nach dem Grund gefragt, man habe es ihm aber nicht gesagt. Nachdem er später vom Krankenhaus entlassen worden sei, habe er sein Geschäft weitergeführt. Im Krankenhaus sei er nicht mehr bewacht worden und habe im Anschluss daran auch unbehelligt seine Geschäfte weiterführen können. Die Hauptinhalte seiner Partei seien es gewesen, für das Mehrparteiensystem zu kämpfen und mit anderen Oppositionsparteien für die Demokratie und gegen die Diktatur Mobutus zusammenzuarbeiten. Er selbst sei Parteivorsitzender gewesen, Vizepräsident sei ein Herr Jean Mpudi gewesen. Wo diese Personen sich zur Zeit aufhielten, wisse er nicht. Die stärkste Zusammenarbeit habe es mit der PDSC (Parti démocrate social chrétien) gegeben. Das erste Mal sei er in Kinshasa am 5. September 1988 verhaftet worden. Dann er sei er noch einmal am 30. Mai 1992 verhaftet worden. Die Soldaten hätten ihn zu ihrem Zentrum in dem Stadtteil Kinsuka gebracht. Er habe in dem Verhör erklärt, er sei bereit, für die Demokratie zu sterben und könne niemals für die MPR arbeiten. Danach sei er von den Soldaten geschlagen und in eine Zelle im Keller gesteckt worden. Man habe ihm auch gleich gesagt, dass er nach einem Monat umgebracht werden solle. Man habe ihn am 5. Juli 1992 nach Gdadolite bringen und dort töten wollen. Auf dem Weg dorthin habe der Fahrer den Wagen angehalten, weil sich auf der Straße Leute versammelt hätten. Die Leute hätten angefangen, die Soldaten zu schlagen und es sei zu einer Auseinandersetzung gekommen. Von diesen Leuten hätte einer ihm dann die Tür aufgemacht und er sei frei gewesen. Daraufhin habe er dann Angst gehabt und habe Zaire verlassen wollen. Sein Onkel habe alles organisiert. Seine Partei sei in Zaire nicht zugelassen. Die Partei habe ungefähr 100 Mitglieder. Das Parteibüro sei bei ihm zu Hause gewesen. Er habe auch einen Parteiausweis. Man habe sich jeweils einmal in der Woche, am Sonntag, getroffen. Es seien zwischen 50 und 100 Leuten gekommen. Im Krankenhaus sei er damals 2 Monate geblieben. Es habe sich dabei um ein staatliches Krankenhaus gehandelt. Nach seiner Entlassung habe er sich wegen der Behandlung in der Haft nicht beschwert, da alle Behörden für den Präsidenten gearbeitet hätten und man sich deshalb nicht habe beschweren können.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 1994 wurde der Asylantrag der Kläger abgelehnt. Zugleich wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG ebenso wenig wie die Voraussetzungen des § 53 AuslG vorlägen. Die Kläger wurde unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert. Zur Begründung heißt es, die Verhaftung am 5. September 1988 habe sich nicht kausal auf die Flucht ausgewirkt, denn die Flucht sei erst im August 1992 erfolgt und der Kläger habe zuvor seinen Geschäften unbehelligt nachgehen können. Es sei unglaubhaft, dass der Kläger von Soldaten der DSP in ein Krankenhaus gebracht worden sei, man ihn dort nicht bewacht habe, er den Krankenhausaufenthalt selber bezahlt habe und er das Krankenhaus ungestört habe verlassen können. Es sei auch unglaubhaft, dass er wegen seiner Mitgliedschaft und Funktion in der LCD verhaftet worden sei und man ihm mit Hinrichtung gedroht habe; denn in Zaire habe sich seit 1990 eine wuchernde Parteienlandschaft mit ca. 600 Parteien entwickelt, die weitestgehend ungehindert ihren Aktivitäten nachgehen könnten. Bei keiner Partei genüge allein die Mitgliedschaft, um staatlichen Repressionen ausgesetzt zu sein. Mitglieder der mittleren Funktionsebene der größten Oppositionspartei UDPS sowie einige namentlich bekannte Journalisten der oppositionellen Presse seien vereinzelt kurzfristigen Verhaftungen ausgesetzt gewesen. Teilweise sei diesen Personen jedoch kriminelles Handeln, z. B. Aufbau von Straßenbarrikaden, zur Last gelegt worden. Kabinettsitzungen des von Mobutu abgesetzten Premierministers Tshisekedi fänden weiterhin wöchentlich in dessen Residenz statt. Die Behauptung von amnesty international (ai), auch politisch völlig uninteressierte Personen seien der Gefahr staatlicher Verfolgung ausgesetzt, sei abwegig. Eine der größten Gegner Mobutus, Karl-i-Bond, der in den 80-ger Jahren Mobutu auf das Schärfste angegriffen habe, sei Premierminister und zur Zeit Verteidigungs- und Vizepremierminister der Regierung Berindwa. Seit 1978 würden Todesurteile - soweit bekannt - nicht mehr vollstreckt. Zwar werde von ai der Vorwurf erhoben, es käme zu Tausenden von außergerichtlichen Hinrichtungen. Dafür fehle es jedoch bislang an Beweisen. Es ist auch unglaubhaft, dass sich der Antragsteller nach erfolgter Flucht noch ca. 1 1/2 Monate in seinem eigenen Haus habe verstecken können. Auch der Fluchtweg sei unglaubwürdig. In Brazzaville verliefen Pass- und Zollkontrollen für nach Europa Reisende im Allgemeinen sehr gründlich, teilweise fast schikanös. Deshalb sei es äußerst zweifelhaft, dass der Kläger zu 1. mit einem fremden Pass problemlos in Moskau habe einreisen können. Die Einreisekontrollen würden in Moskau in gleicher Weise gehandhabt wie auf deutschen Flughäfen. Auch habe der Kläger den von ihm benutzten Reisepass nicht vorgelegt. Auch sei es unglaubhaft, dass der Kläger von Moskau aus mit dem Zug bis nach Deutschland gereist sein wolle, aber nicht habe erkennen können, durch welche Länder die Reise geführt habe und dass er an keiner Grenze Schwierigkeiten gehabt habe. Dies widerspreche aller Lebenserfahrung und den tatsächlichen Gegebenheiten. Auch derzeit müsse der Kläger keine politische Verfolgung befürchten, wenn er in sein Heimatland zurückkehre. Zahlreiche der jetzt als Opponenten Mobutus politisch engagierten Persönlichkeiten hätten lange Jahre im Exil gelebt und hätten ungehindert zurückkehren können. Es sei kein Fall bekannt, in dem ein aus Deutschland abgeschobener Asylbewerber in Zaire verfolgt worden wäre. Der Bescheid wurde den Klägern am 19. Oktober 1994 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 2. November 1994, bei Gericht am selben Tag eingegangen, haben sie Klage erhoben und vorgetragen, es sei nicht nachvollziehbar, dass das Bundesamt den Darlegungen des Klägers zu 1. keinen Glauben geschenkt habe. Insbesondere ziehe sich ein roter Faden von den Ereignissen seit 1988 bis zu seiner Ausreise. Zum Beweis dafür, dass die Tochter des Klägers bei der Verhaftung verletzt worden sei, werde ein Foto überreicht, auf dem man die Verletzungen im Bereich des Oberschenkels gut erkennen könne. Nicht nur ai, sondern auch das Institut für Afrikakunde bestätige, dass es zu Inhaftierungen ohne Angabe von Gründen, Folter und sogar Tötung komme. Es sei auch nicht unglaubhaft, dass der Kläger sich nach erfolgter Flucht für ca. 1 1/2 Monate in seinem eigenen Haus versteckt habe, denn dieses Haus sei vermietet gewesen. Es habe darin ein allein stehender Mann gewohnt, der ihn aufgenommen habe. Die Ausreise mittels eines fremden Passes über den Flughafen in Brazzaville/Kongo sei bei politischen Flüchtlingen aus Zaire eine tägliche Realität. Auch die Einreise in Moskau sei für Afrikaner kein Problem. In Moskau operierten professionelle Schleusergruppen, hauptsächlich angolanische Studenten.

Mit Schreiben vom 16. Februar 1995 fragte der Berichterstatter beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main bei dem Auswärtigen Amt an, ob dort eine Partei LCD bekannt sei und ob die vom Kläger übersandten Dokumente echt seien. Außerdem wurde gebeten, die Adresse in Brazzaville zu überprüfen, die der Kläger als Rücksendeadresse für die Pässe angegeben hatte.

Mit Schreiben vom 23. Mai 1995 überreichte der Kläger zu 1. eine Mitgliedsbescheinigung für die PDSC in Deutschland vom Februar 1995, aus der sich ergibt, dass er seit Dezember 1994 Mitglied der PDSC in Deutschland sei.

Mit Schreiben vom 30. Juni 1995 überreichte der Kläger zu 1. ein ärztliches Attest hinsichtlich der Verletzungen der Klägerin zu 3. Danach handelt es sich um eine breite Narbenplatte am rechten Oberschenkel, die zu einer Funktionsbehinderung des Hüftgelenks und zu tiefen narbigen Einziehungen im Bereich der rechten Gesäßhälfte führe. Es bestehe eine eindeutige medizinische Indikation zur Behandlung. Der Vater habe angegeben, dass die Verletzung bei einem Polizeieinsatz in Zaire entstanden sei, als das Kind von einem Wagen gefallen sei.

