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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.08.2008
Aktenzeichen: 3 UZ 2566/07
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO


Vorschriften:

BauGB § 34 Abs. 1
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 15
BauNVO § 7
1. Wettbüros fallen unter den Begriff der "Vergnügungsstätte", wobei für deren bauplanungsrechtliche Einordnung keine Differenzierung danach erforderlich ist, ob es sich um Pferdewettbüros oder sonstige Wettbüros handelt.

2. Handelt es sich bei der maßgeblichen näheren Umgebung um ein Kerngebiet im Sinne des § 7 BauNVO, kann gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 BauNVO die Ansiedlung eines weiteren Wettbüros wegen der dort anzutreffenden Anzahl derartiger Anlagen der Eigenart des Baugebiets widersprechen.

3. Die in § 15 Abs. 1 BauNVO für Gebiete nach § 34 Abs. 2 BauGB vorgesehene Feinsteuerung findet für Gebiete nach § 34 Abs. 1 BauGB (Gemengelagen) ihre Entsprechung im Gebot der Rücksichtnahme.

4. Die weitere Ansiedlung eines Wettbüros in einem nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilenden Gebiet kann gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen, wenn sie wegen der dort bereits vorhandenen und schutzwürdigen anderen Nutzungen, insbesondere von Wohnnutzung, aber auch von Büro- und Ladenlokalnutzung, unverträglich ist.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

Az.: 3 UZ 2566/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Pabst, Richterin am Hess. VGH Lehmann

am 25. August 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 26. September 2007 - 4 E 3419/06 - wird abgelehnt.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung von Amts wegen für beide Rechtszüge auf je 50.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor dieser Entscheidung bezeichnete Urteil bleibt ohne Erfolg, weil die Klägerin Zulassungsgründe nicht hinreichend dargelegt hat.

Dies gilt zunächst für den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen dann, wenn gegen dessen Richtigkeit nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wovon immer dann auszugehen ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird und sich ohne nähere Prüfung die Frage nicht beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 15. Aufl. 2007, § 124 Rdnr. 7 m.w.N.). Dabei müssen die ernstlichen Zweifel am Ergebnis der Entscheidung bestehen. An der Zulassung einer Berufung, die aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, kann kein Interesse bestehen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 124 Rdnr. 7a m.w.N.).

Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 6. Dezember 2007 (Bl. 120 ff. der Gerichtsakte) ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils deshalb geltend macht, weil ihrer Ansicht nach das von ihr zur Genehmigung gestellte Vorhaben keine Vergnügungsstätte im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO darstelle, kann dem nicht gefolgt werden.

Vergnügungsstätten sind als eigenständiger Nutzungsbegriff durchgängig für alle Baugebiete geregelt. Als bauplanungsrechtlicher Nutzungsbegriff sind sie durch kommerzielle Freizeitgestaltung und Amüsierbetriebe gekennzeichnet. Wirtschafts- und gewerberechtlich sind Vergnügungsstätten eine besondere Art von Gewerbebetrieben, bei denen - in unterschiedlicher Weise - die kommerzielle Unterhaltung der Besucher und Kunden im Vordergrund steht (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, Stand Februar 2008, § 6 BauNVO Rdnr. 42). In Rechtsprechung und Schrifttum werden als Vergnügungsstätten unbestritten die folgenden Einrichtungen genannt: Spielhallen, Spielcasinos und Spielbanken, alle Arten von Diskotheken und Nachtlokalen, wie Varietees, Nacht- und Tanzbars, alle Tanzlokale und Cafés, Stripteaselokale und Sexkinos einschließlich der Lokale mit Videokabinen. Nicht zu den Vergnügungsstätten gehören grundsätzlich Kinos (vor allem Lichtspieltheater) mit "normalen" bzw. "üblichen" Filmen. Lediglich bei solchen Einrichtungen mit Film- bzw. Videovorführungen etwa sexuellen Charakters handelt es sich - unstreitig - um Vergnügungsstätten (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, a.a.O., § 6 Rdnr. 42). Dabei ist auch in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass unter dem städtebaulichen Begriff der "Vergnügungsstätte" als Sammelbegriff Gewerbebetriebe besonderer Art zusammengefasst sind, die in unterschiedlicher Ausprägung (wie Amüsierbetriebe, Diskotheken, Spielhallen) unter Ansprache (oder Ausnutzung) des Sexual-, Spiel- oder Geselligkeitstriebs ein bestimmtes gewinnbringendes Freizeitangebot vorhalten (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.09.2006 - 3 TG 2161/06 - unter Bezugnahme auf Fickert/Fieseler, BauNVO, Kommentar, 10. Auflage, 2002, § 4a Rdnr. 22). Für den Senat ist weiterhin geklärt, dass Wettbüros unter den Begriff der "Vergnügungsstätte" fallen, wobei für deren bauplanungsrechtliche Einordnung keine Differenzierung danach geboten erscheint, ob es sich um Wettbüros für Pferdewetten oder sonstige Wettbüros handelt. Wettbüros für Pferdewetten stellen lediglich eine Untergruppe der ansonsten unstreitig unter den Begriff der "Vergnügungsstätte" fallenden Wettbüros dar, von Seiten der Klägerin ist auch nicht dargelegt, warum jene anderen rechtlichen Bewertungen unterzogen werden sollten.

