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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: 3 UZ 1112/06
Rechtsgebiete: HBO
Vorschriften:
HBO § 59 Abs. 3 | |
HBO § 59 Abs. 4 | |
HBO § 73 Abs. 2 |
Die Auswahl und Heranziehung von Prüfingenieuren steht im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde, die dabei Art. 3 und Art. 12 GG zu beachten hat.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Baurechts, hier: Auswahl von Prüfingenieuren
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch
Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richter am Hess. VGH Pabst
am 18. Juli 2007 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 30. März 2006 - 4 E 4645/04 (V) - wird abgelehnt.
Der Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor näher bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts ist unbegründet.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat der Beklagte nicht in einer den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen dann, wenn gegen dessen Richtigkeit nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wovon immer dann auszugehen ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird und sich ohne näherer Prüfung die Frage nicht beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 124 Anm. 7 m.w.N.). Dabei müssen die ernstlichen Zweifel am Ergebnis der Entscheidung bestehen. An der Zulassung einer Berufung, die aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, kann kein Interesse bestehen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 124 Anm. 7 a m.w.N.).
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass vergaberechtliche Fragen für die hier vorzunehmende Beurteilung der Rechtslage keine Rolle spielen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Beauftragung von Sachverständigen im Rahmen der §§ 73, 59 HBO genuin hoheitliche Tätigkeit ist, mithin die Bauaufsichtsbehörde als Trägerin öffentlicher Gewalt tätig wird, sodass vergaberechtlicher Rechtsschutz nach den §§ 97 ff. GWB unabhängig von dem am Auftragsvolumen orientierten Schwellenwert von vornherein ausscheidet, weil der Staat hier nicht als Nachfrager am Markt tätig wird, um seinen Bedarf an bestimmten Gütern oder Leistungen zu decken (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 - 1 BvR 1160/03 - DÖV 2007, 251 -; vgl. auch die Legaldefinition des Begriffs öffentlicher Aufträge in § 99 GWB: s. ferner BVerwG, Beschluss vom 02.05.2007 - 6 B 10.07 -).
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Beklagte bei der Beauftragung von Sachverständigen im Rahmen der §§ 73 Abs. 2, 59 Abs. 3 Satz 1 HBO sein Auswahlermessen an Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG orientieren muss. Dies gilt auch bei der Vorauswahl des Personenkreises, aus dem im konkreten Einzelfall der Sachverständige für die Erteilung der Prüfbescheinigung bestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 03.08.2004 - 1 BvR 135/00, 1086/01 - NJW 2004, 2725). Dabei muss sich der Beklagte entgegen seiner Darstellung im Schriftsatz vom 30. Juni 2005 (Bl. 100 GA) und der Begründung des Zulassungsantrags (Bl. 200 GA) an seinem Schreiben gegenüber dem Kläger vom 26. Januar 2004 (Bl. 8 GA) festhalten lassen. Dort heißt es u.a.: "Hoheitlich werden von der Unteren Bauaufsicht nur Prüfaufträge für Sonderbauten erteilt. Der Main-Kinzig-Kreis hat sich zum 01.01.2004 entschieden, seine bisherige Vergabepraxis dahingehend zu ändern, dass nur noch kreisansässige Prüfbüros mit Prüfaufträgen bedacht werden. Diese grundsätzliche Entscheidung beruht ausschließlich auf praxisnahen sowie sozialpolitischen Gründen ... Sollte jedoch die Bauherrschaft den schriftlichen Wunsch äußern, Ihr Büro mit der Prüfung zu beauftragen, werden wir dem Wunsch in der Regel stattgeben ..."
Diesem Schreiben lassen sich keine für eine ermessensfehlerfreie Auswahl des Sachverständigen brauchbaren Kriterien entnehmen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat. Während "sozialpolitische" Gründe für die Auswahl des Sachverständigen unverständlich sind, soll unter "praxisnah" als Auswahlkriterium die schnelle und jederzeitige Erreichbarkeit zu verstehen sein. Dies überzeugt jedoch ebenfalls nicht, sodass die Praxisnähe den weitgehenden Ausschluss des Klägers von der Beauftragung als Prüfingenieur nicht rechtfertigen kann. Zum einen ist in Situationen akuter Gefahrenabwehr - wie im Schriftsatz vom 30. Juni 2005 geschildert - immer die Hinzuziehung eines schnell erreichbaren Statikers möglich. Zum anderen relativiert der Beklagte selbst das Erfordernis schneller und jederzeitiger Erreichbarkeit dadurch, dass er Wünschen der Bauherrnschaft nach Beauftragung eines anderen Ingenieurbüros - z.B. aus Kassel - "in der Regel" zu entsprechen beabsichtigt. Zu bedenken ist auch, dass es hier nur um Auftragserteilungen für in Planung befindliche Sonderbauten geht. Wenn in diesem Zusammenhang der Beklagte darauf hinweist, dass Prüfaufträge für Sonderbauten nach dem bis 2002 geltenden Rechtszustand nur 3 % aller Prüfaufträge ausmachten, die vom Kläger beanstandete Auswahlregelung mithin nur einen verschwindend kleinen Teil ausmache, verschweigt er, dass das Gebührenaufkommen bei Prüfbescheinigungen für Sonderbauten am höchsten ist, weil es dem damit verbundenen Prüfaufwand entspricht und Prüfaufträge somit existentielle Bedeutung haben können.
Sollte das zuletzt erfolgte Vorbringen des Beklagten dahingehend zu verstehen sein, dass der Kläger nunmehr wieder uneingeschränkt an der Auftragsvergabe beteiligt wird, besteht kein Anlass die im Schreiben vom 26. Januar 2004 dem Kläger mitgeteilte Auswahlregelung mit dem Anschein fortgeltender Gültigkeit aufrecht zu erhalten.
Nach alledem sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Bei der Streitwertfestsetzung bewertet der Senat das Interesse des Beklagten als Rechtsmittelführer mit 10.000,00 € (§§ 63, 47, 52 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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