In einem dem Gericht überreichten, in französischer Sprache und handschriftlich abgefassten Schreiben, das nicht datiert ist und dessen Übersetzung ins Deutsche vom Gericht veranlasst wurde, erklärte der Kläger zu 1., es habe im Jahr 1988 einen Beschluss gegeben, demzufolge alle Beschäftigten des Unternehmens verpflichtet worden seien, der Einheitspartei MPR beizutreten. Deshalb habe man ihn verhaftet. Als man ihn genötigt habe, in den Jeep zu steigen, sei sein Kind gestürzt und habe einen Schock erlitten. Nach dem Krankenhausaufenthalt habe er seine Arbeit verloren, da die Firma ihn hinausgeworfen habe. Außerdem überreichte der Kläger französischsprachige Dokumente der LCD, in dem neben einem Aufruf und politischen Erklärungen der Sitz der Partei und deren Konto angegeben wurde.

Mit Schreiben vom 17. Februar 1997 teilte das Auswärtige Amt auf die Anfrage hin mit, dass der Botschaft Kinshasa keine Erkenntnisse über die Partei LCD vorlägen. Es existierten aber auch keine statistischen Daten, nicht einmal zu den wichtigsten Parteien in Zaire. Unter der auf den Flugblättern angegebenen Anschrift, dem Parteisitz, seien zwei Männer angetroffen worden, die bestätigt hätten, dass der Kläger zu 1. dort früher gewohnt habe. Sie hätten auch bestätigt, dass der Kläger zu 1. Mitglied einer Organisation gewesen sei, welche für die Demokratisierung des Landes eingetreten sei. Mit Schreiben vom 14. März 1997 teilte das Auswärtige Amt außerdem mit, dass ausreisende Kongolesen mehreren Kontrollen ausgesetzt seien. Mit Schreiben vom 16. Juni 1997 teilte das Auswärtige Amt mit, dass die angegebene Adresse in Brazzaville existiere. Es handele sich um ein mehrstöckiges Haus, in dessen Erdgeschoss sich mehrere Geschäfte und eine Bar befänden. In den oberen Etagen seien Wohnungen. Eine dreiköpfige Familie hätte dort wohnen können.

Mit Schreiben vom 15. Juli 1997 teilten die Kläger mit, der Kläger zu 1. sei engagiertes Mitglied der PDSC und in Frankfurt am Main auch Vorstandsmitglied. Der Mobutu-Nachfolger Kabila habe demokratische Parteien verboten und werde den Kongo auch sonst nicht zur Demokratie zurückführen, deshalb bestehe weiterhin Verfolgungsgefahr für die Kläger dieses Verfahrens. Es sei für den 20. Juni 1997 eine Demonstration in Frankfurt organisiert worden, für die der Kläger zu 1. zu den Kontaktadressen zähle, die auf Flugblättern und Einladungsschreiben verwandt worden seien.

Die Kläger haben beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 19994 aufzuheben, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beteiligte hat keinen Antrag gestellt.

Mit Gerichtsbescheid vom 30. Juli 1997 verpflichtete das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main die Beklagte, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen. Das Gericht stellte fest, dass politische Verfolgungsgefahr für den Kläger zu 1. von der Tatsache ausgehe, dass der Machtwechsel von Mobutu zu Kabila die Bedingungen politischer Arbeit in der Demokratischen Republik Kongo verschlechtert habe. Aus den beigezogenen Dokumenten gehe hervor, dass politische Betätigung außerhalb der AFDL verboten sei. In Kinshasa und Umgebung seien zwischen dem 19. und dem 28. Mai 1997 647 Personen getötet worden. Das Institut für Afrikakunde bezeichne die neue Herrschaftsform Kabilas als eine quasi diktatorische, die noch hinter den alten Zustand des Mobutu-Regime zurückfalle.

Auf den Antrag des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 16. September 1999 - 3 UZ 3193/97.A - die Berufung zugelassen.

Am 2. Dezember 1999 hörte die Berichterstatterin am Hessischen Verwaltungsgerichtshof die Kläger informatorisch an. Die Klägerin zu 2. erklärte in diesem Rahmen, ihr Mann sei in die Bwamanda-Firma eingestellt worden, die eine Mobutu-Firma gewesen sei. Als die Firmenangehörigen 1988 aufgefordert worden seien, Mitglied der MPR zu werden, habe ihr Mann, der Chef des Lagers gewesen sei, dies abgelehnt. Am nächsten Tag seien die Leute zu ihnen nach Hause gekommen und hätten ihren Mann bedroht und gezwungen, in einen Jeep zu steigen. Es sei dann zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen, weil ihr Mann sich gewehrt habe. Er habe ein Kind auf dem Arm gehabt. Er habe die Tochter nicht gleich abgesetzt oder ihr, der Klägerin zu 2., übergeben, weil er nicht gewusst habe, wohin er gebracht werden solle und nicht gleich dem Drängen der Leute habe nachgeben wollen. Die Tochter sei dann bei der Auseinandersetzung mit den Leuten auf den Sandboden gefallen und habe sich an einer dort liegenden Eisenstange schwer verletzt. Sie selbst sei die ganze Zeit bei dieser Auseinandersetzung anwesend gewesen. 1992 habe ihr Mann die LCD gegründet. Das Parteibüro habe sich in einem Gymnasium befunden, einem Lyzeum in Kasa-Vubu in Kinshasa. In der Bundesrepublik Deutschland sei nur ihr Mann politisch aktiv. Er verlasse mehrmals im Monat wegen politischer Aktivitäten die Wohnung und gehe auf politische Versammlungen, auch wenn er von anderen Parteien eingeladen werde. Als ihre Tochter zu Boden gefallen sei, habe sie sie ins Krankenhaus gefahren. Erst dann habe sie angefangen, nach ihrem Mann zu suchen. Als ihr Mann später bei einer Veranstaltung wieder verhaftet worden sei, sei sie von einem Mann benachrichtigt worden, der ihr Bescheid gegeben habe. Sie habe ihn gesucht, habe ihn aber nicht finden können. Später habe sie dann die Nachricht bekommen, dass er habe fliehen können und sich an einem versteckten Ort aufhalte. Sie sei dann an diesen Ort gegangen. Sie selbst habe nach der Flucht ihres Mannes die gemeinsame Wohnung verlassen und sei für etwa einen Monat nach Bas-Zaire geflohen. Dorthin habe ihr Mann dann eine Person geschickt, die sie abgeholt habe, und man sei gemeinsam über den Fluss nach Brazzaville geflüchtet. Die Verletzung ihres Kindes sei anfangs nicht sehr schlimm gewesen, denn man habe von außen auch im Krankenhaus nichts erkennen können. Die Verletzung sei dann im Lauf der Zeit schlimmer geworden, weil sich alles entzündet habe.

Der Kläger zu 1. erklärte im Rahmen der informatorischen Anhörung, die Wohnung in der man damals in Brazzaville gelebt habe, habe einem Herrn xxxxxxxx gehört. Der Onkel habe sie dorthin gebracht, und man habe gemeinsam mit der Familie des Herrn xxxxxxx dort gelebt. Angesprochen auf den Unterschied zwischen PDSC und UDPS erklärte der Kläger zu 1., dass es eigentlich keinen Unterschied gebe. Er selbst sei 1994 in Frankfurt in die PDSC eingetreten. Es sei die Partei gewesen, die er als erste in Frankfurt kontaktiert habe und auch die Partei, mit der er in Zaire bereits zusammen gearbeitet habe. Er habe auch überlegt, ob die Arbeit für die LCD in der Bundesrepublik wieder aufnehmen solle, aber es habe damals in dem Ort, in dem er in Deutschland gewohnt habe, zu wenig Leute gegeben, sodass ihm diese Idee nicht sinnvoll erschienen sei. Für die PDSC übe er eine Beratertätigkeit aus, d.h., er unterstütze die Partei, gehe zu Versammlungen und sei ansonsten dort, wo es nötig sei, tätig. Er berate den Vorstand für den Aufbau der Partei und gehöre in seiner Funktion zum Vorstand, z.B., wenn der Generalsekretär eine Versammlung organisiere, gehe er mit und passe auf, dass alles richtig laufe. Seine Bezirksgruppe der PDSC habe keinen direkten Kontakt in die Demokratische Republik Kongo, man habe nur Kontakt mit Bonn, wo man sich Informationen hole. Seine Aufgabe sei es, auch noch aus anderen Quellen Informationen zu beschaffen, z.B. aus dem Fernsehen und den Zeitungen. Zunächst habe man sich nach der Gründung etwa einmal im Monat als Mitglieder getroffen. Jetzt sehe man sich etwa alle drei Monate. Einen Monat, bevor die Mitgliederversammlung stattfinde, versammele sich der Vorstand und plane die Versammlung vor. In seinem Bezirk, dem Bezirk Frankfurt, bestehe die Gruppe aus etwa 30 Personen. Jetzt sei man auf etwa 12 bis 15 Mitglieder zusammengeschrumpft, nachdem viele das Land hätten verlassen müssen. Gefragt nach einem vom Kläger vorgelegten Aufruf für eine Demonstration am 13. März 1998, auf der der Kläger als Gegner des Regimes mit Telefonnummer angegeben war, erklärte er, dieser Aufruf sei nicht von der PDSC verfasst worden. Der Aufruf sei in deutscher Sprache verfasst und gegen Kabila gerichtet. Er wolle internationale Aufmerksamkeit erzeugen, damit die Politik Kabilas nicht länger unterstützt werde. Die Menschen, die mit Telefonnummern auf diesem Aufruf aufgeführt seien, gehörten der PDSC oder der UDPS an. Hinsichtlich des vom Kläger zu 1. ebenfalls vorgelegten Einlieferungsbelegs (S. 315 GA) erklärte er, er habe diese Kopie von einem Mann bekommen, der auf einem von ihm überreichten Memorandum (Bl. 343 GA) verzeichnet sei. Dieser habe das Memorandum an die Botschaft der Demokratischen Republik Kongo in Bonn und an den Präsidenten der Republik geschickt. In dem Memorandum wird der Kläger zu 1. namentlich gemeinsam mit sechs anderen Personen erwähnt, die Kabila anklagten wegen Vertrauensmissbrauches. Der Kläger zu 1. erklärte dazu, auch Kabila habe eine Diktatur errichtet. Er habe das Land wegen der Diktatur verlassen, er habe dort sein Auge verloren und seine Tochter sei schwer verletzt worden. Er habe noch zwei Geschwister. Eine Schwester habe das Land verlassen müssen, weil sie seinetwegen Probleme gehabt habe. Eine Schwester lebe noch in der Demokratischen Republik Kongo. Seine Mutter sei gestorben, sein Vater lebe in einem Dorf, da man ihn aus Kinshasa weggeschickt habe. Die Angehörigen der Parteimitglieder, die bei der Verhaftungsaktion verschwunden bzw. ums Leben gekommen seien, seien später zu seinem Vater gegangen und hätten danach gefragt, wo er, der Kläger zu 1., sei. Der Druck auf seinen Vater sei sehr stark geworden, sodass dieser letztlich in sein Dorf zurückgegangen sei. Er habe in der Demokratischen Republik Kongo noch seine Kinder aus erster Ehe. Davon lebten zwei mit ihrer Mutter und ein Sohn lebe bei seiner Schwester in Brazzaville. Er habe nur noch Kontakt zu dem Sohn, der mit seiner Schwester in Brazzaville lebe.

Vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge wurde mit Schreiben vom 18.12.2001 ein Gutachten vom 15.10.2001 des Tropenmediziners Dr. med. Junghanss, Universitätsklinikum Heidelberg, zu den Gerichtsakten überreicht, das in einem Verfahren in einem anderen Bundesland die Situation eines Kindes aus der Demokratischen Republik Kongo gutachterlich behandelt. Mit Schreiben vom 7. Mai 2002 wurde vom Bundesamt zusätzlich das Gutachten des Bernhard Nocht-Instituts für Tropenmedizin vom 2. April 2002 (Prof. Dr. Dietrich) übersandt.

Die Kläger haben im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgetragen, wegen der politischen Aktivitäten und der Gefahren, die für Rückkehrer damit einhergingen, sei den Klägern Asyl bzw. zumindest Abschiebungsschutz zu gewähren.

Der Bundesbeauftragte hat beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Gerichtsbescheids abzuweisen.

Er trägt vor, die Kläger hätte im Falle ihrer Rückkehr in ihr Heimatland keine politische Verfolgung zu befürchten.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt, allerdings vorgetragen, die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG könnten unter dem Aspekt einer möglicherweise drohenden Erkrankung an Malaria nicht bejaht werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die eingereichten Unterlagen und die vom Gericht zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Dokumente Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten gemäß § 130 a VwGO durch Beschluss, da er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind auf die von dem Senat erhobene Entscheidung hingewiesen und zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, mit der er die Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juli 1997 begehrt, ist aufgrund der Zulassung durch den Senat und auch sonst zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage hinsichtlich der Feststellung der Asylberechtigung der Kläger sowie der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG zu Unrecht stattgegeben, denn der ablehnende Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 11. Oktober 1994 erweist sich nach der im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative AsylVfG) als rechtmäßig.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Anerkennung als politisch Verfolgte im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG.

Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG und damit materiell Asylrecht gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG genießt, wer bei einer Rückkehr in seine Heimat aus politischen Gründen Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr für Leib und Leben oder Beeinträchtigungen seiner persönlichen Freiheit zu erwarten hat (BVerfG, 02.07.1980 - 1 BvR 147/80 u. a. - BVerfGE 54, 341). Eine Verfolgung ist in Anlehnung an den Flüchtlingsbegriff des Art. 1 Abschn. A Nr. 2 GK als politisch im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG anzusehen, wenn sie auf die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder die politische Überzeugung des Betroffenen zielt (BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86 u. a. - BVerfGE 76, 143 = EZAR 200 Nr. 20; BVerwG, 17.05.1983 - 9 C 874.82 - BVerwGE 67, 195 = EZAR 201 Nr. 5, u. 26.06.1984 - 9 C 185.83 - BVerwGE 69, 320 = EZAR 201 Nr. 8). Diese spezifische Zielrichtung ist anhand des inhaltlichen Charakters der Verfolgung nach deren erkennbarem Zweck und nicht nach den subjektiven Motiven des Verfolgenden zu ermitteln (BVerfG, 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 u. a. - BVerfGE 80, 315, 344 = EZAR 201 Nr. 20; zur Motivation vgl. BVerwG, 19.05.1987 - 9 C 184.86 - BVerwGE 77, 258 = EZAR 200 Nr. 19). Werden nicht Leib, Leben oder physische Freiheit gefährdet, sondern andere Grundfreiheiten wie etwa die Religionsausübung oder die berufliche und wirtschaftliche Betätigung, so sind allerdings nur solche Beeinträchtigungen asylrelevant, die nach Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Heimatstaats aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben (BVerfG, 02.07.1980 - 1 BvR 147/80 u.a. -, a. a. O., u. 01.07.1987 - 2 BvR 478/86 u.a. -, a. a. O.; BVerwG, 18.02.1986 - 9 C 16.85 - BVerwGE 74, 31 = EZAR 202 Nr. 7). Die Gefahr einer derartigen Verfolgung ist gegeben, wenn dem Asylsuchenden bei verständiger Würdigung aller Umstände seines Falles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, wobei die insoweit erforderliche Zukunftsprognose auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abgestellt und auf einen absehbaren Zeitraum ausgerichtet sein muss (BVerwG, 03.12.1985 - 9 C 22.85 -, EZAR 202 Nr. 6 = NVwZ 1986, 760 m. w. N.). Eine Verfolgung droht bei der Ausreise mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, wenn bei qualifizierender Betrachtungsweise die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (BVerwG, Urteil vom 14.12.1993 - 9 C 45.92 -, DVBl. 1994, 524, 525). Einem Asylbewerber, der bereits einmal politisch verfolgt war, kann eine Rückkehr in seine Heimat nur zugemutet werden, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (BVerfG, 02.07.1980 - 1 BvR 147/80 u.a. -, a. a. O.; BVerwG, 25.09.1984 - 9 C 17.84 - BVerwGE 70, 169 = EZAR 200 Nr. 12 m. w. N.). Nach diesem Maßstab wird nicht verlangt, dass die Gefahr erneuter Übergriffe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Vielmehr ist - über die theoretische Möglichkeit, Opfer eines Übergriffs zu werden, hinaus - erforderlich, dass objektive Anhaltspunkte einen Übergriff als nicht ganz entfernt und damit als durchaus reale Möglichkeit erscheinen lassen (BVerwG, Urteil vom 08.09.1992 - 9 C 62/91 - NVwZ 1993, 191). Hat der Asylsuchende sein Heimatland unverfolgt verlassen, hat er nur dann einen Asylanspruch, wenn ihm aufgrund eines asylrechtlich erheblichen Nachfluchttatbestandes politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerfG, 26.11.1986 - 2 BvR 1058/85 - BVerfGE 74, 51, 64 = EZAR 200 Nr. 18 = NVwZ 1987, 311 = InfAuslR 1987, 56, und 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, a. a. O.; BVerwG, 20.11.1990 - 9 C 74.90 - BVerwGE 87, 152 = NVwZ 1991, 382 = InfAuslR 1991, 145 = EZAR 201 Nr. 22).

Der Asylbewerber ist aufgrund der ihm obliegenden prozessualen Mitwirkungspflicht gehalten, von sich aus umfassend die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse substantiiert und in sich schlüssig zu schildern sowie eventuelle Widersprüche zu seinem Vorbringen in früheren Verfahrensstadien nachvollziehbar aufzulösen, so dass sein Vortrag insgesamt geeignet ist, den Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, 08.05.1984 - 9 C 141.83 - EZAR 630 Nr. 13 = NVwZ 1985, 36, 12.11.1985 - 9 C 27.85 - EZAR 630 Nr. 23 = InfAuslR 1986, 79, u. 23.02.1988 - 9 C 32.87 - EZAR 630 Nr. 25), und insbesondere auch den politischen Charakter der Verfolgungsmaßnahmen festzustellen (vgl. BVerwG, 22.03.1983 - 9 C 68.81 - Buchholz 402.24 Nr. 44 zu § 28 AuslG, u. 18.10.1983 - 9 C 473.82 - EZAR 630 Nr. 8 = ZfSH/SGB 1984, 281). Bei der Darstellung der allgemeinen Umstände im Herkunftsland genügt es dagegen, dass die vorgetragenen Tatsachen die nicht entfernt liegende Möglichkeit politischer Verfolgung ergeben (BVerwG, 23.11.1982 - 9 C 74.81 - BVerwGE 66, 237 = EZAR 630 Nr. 1).