Soweit die Klägerin meint, aufgrund der Tatsache, dass die von ihr zur Genehmigung gestellten Räumlichkeiten nicht nur für das Wettbüro, sondern überwiegend als Café genutzt werden sollten, sei eine andere rechtliche Zuordnung der Gesamtanlage geboten, kann dem nicht gefolgt werden. Die Qualität des insgesamt 79,63 qm umfassenden Wettbüros wird nicht dadurch verändert, dass andere Nutzungsarten hinzutreten, wie hier die beantragte Cafénutzung (37,42 qm). Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang für Mischnutzungsverhältnisse und deren rechtliche Einordnung auf die Kommentierung bei Ernst/Zinkahn/Bielenberg zu § 4 a BauNVO, dort Rdnr. 58, verweist, rechtfertigt auch dies keine andere rechtliche Bewertung in der Sache, da unabhängig von der Anzahl der vorgesehenen Sitzplätze bei einer Nutzung von 79,63 qm für das Wettbüro und 37,42 qm für das Café die Nutzung als Vergnügungsstätte erkennbar einen prägenden und damit bodenrechtlich beachtlichen Bezug hat.

Ernstliche Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung hat die Klägerin auch nicht dadurch belegen können, dass das Verwaltungsgericht die vorherige Nutzung als Lichtspielhaus mit der Konsequenz in seine Erwägungen hätte einstellen müssen, dass die beantragte Nutzungsänderung von einem Lichtspielhaus in ein Wettbüro hinsichtlich der bauplanungsrechtlich relevanten Beeinträchtigungen ohne Bedeutung ist. Kinos fallen, wie bereits oben ausgeführt, nicht unter den Begriff der Vergnügungsstätte, sondern unter den der Einrichtungen und Anlagen für kulturelle Zwecke (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 4 a Rdnr. 22.5), so dass aus der vormaligen Genehmigung als Lichtspieltheater keine Schlussfolgerungen auf die nunmehr beantragte Nutzung als Vergnügungsstätte gezogen werden können. Der Argumentation der Klägerin, durch die Nutzung als Lichtspielhaus würden weitaus größere städtebauliche Konflikte hervorgerufen werden, als dies bei einem Wettbüro der Fall sei, insbesondere sei bei einem Lichtspielhaus wesentlich mehr überregionaler Publikumsverkehr zu erwarten, kann nicht gefolgt werden, da der normale Betrieb eines Kinos anderes Publikum anzieht als dies für Wettbüros, und seien es Sportwettbüros, anzunehmen ist. Zudem ändert diese Argumentation auch nichts daran, dass es sich bei Lichtspielhäusern und Wettbüros um unterschiedliche Nutzungsarten handelt, die unterschiedlich zu bewältigende städtebauliche Konflikte hervorrufen.

Auch soweit die Klägerin meint, das Verwaltungsgericht habe zu unrecht unter Rückgriff auf § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO das Wettbüro, selbst wenn man es als Vergnügungsstätte ansehen wolle, wegen der in der näheren Umgebung bereits vorhandenen Vergnügungsstätten für nicht zulässig gehalten, da es sich auch nach ihrer Auffassung bei dem maßgeblichen Gebiet um ein Kerngebiet handele, in dem eine derartige Anlage generell zulässig sei, rechtfertigt dies die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht.

Dabei kann zunächst dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht zu Recht von dem Vorliegen eines Kerngebietes gemäß § 7 BauNVO ausgegangen ist mit der Konsequenz, dass über § 34 Abs. 2 BauGB die Vorschriften der Baunutzungsverordnung unmittelbar anzuwenden sind, oder ob aufgrund der in dem maßgeblichen Geviert von dem Verwaltungsgericht festgestellten Wohnnutzung, die gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Kerngebieten nur ausnahmsweise zulässig wäre, von einer Gemengelage gemäß § 34 Abs. 1 BauGB auszugehen ist, da in beiden Fällen ernstliche Zweifel an dem von dem Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnis, die Zulassung einer weiteren Vergnügungsstätte störe die innere Struktur der maßgeblichen Umgebung, keine Bedenken bestehen.

