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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.04.2008
Aktenzeichen: 3 UE 457/06.A
Rechtsgebiete: AsylVfG, AufenthG, QRL
Vorschriften:
AsylVfG § 77 | |
AufenthG § 60 Abs. 1 | |
AufenthG § 60 Abs. 2 | |
AufenthG § 60 Abs. 3 | |
AufenthG § 60 Abs. 4 | |
AufenthG § 60 Abs. 5 | |
AufenthG § 60 Abs. 7 | |
AufenthG § 60 Abs. 11 | |
QRL Art. 1 | |
QRL Art. 2 | |
QRL Art. 4 | |
QRL Art. 8 |
2. Ethnische Armenier, die in Tschetschenien geboren worden sind und dort bis zu ihrer Ausreise gelebt haben, bei denen jedoch ein Bezug zu den tschetschenischen Rebellen weder nachgewiesen noch vermutet werden kann, können aufgrund der festgestellten Vorverfolgung nicht auf eine Rückkehr nach Tschetschenien verwiesen werden (Art. 4 Abs. 4 QRL).
3. Ethnischen Armeniern, die in Tschetschenien geboren worden sind und dort bis zu ihrer Ausreise gelebt haben, steht, soweit bei ihnen kein Bezug zu den tschetschenischen Rebellen festgestellt worden ist oder unterstellt werden kann, in den Gebieten der armenischen Diaspora in der Russischen Föderation, dort insbesondere in Stawropol, Krasnodar oder Rostow am Don eine interne Schutzmöglichkeit gemäß Art. 8 QRL zur Verfügung.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Asylrechts
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richterin am Hess. VGH Lehmann
am 9. April 2008
beschlossen:
Tenor:
Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 2. Juni 2004 - 2 E 782/03.A - ist wirkungslos, soweit es die Zuerkennung von Asyl gemäß Art. 16 a GG betrifft.
Im Übrigen wird auf die Berufung der Beklagten sowie des Beteiligten das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 2. Juni 2004 - 2 E 782/03.A - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die nach ihren Angaben 19.. und 19.. in D., Tschetschenien, geborenen Kläger beantragten am 31. Oktober 2002 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Die Kläger sind die Eltern des xG., dessen Asylverfahren unter dem Aktenzeichen 3 UE 459/06.A sowie des xG., dessen Asylverfahren gemeinsam mit dem der xG. unter dem Aktenzeichen 3 UE 460/06.A geführt wird.
Im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 18. November 2002 trug der Kläger im Wesentlichen vor, er sei russischer Staatsangehöriger armenischer Volkszugehöriger christlichen Glaubens und spreche neben der russischen Sprache keine weiteren Sprachen. Er sei in Tschetschenien geboren und habe dort bis zum September 2001 gelebt, zuletzt hätten sie sich in den tschetschenischen Bergen versteckt aufgehalten. Papiere hätten sie keine, sie seien illegal über Georgien ausgereist. Die Ehe mit der Klägerin habe er 1974 in D. geschlossen. Sie hätten zwei Söhne, die hier in Deutschland lebten und Asylbewerber seien. In der Russischen Föderation lebten keine Verwandten mehr. Er habe in Tschetschenien den Mittelschulabschluss erworben und nach der Lehre als Elektrotechniker ab 1995 bis vor drei Jahren eine Autowerkstatt betrieben. Von 1968 bis 1970 sei er in der Deutschen Demokratischen Republik stationiert gewesen. Am 16. Oktober 2002 seien sie mit der Georgia Airlines von Tiflis aus nach Frankfurt am Main geflogen. Die bei der Einreise benutzten Pässe seien ihnen von dem Schlepper nach der Einreise abgenommen worden. Einer politischen Organisation oder Partei habe er in der Russischen Förderation nicht angehört, er sei auch keinen politischen Aktivitäten nachgegangen. Tschetschenien habe er aus folgenden Gründen verlassen: 1995/1997, als der Krieg in Tschetschenien ausgebrochen sei, sei auch ihr Dorf D. von dem Kriegsgeschehen erfasst worden. Tschetschenen hätten ihn zwingen wollen, mit ihnen zu kämpfen, ebenso hätten sie gewollt, dass er ihre Religion annehme. Nach Ausbruch des 2. Tschetschenienkrieges hätten sie daher ihr Heimatdorf verlassen müssen und sich in einem anderen Dorf niedergelassen. Der Krieg habe Anfang Februar 2000 dann jedoch auch dieses Dorf erreicht. Es habe mit Bombardierungen begonnen, und dann seien erneut die Rebellen gekommen, um von ihm zu verlangen, sich ihnen anzuschließen. 1998 habe sein ältester Sohn eine Tschetschenin geheiratet. Im Jahr 2000 sei dieser Sohn gemeinsam mit der Schwiegertochter zu den Schwiegereltern gegangen, sie seien von dort jedoch nicht zurückgekehrt. Auch sein jüngerer Sohn sei damals verschwunden. Er habe sich große Sorgen gemacht und sich auf den Weg begeben, seine Söhne und die Schwiegertochter zu suchen. Unterwegs sei er von russischen Soldaten angehalten und an einen unbekannten Ort mitgenommen worden, wo er bis zum Mai 2000 habe bleiben müssen. Sie seien mitgenommen worden, weil sie ohne Ausweispapiere gewesen seien und die Soldaten sie für tschetschenische Rebellen gehalten hätten. Im Mai 2000 seien sie in ein Gefängnis gebracht worden, wo Befragungen begonnen hätten. Man habe ihnen vorgeworfen, zu den tschetschenischen Rebellen zu gehören und habe auf sie eingeschlagen. Im August 2001 habe es dann eine weitere Vernehmung gegeben und am 1. September 2001 seien sie schließlich wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Während der ganzen Zeit habe er sich immer wieder Gedanken um seine Kinder gemacht und sich gefragt, ob sie noch am Leben seien. Ihm sei während der ganzen Zeit der Vorwurf gemacht worden, seine Kinder kämpften auf tschetschenischer Seite und seien deshalb geflohen.
Auf Nachfrage des Bundesamtes, ob die russischen Sicherheitskräfte nicht anhand seines Namens und seines religiösen Bekenntnisses hätten feststellen können, dass er selbst kein Tschetschene sei, erklärte der Kläger, die einzige Möglichkeit sei gewesen, ihnen seine Genitalien zu zeigen, was jedoch nichts bewirkt habe. Im Übrigen sei auch seine Frau inhaftiert gewesen, sie seien aber in verschiedenen Zellen untergebracht gewesen. Zu der Freilassung im September 2001 sei es durch einen älteren Mann gekommen, der in dem Gefängnis das Sagen gehabt und festgestellt habe, dass sie die Wahrheit gesagt hätten. Nachdem sie fotografiert worden seien, sei ihnen eine Bescheinigung ausgestellt und sie seien freigelassen worden. Auch diese Bescheinigung sei ihnen von dem Schlepper abgenommen worden. Nach ihrer Freilassung seien sie in ihr Heimatdorf zurückgekehrt und hätten dort von einer Nachbarin erfahren, dass ihre Söhne am 17. August 2000 einen Georgier beauftragt hätten, sie außer Landes zu bringen. Ihr Haus sei zerstört gewesen. Sie hätten daraufhin ebenfalls Kontakt zu diesem Mann aufgenommen und ihn angefleht, auch ihnen zu helfen. Zunächst hätten sie bis Februar 2002 in den Ruinen ihres Hauses gelebt, danach seien sie von dem Georgier zu einem Hirten in die Berge gebracht worden. Dort seien sie bis zum 14./15. August 2002 geblieben, er, der Kläger, habe in dieser Zeit dem Hirten bei der Arbeit geholfen. Der Fluchthelfer sei dann mit einem Traktor und einem Wagen mit Stroh gekommen, in dem sie sich hätten verstecken müssen, dann sei ihnen gesagt worden, dass sie sich nun in Georgien befänden. Der Schlepper habe sie mit zu sich nach Hause nach Tiflis genommen, wo sie schließlich am 16. Oktober 2002, ausgestattet mit Pässen, losgeflogen seien. Da der Schlepper ihnen gesagt habe, dass er ihre beiden Söhne nach Deutschland gebracht habe, sei für sie auch nur diese Fluchtvariante in Betracht gekommen.
Die Klägerin gab im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 18. November 2002 an, außer russisch keine weiteren Sprachen zu beherrschen. Sie sei von der Vaterseite her Jüdin und von der Mutterseite her Armenierin. Sie sei in Tschetschenien geboren worden und habe dort bis zu ihrer Ausreise gelebt. Ihren Ehemann habe sie im Jahr 1974 in D. geheiratet, sie habe den Mittelschulabschluss und nach einer Lehre bis zum Jahr 1995 als Elektrotechnikerin im Betrieb ihres Mannes als Buchhalterin gearbeitet. Danach sei sie Hausfrau gewesen. Einen Pass oder Ähnliches besitze sie nicht. Von Mai 2000 bis September 2001 habe sie sich gemeinsam mit ihrem Ehemann in russischem Gewahrsam befunden. Wie es genau zur Freilassung gekommen sei, könne sie nicht sagen, es sei wohl festgestellt worden, dass sie nicht diejenigen Menschen seien, für die sie gehalten worden seien. Befragt nach ihren persönlichen Erlebnissen während der Gefangenschaft trug sie vor, in dem Gefangenenlager seien verschiedene Nationalitäten untergebracht gewesen, darunter auch Tschetscheninnen. Diese hätten sie gezwungen, all das zu machen, was sie nicht hätten machen wollen. Sie hätten sie auch zum Putzen gezwungen. Als sie aus dem Gefängnis freigelassen worden seien, seien sie per Autostop nach Hause zurückgekehrt, wo sie hätten feststellen müssen, dass ihr Haus zerstört gewesen sei. Eine Nachbarin habe ihnen gesagt, dass ihre Kinder am 17. August 2001 zu Hause gewesen seien und sich dann an einen Georgier namens ... gewandt hätten, um wegzugehen. Den Schlepper hätten sie dann ebenfalls kontaktiert und gebeten, sie außer Landes zu bringen. Sie seien dann am 14. August 2002 in Georgien angekommen.
Mit Bescheid vom 24. März 2003 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag der Kläger ab und stellte fest, dass weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG noch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen. Des Weiteren wurden die Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe bzw. im Falle einer Klageerhebung innerhalb eines Monats nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist wurde ihnen ihre Abschiebung in die Russische Föderation oder in einen anderen Staat, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht.
Gegen den am 28. März 2003 zugestellten Bescheid haben die Kläger am 8. April 2003 Klage vor dem Verwaltungsgericht Kassel - 7 E 782/03.A - erhoben. Im Rahmen des Klageverfahrens trugen sie über ihren Bevollmächtigten ergänzend vor, sie seien Christen armenischer Volkszugehörigkeit aus Tschetschenien. Sie würden von zwei Seiten bedrängt und verfolgt. Von der russischen Seite würden sie als Kaukasier und Dunkelhäutige angesehen und folglich als Terroristen behandelt. Ständig würden sie kontrolliert und jedermann misstraue ihnen. Von den Tschetschenen erhielten sie keine Unterstützung, weil sie nicht moslemischen Glaubens seien. Sie gehörten einer absoluten Minderheit an, höchstens 2 Prozent der Bevölkerung in Tschetschenien seien armenische Christen. Zu Hause seien sie im Besitz sowjetischer Pässe gewesen, russische Pässe hätten sie nie gehabt. Ihr Sohn ..., der vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof Kassel unter dem Aktenzeichen 3 UE 459/06.A ein eigenes Asylverfahren betreibe, habe überhaupt keinen Pass gehabt, weil er noch zu klein gewesen sei.
In der mündlichen Verhandlung am 2. Juni 2004 vor dem Verwaltungsgericht trug der Kläger zu 1. ergänzend vor, sie hätten bis 1995 in D. und ab 1995 in K. gewohnt. Sie hätten sich in dieser Zeit von Getreide, Kartoffeln und Mehl ernährt, außerdem habe ihnen das Rote Kreuz geholfen. Ab 1995 habe er nicht mehr gearbeitet, er habe nur noch zu Hause Autos repariert. Damit habe er etwas Geld verdient, es sei aber sehr wenig gewesen. Er sei verdächtigt worden, zu den Kämpfern zu gehören, auch habe man nicht verstanden, was ein Armenier in Tschetschenien zu tun habe. Er sei festgenommen worden, weil es nicht weit von ihrem Haus einen Mord gegeben habe. Er sei aus seinem Haus herausgegangen und habe nach seinen Kindern gesucht, etwa 15 oder 20 m von seinem Haus entfernt sei er dann gemeinsam mit seiner Ehefrau festgenommen worden. Sie seien gestoßen und geschlagen worden, er habe viele blaue Flecken gehabt, man habe sie auch mit Stiefeln getreten. Sie hätten gedacht, dass er etwas wisse, er habe ihnen aber nichts sagen können. Er sei gemeinsam mit 15 bis 20 anderen Männern über die ganze Zeit an demselben Ort untergebracht gewesen und oft verhört worden. Männer und Frauen seien in getrennten Häusern untergebracht gewesen. Letztendlich habe man ihm dann doch, da er nicht beschnitten sei, geglaubt, dass er Armenier sei, er habe auch kein tschetschenisch verstanden. Auf der Flucht hätten sie sich etwa 8 Monate in Georgien aufgehalten, ob es sich dabei allerdings tatsächlich um Georgien gehandelt habe, wisse er nicht, sie hätten auf einer Wiese gelebt. In Tiflis selbst hätten sie sich etwa 2 Tage lang aufgehalten.