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte.

Das Recht auf Asyl ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil sie gemäß Art. 16 a Abs. 2 GG aus einem Drittstaat angereist wären, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Zwar ist die klagende Familie mit Sicherheit über einen der Staaten eingereist, in dem dies der Fall ist, jedoch ist die entsprechende Vorschrift des Art. 16 a GG erst durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 28.06.1993 mit Wirkung zum 30.06.1993 eingeführt worden. Die klagende Familie hat jedoch bereits 1992 einen Asylantrag gestellt, sodass diese Regelung nicht auf sie anzuwenden ist.

Dem Kläger zu 1. und seiner Familie droht keine politische Verfolgung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG. Dabei ist allein auf die Verhältnisse im Raum Kinshasa abzustellen, aus dem die klagende Familie kommt. In diesem Gebiet übt die Regierung, die in Kinshasa sitzt, unter Präsident Joseph Kabila die Herrschaft aus. Es kann daher dahinstehen, inwieweit die Rebellen und die mit ihnen verbündeten Truppen den Nordosten kontrollieren. Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 2. August 2002 stellt dazu fest, dass in den von ihnen besetzten Gebieten die Rebellenallianzen herrschen. Dies gelte faktisch für die größeren Städte und Verkehrsknotenpunkte der nordöstlichen Gebiete, sodass eine faktische Zweiteilung des Landes bestehe (S. 17 ff. des Berichts). Im Südwesten, insbesondere in Kinshasa, verfügt Kabila über Streitkräfte, Sicherheits- und Geheimdienste sowie eine nationale Polizei (vgl. S. 10 ff. des Berichts). Wenn auch diese Einrichtungen zum Teil nur schlecht funktionieren und, wie noch auszuführen sein wird, nicht nach rechtsstaatlichen Grundsätzen organisiert sind, steht doch fest, dass der Asylanspruch der Kläger nicht bereits daran scheitert, dass in der Demokratischen Republik Kongo keine effektive staatliche Gewalt mehr vorhanden wäre.

Die Kläger sind nicht vorverfolgt aus ihrem Heimatland ausgereist. Einem Asylbewerber, der bereits einmal politisch verfolgt war, kann eine Rückkehr in sein Heimatland nur zugemutet werden, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (BVerfG, Beschluss vom 02.07.1980 - 1 BvR 147/80 - a.a.O.). Bei der Prüfung der Frage, ob dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland, die Demokratische Republik Kongo (DRK), politische Verfolgung droht, ist der "normale" Wahrscheinlichkeitsmaßstab mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit anzulegen. Auf die Frage, ob er vor seiner Ausreise aus seinem Heimatland, das damals noch Zaire hieß, politisch verfolgt worden ist, kommt es nicht mehr an, denn jedenfalls wegen des inzwischen erfolgten Machtwechsels sind eventuelle Akte politischer Verfolgung der heutigen Regierung der DRK nicht zurechenbar (Hess. VGH, U. v. 17.06.1999 - 3 UE 404/95 -).

Demjenigen, dessen Gründe keinerlei Verknüpfung zu einer früher erlittenen Verfolgung aufweisen, ist die Rückkehr in das Heimatland unter den gleichen Voraussetzungen wie einem noch nicht Verfolgten zuzumuten. Dem erhöhten Risikos eines Asylsuchenden, der bereits einmal das Schicksal politischer Verfolgung erlitten hat, begegnet das Asylrecht demgegenüber mit einer Herabminderung der Nachweislast. Diese Erleichterung beruht auf der Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten, Pogrome sogar typischerweise, in gleicher oder doch ähnlicher Form wiederholen. Dieser innere Grund für das Erfordernis einer negativen Wiederholungsprognose entfällt jedoch, wenn die in der Vergangenheit liegende Verfolgung sich wesentlich von den für die absehbare Zukunft befürchteten Nachstellungen unterscheidet (BVerwG, U. v. 27.04.1982 - 9 C 308/81 - BVerwGE 65, 250). Danach führt eine situationsbedingte Vorverfolgung nur bei Gefahr der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung zur Anwendung des herabgestuften Maßstabs (BVerwG, U. v. 08.02.1983 - 9 C 218.81 - Buchholz 302.24 § 28 AuslG Nr. 43). Galt eine früher erlittene politische Verfolgung der aus einer konkreten Situation erwachsenen Protesthaltung, so muss zwar die Gefahr, dass die beendete Verfolgung wegen des in der Vergangenheit liegenden Anlasses wieder auflebt, nicht jedoch auch die Möglichkeit jeder anderen denkbaren sonstigen politischen Verfolgung mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Die Maßstabserleichterung entfällt, wenn sich die frühere Verfolgung nicht als wiederholungsträchtig erweist. Für eine neue (andere) zielgerichtete Betätigung des politischen Willens und unter möglicherweise veränderten politischen Verhältnissen im Heimatland müssen deshalb die allgemeinen Grundsätze gelten (BVerwG, U. v. 18.02.1997 - 9 C 9.86 -). Nach diesen Grundsätzen ist der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab nur anzuwenden, wenn bei einer am Gedanken der Zumutbarkeit der Rückkehr ausgerichteten wertenden Betrachtung ein innerer Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und der in dem Asylbegehren geltend gemachten Gefahr erneuter Verfolgung dergestalt bestünde, dass bei Rückkehr mit einem Wiederaufleben der ursprünglichen Verfolgung zu rechnen wäre oder nach den gesamten Umständen typischerweise das erhöhte Risiko der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung bestünden. Zur Feststellung einer derartigen Verknüpfung sind die objektiven, nach der Lebenserfahrung hierfür typischerweise geeigneten Risikofaktoren für eine Verfolgungswiederholung zu würdigen, insbesondere die fortbestehenden oder veränderten politischen oder staatsrechtlichen Verhältnisse im Heimatland sowie die Gerichtetheit der erlittenen und der befürchteten Verfolgungsmaßnahmen. Ist die erlittene Vorverfolgung beendet gewesen und haben sich die politischen Verhältnisse im Heimatland zwischenzeitlich grundlegend verändert, so wird dies ein wichtiger Anhaltspunkt dafür sein, dass ein Wiederaufleben der bereits einmal geschehenen Verfolgung künftig nicht mehr zu besorgen ist. Sofern Anknüpfungspunkt der Verfolgung die politische Überzeugung des Asylsuchenden ist, ist der die Herabstufung des Prognosemaßstabs rechtfertigende innere Zusammenhang unterbrochen, wenn künftige Verfolgung wegen einer neuen, auf andere politische Ziele oder Inhalte gerichteten politischen Betätigung oder etwa nach einer Änderung der politischen Überzeugung droht (ebenda).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das Verfolgungsrisiko für den Kläger zu 1. am normalen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu messen, weil der ein erhöhtes Verfolgungsrisiko indizierende und deshalb die Nachweiserleichterung rechtfertigende innere Zusammenhang zwischen der behaupteten Vorverfolgung und befürchteter Rückkehrverfolgung nicht besteht. Denn die damals vom Kläger zu 1. unternommene politische Betätigung - die Richtigkeit dieses Vortrags unterstellt - gegen das Mobutu-Regime war auf dessen Sturz gerichtet. Nach dem dieser Sturz nunmehr geglückt ist und die abgesetzte und weitgehend zerschlagene frühere Regierungspartei keine Macht in der DRK mehr ausübt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die neue Regierung an frühere Verfolgungsmaßnahmen anknüpft (Hess. VGH, U. v. 17. Juni 1999 - 3 UE 404/95 -; VGH Baden-Württemberg, U. v. 13.11.2002 - A 6 S 967/01 -).