Sowohl unter Geltung des § 15 Abs. 1 BauNVO, der über § 34 Abs. 2 BauGB direkt zur Anwendung kommen würde, als auch unter Geltung des bei einer Beurteilung nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beachtenden Gebotes der Rücksichtnahme stellt sich die weitere Zulassung eines Wettbüros insbesondere unter Berücksichtigung der hier von Seiten des Verwaltungsgerichts festgestellten unterschiedlichen Nutzungsarten, insbesondere der Wohnnutzung, als nicht genehmigungsfähig dar.

Gem. § 15 Abs. 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

Dabei kommt dem in § 34 Abs. 1 BauGB zu beachtenden Gebot der Rücksichtnahme eine Korrekturfunktion zu. Sie entspricht etwa der des § 15 Abs. 1 BauNVO im Falle der bauplanungsrechtlichen Beurteilung von Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen. Diese Parallele macht die Ausgleichsfunktion des Städtebaurechts für insbesondere private Belange gerade in den Fällen deutlich, in denen eine schematische Anwendung des Zulässigkeitsrechts - hier der an sich zu beachtenden Maßgeblichkeit des vorgefundenen Rahmens - zu nicht hinnehmbaren Beeinträchtigungen führen würde. Insbesondere wenn sich in der unmittelbaren oder näheren Nachbarschaft eines Vorhabens gesteigerte schutzwürdige Anlagen befinden, soll die Zulässigkeit des Vorhabens nicht ohne Rücksicht auf diese Schutzwürdigkeit der unmittelbaren Umgebung oder der Umgebung in einer bestimmten Richtung allein deswegen gegeben sein, weil es die insgesamt vorhandene Bebauung einhält (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, a.a.O., § 34 BauGB Rdnr. 48). Das Gebot der Rücksichtnahme bezieht sich auf die Zulässigkeitsmerkmale der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbauten Grundstücksfläche. Es hat somit eigenständige städtebaurechtliche Bedeutung. Richtet sich die Beurteilung der Art der baulichen Nutzung in den Fällen des § 34 Abs. 2 BauGB nach den Vorschriften der Baunutzungsverordnung, ist das Gebot der Rücksichtnahme insofern im Rahmen des anzuwendenden § 15 Abs. 1 BauNVO zu prüfen (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, § 34 BauGB Rdnr. 48 mit Rechtsprechungsnachweisen).

Das Verwaltungsgericht hat unter Auswertung seiner anlässlich des Ortstermins gewonnenen Erkenntnisse zutreffend und hinreichend belegt, dass in dem maßgeblichen Geviert eine weitere Ansiedlung von Vergnügungsstätten, nach seiner Lösung unter Rückgriff auf § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, zu einer Verfestigung derartiger Nutzungen und zu einer Störung der dort im Übrigen festgestellten zulässigen (kerngebietstypischen) Nutzungsarten führen würde. Die von dem Verwaltungsgericht angestellten Überlegungen im Rahmen des § 15 Abs. 1 BauNVO finden ihre Entsprechung in den in dem Gebot der Rücksichtnahme enthaltenen Tatbestandselementen. Selbst wenn nämlich das maßgebliche Geviert nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen wäre, würde dies zu keinem anderen Ergebnis in der Sache führen, da das Gebiet eine weitere Zulassung von Vergnügungsstätten ohne nachhaltige Beeinträchtigung der dort ebenfalls vorhandenen anderen Nutzungsarten, insbesondere der Wohnnutzung, aber auch der Büro- und Ladenlokalnutzungen nicht verträgt. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts (Seite 10 und 11 des Urteilsabdrucks), denen er folgt.

Auch hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der mit der Ansiedlung derartiger Vergnügungsstätten verbundene "Trading-down-Effect" ebenfalls einer weiteren Ansiedlung von Wettbüros entgegensteht, da auch dies dem Gebot der Rücksichtnahme im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB widerspricht.

Soweit die Klägerin meint, eine Häufung von Vergnügungsstätten sei im Kerngebiet hinzunehmen, solange andere kerngebietstypische Nutzungen noch möglich seien, verkürzt sie damit den im Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme enthaltenen Einfügungsgedanken. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich in dem maßgeblichen Bereich der Krämerstraße zwischen Herrnstraße und der Straße Am Frankfurter Tor in den Erdgeschossen ganz überwiegend Nutzungen befinden, denen ein sogenannter "Trading-Down-Effect" beigemessen werden muss. Hierzu gehören der Nachtclub, die Spielhallen, das Wettbüro und der Erotikfilmverleih. Insbesondere befinden sich neben dem geplanten Wettbüro der Klägerin bereits zwei Spielhallen mit einer Fläche von zusammen über 300 qm. Auch das geplante Wettbüro hat mit Café und Nebenräumen insgesamt eine Fläche von über 300 qm. Auch in den angrenzenden Kreuzungsbereichen sind Spielhallen und Nachtlokale bereits vorhanden. Das geplante Wettbüro befindet sich damit in einem Umfeld, das von Vergnügungsstätten derartig geprägt ist, dass andere Nutzungsformen bereits in einem Teilbereich des Gebiets weitgehend verdrängt sind. Durch die Zulassung eines weiteren Wettbüros würde sich diese Verdrängung von anderen im Kerngebiet zulässigen Hauptnutzungsarten festigen.