Die Kläger haben beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes vom 24. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 AuslG,
hilfsweise: Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG in ihrer Person vorliegen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 2. Juni 2004 hat das Verwaltungsgericht Kassel den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 24. März 2003 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 AuslG in ihrer Person vorliegen. Auf Antrag des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten vom 23. Juli 2004 (Bl. 116 GA) sowie der Beklagten vom 3. August 2004 (Bl. 130 GA) hat der 3. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs mit Beschluss vom 20. Februar 2006 - 3 UZ 2270/04.A - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 2. Juni 2004 - 2 E 782/03.A - zugelassen.
Zur Berufungsbegründung trägt das Bundesamt im Wesentlichen unter Verweis auf diverse obergerichtliche Entscheidungen vor, es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, ob in Tschetschenien lebende tschetschenische Volkszugehörige ebenso wie Personen, die dort gelebt hätten, auch wenn sie keine ethnischen Tschetschenen seien, einer Gruppenverfolgung unterlägen und auch armenische bzw. armenisch-jüdische Volkszugehörige, die aus dem Kaukasus stammten und in Tschetschenien gelebt hätten, hinsichtlich einer innerstaatlichen Fluchtalternative denselben Gefährdungen ausgesetzt seien wie ethnische Tschetschenen (Bl. 152 GA, 130 GA). Auch das Inkrafttreten der Qualifikationsrichtlinie führe zu keinem anderen Ergebnis in der Sache, da den Klägern zuzumuten sei, ihren Aufenthalt in einem anderen Landesteil der Russischen Föderation zu nehmen, an dem sie vor Verfolgung sicher seien und wo ihr soziales und wirtschaftliches Existenzminimum gewährleistet sei (Bl. 303 ff. GA).
Am 14. März 2008 hat im Berufungsverfahren vor der Berichterstatterin ein Erörterungstermin stattgefunden, in dessen Verlauf die Kläger durch ihren Bevollmächtigten die Klage, soweit sie sich auf die Zuerkennung von Asyl gemäß Art. 16 a GG bezieht, zurückgenommen haben. Der Bevollmächtigte der Beklagten hat der Klagerücknahme zugestimmt.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage, soweit sie noch rechtshängig ist, unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Kassel vom 2. Juni 2004 - 2 E 782/03.A - in vollem Umfang abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, für sie als aus Tschetschenien stammende armenische Christen gebe es in der Russischen Föderation keine inländische Fluchtalternative. Kaukasische Binnenvertriebene seien in der Russischen Föderation häufig fremdenfeindlichen Übergriffen und vermehrten Polizeikontrollen ausgesetzt, insbesondere könnten sie sich dort nicht registrieren lassen und daher keinen legalen Aufenthalt begründen. Ohne Anmeldung seien sie jedoch nicht in der Lage, ein menschenwürdiges Leben zu führen, da sie nur mit Anmeldung legal arbeiten, Kinder zur Schule anmelden oder den Gesundheitsdienst in Anspruch nehmen könnten.
Der Beteiligte beantragt sinngemäß,
die Klage, soweit sie noch rechtshängig ist, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Kassel vom 2. Juni 2004 - 2 E 782/03.A - abzuweisen.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die angefochtene Entscheidung könne keinen Bestand haben, da mit der überwiegenden einschlägigen obergerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen sei, dass russischen Staatsangehörigen aus Tschetschenien in weiten Teilen der Russischen Föderation eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung stehe. Der vorliegende Fall biete keine Anhaltspunkte für eine Ausnahme von dieser Regelvermutung, zumal die Kläger keine ethnischen Tschetschenen seien und nicht erkennbar sei, dass sie im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation in eine erhebliche existentielle Gefährdungslage geraten könnten (Bl. 156, 116 GA). Im Übrigen könne weder aus den Bestimmungen der Qualifikationsrichtlinie noch anderweitig abgeleitet werden, dass die in der bisherigen nationalen Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze und deren Auswirkungen bei den verschiedenen Ausprägungen einer gruppengerichteten, aber nur örtlich begrenzt sich zeigenden, gegenüber einer als regional zu qualifizierenden Gefährdung nun keinen Fortbestand mehr hätten bzw. das Bundesverwaltungsgericht den Typus der örtlich begrenzten Gruppenverfolgung für "überholt" einstufe. Dafür ergebe sich auch nichts aus dessen Beschluss vom 4. Januar 2007 - 1 B 47.06 -, der zeitlich nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die Qualifikationsrichtlinie ergangen sei. Im Gegenteil dürfe die (erst) zu diesem Zeitpunkt erfolgte ausdrückliche Betonung des oben genannten Grundsatzes durch das Bundesverwaltungsgericht verdeutlichen, dass dieses - dabei in Kenntnis und unter Berücksichtigung des zwischenzeitlichen Ablaufs der Umsetzungsfrist der QRL 2004/83/EG - keine Zweifel an der weiteren Bedeutung des Verfolgungstyps der örtlich begrenzten Gruppenverfolgung und der weiteren Geltung der bisherigen Grundsätze zur Abgrenzung einer örtlich begrenzten von einer regional begrenzten Gruppenverfolgung hege, sowie nach wie vor dem jeweiligen Verfolgungstypus die entscheidende Bedeutung beimesse, wer bei heutiger Rückkehr zur gefährdeten Gruppe zu zählen sein könne (Bl. 297 GA).
Der Senat hat durch Beschluss vom 26. Januar 2007 (Bl. 165 GA) Beweis erhoben zur Sicherheitslage russischer Staatsangehöriger armenischer Volkszugehörigkeit, die in Tschetschenien geboren worden sind und dort bis zu ihrer Ausreise gelebt haben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Ebenso wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die in der Gerichtsakte befindlichen Schriftstücke, den Verwaltungsvorgang der Beklagten (1 Aktenheft) sowie auf die den Beteiligten mitgeteilten Erkenntnisse zur Situation in der Russischen Föderation (Erkenntnisquellenliste Russische Föderation - Tschetschenien -, Stand: Januar 2008) Bezug genommen. Die Unterlagen sind insgesamt zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden.
II.
Soweit die Kläger ihre Klage auf Anerkennung als Asylberechtigte zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt (§ 92 Abs. 3 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 2. Juni 2004 - 2 E 782/03.A - ist insoweit wirkungslos (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
Im Übrigen entscheidet der Senat über die Berufungen der Beklagten sowie des Beteiligten durch Beschluss gemäß § 130 a VwGO, da er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Vorgehensweise zu äußern.
Die Berufungen der Beklagten sowie des Beteiligten, mit dem die Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Kassel vom 2. Juni 2004 - 2 782/03.A - begehrt wird, ist aufgrund der Zulassung durch den Senat und auch sonst zulässig und auch begründet.
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, hinsichtlich der Kläger die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, der gemäß Art. 15 Abs. 3 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) vom 30. Juli 2004 seit dem 1. Januar 2005 durch § 60 Abs. 1 AufenthG abgelöst wurde, festzustellen; denn die Ablehnung der Feststellung von Flüchtlingsschutz gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I Nr. 42 S. 1970 ff.) stellt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) als rechtmäßig dar.
Allerdings scheitert die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz nicht bereits an einer entsprechenden Anwendung des § 27 AsylVfG bzw. dem Grundsatz der Subsidiarität internationalen Flüchtlingsschutzes.
Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 2. Juni 2004 haben sich die Kläger vor ihrer Ausreise 8 Monate in Georgien aufgehalten, was im Asylverfahren zur Anwendung der Vermutungsregel des § 27 Abs. 3 AsylVfG geführt hätte. Danach wird vermutet, dass, soweit sich ein Ausländer in einem sonstigen Drittstaat, in dem ihm keine politische Verfolgung droht, vor der Einreise in das Bundesgebiet länger als drei Monate aufgehalten hat, er dort vor politischer Verfolgung sicher war.
Der Ausschluss der Anerkennung als Asylberechtigter nach § 27 AsylVfG ist von seinem Wortlaut her nicht auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG anwendbar (vgl. Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz - GK-AsylVfG - Band II, § 27 Rdnr. 16 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 08.02.2005 - BVerwGE 1 C 29.03, BVerwG, Urteil vom 12.07.2005 - 1 C 22.04 - jeweils juris-online). Auch aus dem Grundsatz der Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes folgt im Falle der Kläger nichts anderes, denn allenfalls wenn der Flüchtling bereits ausreichende Sicherheit vor Verfolgung in einem anderen Staat gefunden hat und die Rückkehr bzw. die Rückführung in diesen Staat möglich ist, könnte dies der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG gegebenenfalls entgegengehalten werden (vgl. GK-AsylVfG, a. a. O., § 27 Rdnr. 16 mit Rechtsprechungsnachweisen). Im Fall der Kläger ist jedoch nicht erkennbar, dass, selbst wenn sie sich tatsächlich vor ihrer Ausreise 8 Monate in den Bergen Georgiens - und damit nicht im Bergland Tschetscheniens - aufgehalten haben sollten, dies zur Folge hat, dass sie dorthin wieder zurückgeführt werden könnten und dort sicher vor Verfolgung wären. Nach ihrem eigenen Vortrag haben sie sich dort illegal bei einem Hirten aufgehalten, von einer Unterschutzstellung unter den georgischen Staat kann dabei keine Rede sein.
Ist damit der Flüchtlingsstatus des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht grundsätzlich wegen der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts ausgeschlossen, ist die Berufung der Beklagten sowie des Beteiligten, mit der sie die Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Kassel vom 2. Juni 2004 - 2 E 782/03.A - begehren, gleichwohl begründet.
Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. 1953 II S. 559) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt wurden. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft.
Eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 kann ausgehen von
a. dem Staat,
b. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder
c. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter Buchstabe a) und b) genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land ein staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht,
es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative. Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach Satz 1 vorliegt, sind Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 bis 10 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29. April 2004 (ABl. EU L 304 S.12, ber. ABL. 2005 L 204 S. 24 - Qualifikationsrichtlinie/QRL -) ergänzend anzuwenden.
Der Senat hat sich in seinem rechtskräftigen Grundsatzurteil vom 21. Februar 2008 - 3 UE 191/07.A - mit den Veränderungen, die sich aus der Umsetzung bzw. dem Inkrafttreten der QRL ergeben, sowie der Sicherheitslage tschetschenischer Flüchtlinge aus Tschetschenien befasst und ausgeführt:
"Nach der nunmehr in § 60 Abs. 1 AufenthG in Bezug genommenen und im Übrigen aufgrund des Ablaufs ihrer Umsetzungsfrist zum 10. Oktober 2006 ohnehin in weiten Teilen unmittelbar geltenden Qualifikationsrichtlinie (vgl. zur unmittelbaren Geltung von Richtlinien EuGH, Urteil vom 19. 01. 1982 - Rs. 8 /81 -, EuGHE 1982, 53 Rz 21 ff. und vom 20. 09. 1988 - Rs 190/87 -, EuGHE 1988, 4689 Rz 22 ff.; Herdegen, Europarecht, 8. Aufl., 2006, § 9 Rdnr 44 ff.) haben sich die vorwiegend richterrechtlich entwickelten Prüfungsmaßstäbe hinsichtlich der Zuerkennung von Flüchtlingsschutz unmittelbar am Wortlaut der QRL und des AufenthG zu messen, wobei dies teils zu gravierenden Änderungen, teils jedoch zur Beibehaltung auch bisher geltender Prüfmaßstäbe führt. Dabei ist bei der Auslegung der von dem deutschen Gesetzgeber so formulierten "ergänzenden" Anwendung der Vorschriften der QRL - § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG - zu beachten, dass gem. Art. 1 QRL die Richtlinie verbindliche Mindestnormen für die Mitgliedstaaten festschreibt, die durch den nationalen Gesetzgeber nicht unterschritten werden dürfen. Wesentliches Ziel der Richtlinie ist nämlich die Schaffung einer gemeinsamen Asylpolitik einschließlich eines "Gemeinsamen Europäischen Asylsystems". Die Richtlinie soll auf "kurze Sicht zur Annäherung der Bestimmungen über die Zuerkennung und Merkmale der Flüchtlingseigenschaft führen" (vgl. Marx, Handbuch zur Flüchtlingsanerkennung, Erläuterungen zur Richtlinie 2004/83/EG, 2005, Vorwort zur Neugestaltung des Handbuchs, III).
Bei der Frage, welcher Maßstab an die zu prüfende Verfolgungswahrscheinlichkeit unter Geltung der QRL anzulegen ist, ist zunächst auf Art. 4 Abs. 3 QRL zu verweisen, nach dem stets eine individuelle Prüfung zu erfolgen hat, mithin eine rein generalisierende Sichtweise nicht mehr mit dem Wortlaut der Richtlinie zu vereinbaren wäre (vgl. Hruschka/Löhr, Der Prognosemaßstab für die Prüfung der Flüchtlingseigenschaft nach der Qualifikationsrichtlinie, ZAR 2007, S. 180 ff.)