Bereits die Betrachtung der Biographie des früheren Präsidenten Laurent Kabila legt den Schluss nahe, dass dieser in ehemaligen Gegnern Mobutus potentielle Unterstützer seiner eigenen Absichten sah und diese ohne Hinzutreten weiterer Umstände keinesfalls bekämpfen wollte. Denn Kabila befand sich über viele Jahre in scharfer und bewaffneter Opposition zu Mobutu. Er wurde ca. 1940 als Angehöriger des Lubavolks in Nord-Katanga geboren und absolvierte in Frankreich ein Philosophie-Studium. Nachdem er Mitte der 60-er Jahre an einem radikal lumumbistischen, pro-kommunistischen "Simba"-Aufstand teilgenommen hatte, zog er sich nach der Machtübernahme durch Mobutu im November 1965 mit den verbliebenen "Simba" in die schwer zugängliche Mitumba-Bergregion nahe dem Tanganjikasee im Osten des Landes nahe der Grenze zu Tansania zurück. Dort gründete er im Oktober 1967 die Partei Parti de la Révolution populaire (PRP). 1985 erlitt er eine militärische Niederlage gegen Mobutu im Kampf um Moba. Seit Ende der 70-er Jahre unterhielt er freundschaftliche Verbindungen zu Museweni in Uganda und führte nach dessen Machtübernahme 1986 von Uganda aus nadelstichartige Militäroperationen gegen Mobutu durch. Er war Gründungsmitglied der am 18. Oktober 1996 gegründeten AFDL (Alliance des Forces Démocratiques pour la Libération du Congo). Die AFDL entstand aus der Fusion von vier Organisationen. Dabei verbanden sich zunächst Banjamulenge-Tutsi mit anderen Kräften aus östlichen Landesteilen, namentlich Kivu, Nord-Katanga und Ost-Kasai. Wenig später beteiligten sich Gruppierungen aus fast allen Regionen, darunter auch Katanga-"Tiger", an der AFDL. Starken Einfluss gewannen Kräfte, die in der Tradition des ersten, 1961 von der Mobutu-Armee ermordeten Premierministers Lumumba stehen. Insbesondere die in Kivu lebenden ruandischen Tutsi konnten, verstärkt durch ruandische und ugandische Soldaten, in kurzer Zeit den gesamten Kivu erobern. Nachdem sich diese militärischen Aktionen zunächst gegen die in Ost-Zaire ansässigen Hutus richteten, wurde der Krieg nach und nach zu einem Befreiungskrieg gegen Mobutu, der ein Verbündeter der Hutu war. Bereits diese biographischen Daten zu Kabila (vgl. zum Ganzen: Stroux, Zaires sabotierter Systemwechsel, Hamburg 1996, II. 3. der Erkenntnisquellenliste) machen deutlich, dass dieser wegen seiner ausgeprägten Oppositionshaltung zu Mobutu nach seiner Machtübernahme nicht an frühere Verfolgung durch Mobutu anknüpfte. Kabila hatte darüber hinaus nach dem Sturz Mobutus alle im Ausland lebenden ehemaligen Gegner desselben zur Rückkehr in die Demokratische Republik Kongo aufgefordert und außerdem in der Folgezeit die aus der Mobutu-Ära stammende Führungsebene nahezu komplett ersetzt (Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 04.12.1998 und vom 23.03.2000). Sein Sohn Joseph, der seit der Ermordung des Vaters am 16. Januar 2001, Staatsoberhaupt ist, hat die politische Linie seines Vaters fortgeführt. Unter diesen Umständen ist das Wiederaufleben einer unter Mobutu erlittenen Vorverfolgung regelmäßig ausgeschlossen (ebenso VGH Baden-Württemberg, U. v. 13.11.2002 - A 6 S 967/01 -; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 18.04.2002 - 4 A 3113/95 - Städte- und Gemeinderat 2002, Nr. 7 bis 8, 34; OVG Saarlouis, U. v. 14.01.2002 - 3 R 1/01 -, zitiert nach Juris; wohl auch OVG Hamburg, U. v. 02.11.2002 - 1 Bf 242/98.A -, zitiert nach Juris).

Vorliegend bestehen auch keine Besonderheiten, die es gleichwohl als möglich erscheinen lassen könnten, dass der Kläger zu 1. wegen seines Verhaltens vor seiner Ausreise, insbesondere wegen seiner Tätigkeit für die von ihm gegründete LCD, Verfolgung befürchten müsste. Angesichts der Tatsache, dass die Macht in Zaire inzwischen von Kabila Senior auf Joseph Kabila gewechselt hat und somit ein zweimaliger Wechsel in der diktatorischen Spitze des Regime stattfand, die Partei, die der Kläger zu 1. gegründet hat, relativ klein war und in der Folgezeit nach der Ausreise des Klägers zu 1. weder in der DRK noch im Ausland weitergeführt wurde, ist nicht erkennbar, dass das Regime ein Interesse an der Verfolgung von Taten haben könnte, die unter dem Mobutu-Regime möglicherweise eine Verfolgung ausgelöst haben.

Dem Kläger droht bei der Rückkehr in die DRK nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung.

Ein Nachfluchtgrund setzt voraus, dass dem Asylbewerber aufgrund von Umständen, die nach seiner Ausreise aus seinem Heimatland dort angetreten sind, für den Fall seiner Rückkehr gegenseitig und in absehbarer Zeit politische Verfolgung droht. Dabei ist zu unterscheiden zwischen objektiven Nachfluchtgründen, die durch Vorgänge im Heimatland des Asylbewerbers unabhängig von seiner Person ausgelöst wurden und subjektiven Nachfluchtgründen, die der Asylbewerber nach Verlassen des Heimatstaates aus eigenem Entschluss geschaffen hat (vgl. BVerfG, B. v. 26.11.1986 - 2 BvR 1058/85 - BVerfGE 74, 51). Ein unverfolgt ausgereister Asylbewerber wird selbst bei im Rückkehrfalle mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohender politischer Verfolgung in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf von ihm selbst nach der Ausreise geschaffenen Umständen beruht, sofern nicht entweder der Entschluss hierzu einer festen und dem Herkunftsstaat einer bereits erkennbar betätigten Überzeugung entspricht oder der Betreffende sich bei der Ausreise in einer zumindest latenten Gefährdungslage befunden hat (ebenda).

Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für die Gefahr politischer Verfolgung ist dann anzunehmen, wenn bei der im Rahmen der Prognose vorzunehmenden zusammenfassenden Bewertung die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht als die der dagegen sprechenden Tatsachen haben (BVerwG, U. v. 15.03.1988 - 9 C 278/86 - BVerwGE 79, 143).

Wegen des Asylantrags, den der Kläger zu 1. auch nach dem Machtwechsel zu Kabila senior bzw. Kabila junior aufrecht erhalten hat, droht ihm keine politische Verfolgung. Er hat seinen Asylantrag mit der Kritik an der Regierung Mobutu und den von ihm geschilderten Haftsituationen begründet. Allein der Asylantrag wird daher wegen der gegen die damalige Politik Mobutus gerichtete Zielrichtung unter der Herrschaft Kabilas nicht zu einer politischen Verfolgung des Klägers zu 1. und seiner Familie führen. Zu dieser Schlussfolgerung gelangt das AA in gleichbleibenden Stellungnahmen, die sich auch auf Äußerungen namhafter Menschenrechtsorganisation stützen (vgl. z.B. Lagebericht vom 23.11.2001 und 02.08.2002). Diese Auffassung wird auch in der Rechtsprechung geteilt (vgl. OVG Baden-Württemberg, U. v. 13.11.2002, a.a.O.; OVG Saarlouis, U. v. 14.01.2001, a.a.O.; OVG Münster, U. v. 18.04.2002, a.a.O.; OVG Hamburg, U. v. 02.11.2001, a.a.O.).

Auch die exilpolitische Tätigkeit des Klägers zu 1. für die PDSC in der Bundesrepublik lässt nicht auf die Gefahr politischer Verfolgung bei Rückkehr in das Heimatland schließen.

Die PDSC wurde nach Beginn des Demokratisierungsprozesses im ehemaligen Zaire (24. April 1990) gegründet. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (vom 4. Juli 1997), das sich wiederum auf Angaben einiger von ihm als seriös eingeschätzter Menschenrechtsorganisationen stützt, hätten Führungspersönlichkeiten der PDSC schon vor Beginn des Demokratisierungsprozesses unter dem Mobutu-Regime führende Positionen innegehabt. Auch nach dem 24. April 1990 habe die PDSC in einigen unter Präsident Mobutu zwischen 1990 und 1997 tätigen Regierungen mehrere Minister gestellt. Unter der Regierung Kengo vom Januar 1994 bis März 1997 sei ein PDSC-Mitglied Vizepremier- und Innenminister gewesen; seit Februar 1996 sei die PDSC durch einen Finanzminister im Kabinett vertreten gewesen. Nach dem Tod des Parteiführers Joseph Ileo im Jahre 1994 habe sich die PDSC aufgrund einer innerparteilichen Auseinandersetzung in einen regierungsfreundlichen und einen radikal-oppositionellen Flügel gespalten. Der oppositionelle Flügel sei an bedeutender Stelle durch den Vizepräsidenten des Übergangsparlaments Boboliko vertreten gewesen. Unter der Herrschaft von Präsident Mobutu sei es nur selten zu Repressionsmaßnahmen gegen Mitglieder der PDSC gekommen (AA, ebenda).

Durchgehend vertritt das Auswärtige Amt die Auffassung, dass Mitgliedern der PDSC keine Verfolgung in der DRK droht, obwohl die politischen Parteien verboten seien (AA, z.B. 04.07.1997, 08.12.1997, sowie allgemein Lagebericht vom 02.08.2002).

Grundsätzlich ist nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes davon auszugehen, dass Kongolesen wegen exilpolitischer Betätigung in Deutschland generell nicht gefährdet sind. Danach gibt es in Deutschland keine Angehörigen des kongolesischen Auslandsnachrichtendienstes, die die hiesige Exilszene überwachten. Auch die Botschaft in Bonn sei dazu nicht in der Lage. Ernstgenommen und beobachtet würden lediglich exilpolitische Aktivitäten in Belgien oder Frankreich (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 02.08.2002), wo die Entwicklung der ehemaligen belgischen Kolonie und ihrer Staatsangehörigen, die die Sprache des Gastlandes sprechen, eine breitere Öffentlichkeit findet.