Gleiches hat zu gelten, wenn das Gebiet als "Gemengelage" im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB einzustufen wäre. Hier folgt aus dem Gebot der Rücksichtnahme, dass die dort vorhandenen Nutzungen in ihrer Struktur erhalten bleiben und bei Neuansiedlung vorhandene Nutzungen nicht - rücksichtslos - verdrängt werden dürfen. Dies gilt insbesondere beim ohnehin bauplanungsrechtlich nicht erwünschten Aufeinandertreffen von Nutzungen wie hier von Wohnnutzung und Vergnügungsstätten.

Der Senat folgt der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass hinsichtlich der Anzahl eine weitere Zulassung von Vergnügungsstätten § 15 Abs. 1 BauNVO bzw. dem Gebot der Rücksichtnahme widerspricht. Allein die Tatsache, dass in dem maßgeblichen Geviert tatsächlich andere Nutzungsformen wie Büronutzung, Arztpraxen, Wohnungen etc. vorhanden sind, besagt nichts über das von dem Verwaltungsgericht festgestellte Übergewicht der Nutzungsart "Vergnügungsstätte".

Soweit die Klägerin in Bezug auf § 7 BauNVO die Auffassung vertritt, ein Widerspruch der Vergnügungsstätte zur Eigenart des Baugebiets sei generell unvorstellbar (Bl. 123 der Gerichtsakte), verkennt sie die Korrekturfunktion des § 15 Abs. 1 BauNVO und, soweit das Gebiet nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen wäre, die Korrekturfunktion des allgemeinen Gebotes der Rücksichtnahme.

Soweit die Klägerin in ihrem Zulassungsschriftsatz eine Abweichung von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, Beschluss vom 21. Dezember 1992 - 4 B 182/92 - BRS 55 Nr. 42; BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 1995 - 4 B 270/94 - in juris-online; BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 1991 - 4 B 40/91 - NVwZ 1991, 1078 sowie von der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. September 2006 - 3 TG 2161/06 - rügt, hat sie bereits nicht dargelegt, worin diese Abweichung besteht (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO i.V.m. § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Es wird von ihr nicht aufgezeigt, welchen abstrakten Rechtssatz das Verwaltungsgericht aufgestellt hat, der von einem der in der genannten Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten Rechtssatz abweicht. Ein bloßes Nichtbeachten höchstrichterlicher bzw. obergerichtlicher Rechtsprechung reicht für die Annahme einer Divergenz nicht aus. Zulassungsrechtlich ist deshalb ohne Belang, ob das Verwaltungsgericht die von der Klägerin zitierten Entscheidungen zutreffend berücksichtigt hat.

Auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nicht dargelegt. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, der Begriff des Trading-down-Effects werde auch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausschließlich im Zusammenhang mit Spielhallen verwendet, was das Verwaltungsgericht verkannt habe, wobei hier erstmals zu entscheiden sei, ob einem Café ein Trading-down-Effect zugesprochen werden könne, formuliert sie zunächst bereits keine konkrete Frage, die der grundsätzlichen Klärung zugeführt werden soll. Im Übrigen hat der Senat, wie dargelegt, bereits entschieden, dass Wettbüros als Vergnügungsstätten anzusehen sind und ihnen bei entsprechender Häufung ein sogenannter Trading-down-Effect zuzumessen ist. Dass aufgrund des streitigen Sachverhalts ein weiterer grundsätzlicher Klärungsbedarf über den Einzelfall hinaus besteht, ist von der Klägerin nicht hinreichend dargelegt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 und 3 GKG, die Befugnis zur Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung von Amts wegen auf § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Zur Bewertung des klägerischen Interesses an einem erfolgreichen Verfahrensausgang geht der Senat von Nr. 9.1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 1996, 562) aus. Danach ist für Klagen auf Erteilung einer Baugenehmigung für eine Spielhalle ein Betrag von 600 €/qm Nutzfläche (ohne Nebenräume) anzusetzen. Diesen Betrag hat der Senat ausschließlich für die auf das Wettbüro entfallenden 79,63 qm in Ansatz gebracht und im Übrigen berücksichtigt, dass des Weiteren um die Zulassung eines Cafés gestritten wird, so dass insgesamt ein Streitwert von 50.000,00 € festzusetzen ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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