Soweit nach der bisherigen Rechtsprechung für die Beurteilung der Frage, ob einem Flüchtling nach den Maßstäben des § 60 Abs. 1 AufenthG Schutz zu gewähren ist, unterschiedliche Maßstäbe anzulegen waren, je nach dem, ob dieser seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist (vgl. BVerfGE 80, 315 = NVwZ 1990, 151 = NJW 1990, 974), nimmt zwar die QRL eine entsprechende Unterscheidung ebenfalls auf, allerdings mit Verschiebungen des Prüfungsumfangs hinsichtlich der vorverfolgt ausgereisten Personen sowie hinsichtlich des anzustellenden Prüfungsumfangs im Zeitpunkt der Ausreise.
Nach den bisher richterrechtlich entwickelten Maßgaben durfte ein - landesweit - vorverfolgt ausgereister Flüchtling grundsätzlich nur dann in sein Heimatland zurückgeschickt werden, wenn er dort hinreichend sicher vor - erneuter politischer - Verfolgung war (sog. herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab), wobei hinreichende Sicherheit in diesem Zusammenhang bedeutete, dass aufgrund der bereits einmal erlittenen Verfolgung hohe Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Ausschlusses erneuter Verfolgung zu stellen waren. Es musste mehr als überwiegend wahrscheinlich sein, dass keine erneute Verfolgung droht (BVerwGE 70, 169 <171>). Demgegenüber konnte ein unverfolgt Ausgereister bei zu berücksichtigenden objektiven Nachfluchtgründen auf sein Heimatland verwiesen werden, wenn ihm dort nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohte, was anzunehmen war, wenn er in absehbarer Zeit dort nicht mit Verfolgungsmaßnahmen ernsthaft zu rechnen hatte (vgl. BVerwGE 68, 106 <109>).
Auch die QRL nimmt bei der anzustellenden Verfolgungsprognose eine Differenzierung vor, indem sie in Art. 4 Abs. 4, auf den § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ausdrücklich Bezug nimmt, ausführt, dass die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf ist, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird.
Zwar ist zutreffend, dass Art. 4 Abs. 4 QRL damit lediglich eine Prognoseregelung für den Fall trifft, dass eine Person verfolgt wurde oder eine Verfolgung unmittelbar bevorstand, nicht jedoch eine Vermutungsregel für unverfolgt ausgereiste Flüchtlinge enthält (vgl. Hruschka/Löhr, a.a.O., S.181). Nach der Systematik des Art. 4 Abs. 4 QRL stellt für den erstgenannten Personenkreis die stattgefundene bzw. unmittelbar drohende Vorverfolgung den ernsthaften Hinweis auf eine auch im Fall der Rückkehr zu erwartende Verfolgung dar, während bei nicht vorverfolgten Flüchtlingen der in Art. 4 Abs. 4 QRL so bezeichnete "ernsthafte Hinweis" auf zu erwartende Gefährdungen entfällt, es im Übrigen aber bei der Prüfung bleibt, ob der Flüchtling heute bei Rückkehr in sein Heimatland erwartbar Verfolgungsmaßnahmen oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erleiden wird oder hiervon unmittelbar bedroht ist. Insoweit kann auch auf die Begriffsbestimmung des Art. 2 c) QRL zurückgegriffen werden, wonach "Flüchtling" im Sinne der QRL einen Drittstaatsangehörigen bezeichnet, der aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder einen Staatenlosen, der sich aus denselben vorgenannten Gründen außerhalb des Landes seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts befindet und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht dorthin zurückkehren will und auf den Art. 12 keine Anwendung findet. Der letztgenannte Maßstab entspricht dabei dem in der Rechtsprechung entwickelten Maßstab der "beachtlichen Wahrscheinlichkeit" in Anlehnung an die britische Rechtsprechung des "real risk", wobei auch ein Verfolgungsrisiko von unter 50% als beachtlich wahrscheinliches Risiko angesehen werden kann.
Der von der Rechtsprechung entwickelte Maßstab der "hinreichenden Sicherheit" bei vorverfolgt ausgereisten Flüchtlingen wird demgegenüber nunmehr durch die in Art. 4 Abs. 4 QRL enthaltene Rückausnahme abgelöst, wonach eine erfolgte oder unmittelbar drohende Vorverfolgung den ernsthaften Hinweis nach sich zieht, dass die Furcht des Antragsteller vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sein wird (a.A. Bay. VGH, Urteil vom 31. 08. 2007, 11 B 02.31774, Rdnr 29, in juris online, der davon ausgeht, dass es auch unter Geltung der QRL bei beiden bisher richterrechtlich entwickelten Prognosemaßstäben bleibt). Bei der Auslegung des Art. 4 Abs. 4 QRL können zwar die in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien der "hinreichenden Sicherheit vor Verfolgung" mit herangezogen werden, da auch der Richtliniengeber davon ausgeht, dass der bereits einmal verfolgte Flüchtling einen erhöhten Schutzstandard genießt, stellt doch die Vorverfolgung einen ernsthaften Hinweis auf eine auch bei Rückkehr zu befürchtende Verfolgung dar, es sei denn es greift die Rückausnahme des Art. 4 Abs. 4 a.E. QRL. Allerdings sollte sich die Rechtsanwendung nunmehr den neuen - europaweit gültigen - Begrifflichkeiten zuwenden, die als Rechtsnormen die richterrechtlich entwickelten Begriffe ablösen und sich auch einer europaweiten Vergleichbarkeit werden stellen müssen.
Unter zeitlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten hat der relevante Prüfungsumfang der Verfolgungssituation des Flüchtlings durch die Regelungen der QRL maßgebliche Änderungen, insbesondere hinsichtlich der richterrechtlich entwickelten Kriterien einer örtlich oder regional begrenzten Verfolgung (vgl. BVerwGE 105, 204; BVerwG Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 231; BVerwGE 105, 204; BVerwG, Beschluss vom 04.01.2007, 1 B 47.06) erfahren, da es auf diese Differenzierungen nach Inkrafttreten der QRL nicht mehr ankommt. Insoweit folgt der Senat der gegenteiligen Auffassung des Beteiligten (SS vom 22.02.2007, Bl. 301 GA) sowie der Beklagten (SS vom 05.03.2007, Bl. 307 GA) nicht, worauf weiter unten noch eingegangen wird.
Die Differenzierung zwischen örtlich und regional begrenzter Gruppenverfolgung, die zur Konsequenz hatte, dass Flüchtlinge, die "lediglich" einer örtlich begrenzten Gruppenverfolgung ausgesetzt waren, mit Verlassen des Verfolgungsgebiets, spätestens aber mit Rückkehr aus dem Ausland, mangels Orts- bzw. Gebietsbezug voraussetzungsgemäß nicht mehr von Verfolgung betroffen seien und ihnen daher eine Rückkehr in andere Gebiete des Heimatstaates ohne weitere asyl- bzw. flüchtlingsrechtliche Prüfung einer inländischen Fluchtalternative zuzumuten war (BVerwG, Beschluss vom 04.01.2007, 1 B 47.06, Rdnr. 5), ist mit den Vorgaben der QRL nicht - mehr - zu vereinbaren.
Maßgeblich ist dabei, welche zeitlichen und inhaltlichen Vorgaben insbesondere Art. 8 QRL für die Prüfung der Voraussetzungen einer inländischen Fluchtalternative bzw. eines internen Schutzes vorgibt und welche Veränderungen sich hieraus zu den bisherigen Maßstäben ergeben.
Aufgrund der Tatsache, dass auch Art. 8 QRL - eine nach ihrem Wortlaut nicht grundsätzlich umsetzungspflichtige Norm - durch § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG in Bezug genommen worden ist und das Institut der inländischen Fluchtalternative/des internen Schutzes zudem ausdrücklich in § 60 Abs. 1 Satz 4 a. E. AufenthG gesetzliche Erwähnung erfährt, sind nunmehr das Vorliegen einer inländischen Fluchtalternative/internen Schutzes und die in diesem Zusammenhang anzustellenden rechtlichen Erwägungen ausschließlich an den Maßstäben und dem Wortlaut der Art. 8 QRL und Art. 4 Abs. 4 QRL zu messen.
Art. 8 QRL bestimmt, dass bei der Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz die Mitgliedsstaaten feststellen können, dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht und von dem Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält (Abs. 1). Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Abs. 1 erfüllt, berücksichtigen die Mitgliedsstaaten die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Antragstellers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag (Abs. 2). Schließlich kann Abs. 2 auch dann angewandt werden, wenn praktische Hindernisse für eine Rückkehr in das Herkunftsland bestehen (Abs. 3).
Art. 8 QRL trägt unterschiedslos der Tatsache Rechnung, dass sich Verfolgungssituationen innerhalb eines Staates für einzelne Personen oder Personengruppen unterschiedlich darstellen können, mit anderen Worten, der Staat bestimmte Personen und/oder Gruppen von Personen in einem Teil seines Staatsgebietes verfolgt, während er sie anderenorts mehr oder weniger unbehelligt lässt. Der von dem Bundesverfassungsgericht so bezeichneten "Zwiegesichtigkeit des Staates" (BVerfGE 80, 315 ff.) trägt Art. 8 QRL Rechnung, indem dem Flüchtling ohne Differenzierung nach regional oder örtlich begrenzter Verfolgung eine Rückkehr in einen anderen Landesteil seines Heimatstaates nur dann, und zwar im Zeitpunkt der Entscheidung über seinen Antrag, zugemutet wird, wenn dort für ihn keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht und von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält, wobei sich nach Art. 8 Abs. 2 QRL eine rein generalisierende Prüfung verbietet. Vielmehr ist bei Auslegung des Tatbestandsmerkmals "vernünftigerweise erwartet werden kann" (Art. 8 Abs. 1 QRL) unter Anlegung objektiver Maßstäbe zu prüfen, wie sich ein durchschnittlich vernünftiger Mensch in der Situation des Flüchtlings verhalten würde und bei der Frage, ob dieses vernünftige Verhalten von dem konkreten Flüchtling auch tatsächlich erwartet werden kann, seine persönlichen Besonderheiten zu berücksichtigen sind.
War nach bisheriger Rechtsprechung bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft insbesondere zur Ermittlung der anzuwendenden Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe unter zeitlichen Gesichtspunkten grundsätzlich eine doppelte Prüfung vorzunehmen, nämlich ob die Flüchtlingseigenschaft sowohl im Zeitpunkt der Ausreise als auch im Zeitpunkt der gedachten Rückkehr landesweit anzunehmen war bzw. ist, stehen dem nunmehr der Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 QRL sowie seine systematische Stellung zu Art. 4 Abs. 4 QRL entgegen.
Art. 4 Abs. 4 QRL stellt ausschließlich darauf ab, dass der Antragsteller - im Zeitpunkt der Ausreise - bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ohne hierbei das Institut des internen Schutzes - mit der Konsequenz der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Art. 13 QRL) - mit in den Blick zu nehmen. Ob eine angenommene Vorverfolgung bei regional oder örtlich begrenzten Verfolgungsmaßnahmen auch zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führt, ist gemäß Art. 8 Abs. 2 QRL nach Prüfung der Voraussetzungen des internen Schutzes zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu entscheiden. Mit anderen Worten, es reicht für die Anwendbarkeit des Art. 4 Abs. 4 QRL die Tatsache, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Ausreise, und sei es nur in einem Teil seines Heimatstaates, verfolgt war oder unmittelbar von Verfolgung bedroht war, während für die Beantwortung der Frage, ob dies auch zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führt, im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag, im gerichtlichen Verfahren also in der Regel im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG), gemäß den von Art. 8 QRL angelegten Vorgaben zu prüfen ist, ob eine interne Schutzmöglichkeit für den Verfolgten besteht oder nicht.
Da Art. 8 Abs. 2 QRL, wie bereits ausgeführt, hinsichtlich der Prüfung der Voraussetzungen des internen Schutzes auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abstellt, ohne hierbei bei der Frage der Vorverfolgung (Art. 4 Abs. 4 QRL) Differenzierungen nach örtlich oder regional begrenzten Verfolgungssituationen vorzunehmen, verbietet bereits dieser systematische Zusammenhang eine Beibehaltung der richterrechtlich entwickelten Differenzierungen, die zur Konsequenz hatten, dass bei lediglich örtlich begrenzter Gruppenverfolgung die Prüfung internen Schutzes gerade im Fall der Rückkehr aus dem Ausland entfiel, da der Flüchtling voraussetzungsgemäß nicht - mehr - zu der verfolgten Gruppe gehörte.
Darüber hinaus stehen kompetenzrechtliche Gründe der Beibehaltung der genannten Differenzierungen zwischen örtlich und regional begrenzter Gruppenverfolgung entgegen, da ihre Beibehaltung entgegen den Vorgaben der QRL (Art. 4 Abs. 4, Art. 8 QRL) zu einer Schlechterstellung der "nur" einer örtlich begrenzten Gruppenverfolgung ausgesetzten Flüchtlinge führen würde - in ihrem Fall würde das Vorliegen der Vorraussetzungen des Art. 8 QRL im Zeitpunkt der Rückkehr gerade nicht geprüft - und dies dem Ziel der QRL, verbindliche Mindestnormen für den Flüchtlingsschutz festlegen zu wollen (Art. 1 QRL), entgegenstünde.