Abgesehen von Fällen, in denen ethnische Gründe oder der Vorwurf, die Rebellenbewegung unterstützt zu haben, eine Rolle spielen, geht das Auswärtige Amt davon aus, dass exilpolitische Betätigung kongolesischer Staatsbürger für das Regime allenfalls dann von Interesse sei, wenn es als Ausdruck einer ernstzunehmenden Gegnerschaft gewertet werden könne. Dieses setze voraus, dass der jeweilige kongolesische Staatsbürger eine exponierte Tätigkeit entfalte, die von einer breiten Öffentlichkeit in Deutschland wahrgenommen werde und bei der er selbst ein eigenes Gesicht gewinne. Ihrem Inhalt nach müsse es sich um Aktivitäten handeln, die das Kabila-Regime in nachdrücklicher Weise mit Folgen für die internationalen Beziehungen diskreditierten (AA vom 06.10.2000).

Zu seinen Aktivitäten hatte der Kläger im Rahmen der Anhörung im Dezember 1999 vorgetragen, derzeit treffe man sich in der PDSC-Ortsgruppe alle drei Monate. Die Gruppe im Bezirk Frankfurt sei auf 12 bis 15 Mitglieder zusammengeschrumpft. Soweit er verschiedene Dokumente zum Beweis seiner exilpolitischen Tätigkeit eingereicht hat (S. 292 GA und S. 304 ff. GA), sind diese nicht geeignet, ein in der oben definierten Weise herausragendes Engagement zu belegen. Der Kläger hat verschiedene Aufrufe vorgelegt, unter denen er mit seinem Namen und seiner Telefonnummer aufgeführt ist (zuletzt mit Datum vom 24. November 2000), sowie außerdem Aufrufe der UDPS zu verschiedenen Demonstrationen (zuletzt für den 24. November 2000). Insgesamt setzen sich die Demonstrationen den Kampf gegen Kabila zum Ziel, und es wird der Stopp aller Entwicklungshilfen an die Regierung Kabilas gefordert sowie ein Einsatz der Europäischen Union für die politischen Gefangenen. Außerdem setzt man sich für den Frieden und die Demokratie ein. Menschenrechtsverletzungen und Massaker werden angeprangert.

Diese vom Kläger angegebenen öffentlichen Aktionen liegen einige Jahre zurück und haben von ihrer Tragweite und ihrer Bedeutung für das politische Leben in der Bundesrepublik nicht ein Ausmaß, das es in irgendeiner Weise wahrscheinlich machen könnte, dass kongolesische Stellen darauf aufmerksam geworden wären. Es fehlen insoweit auch jegliche Angaben des Klägers zu 1. dazu, dass sich bei den Demonstrationen eine Vielzahl von Menschen eingefunden hätte oder dass die Demonstrationen ansonsten aus einem anderen Grund besondere öffentliche Aufmerksamkeit erregt hätten. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger zu 1. aus der Masse der übrigen Asylbewerber aufgrund seiner Aktivitäten damit deutlich hervorgetreten wäre, sodass den Regierungsstellen bewusst geworden wäre, dass mit diesen Aktivitäten nicht nur ein Bleiberecht im Ausland erreicht werden solle. Denn den kongolesischen Behörden ist bekannt, dass sich junge Kongolesen durch ein bestimmtes politisches Verhalten ein Bleiberecht im westlichen Ausland verschaffen wollen (vgl. AA vom 05.04.2000 an VG Oldenburg).

Die entsprechenden Auskünfte des Auswärtigen Amtes überzeugen den Senat auch deshalb, weil das Regime Kabila auch in seinem eigenen Land eine ähnliche Politik verfolgt. Auch dort werden, gemäß verschiedener Auskünfte, regimekritische Persönlichkeiten verhaftet, soweit sie besonders hervorgetreten sind und in besonderer Weise Menschenrechtsverletzungen angeprangert haben (vgl. zuletzt Lagebericht vom 02.08.2002). Nach den Feststellungen des Auswärtigen Amtes führt die einfache Mitgliedschaft in einer nichtzugelassenen Oppositionspartei, zu der auch die PDSC gehört, in der Regel noch nicht zu Repressionsmaßnahmen seitens der Regierung. Nur aktive Mitglieder sowie Führungspersönlichkeiten sehen sich, ebenso wie Journalisten und Menschenrechtsaktivisten, weiterhin vorübergehenden Verhaftungen und anderen Repressionsmaßnahmen ausgesetzt. Als Anlass hierfür reichen öffentlich geäußerte Kritik an der Regierung, das Abhalten einer als politisch eingestuften Versammlung oder der vage Verdacht, mit den ausländischen Besatzern oder den Rebellen in Verbindung zu stehen.

Insgesamt teilt das Auswärtige Amt mit, dass in die politische Landschaft seit dem Erlass des Parteiengesetzes vom 17. Mai 2001 Bewegung gekommen sei. Es seien zahlreiche kleinere Parteien neu gegründet worden. Nach Angaben des Innenministeriums seien derzeit 97 politische Parteien ordnungsgemäß registriert, 518 weitere Parteien hätten die Registrierung beantragt. Zu den bedeutendsten Oppositionsparteien gehörten die UDPS, die MPR, Fonus, die PSDC (bei dieser Partei handelt es sich um die in Deutschland unter dem PDSC agierende Partei, wie sich daraus ergibt, dass beide sich auf die Person Andre Bo-Boliko bzw. Oboliku Lokonga beziehen), die Pionniers de lŽIndépendance, die PALU und die MNC/L. So führt das Auswärtige Amt aus, dass angeblichen Anhängern und Anwälten des Geschäftsmannes Katebe Katoto, der von Lumbumbaschi aus versuche, sich als Gegenfigur zu Joseph Kabila zu etablieren, seit Beginn des Jahre 2002 der Geheimdienst mit Verhaftungen, Vorladungen und Hausdurchsuchungen nachstelle. Gegen Mobutu-Anhänger gebe es keine Repressionen. Führungspersonal der Mobutistenpartei MPR könne ungehindert am innerkongolesischen Dialog teilnehmen. Hohe Offiziere, die schon unter Mobutu führende Positionen in der Armee innegehabt hätten, seien von Präsident Joseph Kabila an die Spitze der Armee ernannt worden. Außerdem seien anlässlich des Jahrestages des Amtsantritts von Joseph Kabila am 26. Januar 2002 67 Gefangene amnestiert worden, die nicht wegen Gewalt- oder Staatssicherheitsdelikten im Zentralgefängnis in Kinshasa eingesessen hätten. Die Pressefreiheit habe sich verbessert. In regierungskritischen bzw. unabhängigen Zeitungen, von den 8 namentlich genannt werden, würden Menschenrechtsverletzungen durch Regierungsorgane angesprochen und kritisiert. Allerdings erfolgten in Einzelfällen Behinderungen. So sei z.B. der Sportkorrespondent von Radio France Internationale, der über die Verwicklung des Präsidenten eines Fußballclubs in eine Unterschlagung von 700.000 $ beim staatlichen Fernsehsender RTNC und dessen anschließende Haft berichtet habe, inhaftiert worden. Es gebe neben dem staatlichen Sender RTNC auch private Fernsehstationen, die ebenso wie die katholische Kirche eigene Fernsehsender unterhielten.

Auch regimekritische Schreiben an Kabila, die von Staatsangehörigen der DRK des Öfteren per Einschreiben an den Diktator gesandt werden, führen nicht zu der Annahme, dass Kabila die Absender bei Rückkehr ins Heimatland politisch verfolgt. Die häufig geübte Praxis von Exilkongolesen, solche Briefe an den Amtssitz zu schicken, wird nach Auffassung des Auswärtigen Amtes (Auskunft vom 07.12.1998) dann als unbeachtlich eingestuft, wenn gravierende formelle Mängel oder erhebliche autographische Ungenauigkeiten auf einen im Umgang mit Behörden ungeübten Verfasser hindeuten und wenn die erforderliche Ernsthaftigkeit des Vorbringens nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann. Soweit der Kläger zu 1. in diesem Zusammenhang angegeben hat, er hätte ein in französischer Sprache vorgelegtes Memorandum durch einen Dritten an Kabila schicken lassen, beweist der von ihm vorgelegte Einlieferungsbeleg lediglich, dass ein Schreiben an die Botschaft in Bonn und an den Präsidenten der Republik abgesandt worden ist. Ob es tatsächlich das angegebene Memorandum ist, bleibt offen. Soweit der Kläger zu 1. in dem Dokument namentlich genannt ist, wird er im Übrigen lediglich als Mitglied der "PDS-Frankfurt" bezeichnet, während das Dokument im Übrigen von der UDPS stammt. Im Übrigen fällt auf, dass das Memorandum sehr allgemein gehalten ist und jedenfalls nicht auf bestimmte besondere Aktivitäten einzelner kongolesischer Asylbewerber Bezug nimmt. Deshalb überrascht die Einfügung bestimmter Namen von Einzelnen, denn es wird nicht deutlich, warum gerade diese Namen in dem Dokument auftauchen. Selbst wenn dieses Schriftstück daher an den Präsidentensitz geschickt worden wäre, bleiben Zweifel, ob die Nennung der Namen nicht allein den Grund hatte, sich aufgrund dieses Schreibens ein Bleiberecht im Ausland zu verschaffen und dies von den Behörden der DRK auch so eingeschätzt wird. Denn es wird nicht deutlich, weshalb gerade die in dem Dokument bezeichneten Personen Kabila nicht, wie es dort heißt (S. 329 GA), "verzeihen", dass er ihr "Vertrauen missbraucht" habe. Die "Tschisekedisten" seien darüber "verbittert". Es folgen sodann insgesamt 8 Namen. Weder wird geschildert, in welcher Weise sie sich gegen Kabila engagiert haben, noch, weshalb gerade diese Mitglieder der UDPS-Aschaffenburg genannt werden. Ohne jeden Bezug folgt in dieser Aufzählung der Kläger zu 1., der nicht der UDPS angehört, und es ist auch sonst nicht ersichtlich, aus welchen Gründen er in ein von der UDPS verfasstes Dokument aufgenommen wurde. Schreiben dieser Art dürften deshalb auch von den kongolesischen Behörden als in erster Linie "asyltaktischen Überlegungen" (OVG Münster, U. v. 18.04.2002, a.a.O.) folgend angesehen werden. Darüber hinaus liegt auch die Absendung dieses Briefes, sofern er den vom Kläger zu 1. behaupteten Inhalt gehabt hätte, einige Jahre zurück und der Kläger hat weiteres politisches Engagement in den zurückliegenden Jahren seit 2000 nicht vorgetragen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass er als besonders herausragender Oppositioneller einzuschätzen wäre, der der Regierung Kabila in besonderer Weise aufgefallen wäre.

Gleiches gilt entsprechend für den Text, den der Kläger seinen Angaben zufolge ins Internet gestellt hat und der sich kritisch zu Laurent-Désiré Kabila verhält. Es heißt darin, dass er das kongolesische Volk quäle und ihnen die freie Meinung verbiete. Er sei ein Gangster, der Menschen ermorde und die Bodenschätze des Volkes ausraube, um sich zu bereichern. Der Text ist etwa 15 Zeilen lang und stammt den Angaben des Klägers zufolge vom November 1999. Es ist insoweit bereits nicht dargetan, dass dieser Text überhaupt ins Internet gestellt wurde, denn es wurde lediglich eine e-mail-, nicht jedoch eine Internet-Adresse angegeben. Selbst wenn dies der Fall wäre, erschiene es als fraglich, dass diese Meinungsäußerung im Internet von den kongolesischen Behörden überhaupt registriert wird. Denn es gibt eine Vielzahl derartiger Äußerungen im Internet (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, U. v. 13.11.2002, a.a.O.). Auch insoweit ist von einem asyltaktischen Verhalten auszugehen.

Auch die Erkenntnisse von amnesty international (ai) stehen dem nicht entgegen. Die Organisation hat keine konkreten Erkenntnisse über Referenzfälle, in denen zurückkehrende Kongolesen wegen ihrer exilpolitischen Tätigkeit verfolgt worden wären. Allerdings hält ai eine politische Verfolgung wegen exilpolitischer Betätigung für möglich, ohne im Übrigen eine Abstufung zwischen den verschiedenen Ebenen politischer Betätigung herauszuarbeiten (vgl. z.B. ai vom 27.05.2002 und vom 12.02.2001). Der Senat geht auch in Kenntnis der Aussagen von ai mit dem AA differenzierend davon aus, dass eine Verfolgung wegen exilpolitischer Tätigkeit erst ab einer gewissen Schwelle der vorausgehenden politischen Tätigkeit einsetzt, nämlich dann, wenn der Betreffende, wie oben definiert, in herabsetzender, die internationalen Beziehungen störender und öffentlichkeitswirksame Weise tätig geworden ist.

Damit kann ausgeschlossen werden, dass der Kläger zu 1. und seine Familie bei ihrer Rückkehr in sein Heimatland aufgrund der hier entfalteten Aktivitäten des Klägers zu 1. als Oppositioneller im Sinne einer gegen Kabila gerichteten Politik eingeschätzt werden wird. Politische Verfolgung hat er insoweit nicht zu befürchten.

Der klagenden Familie kann auch nicht der Abschiebungsschutz für politisch Verfolgte nach § 51 Abs. 1 AuslG gewährt werden. Für die Feststellung dieses Anspruchs gilt der gleiche Prognosemaßstab wie für Art. 16 a Abs. 1 GG (BVerwG, U. v. 05.07.1994 - 9 C 1.94 - Buchholz 402.25, AsylVfG § 1 Nr. 173 S. 17). Der klagenden Familie droht bei einer Rückkehr in die DRK mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine politische Verfolgung durch den Staat. Gemäß § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, indem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des Art. 16 a Abs. 1 GG sind deckungsgleich, soweit es die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter der Verfolgung betrifft, und sie unterscheiden sich auch nicht hinsichtlich der Frage, ob die Gefahr politischer Verfolgung droht (a.a.O.). Da nach den Feststellungen des Senats zum Asylbegehren der Kläger die Voraussetzungen einer politischen Verfolgung nicht erfüllt sind, gilt dies auch hinsichtlich eines Anspruchs nach § 51 Abs. 1 AuslG. Insbesondere drohen den Klägern keine beachtlichen Maßnahmen aufgrund eines Nachfluchttatbestandes, etwa wegen der Asylantragstellung oder sonst im Zusammenhang mit der Rückkehr, wie bereits oben ausgeführt wurde.

Der klagenden Familie steht auch kein Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 1, 2 oder 4 AuslG zu. Insoweit wird auf die Ausführungen zu Art. 16 a GG Bezug genommen.

Die Kläger Familie können sich auch nicht auf Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berufen. Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach dieser Vorschrift setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer lediglich auf allgemeine Gefahren im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG, die - wie beispielsweise die typischen Bürgerkriegsgefahren - nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe drohen, wird Abschiebungsschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG gewährt. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erfasst allgemeine Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG auch dann nicht, wenn sie den einzelnen Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen (BVerwG, U. v. 17. Oktober 1995 - 9 C 15/95 - NVwZ 1996, 476; U. v. 4. Juli 1996 - 9 C 124.95 - InfAuslR 1996, 289).

Soweit es die Gefahren durch Malaria betrifft, stellt diese Krankheit eine Gefahr dar, die der ganzen Bevölkerung droht, sodass grundsätzlich eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG notwendig wäre. Allerdings ist § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG verfassungskonform dahin auszulegen und anzuwenden, dass von der Abschiebung eines unter diese Bestimmung fallenden Ausländers nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG abzusehen ist, wenn das Verfassungsrecht dies gebietet. Ein solcher Fall ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gegeben, wenn die oberste Landesbehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die jeden einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen" ausliefern würde, von ihrer Ermessensermächtigung nach § 54 AuslG keinen Gebrauch gemacht hat. Zu diesen extremen Gefahren für Leib und Leben gehören Gefahren, die infolge völliger Unterversorgung der Bevölkerung mit dem elementaren Bedarf des täglichen Lebens entstehen. Es könnten auch solche Gefahren dazugehören, die mit größter Wahrscheinlichkeit zum Tod oder schwersten Verletzungen führen. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dem einzelnen Ausländer Abschiebungsschutz zu gewähren.

Bei den allgemeinen Gefahren für Leib und Leben im Zielstaat ist Abschiebungsschutz mit Blick auf den sogenannten menschenrechtlichen Mindeststandard verfassungsrechtlich erst dann unabdingbar geboten, wenn die drohende Rechtsgutverletzung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten wird (vgl. BVerwG, U. v. 19.11.1996 - 1 C 6/95 - BVerwGE 102, 249). Denn Abschiebungsschutz ist auf solche Gefahren für Leib und Leben zu begrenzen, die noch in einem Zurechnungszusammenhang mit der Abschiebung stehen. Eine grundrechtliche Mitverantwortung des deutschen Staates für Sachverhalte, die im Ausland eintreten, kommt nur insoweit in Betracht, als sie dem staatlichen Handeln noch zugerechnet werden können (vgl. BVerfG, B. v. 16.12.1983 - 2 BvR 1565/83 - BVerfGE 66, 39 ff.; BVerfG, B. v. 25.09.1986 - 2 BvR 955/86 - InfAuslR 1987, 37).

Eine solche Extremgefahr infolge der schlechten Lebensbedingungen lässt sich auch selbst unter Berücksichtigung der Gefährdung durch eine eventuelle Erkrankung an Malaria in der DRK für die klagende Familie nicht feststellen (vgl. ebenso: OVG Baden-Württemberg, U. v. 13.11.2002, a.a.O.; OVG Münster, U. v. 18.04.2002, a.a.O.).