Eine weitere Änderung nach Inkrafttreten der QRL stellt der Prüfungsumfang der existentiellen Gefährdungen am Ort des internen Schutzes dar. Unter Geltung der QRL entfällt nämlich bei der Prüfung des internen Schutzes hinsichtlich der dort zu beachtenden existentiellen Gefährdungen die bisher von der Rechtsprechung geforderte vergleichende Betrachtung - eine inländische Fluchtalternative konnte bisher bei Vorliegen existentieller Gefährdungen dort nur dann angenommen werden, wenn diese so am Herkunftsort nicht bestünden (BVerfGE 80, 315 ff.) -, da eine derartige vergleichende Betrachtung Art. 8 QRL fremd ist. Dementsprechend gehen auch sowohl die amtliche Begründung zu dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 3. Januar 2006 als auch die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern vom 13. Oktober 2006 davon aus, dass der Flüchtling am Zufluchtsort eine ausreichende Lebensgrundlage vorfinden muss, d.h., es muss zumindest das Existenzminimum gewährleistet sein, und dies auch dann gilt, wenn im Herkunftsgebiet die Lebensverhältnisse gleichermaßen schlecht sind."
Zu dieser Einschätzung hinsichtlich der anzuwendenden Prognosemaßstäbe, des maßgeblichen Zeitpunktes der Entscheidung sowie des für das Vorliegen eines internen Schutzes anzulegenden Prüfprogramms gelangt der Senat auch unter Berücksichtigung der von dem Bundesbeauftragten in Bezug genommenen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vom 4. Januar 2007 - 1 B 47.03 - sowie unter Auseinandersetzung mit den von der Beklagten eingeführten Entscheidungen anderer Oberverwaltungsgerichte mit ihren Schriftsätzen vom 3. August 2004 (Bl. 130 GA), 8. März 2006 (Bl. 152 GA) und 26. November 2007 (Bl. 303 GA) sowie unter Auseinandersetzung mit des Ausführungen des Beteiligten, insbesondere in seinem Schriftsatz vom 19. November 2007 (Bl. 296 GA).
Dabei weist der Beteiligte in seinem Schriftsatz vom 19. November 2007 (Bl. 296 GA) darauf hin, es sei nicht erkennbar, dass sich durch das Inkrafttreten der QRL an den richterrechtlich entwickelten Grundsätzen, insbesondere hinsichtlich der Differenzierung von örtlich und regional begrenzter Gruppenverfolgung und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen, etwas geändert habe. Bei der Verfolgung der Kläger habe es sich allenfalls um eine örtlich begrenzte Gruppenverfolgung gehandelt, wobei der Beschluss des BVerwG vom 4. Januar 2007 - 1 B 47.06 -, der zeitlich lange nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die Qualifikationsrichtlinie ergangnen sei, zeige, dass auch das BVerwG den Typus der örtlich begrenzten Gruppenverfolgung nicht für überholt halte. Vielmehr sei in dem Beschluss zutreffend darauf hingewiesen worden, dass möglicherweise zwar bis zur Ausreise die dort lebenden Tschetschenen als zur verfolgten Gruppe gehörig zu zählen gewesen seien. Wer aus dem Ausland zurückkehre, könne aber von vornherein nicht (mehr) zur verfolgten Gruppe gezählt werden, da nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Rückkehr nicht ausschließlich nach Tschetschenien in Betracht komme, und es daher auf die weiteren Voraussetzungen für eine etwaige inländische Fluchtalternative außerhalb Tschetscheniens nicht ankomme.
Der Senat folgt dieser Auffassung hinsichtlich der durch die QRL eingetretenen Änderungen aus den oben ausgeführten Gründen nicht.
Hinsichtlich der von der Beklagten angeführten anderen obergerichtlichen Entscheidungen, die sich mit den Differenzierungen zwischen örtlich und regional begrenzter Gruppenverfolgung, den danach anzuwendenden Prüfungsmaßstäben sowie allgemein mit der Situation tschetschenischer Binnenvertriebener in der Russischen Föderation befassen, sieht der Senat von einer differenzierten Ausführung zu den dort gemachten Feststellungen ab, da sich, wie bereits dargestellt, durch Umsetzung bzw. unmittelbare Anwendung der QRL die Prüfungskriterien für das Vorliegen einer inländischen Fluchtalternative/des internen Schutzes und der Zuerkennung von Flüchtlingsschutz maßgeblich verändert haben und die von der Beklagten aufgeführten Entscheidungen anderer Obergerichte daher für den Senat nicht mehr von entscheidender Bedeutung sind. Gleiches hat für die tatsächlichen Verhältnisse in der Russischen Föderation und dort insbesondere in Tschetschenien zu gelten, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in diesem Verfahren sowie in dem Verfahren 3 UE 191/07.A - die im Rahmen der Beweisaufnahme eingeholten Stellungnahmen sind auch zum Gegenstand dieses Verfahrens gemacht worden - entscheidungserhebliche Veränderung erfahren haben.
Unter Zugrundelegung der oben genannten Prüfungsmaßstäbe sind die Kläger vorverfolgt im Sinne des Art. 4 Abs. 4 QRL aus ihrer Heimatregion Tschetschenien ausgereist, da dort ihr Leben und ihre Freiheit im Zeitpunkt ihrer Ausreise im Oktober 2000 allein wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der aus Tschetschenien stammenden Kaukasier unmittelbar bedroht war (§ 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, Art. 4 Abs. 4 QRL).
Die Bedrohung der Kläger ging dabei unmittelbar aus von staatlichen Stellen (§ 60 Abs. 1 Satz 4 a AufenthG), nämlich den dort stationierten russischen Einheiten und Sicherheitskräften, die in der Bekämpfung der tschetschenischen Rebellen bzw. Separatisten weit über das hinaus gegangen sind, was unter dem Gesichtspunkt einer legitimen Terrorismusbekämpfung bzw. der legitimen Bekämpfung von Separatismusbestrebungen eines Staates hingenommen werden kann, wobei die tschetschenische Zivilbevölkerung gezielten Drangsalierungen, willkürlichen Verhaftungen, Verschleppungen, Verfolgungen bis hin zu Mord, Folterungen und Vergewaltigungen ausgesetzt war (vgl. auch AA, Ad hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation (Tschetschenien) vom 15.11.2000). Hierbei hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung an seiner Einschätzung der Situation in Tschetschenien im Zeitpunkt der Ausreise der Kläger fest. Hierzu hatte der Senat in dem durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Januar 2007 - 4 B 47.06 - aufgehobenen Urteil vom 2. Februar 2006 - 3 UE 3021/03.A - ausgeführt:
"Aus Anlass des Einfalls tschetschenischer Rebellengruppen in Dagestan und der Ausrufung eines islamischen Staates dort sowie Bombenattentaten auf ein Einkaufszentrum und ein Wohnhaus in Moskau, die von Seiten der russischen Regierung tschetschenischen Rebellen zugeschrieben wurden, aber auch im Hinblick auf den Präsidentschaftswahlkampf in der Russischen Föderation setzte die Führung der Russischen Föderation ab September 1999 Bodentruppen, Artillerie und Luftwaffe in Tschetschenien ein mit dem erklärten Ziel, die tschetschenischen Rebellengruppen zu vernichten, die das Ziel der Unabhängigkeit Tschetscheniens und die Errichtung eines islamischen Staates anstrebten. Im Verlauf der Kämpfe brachte die russische Armee Anfang des Jahres 2000 Grozny, das dabei fast völlig zerstört worden ist, und im Frühjahr des Jahres 2000 große Teile Tschetscheniens unter ihre Kontrolle. Die Rebellengruppen zogen sich in die südlichen Bergregionen zurück; sie sind seitdem zum Partisanenkrieg und zu terroristischen Anschlägen übergegangen (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 24.04.2001; Bundesamt, Der Tschetschenienkonflikt, Januar 2001; UNHCR, Stellungnahme über Asylsuchende aus der Russischen Föderation im Zusammenhang mit der Lage in Tschetschenien, Januar 2002). Die russische Armee ihrerseits ging unter dem Vorwand der Terroristenbekämpfung mit äußerster Brutalität auch gegen die Zivilbevölkerung in Tschetschenien vor, die zum damaligen Zeitpunkt nach Schätzungen bereits im Wesentlichen aus tschetschenischen Volkszugehörigen bestand (vgl. UNHCR, Stellungnahme über Asylsuchende aus der Russischen Föderation im Zusammenhang mit der Lage in Tschetschenien, Januar 2002).
Schon zu Beginn des zweiten Tschetschenienkrieges im September 1999 ist es zu großen Fluchtbewegungen gekommen. Aufgrund des Einmarschs der russischen Armeeeinheiten und der Bombardierung der Städte flohen große Teile der Bevölkerung aus ihren Wohnorten in Tschetschenien. Die russische Armee hinderte die Flüchtlinge zum Teil bereits am Verlassen des Kampfgebietes, teilweise am Übertritt in die Nachbarrepubliken wie Inguschetien (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 15. Februar 2000). Dabei wurden auch Flüchtlingstrecks von der russischen Luftwaffe angegriffen. Insgesamt ist davon auszugehen, dass von den zu Beginn des zweiten Tschetschenienkrieges in Tschetschenien lebenden 450.000 Einwohnern 350.000 gewaltsam aus ihren Wohnorten vertrieben worden sind, davon 160.000 an andere Orte in Tschetschenien und die übrigen in andere Teile der Russischen Föderation und das Ausland (UNHCR, Stellungnahme über Asylsuchende aus der Russischen Föderation im Zusammenhang mit der Lage in Tschetschenien, Januar 2002; Bundesamt, Russische Föderation, Checkliste Tschetschenien, August 2003). Die russischen Armeeeinheiten haben, wie schon im ersten Tschetschenienkrieg, an vielen Orten in Tschetschenien sogenannte Filtrationslager eingerichtet. In diese Lager wurden wahllos tschetschenische Einwohner gebracht, wo nach den Erklärungen der russischen Stellen Terroristen aufgespürt werden sollten. In den Lagern wurden die tschetschenischen Volkszugehörigen systematisch misshandelt, vergewaltigt, gefoltert und getötet (C., Stellungnahme vom 08.10.2001; Stellungnahme des Europäischen Parlaments zur Lage in Tschetschenien vom 08.03.2001). Internationale und russische Menschenorganisationen (z.B. Human Right Watch-Bericht vom 18. Februar 2000, C. Bericht vom 22. Dezember 1999 sowie Nachforschungen der Russischen Menschenorganisation "Memorial") gingen aufgrund von Augenzeugenberichten zunächst von dem Betreiben mindestens eines solchen russischen "Filtrationslagers" an der Grenze zwischen Inguschetien und Tschetschenien aus. Dort soll es abgeschirmt von der Öffentlichkeit zu Folterungen (z.B. Elektroschocks, Schläge u.a. auf den Kopf und den Rücken mit Metallhammer) durch russische Spezialkräfte gekommen sein. Durch Augenzeugenberichte und aufgrund von Filmaufnahmen musste dann jedoch davon ausgegangen werden, dass es in und um Grozny weitere Filtrationslager gab, in denen auch systematisch gefoltert wurde, u.a. in dem Gefängnis Tschernokosowo, nördlich von Grozny. Der Menschenrechtskommissar des Europarates, Gil-Robles, konnte bei seinem Besuch in Tschetschenien zwar auch Haftanstalten besuchen, ihm wurden jedoch ausschließlich frisch gestrichene Zellen gezeigt und Gespräche mit Gefangenen nur in Anwesenheit von russischen Bewachern erlaubt. Die Foltervorwürfe konnten dadurch nicht widerlegt werden (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 22. Mai 2000). Auf der Suche nach Terroristen überfielen russische Militäreinheiten ganze Dörfer, nahmen deren Bewohner willkürlich fest und misshandelten sie (C. vom 20.02.2002 an VG Braunschweig). Gespräche mit Flüchtlingen in den Lagern Inguschetiens haben die Greultaten der russischen Armee bestätigt. Die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen waren gravierend. Es kam zu willkürlichen Racheakten an der Zivilbevölkerung. Bei einer Explosion auf einem belebten Markt in Grozny am 21. Oktober 1999 kamen nach Augenzeugenberichten 140 Menschen ums Leben, 400 wurden zum Teil schwer verletzt. Widersprüchliche Angaben gibt es über die Täter und deren Motive. Recherchen von internationalen Menschenrechtsorganisationen (Human Rights Watch, Bericht vom 20.01.2000) und Äußerungen von Angehörigen russischer Spezialkräfte legen die Vermutungen sehr nahe, dass es sich bei dieser Tat um eine "Sonderkommandoaktion" russischer Spezialkräfte handelte, die auf dem Marktplatz Waffen und Sprengstoff tschetschenischer Rebellen vermuteten. Frauen berichteten gegenüber Vertreterinnen von internationalen Hilfsorganisationen von Vergewaltigungen seitens russischer Soldaten bei der Eroberung von Ortschaften in Tschetschenien, so z.B. bei der Einnahme der Ortschaft Alkhan-Yurt, südwestlich von Grozny im Dezember 1999 durch russische Verbände. Dabei soll es auch Exekutionen (41 Opfer), Plünderungen und Brandstiftungen unter der Zivilbevölkerung gegeben haben (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 22. Mai 2000). Kriegsverbrechen und Massaker blieben ungesühnt, da die russische Führung kein Interesse an einer Aufklärung und strafrechtlichen Verfolgung zeigte (Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Russische Föderation, der Tschetschenienkonflikt, Stand Januar 2001). Im Zusammenhang mit dem Militäreinsatz der russischen Armee in Tschetschenien berichteten internationale (z.B. Human Rights Watch) und russische (z.B. Memorial) Menschenrechtsorganisationen über massive Rechtsverletzungen (willkürliche Tötungen von Zivilisten, Folter, zahlreiche Vergewaltigungen, Geiselnahme und Plünderungen) durch die russischen Streitkräfte, aber auch durch die tschetschenischen Partisanen. Bestand der Verdacht, dass sich in einem Dorf Rebellen versteckt halten, fanden Säuberungsaktionen durch russische Soldaten statt. Die Männer wurden auf körperliche Spuren von Kampfhandlungen untersucht, der Ort geplündert und oftmals kam es zu Gewaltanwendungen gegenüber der Bevölkerung (vgl. Bundesamt, Russische Föderation, der Tschetschenienkonflikt, Januar 2001).
Angesichts dieses trotz der weitgehenden Behinderung unabhängiger Berichterstattung durch die Behörden in vielen Einzelheiten dokumentierten Vorgehens gegen die Zivilbevölkerung in Tschetschenien und der dabei erfolgenden massenhaften und massiven Verletzung asylrechtlich geschützter Rechtsgüter ist davon auszugehen, dass tschetschenische Volkszugehörige in Tschetschenien unabhängig davon, ob bei ihnen der konkrete Verdacht der Unterstützung von separatistischen Gruppierungen bestand, unmittelbar und jederzeit damit rechnen mussten, selbst Opfer der Übergriffe der russischen Armeeeinheiten zu werden, weshalb davon auszugehen ist, dass sie im Zeitpunkt der Ausreise der Kläger einer gegen sie als tschetschenische Volkszugehörige gerichteten - örtlich begrenzten - Gruppenverfolgung unterlagen (ebenso OVG Bremen, Urteil vom 23. März 2005 Az.: 2 A 116/03.A; VG Kassel, Urteil vom 15.04.2003 Az.: 2 E 802/02.A unter Hinweis auf weitere erstinstanzliche Rechtsprechungen; die Frage der Vorverfolgung offen lassend Bay. VGH, Urteil vom 31.01.2005 Az.: 11 B 02.31597; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.07.2005 Az.: 11 A 2307/03.A; OVG des Saarlands, Urteil vom 23.06.2005 Az.: 2 R 17.03; anderer Auffassung insoweit auch das Vorliegen einer regionalen Gruppenverfolgung verneinend: Thüringer OVG, Urteil vom 16.12.2004 - 3 KO 1003/04 -).
Der Senat hält hierbei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Bremen (Urteil vom 23. März 2005 - 2 A 116/03.A -) auch das für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Kriterium der Verfolgungsdichte für gegeben. Er legt zugrunde, dass aufgrund der in den bezeichneten Berichten seit Beginn des zweiten Tschetschenienkrieges geschilderten unzähligen und durchgehenden und ihrer Intensität nach asylerheblichen Vorkommnisse gegenüber der tschetschenischen Zivilbevölkerung eine derartige Verfolgungsdichte besteht, dass jeder Tschetschene und jede Tschetschenin im Alter der Kläger ein den genannten Vergleichsfällen entsprechendes Verfolgungsschicksal für sich befürchten musste (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 185.94 - NVwZ 95, 175) und es den Tschetschenen bei objektiver Betrachtung der in Tschetschenien aus den genannten Vorkommnissen herzuleitenden Gefährdungslage nicht zumutbar war, dort zu verbleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.80 - NVwZ 92, 578; BVerfG, Beschluss vom 23.01.1991 - 2 BvR 902/85, 518.89, BVerfGE 83, 219; OVG Bremen, Urteil vom 23.03.2005 - 2 A 116/03.A - in juris-online). Dabei hat das OVG Bremen in der bereits zitierten Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass die Zahl der von den asylerheblichen Eingriffen der genannten Art in Tschetschenien Betroffenen nicht exakt beziffert werden kann. Nach der geschätzten Bevölkerungsentwicklung in Tschetschenien und unter Abzug der von den Eingriffen nicht betroffenen jüngeren Kinder dürfte sie sich auf unter 400.000 Personen belaufen. Bei der Volkszählung 1998 wurden in der noch ungeteilten Republik 734.000 Tschetschenen gezählt (UNHCR, Januar 2002). Anfang 2002 lebten wegen des nur durch eine dreijährige Pause unterbrochenen jahrelangen Krieges in Tschetschenien schon aus der Zeit vor dem neuerlichen Tschetschenienkrieg ca. 600.000 der insgesamt 1.000.000 Tschetschenen nicht in Tschetschenien, sondern in anderen russischen Regionen bzw. GUS-Staaten (vgl. Auswärtiges Amt, Ad hoc-Bericht vom 07.05.2002). Die Volkszählung im Oktober 2002 ergab nach offiziellen Angaben zwar eine Zahl von über 1.000.000 in Tschetschenien, der aber nicht gefolgt werden kann, nachdem unabhängige Beobachter und Nichtregierungsorganisationen diesem Ergebnis sehr kritisch gegenüberstehen und teilweise von einer Mehrfachregistrierung von Personen ausgehen, deren Gründe in finanziellen Anreizen der Registrierung und in der Furcht vor Säuberungsaktionen bei zu geringer Zahl in Tschetschenien liegen könnten. Vorherige Schätzungen waren von einer durch Flüchtlinge, Auswanderung und Kriegsopfer erheblich gesunkenen Einwohnerzahl für Tschetschenien ausgegangen und hatten zwischen 450.000 bis 800.000 Tschetschenen in Tschetschenien geschwankt (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 27.11.2002, 16.02.2004, 13.12.2004, 30.08.2005; OVG Bremen, Urteil vom 23. März 2005, a.a.O.). Im Zeitpunkt der Ausreise der Kläger musste die in Tschetschenien verbliebene Zivilbevölkerung davon ausgehen, jederzeit in die oben beschriebenen Verfolgungsmaßnahmen der russischen Sicherheitskräfte verwickelt zu werden, sodass die für die Annahme einer örtlich begrenzten Gruppenverfolgung geforderte Verfolgungsdichte zu bejahen ist."
Diese Feststellungen haben auch für die Kläger zu gelten, die im Zeitpunkt ihrer Ausreise aus Tschetschenien im Februar bzw. Oktober 2002 als ethnische Armenier, die in Tschetschenien geboren worden sind und dort bis zu ihrer Flucht gelebt haben und keiner anderen Situation ausgesetzt waren als die aus Tschetschenien geflohenen ethnischen Tschetschenen.
Dabei gehören die Kläger gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG der sozialen Gruppe der aus Tschetschenien stammenden Kaukasier an, die allein wegen ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gruppe von den russischen Sicherheitskräften mit den oben beschriebenen flüchtlingsrelevanten Maßnahmen überzogen wurden.
Das Verfolgungsmerkmal der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe gehört zu den ursprünglich in der Genfer Konvention niedergelegten Verfolgungsmerkmalen (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Stand Februar 2006, § 60 Rdnr. 46). Gemäß Art. 10 Abs. 1 d) QRL gilt eine Gruppe insbesondere dann als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Die Definition der Richtlinie entspricht dabei einem in der anglo-amerikanischen Rechtsprechung entwickelten Ansatz, der das Merkmal der sozialen Gruppe durch identitätsprägende gemeinsame Merkmale kennzeichnet, die so grundlegend sind, dass niemand gezwungen werden darf, sie aufzugeben, sofern es sich nicht ohnedies um unveränderliche Merkmale handelt (vgl. Hailbronner, a. a. O., § 60 Rdnr. 48 m. w. N.). Erforderlich ist dabei eine deutlich abgegrenzte Identität, die als solche von der sie umgebenden Gesellschaft wahrgenommen wird und wegen der Andersartigkeit zu einer Schutzlosigkeit bzw. zu Verfolgungsmaßnahmen führt. Die Richtlinie stellt insoweit maßgeblich auf die Wahrnehmung als "andersartig" durch die Gesellschaft ab. Maßgeblich ist, ob eine Gruppe in diesem Sinne wegen der gemeinsamen Merkmale oder Überzeugungen als eine abgegrenzte Gruppe mit gemeinsamer Identität wahrgenommen wird, wobei die Mitglieder der Gruppe auch objektiv, d.h. ohne Rücksicht auf die Einschätzung durch die Gesellschaft, durch die Gemeinsamkeit von Merkmalen oder Überzeugungen oder sonstigen Merkmalen in ihrer Identität geprägt sein muss (vgl. Hailbronner, a. a. O. § 60 Rdnr. 49).
Unter Anlegung dieser Maßstäbe sind die in Tschetschenien geborenen kaukasischen Volkszugehörigen, mithin Tschetschenen, Armenier, Tscherkessen und andere kaukasische Volksgruppen, die in Tschetschenien während des Tschetschenienkrieges dort noch gelebt haben, als soziale Gruppe im Sinne des Art. 10 Abs. 1 d) QRL einzustufen, da sie von Seiten der russischen Sicherheitskräfte ohne weitere Differenzierung hinsichtlich ihrer konkreten Ethnie und ohne dass sie die Möglichkeit gehabt hätten, sich aufgrund ihrer armenischen Volkszugehörigkeit den Übergriffen durch die russischen Sicherheitskräfte und Soldaten zu entziehen, als Gruppe angesehen und eingestuft wurden und mit den oben beschriebenen flüchtlingsrelevanten Maßnahmen ebenso wie die ethnischen Tschetschenen überzogen worden sind. Nach Auswertung des ihm vorliegenden Erkenntnismaterials geht der Senat nämlich davon aus, dass die Kläger als armenische Volkszugehörige aus Tschetschenien im Zeitpunkt ihrer Ausreise von den russischen Sicherheitskräften keiner anderen, insbesondere keiner milderen Behandlung unterworfen worden sind als die dort lebenden tschetschenischen Volkszugehörigen. Dies folgt bereits daraus, dass die von den russischen Sicherheitskräften verübten, flüchtlingsrelevanten Übergriffe teils in der Bombardierung von Siedlungen, teils in der wahllosen Verhaftung von dort ansässigen Personen etc. bestanden, Maßnahmen, bei denen gerade auch auf Grund ihres flächendeckenden Charakters eine Differenzierung nach unterschiedlichen Ethnien nicht denkbar ist. Dabei ist auch davon auszugehen, dass die russischen Sicherheitsbehörden denjenigen Kaukasiern, egal welcher konkreten Ethnie sie angehörten, die auch noch während des 2. Tschetschenienkrieges dort verblieben sind, unterstellt haben dürften, im Zweifelsfalle mit den Rebellen unter einer Decke zu stecken.
So haben auch die Kläger in ihrem Verfahren auf Zuerkennung von Flüchtlingsschutz mehrmals vorgetragen, sie seien von russischen Sicherheitskräften allein wegen ihres kaukasischen Aussehens verdächtigt worden, mit den tschetschenischen Rebellen unter einer Decke zu stecken bzw. zu diesen zu gehören.
Die Gruppe der Kaukasier hat auch in der Russischen Föderation eine deutlich abgegrenzte Identität, was insbesondere darin zum Ausdruck kommt, dass sie von anderen Bewohnern der Russischen Föderation als "Schwarze" bzw. "Dunkelhäutige" bezeichnet und degradiert (vgl. AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation vom 13.01.2008) bzw. als "Schwarzärsche" diffamiert werden (Prof. Dr. Luchterhandt, 09.05.2007 an Hess. VGH).
Der Senat geht daher nach Auswertung des vorliegenden Erkenntnismaterials davon aus, dass ethnische Armenier aus Tschetschenien im Ausreisezeitpunkt der Kläger ebensolchen Verfolgungsmaßnahmen der russischen Sicherheitskräfte und insbesondere des Militärs ausgesetzt waren wie ethnische Tschetschenen, da bei den flächendeckenden screenings, Sicherheitskontrollen oder gar militärischen Maßnahmen bis hin zur Bombardierung ganzer Ortschaften eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Gruppen der in Tschetschenien lebenden Kaukasier weder gewollt noch durchführbar war.