Im Gutachten Junghanss vom 9. Februar 2001 ist die Sterblichkeit der verschiedenen Erkrankungen beispielhaft an der Demokratischen Republik Kongo dargestellt. Daraus ergibt sich insbesondere, dass die Mortalität in Bezug auf Malaria im Vergleich zur Bundesrepublik stark gesteigert ist. Für Malaria ergibt sich eine Steigerung um das 14.300-fache. Von 100.000 Menschen sterben in der DRK 143 pro Jahr an Malaria, in absoluten Zahlen 472.000 Menschen. Die von Junghanss genannten Zahlen wurden von Dr. Ochel in seinem mündlichen Gutachten vom 27.06.2002 in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main bestätigt. Er führte ferner aus, dass insbesondere die Malaria-Sterblichkeit von Kindern bis zu einem Jahr zwischen 120 und 170 Kindern pro tausend Lebendgeburten landesweit heraufgesetzt ist und bei Kindern bis zu 12 Jahren bei 200 Kindern pro tausend Kinder liegt. Dabei bestünden Unterschiede zwischen der Region Kinshasa und den schlechter versorgten Landesteilen. Ab dem Alter von ungefähr 5 Jahren sinke die Sterbewahrscheinlichkeit bei Kindern und steige dann wieder ab dem frühen Erwachsenenalter etwa mit 15 Jahren, weil sich in dieser Zeit HIV beginnt zu übertragen. Malaria tropica im Kongo, die die mit über 90 % herrschende Variante sei, werde von der Anophelesmücke übertragen. Diese Mücke, die früher nur in ländlichen Gebieten vorgekommen sei, habe sich inzwischen immer mehr an städtische Lebensbedingungen gewöhnt und sei jetzt auch in Randgebieten, etwa von Kinshasa, auffindbar. Das liege daran, dass es in den dort entstandenen Slums keine Entwässerung gebe. Im Kern der Städte komme sie seltener vor, was auch mit der Umweltverschmutzung und dem Verkehr zusammenhänge. Die Mücke brauche zu ihrer Entwicklung eine bestimmte Dauertemperatur im Jahr. Sinke die Durchschnittstemperatur unter diesen Wert, wandere die Mücke aus. Die Semi-Immunität, die in diesen Ländern geborene Personen erwürben, sinken nach wenigen Wochen. Nach einem halben Jahr sei von der früheren Semi-Immunität in aller Regel nichts mehr vorhanden. Die Semi-Immunität biete keinen kompletten, sondern nur einen graduellen Schutz, was bedeute, dass das Risiko zu erkranken um ungefähr 30 % gemindert sei. Semi-Immunität bedeute, dass die körpereigenen Abwehrmaßnahmen die unkontrollierte Vermehrung der Zellen verhinderten. In einem stabilen Stadium der Malaria-Infektion gebe es dann im Körper ein geringes Niveau von Parasiten, das durch die Semi-Immunität kontrolliert werden könne. Die Semi-Immunität könne durch Chemoprophylaxe verbessert werden. In der DRK sei Chemoprophylaxe mit Chlorokuin üblich gewesen. Inzwischen sei man zu Fansidar, einem Antibiotikum, übergegangen. In Kinshasa seien mit Insektiziden imprägnierte Moskitonetze in Gebrauch. Außerdem habe es ein EU-Programm gegeben, das die Brutstätten der Mücken dezimiert habe. Es gebe im ganzen Land Gesundheitszentren, in denen die Ärzte und Schwestern in der Behandlung von Malaria, einer weit verbreiteten Krankheit, ausgebildet seien. Bei einem unkomplizierten Verlauf, bei dem keine Gehirnbeteiligung erkennbar sei, werde ein Antibiotikum gegeben. Bei komplizierten Verlaufsformen behandele man mit Chinin. Die Behandlung dauere 3 bis 5 Tage. Die Kosten betrügen bei einem unkomplizierten Verlauf ambulant 1 bis 2 Euro, bei stationärer Behandlung einschließlich Arzneimittel 10 bis 20 Euro. Die Altergruppe der zwischen 5 und 15-jährigen, aus dem Ausland zurückgekehrten Kinder erkranke häufiger an Malaria und auch deutlich häufiger an komplizierten Formen der Malaria, soweit man die Rückkehrer mit einheimischen Kindern vergleiche. Nach dem Bericht des Schweizer Bundesamtes für die Flüchtlinge vom 5. Oktober 2001 gehört Malaria zu den häufigsten und tödlichsten Krankheiten in der DRK. Es habe im Jahr 2000 etwa 200.000 Todesfälle infolge von Malaria gegeben. Der Gutachter Junghanss beziffert die besonders hohe Sterblichkeit von Kindern von einem Jahr bis zu 4 bzw. 5 Jahren mit etwa 1 % (Gutachten vom 9. Februar 2001). Der Sachverständige Ochel beziffert in seinem mündlich gegebenen Gutachten vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main vom 27. Juni 2003 die Erkrankungsrate von Touristen in der DRK auf 3 bis 10 von tausend Touristen. Zugleich führt er aus, dass die Sterblichkeitsrate bei rechtzeitiger Behandlung gleich Null sei.

Selbst wenn man daher davon ausgeht, dass die einmal erworbene Semi-Immunität nach längerem Aufenthalt außerhalb eines Malariaübertragungsgebietes wieder verloren geht, kann eine Extremgefahr für Erwachsene ausgeschlossen werden. Selbst wenn man von einer Erkrankungshäufigkeit von 3 bis 4 %, wie sie sich aufgrund der Erkrankungsrate bei Touristen errechnen lässt, annimmt und eine Sterblichkeitsrate von 1 % zugrunde legt, wie sie bei Kindern in der Altersgruppe von 0 bis 4 Jahren vorliegt, stellt dies keine Extremgefahr dar. Die Höhe dieser Sterblichkeitsrate bedeutet nicht, dass jeder Abgeschobene gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod entgegengeht. Darüber hinaus kommt hinzu, dass es wirksame und kostengünstige Prophylaxemöglichkeiten gibt, wie beispielsweise das imprägnierte Moskitonetz. Diese Art der Prophylaxe senkt das Infektionsrisiko um etwa 50 % (Junghanss, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.11.2002, zitiert nach OVG Baden-Württemberg, U. v. 13.11.2002, a.a.O.). Auch der Umstand, dass die klagende Familie aus Kinshasa stammt, lässt die Wahrscheinlichkeit einer schweren Form der Erkrankung als gering erscheinen. Denn wie die Gutachter übereinstimmend ausführen, wird nahezu jede Infektionserkrankung, die nicht erkennbar auf andere Ursachen zurückzuführen ist, sofort als Malaria behandelt. Da in Kinshasa gesundheitliche Hilfe rasch zu erreichen ist, könnte daher bei einer Infektion nahezu umgehend mit der Behandlung begonnen werden. Eine sofortige Einleitung der Behandlung sichert aber nach den Ausführungen der Sachverständigen Ochel in der mündlichen Verhandlung vor dem VG Frankfurt am Main vom 27. Juni 2002 und Dietrich (Gutachten vom 02.04.2002) mit nahezu 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit, dass ein tödlicher Verlauf vermieden wird.

Zwar wird das malariaspezifische Sterberisiko unter Umständen gesteigert, wenn Durchfallerkrankungen aufgrund verseuchten Wassers hinzukommen, wie der Gutachter Junghanss in der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2001 vor dem OVG Baden-Württemberg ausgeführt hat (vgl. OVG Baden-Württemberg, U. v. 13.11.2002, a.a.O.). Ein solches erhöhtes Risiko besteht insoweit aufgrund fehlender Gewöhnung an die Keimflora jedoch nur für Kleinkinder, die von außen in das Erregergebiet kommen, nicht jedoch für Erwachsene.

Auch die Frage, ob die klagende Familie nach eventueller Infektion mit Malaria schwerste Verletzungen erleidet, ist zu verneinen. Nach Angaben des Gutachters Junghanss in der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2002 vor dem OVG Baden-Württemberg (zitiert nach OVG Baden-Württemberg, U. v. 13.11.2002, a.a.O.) müssen Rückkehrer mit verloren gegangener Semi-Immunität in Malariagebieten mit einer schweren Malaria rechnen. Auch kann eine schwere Malaria bleibende Schäden zur Folge haben. Allerdings liegt dieses Risiko von Spätschäden nur bei 10 bis 20 %. Es handelt sich dabei auch nicht stets um schwerwiegende Schäden, wie etwa Erblindung und Lähmung, sondern dieses Risiko ist nochmals geringer. Damit kann auch insoweit von einer extremen Gefahr schwerster Verletzungen nicht ausgegangen werden.

Auch ansonsten geben die allgemein schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen in der DRK keinen ausreichenden Anlass, von einer extremen Situation auszugehen. Es herrscht in der Region keine allgemeine Hungersnot; es ist auch nicht erkennbar, dass gerade im Großraum Kinshasa eine besonders schlechte Lebensmittelversorgung bestünde. Die Unterernährungsrate für Kleinkinder unter 5 Jahren liegt in den Armutsvierteln von Kinshasa bei 2,6 % (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 02.08.2002). Auch gibt es Volkskantinen, in denen die völlig Mittellosen mit dem Nötigsten versorgt werden (AA vom 16.06.2001). Die klagende Familie verfügt zumindest über den Kläger zu 1. noch über einen Rückhalt in der DRK, denn der Vater des Klägers zu 1. lebt noch dort. Im Übrigen lebt auch die Schwester des Klägers zu 1. in der Region, nämlich in Brazzaville. Inwieweit die Klägerin zu 2. über verwandtschaftlichen Rückhalt verfügt, ist nicht bekannt. Ansonsten gilt aufgrund des Gutachtens Junghanss vom 09.02.2001, dass die Sterberate für typische Infektionskrankheiten in der DRK bei etwa 1 % liegt. Mehr als die Hälfte der Sterbefälle gehe dabei auf eine HIV-Infektion zurück. Da man sich gegen HIV vergleichsweise gut schützen kann, liegt das Infektionsrisiko unter Abzug von HIV bei 0,5 %. Eine Extremgefahr kann darin nicht gesehen werden.

Abschiebungsschutz kann daher auch nicht in verfassungskonformer Auslegung und Anwendung des § 53 Abs. 6 AuslG gewährt werden.

Die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung folgt aus § 34 AsylVfG i.V.m. den §§ 50, 51 Abs. 4 AuslG.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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