Dem Umstand, dass die Kläger im Zeitpunkt ihrer Ausreise insbesondere wegen ihrer christlichen Religionszugehörigkeit, gegebenenfalls aber auch wegen ihrer besonderen Stellung zu den ethnischen Russen (vgl. Prof. Dr. Luchterhandt an Hess. VGH, Bl. 212 GA), auch von ethnischen Tschetschenen drangsaliert und bedrängt worden sind, kommt dabei keine besondere Bedeutung zu. Dies bereits deshalb nicht, weil die verfolgungsrelevanten Maßnahmen in der für die Anerkennung einer Verfolgung im Sinne des Art. 4 Abs. 4 QRL relevanten Verfolgungsdichte bereits allein durch die Maßnahmen der russischen Einheiten (militärische Einheiten und sonstige Sicherheitskräfte) verwirklicht worden sind, die Gefährdungen durch ethnische Tschetschenen, soweit sie überhaupt als flüchtlingsrelevant angesehen werden sollten, also lediglich noch hinzukämen, ohne dass dies flüchtlingsrechtlich von eigenständiger und entscheidender Bedeutung wäre.
Der Senat glaubt den Klägern jedoch nicht, dass sie zusätzlich zu den beschriebenen gruppenrelevanten Verfolgungsmaßnahmen auch individuell in das Fadenkreuz der russischen Sicherheitskräfte geraten sind. Die Kläger haben insoweit vorgetragen, von Mai 2000 bis September 2001, mithin 16 Monate, im Gewahrsam der russischen Sicherheitskräfte gewesen zu sein. Gemessen daran, dass die Kläger nach ihrem Vortrag über einen sehr langen Zeitraum inhaftiert waren, ist das, was sie aus dieser Zeit berichten können, maximal schemenhaft und gänzlich detailarm. So hat der Kläger außer dem Anfang und dem Ende der angeblichen Haftzeit, der Behauptung, dort immer wieder befragt worden zu sein, und dem maßgeblichen Vorwurf, zu den Rebellen zu gehören, keinerlei lebensnahe Schilderung einer derartig langen Haftdauer erbracht. Auch die Klägerin hat im Rahmen ihrer Anhörung lediglich den Anfangs- und Endzeitpunkt der angeblichen Haft benannt und zu dem Grund ihrer Freilassung vorgetragen, die genauen Umstände nicht zu kennen, sie gehe jedoch davon aus, dass festgestellt worden sei, dass sie nicht diejenigen seien, für die sie gehalten worden seien. Befragt nach ihren persönlichen Erlebnissen während der Haft trug sie lediglich vor, es seien dort verschiedene Nationalitäten inhaftiert gewesen, von den Tschetscheninnen sei sie zu niederen Arbeiten wie Putzen gezwungen worden. Bei einem derartig einschneidenden Erlebnis wie einer 16-monatigen Haft ist jedoch davon auszugehen, dass derjenige, der eine derartige Situation tatsächlich hat erleben müssen, hierüber mehr berichten kann als von den Klägern geschehen.
Dabei entfällt nach den oben gemachten Ausführungen im Zeitpunkt der Ausreise der Kläger die - zusätzliche - Prüfung des Vorliegens einer internen Schutzmöglichkeit, da für Art. 4 Abs. 4 QRL allein ausschlaggebend die unmittelbar drohende bzw. eingetretene Verfolgung - und sei es nur in einem Teil des Heimatlandes - ist.
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest steht, dass die Kläger im Zeitpunkt der maßgeblichen Entscheidung ihrer Rückkehr (§ 77 AsylVfG, Art. 8 Abs. 3 QRL) zwar Schwierigkeiten bei einer Rückkehr nach Tschetschenien selbst haben dürften und in ihrem Fall daher gem. Art. 4 Abs. 4 QRL keine stichhaltigen Gründe dagegen sprechen, dass sie nicht erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sein werden (vgl. allgemein zur Sicherheitslage in Tschetschenien heute sowie zu den Rückkehrmöglichkeiten ethnischer Tschetschenen aus Tschetschenien in ihr Heimatland, soweit sie ohne Bezug zu den Rebellen sind, Urteil des Senats vom 21.02.2008, 3 UE 191/07.A), ihnen aber nach den Maßstäben des Art. 8 QRL die Möglichkeit internen Schutzes zur Verfügung steht.
Nach Informationen des Auswärtigen Amtes gibt es heute kaum mehr Armenier in Tschetschenien. Während Tschetschenien bis Ende der 80-er/Anfang der 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts noch eine Vielvölkerrepublik gewesen sei, hätten bereits zu Beginn der 90-er Jahre die armenisch-stämmigen Bewohner mit der Ausreise aus Tschetschenien begonnen, wobei viele in die angrenzenden südlichen Regionen der Russischen Föderation (Gebiete Strawropol und Krasnodar) gezogen seien. Bei Ausbruch des 1. Tschetschenenkrieges 1994 hätten die meisten Armenier Tschetschenien bereits verlassen. Nach Untersuchungen der Migrationsforschung lebten etwa 1,5 Mio. Migranten aus den Kaukasusstaaten in der Russischen Föderation (Auswärtiges Amt, 2. April 2007, Bl. 182 ff. GA).
Demgegenüber weist amnesty international in seiner Auskunft vom 25. Juli 2007 (Bl. 197 ff. GA) darauf hin, dass der Konflikt in Tschetschenien auch weiterhin mit schweren Menschenrechtsverletzungen einschließlich Kriegsverbrechen einhergehe. Dazu zählten das "Verschwindenlassen" von Personen, extralegale Hinrichtungen, Folter und Misshandlungen, willkürliche Festnahmen sowie Inhaftierungen ohne Kontakt zur Außenwelt in zum Teil inoffiziellen Einrichtungen. Für die schweren Menschenrechtsverletzungen seien sowohl tschetschenische als auch föderale Einheiten verantwortlich. Insbesondere sei aber die Bedeutung der Milizen des tschetschenischen Präsidenten Ramzan Kadyrow seit der sogenannten Tschetschenisierung des Krieges, der heute offiziell als "antiterroristische Operation" ausgegeben werde und gelte, gewachsen. Die Übergriffe richteten sich dabei mehrheitlich gegen die tschetschenische Zivilbevölkerung, sie stellten darauf ab, das Leben, die Würde und die Sicherheit der Zivilbevölkerung anzutasten. Dabei wiesen die Kenntnisse von amnesty international auf ein Verfolgungsmuster hin, demzufolge Übergriffshandlungen oft willkürlich und wahllos geschähen. Grundsätzlich könne jeder tschetschenische Zivilist zu irgendeinem Zeitpunkt von Übergriffshandlungen durch die tschetschenischen oder russischen Sicherheitskräfte betroffen werden. Auch armenische Volkszugehörige seien aller Wahrscheinlichkeit nach davon nicht ausgenommen, zumal sie Kaukasier seien (amnesty international, 25.07.2007, Bl. 197 ff. GA). Eine Rückkehr nach Tschetschenien berge jedoch, und sei sie nur zum Zweck der Passbeantragung vorübergehend, große Risiken für die eigene Sicherheit und Unversehrtheit. Ob die Sicherheitsrisiken für armenische Volkszugehörige mit denen für tschetschenische Volkszugehörige gleichzusetzen seien, könne von amnesty international nicht festgestellt werden, es könne jedoch keineswegs ausgeschlossen werden (amnesty international, 25.7.2007, Bl. 197 ff. GA).
Der Gutachter Prof. Dr. Luchterhandt vertritt eine differenziertere Position, indem er zunächst die Lage armenischer Volkszugehöriger in Tschetschenien selbst als auch deren Situation als Binnenflüchtlinge in anderen Gebieten der Russischen Föderation darstellt (Bl. 211 ff. GA). Bei der hier zunächst zu behandelnden Frage, ob armenische Volkszugehörige nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 4 QRL nach Tschetschenien zurückgeschickt werden können, führt er aus, infolge der Instabilität der politischen Verhältnisse in Tschetschenien seit dem Ende der 80-er Jahre und dann der beiden Tschetschenienkriege sei die ohnehin recht kleine Volksgruppe der Armenier so gut wie vollständig aus der Republik abgewandert oder geflohen. Die für 1991 angegebenen ca. 15.000 Armenier, von denen ca. 14.000 in der Hauptstadt Grozny gelebt hätten, hätten schon bis 1998 unter dem Druck des nationalistischen Kurses Präsident Dudaews, dann wegen des Kriegsinfernos und wegen der folgenden Islamisierung des öffentlichen Lebens (Einführung der Scharia) unter Präsident Maschadows die Republik verlassen. Die Aussagekraft dieses Exodus wachse, wenn man den Blick auf das Schicksal der Russen bzw. der slawischen Bevölkerung der Republik Tschetschenien werfe, von denen bis 1998 etwa 150.000 bis 180.000 geflohen bzw. weggezogen seien. 2002 seien von den ursprünglich 240.000 bis 257.000 russischen bzw. slawischen Bewohnern Tschetscheniens nur noch 10.000 bis 20.000 (meist alleinstehende Rentner) übrig geblieben. Noch mehr als "Slawen" seien deswegen Armenier, die heute in oder durch Tschetschenien reisten, für die kontrollierenden Sicherheitsorgane eine auffallende, weil eher ungewöhnliche Erscheinung. Das gelte umso mehr, als die abgewanderten Armenier nicht, nicht einmal zu einem kleinen Prozentsatz, zurückkehrten, sondern aus naheliegenden Gründen in ihren neuen Aufenthalts- bzw. Wohnorten - in der Regel im Vorkaukasusgebiet der Grenzmarken Stawropol und Krasnodar sowie des Gebiets Rostow am Don geblieben seien. Umgekehrt müsse man berücksichtigen, dass die Republik Tschetschenien sich inzwischen in eine so gut wie rein nationale, das heißt ethnisch "gesäuberte" Teilrepublik Russlands verwandelt habe, dass der tschetschenische Nationalismus unter dem Präsidenten Kadyrow sich immer kräftiger bemerkbar mache und das prekäre Verhältnis zu den Russen (Slawen) noch mehr belaste, als dies ohnehin schon der Fall sei. Das schon immer starke, vollkommen mit ihrer orientalisch-christlichen Kultur verschmolzene Nationalbewusstsein habe die Armenier schon zu Sowjetzeiten in Distanz zu den Tschetschenen gebracht. Erst recht gelte dies heute, zu einer Zeit, in welcher Kadyrow demonstrativ den Islam als integrales Element der tschetschenischen Identität und Nationalkultur betone. Ebenfalls ungünstig für die Armenier im heutigen Tschetschenien sei die Tatsache, dass sie sich zu Sowjetzeiten als eine gegenüber der Moskauer bzw. "russischen" Zentralregierung besonders loyale Volksgruppe ausgezeichnet und regional oder lokal eine nicht unwichtige Rolle bei der Gewährleistung des zentralistischen Herrschersystems in Partei und Staat gespielt hätten. Schließlich dürfe bei der Klärung der Frage nicht der Umstand außer acht gelassen werden, dass die Kontrollen auf den Straßen und Plätzen der Republik heute kaum noch von den Russen, sondern - im Zuge der Politik der "Tschetschenisierung" - von tschetschenischen Sicherheitskräften durchgeführt würden. Damit steige aber die Wahrscheinlichkeit, dass gegenüber Armeniern vorhandene virulente nationale und politische Vorurteile auf das Verhalten bei Kontrollen durchschlügen und sich im Ergebnis für die betroffenen Armenier diskriminierend auswirkten. Zusammenfassend sei daher zu sagen, dass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit bestehe, dass Staatsangehörige Russlands armenischer Volkszugehörigkeit bei Kontrollen in Tschetschenien im Vergleich zu Bürgern tschetschenischer Volkszugehörigkeit diskriminiert würden. Dabei spiele es keine Rolle, ob bzw. dass die kontrollierten Personen aus Tschetschenen selbst stammten, da sie dies aus den oben genannten Gründen nicht gegenüber einem virulenten tschetschenischen Nationalismus schütze (vgl. insgesamt Prof. Dr. F. an Hess. VGH vom 09.08.2007 an Hess. VGH, Bl. 212, 213 GA).
Nach Auswertung dieser Auskünfte sowie dem aus der Erkenntnisquellenliste ersichtlichen Material zur Situation in der Russischen Föderation - Tschetschenien - kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Kläger als armenische Volkszugehörige aus Tschetschenien bei Rückkehr in ihre Heimatregion Tschetschenien anders als tschetschenische Volkszugehörige (siehe Urteil des Senats vom 21.02.2008, 3 UE 191/07.A) dort auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit weiterhin mit vermehrten Überprüfungen und ggf. Drangsalierungen der mittlerweile tschetschenischen Sicherheitskräfte zu rechnen haben.
Übereinstimmend gehen die Gutachter dabei davon aus, dass in Tschetschenien selbst ein Exodus hinsichtlich anderer als tschetschenischer Ethnien stattgefunden hat mit der Folge, dass nur noch ein sehr geringer Prozentsatz armenischer Volkszugehöriger in Tschetschenien lebt. Zwar gehören armenische Volkszugehörige ebenfalls zu den Kaukasusvölkern, sie unterscheiden sich jedoch elementar von den Tschetschenen, insbesondere in ihrer Glaubensausrichtung. Armenier werden zudem von Seiten der Tschetschenen eher als russlandtreue Personen angesehen, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Kläger bei einer Rückkehr nach Tschetschenien dort vermehrt in Kontrollen geraten und im Zuge dieser Kontrollen diskriminierenden flüchtlingsrelevanten Maßnahmen ausgesetzt sein werden (vgl. insbesondere Prof. Dr. Luchterhandt an Hess. VGH, Bl. 212, 213 GA). Bei einer derartigen Konstellation kann die Rückausnahme des Art. 4 Abs. 4 (am Ende) QRL nicht als erfüllt angesehen werden, da keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich die von den Klägern bereits einmal erlebte Verfolgungssituation tatsächlich - unter Nachweis stichhaltiger Gründe - zum Positiven verändert hat und sie nunmehr in eine unter flüchtlingsrelevanten Gesichtspunkten zu beurteilende neue Situation zurückkehren. Dies kann jedoch im Fall der armenischen Volkszugehörigen gerade nicht gesagt werden, da sich ihre Situation im Zuge der Tschetschenisierung des Tschetschenienkonflikts in Tschetschenien selbst nicht verbessert, sondern allenfalls verändert und verschoben hat.
Den Klägern steht jedoch nach den Maßstäben des Art. 8 QRL interner Schutz zur Verfügung und am Ort des internen Schutzes sprechen zudem stichhaltige Gründe im Sinne des Art. 4 Abs. 4 QRL dagegen, dass sie dort erneut Gefährdungen ausgesetzt sein werden. Die Kläger können nämlich auf Orte der armenischen Diaspora in der Russischen Föderation verwiesen werden wie Stawropol, Krasnodar sowie Rostow am Don, da sie sich dort ansiedeln und unter zumutbaren Bedingungen sicher leben können.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 QRL können die Mitgliedstaaten bei Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz feststellen, dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht und von dem Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält. Dabei berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 QRL erfüllt, die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Antragstellers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag (Art. 8 Abs. 2 QRL).
Hinsichtlich der Möglichkeiten der Kläger, sich als armenische Volkszugehörige an einen Ort des internen Schutzes innerhalb der Russischen Föderation zu begeben, stellt sich die Auskunftslage nach Durchführung der Beweisaufnahme und Auswertung der Beweisfragen (Bl. 165 R GA) nicht einheitlich dar.
Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes seien im Jahr 2002 allein in Moskau offiziell 124.435 ethnische Armenier registriert gewesen, Zehntausende lebten ohne Anmeldung in der Stadt. Armenier lebten landesweit in einem weit größeren Mikrokosmos als Tschetschenen. Allerdings litten auch sie, wie andere nichtrussische Ethnien, unter der allgemeinen Xenophobie in der Russischen Föderation, unter willkürlichen Übergriffen der Miliz und Benachteiligungen durch Behörden. Ob die Armenier hierbei aus Tschetschenien stammten oder nicht, spiele in diesem Kontext keine Rolle. Da Armenien der engste Verbündete der Russischen Föderation im Südkaukasus sei, sei die Lage der Armenier aber insgesamt besser als die der übrigen Kaukasusvölker. Generell gelte jedoch, dass eine Niederlassung in den Wirtschaftszentren Moskau und St. Petersburg schwierig sei, während die Ansiedlung in einigen ländlichen Regionen durch den russischen Staat durch entsprechende Programme gefördert werde, um dem dortigen Bevölkerungsrückgang entgegenzuwirken. Für alle russischen Staatsangehörigen gelte unabhängig von ihrer Ethnie, dass die Ausstellung ihrer Inlandspässe am registrierten Wohnsitz zu erfolgen habe und der Inlandspass bei der Registrierung erforderlich sei (Auswärtiges Amt, 2.4.2007, Bl. 182 ff. GA).
Demgegenüber weist amnesty international darauf hin, dass von schwerwiegenden Diskriminierungsmaßnahmen in der Russischen Föderation in hohem Maße tschetschenische Volkszugehörige betroffen seien, diese Maßnahmen beschränkten sich jedoch keineswegs nur auf Tschetschenen, sondern richteten sich auch gegen andere ethnische Minderheiten, darunter aus dem gesamten Nordkaukasus, wie auch aus dem Südkaukasus. Kaukasier seien überall in Russland allein wegen ihres Äußeren als sogenannte "Schwarze" der Diskriminierung ausgesetzt, dabei sei es nicht ausschlaggebend, ob es sich um Angehörige des muslimischen oder christlichen Glaubens handele, vielmehr sei die ethnische Zugehörigkeit entscheidend. Die Praxis russischer Polizeibehörden lasse sich vielfach als "racial profiling" charakterisieren, von dem nicht allein Tschetschenen betroffen seien, sondern auch andere Kaukasier. Die Polizei nehme verstärkt Menschen - oftmals allein aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes - gezielt ins Visier. Die Personalpapiere der betroffenen Personen würden unverhältnismäßig häufig auf eine ordnungsgemäße Anmeldung hin überprüft, wobei es nicht selten zu tätlichen Übergriffen oder anderen Einschüchterungsversuchen durch die Polizei komme. Die betroffenen Personen würden genötigt, Bestechungsgelder zu zahlen, um weiteren Schikanen zu entgehen. Allein das "nicht-slawische Aussehen" könne Anknüpfungspunkt für eine Polizeikontrolle sein. Die Wahrscheinlichkeit, kontrolliert zu werden, sei für eine Person mit kaukasischem Aussehen um ein Vielfaches höher als für eine Person mit "russischen Zügen". Polizeibehörden nähmen diesen Rassismus billigend hin und wendeten ihn in ihrem Verhalten gegenüber Tschetschenen und Kaukasiern selbst an. Russische Staatsangehörige, die aus dem Ausland in die Russische Föderation zurückkehrten und nicht im Besitz eines gültigen Inlandspasses seien, müssten einen solchen zunächst beantragen, wobei dies für Personen, die zuletzt in der tschetschenischen Republik dauerhaft registriert gewesen seien, bedeute, dass sie sich zur Beantragung eines Inlandspasses persönlich an die für sie zuständige Meldebehörde in Tschetschenien wenden müssten (amnesty international, 25.07.2007, Bl. 197 ff. GA).
Der UNHCR wiederholt in der Beantwortung der Beweisfragen seine bereits in dem Verfahren 3 UE 191/07.A (siehe Urteil vom 21.02.2008) gemachten Ausführungen zur allgemeinen Sicherheitslage tschetschenischer Binnenvertriebener in Tschetschenien und in der übrigen Russischen Föderation und weist im Übrigen darauf hin, dass auch ethnische Armenier ein kaukasisches Aussehen haben und daher gleichfalls Polizeikontrollen und xenophoben Angriffen ausgesetzt sein könnten (UNHCR, 8.10.2007, Bl. 239 ff., 252 GA).
Nach Einschätzung des Gutachters Prof. Dr. F. werden armenische Volkszugehörige russischer Staatsangehörigkeit, die in Tschetschenien geboren worden seien und bis zu ihrer Ausreise dort gelebt hätten, hinsichtlich einer Niederlassung in anderen Gebieten der Russischen Föderation trotz ihres kaukasischen Ursprungs heute anders behandelt als tschetschenische Volkszugehörige, wobei es ihnen eher möglich sei, sich dort niederzulassen (vgl. Prof. Dr. Luchterhandt an Hess. VGH, Bl. 213 GA). Zwar seien in den slawisch geprägten, also den weitaus größten Teilen Russlands, massive Vorurteile und insgesamt eine starke Ablehnung von "Personen kaukasischer (!) Nationalität", im Ansatz also ganz undifferenziert, fest verwurzelt und virulent, auch hätten sich unter dem Putin-Regime in den letzten Jahren Krawalle, Pogrome, Morde, vorwiegend mit Opfern auf "kaukasischer" Seite, eingeschlossen auch Armenier, gehäuft, von dem vorherrschenden Negativbild der Russen von "Kaukasiern" hebe sich das Bild der Tschetschenen jedoch noch einmal ganz besonders unvorteilhaft ab (Prof. Dr. Luchterhandt an Hess. VGH, Bl. 213 GA). Umgekehrt könne man sagen, dass die Armenier als ethnische, in Russland über keine eigene territoriale Verwaltungseinheit verfügende Minderheit gegenüber Migranten aus vielen anderen Minderheiten bzw. Volksgruppen des Kaukasus deutlich günstiger dastünden. Dies habe verschiedene Ursachen, wobei nicht unerheblich sei, dass die Armenier auf Seiten der Russen insgesamt ein besseres Image als die muslimischen Volksgruppen des Kaukasus, aber auch als die Georgier hätten. Eine nicht zu unterschätzende Rolle dürfte dabei der Umstand spielen, dass die Republik Armenien eine besonders enge Beziehung zu Moskau pflege und Russlands zuverlässigster Verbündeter in der GUS sei (Prof. Dr. Luchterhandt an Hess. VGH, Bl. 213 GA). Daher könnten sich armenische Binnenflüchtlinge aus mehreren Gründen leichter in anderen Gebieten der Russischen Föderation niederlassen, was mit reichem Zahlenmaterial aller Migrationsforschungen insbesondere zum Nordkaukasus bestätigt werde. Hauptgrund sei, dass Russland sich lange als Schutzmacht der Armenier gegenüber dem osmanischen Reich und seinen muslimischen Verbündeten im Kaukasus verstanden habe, dass im 19. Jahrhundert in den unter Katharina II. im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts eroberten Steppengebieten des Vorkaukasus Armenier als Kolonisten angesiedelt worden seien, diese Kolonien bzw. Siedlungsgebiete bis heute bestünden und sich ausgeweitet hätten, dass die Armenier selbst, kraft ihres Schicksals, über allergrößte Erfahrungen mit dem Leben und Überleben unter den Bedingungen von Diaspora und Fremdherrschaft verfügten und dass die Volksgruppe der Armenier im Unterschied zu (fast) allen anderen Volksgruppen des Kaukasus sozial am stärksten ausdifferenziert sei. Dies erkläre, dass Armenier einerseits - nach den Russen - unter den Migranten mit Abstand das stärkste Kontingent stellten, andererseits aber, und das gelte gerade für den Nordkaukasus, besonders erfolgreich darin seien, sich eine eigene Existenz aufzubauen. Der Erfolg der Migranten armenischer Volkszugehörigkeit, sich eine Existenz zu schaffen, zeige, dass die administrativen und bürokratischen Hürden, welche die Behörden kraft der Einstellung, nichtslawische Ethnien an vorderster Stelle für Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Unordnung etc. verantwortlich zu machen, aufbauten, nicht unüberwindlich seien, am ehesten, und auch das zeigten die Untersuchungen eindeutig, dort, wo die armenische Diaspora schon lange bestehe, sie fest verwurzelt sei und daher lokal über fühlbaren wirtschaftlichen und auch politischen Einfluss verfüge (Prof. Dr. Luchterhandt an Hess. VGH, Bl. 214 GA). Voraussetzung für eine Registrierung sei die Vorlage eines Dokuments, das die Person ausweise (vgl. Prof. Dr. Luchterhandt an Hess. VGH vom 09.05.2007 in 3 UE 455/06.A, dort S. 17 des Gutachtens). Die gesetzliche Regelung, um welches Dokument es sich dabei handeln solle, sei unklar, so dass es von der jeweiligen Behörde abhänge, wie sie bei Vorlage eines abgelaufenen Passes entscheide. Unter diesen Umständen spielten örtliche Verwaltungsgewohnheiten und "landesübliche Praktiken" eine wesentliche Rolle: Es sei vielfach belegt, dass in solchen Fällen die Registrierung durch die Behörde eine "Frage des Preises" sei. Die Käuflichkeit von Verwaltungsleistungen im Allgemeinen, von Registrierungsbescheinigungen im Besonderen sei im Nordkaukasus nicht die Ausnahme, sondern im Gegenteil die Regel. Die damit verbundenen Kosten scheuten viele Bürger (Migranten) mit der Folge, dass ein nicht unerheblicher Prozentsatz von Personen, die real ihren Wohnsitz wechselten (oder zumindest ihren Aufenthaltsort) das Registrierungsverfahren vermieden. Für die Stadt Sotschi werde der Anteil der Armenier, die dort förmlich gemeldet seien, mit ca. 20 % angegeben. Nach Erkenntnissen der Migrationsforschung liege ihr Anteil jedoch bei ca. 1/3 der Einwohner. Diese Zahlen seien höchst aussagekräftig, da es, soweit in einer so prominenten und so eng mit der Moskauer Zentralregierung verbundenen Stadt wie Sotschi ein so hoher Prozentsatz einer nichtrussischen Volksgruppe ohne Einhaltung der polizeilichen Meldebestimmungen mehr oder weniger ungestört leben könne, sich der Schluss aufdränge, dass dies wohl erst recht in weniger prominenten Zonen des Nordkaukasus, zumal in ländlichen Kreisen und Gemeinden, möglich sei. Es sei daher möglich, dass die Vorlage eines gültigen Inlandspasses von den Registrierbehörden verlangt werde, doch könne diese Forderung mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die im Registrierverfahren insgesamt und überhaupt übliche Zahlung von Schmiergeld unterlaufen bzw. überwunden werden (vgl. Prof. Dr. Luchterhandt an Hess. VGH vom 09.05.2007 in 3 UE 455/06.A, S. 18, 19 des Gutachtens).
Zwar haben demnach nach Auswertung der dem Senat vorliegenden Auskünfte armenische Volkszugehörige in der Russischen Föderation, dort insbesondere in den großen Städten wie Moskau und St. Petersburg, mit Diskriminierungen und insbesondere Behinderungen bei der Registrierung zu rechnen, da sie als Kaukasier dort nicht erwünscht sind und versucht wird, ihre Ansiedlung zu verhindern, sie zudem vermehrt Ziel von Überprüfungsmaßnahmen und Durchsuchungen sind und ihnen eine Existenzgründung dort leidlich schwer gemacht wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass armenische Volkszugehörige in den Gebieten Krasnodar, Stawropol und Rostow am Don auf eine starke und fest verwurzelte Diaspora zurückgreifen können, die für sie die Möglichkeiten, eine Existenz an einem anderen als dem Herkunftsort zu gründen und sich gegen administrative und bürokratische Hürden zur Wehr zu setzen, wesentlich erhöht. Der Senat geht daher davon aus, dass sich die Kläger bei Ansiedlung in Orten der armenischen Diaspora dort auch gegen restriktive Registrierungsbestimmungen der örtlichen Behörden unter Zuhilfenahme dort bereits angesiedelter armenischer Volkszugehöriger erfolgreich zur Wehr setzen können und sie zudem in ein Netz sozialer und wirtschaftlicher Strukturen in der armenischen Diaspora geraten, die ihnen ein Existenzminimum gewährleisten, sodass von ihnen gemäß Art. 8 Abs. 1 QRL auch vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie sich heute in diesem Landesteil aufhalten.
Da der Senat den Klägern das von ihnen vorgetragene individuelle Verfolgungsschicksal, insbesondere ihre Inhaftierung von Mai 2000 bis September 2001, nicht glaubt, ergibt sich hieraus im Gegensatz zu den Verfahren ihrer Söhne, die unter den Aktenzeichen 3 UE 459/06.A und 3 UE 460/06.A geführt werden, nichts anderes. Selbst wenn man jedoch die Inhaftierung der Kläger als wahr unterstellen sollte, ergäbe sich daraus gleichwohl nichts anderes, da sie bei ihrer Anhörung angegeben haben, sie seien durch einen älteren Mann, der in dem Lager das Sagen gehabt habe, freigelassen worden, er habe ihnen geglaubt, sie seien fotografiert worden, hätten eine Bescheinigung ausgestellt bekommen und seien auf freien Fuß gesetzt worden. Unter Berücksichtigung dieses Vortrags kann selbst bei Wahrunterstellung der Haftzeit nicht davon ausgegangen werden, dass auch heute noch nach den Klägern gesucht wird.
Die Annahme internen Schutzes gilt auch unter Berücksichtigung der individuellen Fähigkeiten der Kläger. Die heute 57 und 52 Jahre alten Kläger sind arbeitsfähig und beherrschen sowohl die russische als auch die armenische Sprache. Sie haben beide den Mittelschulabschluss und sind ausgebildete Elektrotechniker, wobei der Kläger als Selbständiger eine Autowerkstatt betrieben hat und die Klägerin dort als Buchhalterin gearbeitet hat. Anhaltspunkte dafür, dass sie auf Grund besonderer persönlicher Gegebenheiten nicht in der Lage wären bzw. es für sie unzumutbar wäre, in Gebieten der armenischen Diaspora einen Neuanfang zu wagen, sind für den Senat nicht ersichtlich und von den Klägern auch nicht substantiiert dargetan. Die Kläger haben in diesem Zusammenhang zwar auf beeinträchtigende Krankheiten verwiesen, jedoch ohne näher zu belegen, um welche Erkrankungen es sich dabei handeln soll und in welchem Umfang diese die Kläger darin hindern sollten, in ihr Heimatland zurückzukehren. Dem Kläger dürfte es danach möglich sein, in seinem Beruf erneut Fuß zu fassen und sich mit Hilfe anderer armenischer Volkszugehöriger gegen bürokratische Hemmnisse etwa bei einer anstehenden Registrierung erfolgreich zur Wehr zu setzen. Gleiches gilt für die Klägerin.
Dabei entspricht es der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein verfolgungssicherer Ort erwerbsfähigen Personen das wirtschaftliche Existenzminimum in aller Regel schon dann verschafft, wenn sie dort, sei es durch eigene, notfalls auch weniger attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, sei es durch Zuwendungen von dritter Seite, jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.02.07, 1 C 24.06; Beschluss vom 21.05.03, 1 B 298.02), wobei allerdings unter Geltung der QRL die vergleichende Betrachtung, ob die existentiellen Gefährdungen so auch am Herkunftsort bestanden hätten, entfällt (s. o.). Nicht zumutbar sind hingegen die entgeltliche Erwerbstätigkeit für eine kriminelle Organisation, die in der fortgesetzten Begehung von oder der Teilnahme an Verbrechen besteht. Ein verfolgungssicherer Ort, der nur durch derartiges kriminelles Handeln erlangt werden kann, ist keine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.02.07, 1 C 24.06; Beschluss vom 21.05.03, 1 B 298.02).
Dabei verkennt das Gericht nicht, dass Voraussetzung für eine Registrierung der Kläger am Ort des internen Schutzes grundsätzlich die Vorlage des Inlandspasses ist (AA an Hess. VGH vom 02.04.2007, Bl. 182 GA). Dieser Grundsatz wird jedoch offensichtlich je nach Wille bzw. Wohlwollen der Behörde auch zu Gunsten der Antragsteller durchbrochen, wie sich aus der Auskunft von Prof. Dr. Luchterhandt vom 16. April 2007 in dem Verfahren 3 UE 455/06.A, S. 17 ff. ergibt. Danach wird nach der gesetzlichen Bestimmung ein Dokument gefordert, das die Person ausweist, wozu sowohl ein Pass als auch die Geburtsurkunde für Personen unter 16 Jahren zählen kann. Da die gesetzliche Regelung nach Darstellung des Gutachters für die russischen Behörden nicht eindeutig ist, hängt es von der jeweiligen Behörde ab, wie sie bei Vorlage eines abgelaufenen Passes entscheidet. Insoweit führt der Gutachter weiter aus, es spielten örtliche Verwaltungsgewohnheiten und "landesübliche Praktiken" eine wesentliche Rolle: Gerade im Migrationswesen im Nordkaukasus sei bezeugt, dass in solchen (und anderen, noch ungünstigeren (!)) Fällen die Registrierung durch die Behörde eine "Frage des Preises" sei. Die Käuflichkeit von Verwaltungsleistungen im Allgemeinen, von Registrierungsbescheinigungen im Besonderen sei im Nordkaukasus nicht die Ausnahme, sondern im Gegenteil die Regel. Die damit verbundenen Kosten scheuten freilich viele Bürger (Migranten) mit der Folge, dass ein nicht unerheblicher Prozentsatz von Personen, die real ihren Wohnsitz wechselten, das Registrierungsverfahren mieden. So lebe ein beträchtlicher Prozentsatz an Binnenmigranten ohne Registrierung in anderen Regionen mehr oder weniger ungestört, zumal in ländlichen Kreisen und Gemeinden. Es sei möglich, dass die Vorlage eines gültigen Inlandspasses von den Registrierbehörden verlangt werde, doch könne diese Forderung mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die im Registrierverfahren insgesamt und überhaupt übliche Zahlung von Schmiergeld unterlaufen bzw. überwunden werden (vgl. insgesamt Prof. Dr. Luchterhandt an Hess. VGH vom 16.04.2007, 3 UE 455/06.A Bl. 18 und 19 des Gutachtens).
Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen sowie unter Berücksichtigung der weiteren Tatsache, dass die Kläger im Falle einer Verbringung in die Russische Föderation nur mit gültigen Heimreisepapieren ihres Heimatlandes zurückgeschickt werden können, deren Ausstellung voraussetzt, dass ihre Identität geprüft worden ist, und die sie als vorläufige Ausweispapiere bei ihrer Registrierung vorlegen könnten, geht der Senat davon aus, dass sie nicht gezwungen sein werden zur Ausstellung ihrer Inlandspässe bzw. Verlängerung der Inlandspässe nach Tschetschenien zurückzukehren, sondern sich ggf. unter Rückgriff auf Hilfestellungen anderer armenischer Volkszugehöriger auch mit Hilfe anderer, ihre Identität nachweisende Dokumente registrieren lassen können. So geht auch der VGH München in seinem Urteil vom 31. August 2007 (11 B 02.31724 in juris-online) davon aus, dass russische Staatsangehörige in aller Regel nicht ohne Vorlage eines russischen oder sowjetischen Reisepasses wieder in die Russische Föderation einreisen können, sodass für die Kläger durch die russische Auslandsvertretung ein Rückreisedokument ausgestellt werden müsse. Zu dessen Ausstellung komme es jedoch nur, wenn zuvor die Identität der betroffenen Person durch die Innenbehörden der Russischen Föderation überprüft wurde. Gleiches gelte für die Zeit nach dem Inkrafttreten des europäisch-russischen Rückabnahmeabkommens, da eine Rückübernahme nach Art. 2 Abs. 2 dieses Abkommens voraussetze, dass die Russische Föderation dem Übernahmeersuchen eines Mitgliedsstaats der Europäischen Gemeinschaft zugestimmt und sie der rückzuübernehmenden Person ein Reisedokument ausgestellt habe. Die russischen Stellen wüssten mithin sowohl vor als auch nach Inkrafttreten dieses Vertrages rechtzeitig vor einer Abschiebung über die Identität des Betroffenen Bescheid (vgl. VGH München, Urteil vom 31.08.07, a. a. O., Rdnr. 102).
Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger bei Rückkehr in die armenische Diaspora dort besonderen Überprüfungsmaßnahmen ausgesetzt sein werden, liegen nach Auswertung der oben dargestellten Auskünfte sowie des Vortrags der Kläger nicht vor.
Im Übrigen kann die die Abschiebung durchführende Ausländerbehörde darauf achten, dass die Geltungsdauer des Rückreisedokuments nicht unmittelbar nach Ankunft der Kläger endet oder den Klägern sonstige, ihre Identität nachweisende Dokumente aushändigen.
Den Klägern drohen auch, soweit sie sich an den Ort des internen Schutzes begeben, keine sonstigen Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG, Art. 15 QRL.
Aufgrund der oben gemachten Ausführungen besteht für die Kläger nicht die konkrete Gefahr, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden (§ 60 Abs. 2 AufenthG, Art. 15 b QRL).
Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 und 4 AufenthG, Art. 15 a QRL bestehen keine Anhaltspunkte, insoweit haben die Kläger auch keinen entsprechenden Sachvortrag geliefert.
Nach den oben gemachten Ausführungen zur Sicherheitslage in der Russischen Föderation, dort den Orten der armenischen Diaspora wie etwa in den Gebieten Stawropol und Krasnodar sowie Rostow am Don, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Abschiebung gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG aus Gründen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 3. November 1950 unzulässig ist.
Gleiches hat für das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 AufenthG, Art. 15 c QRL zu gelten. Danach soll von einer Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer ein erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG). Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat ist abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, Art. 15 c QRL).
Zwar setzt § 60 Abs. 7 AufenthG die Vorgaben des Art. 15 c) QRL aus mehreren Gründen nicht vollständig und zutreffend um, da er zum einen den Wortlaut des Art. 15 c) QRL durch Weglassen des Tatbestandselements "infolge willkürlicher Gewalt" nicht vollständig wiedergibt und zum anderen die Ausschlussklausel des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG auf Grund der Vorgaben der QRL nicht auf Sachverhaltskonstellationen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG /Art. 15 c) QRL übertragen werden darf. Gemäß Art. 18 QRL handelt es sich nämlich auch bei der Zuerkennung von subsidiärem Schutz um eine gebundene Entscheidung, die bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 15 c) QRL weder dem Entscheidungsvorbehalt des § 60 a AufenthG, noch den gesteigerten Anforderungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei verfassungskonformer Auslegung (sehenden Auges in den sicheren Tod...) unterworfen werden darf.
Selbst unter Berücksichtigung dieser Vorgaben steht den Klägern bei Rückkehr in die armenische Diaspora weder subsidiärer Schutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, noch nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, Art. 15 c), 18 QRL zu, da für zuziehende Binnenmigranten dort weder eine erhebliche konkrete Gefahr für die in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG genannten Schutzgüter besteht, noch eine ernsthafte individuelle Bedrohung der in Art. 15 c) QRL Schutzgüter infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, Art. 15 c) QRL).
Hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage haben die Kläger die Kosten des Verfahrens gemäß § 155 Abs. 2 VwGO zu tragen, im Übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO, § 167 VwGO.
Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 sowie der dort in Bezug genommenen Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 - Qualifikationsrichtlinie - (ABl. EU L 304 S. 12, ber. ABl. 2005 L 204 S.24) die Frage der anzuwendenden Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe bei Prüfung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG, die Frage der Beibehaltung der richterrechtlich entwickelten Differenzierungen zwischen örtlich begrenzter und regionaler Gruppenverfolgung, die Frage des maßgeblichen Zeitpunkts für die Prüfung internen Schutzes im Sinne des Art. 8 QRL sowie der dort anzuwendenden Prüfungsmaßstäbe und die in § 60 Abs. 7 AufenthG zu beachtenden Vorgaben der QRL von grundsätzlicher Bedeutung sind.
Ende der Entscheidung
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