Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.09.2004
Aktenzeichen: 4 TG 2610/04
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO, HBO


Vorschriften:

BauGB § 34
BauNVO § 22 Abs. 2
HBO § 2 Abs. 5
HBO § 42 Abs. 2
HBO § 53 Abs. 2
HBO § 57
HBO § 6
HBO § 63
Einzelfall, in dem eine im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren verbliebene Unklarheit, ob ein Bauvorhaben nachbarschützende Vorschriften über die Einhaltung der Abstandsfläche wahrt, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Nachbarn nicht gebietet, da die Unklarheit mit einfachen ergänzenden Maßnahmen des Bauordnungsrechtes behoben werden kann.

Wird im rückwärtigen Teil eines Baugrundstücks ein Einfamilienwohnhaus an ein bereits im vorderen Grundstücksteil bestehendes Einfamilienwohnhaus angebaut, so handelt es sich weder um eine Bebauung in zweiter Reihe, noch um ein Doppelhaus im Sinne von § 22 Abs. 2 BauNVO, sondern um ein Einzelhaus mit zwei aneinander gebauten selbständigen Wohneinheiten.

Auf Landesrecht gestützte örtliche Baugestaltungsvorschriften dürfen keine bodenrechtlichen Regelungen enthalten.

Ergibt sich aus den Bauvorlagen eine Abweichung von der bauordnungsrechtlich gebotenen Abstandsfläche und ist die Genehmigung einer solchen Abweichung nicht beantragt, so ist die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erteilte Baugenehmigung materiell rechtswidrig.

Die Festlegung der Geländeoberfläche ist eine wertende Entscheidung, bei der auch die Belange des Nachbarn zu berücksichtigen sind und die im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtsbehörde steht; eine Festlegung abweichend von der natürlichen Geländeoberfläche ist nur zulässig, wenn hierfür ein sachlicher Grund gegeben ist.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

4. Senat

4 TG 2610/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts

hier: vorläufiger Nachbarrechtsschutz gegen Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses als Anbau an ein bereits bestehendes Einfamilienhaus

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 4. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Koch, Richter am Hess. VGH Schröder, Richter am Hess. VGH Dr. Dittmann

am 17. September 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 3. August 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Der Antragsteller wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 3. August 2004, mit dem sein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses als Anbau an ein bereits bestehendes Einfamilienhaus abgelehnt worden ist.

Die gemäß §§ 146 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1, 147 Abs. 1 VwGO form- und fristgerecht erhobene und begründete Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, denn das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag des Antragstellers im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die von den Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen nicht die von dem Antragsteller begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Sie rechtfertigen auch nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung seiner Rechte.

Allerdings lässt sich auf der Grundlage der vorliegenden Bauvorlagen nicht ausschließen, dass das Bauvorhaben den Antragsteller in Rechten aus nachbarschützenden Vorschriften des Bauordnungsrechts verletzt, und zwar in einem Maße, die die Bagatellgrenze überschreitet; diese mögliche Rechtsverletzung lässt sich jedoch mit einfachen ergänzenden bauordnungsrechtlichen Maßnahmen - zu deren Durchführung der Antragsgegner allerdings auch gemäß § 53 Abs. 2 HBO verpflichtet ist - beheben, so dass eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers derzeit nicht geboten erscheint.

In bauplanungsrechtlicher Hinsicht ist das Bauvorhaben entgegen der Meinung des Antragstellers nicht zu beanstanden, jedenfalls verletzt das Vorhaben, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, insoweit keine eigenen Rechte des Antragstellers.

In diesem Zusammenhang macht der Antragsteller mit der Beschwerde geltend, das Vorhaben füge sich nach seinem Standort in zweiter Reihe nicht in die Umgebung ein. Damit geht der Antragsteller in mehrfacher Hinsicht von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Zum einen handelt es sich hier nicht um eine Bebauung in zweiter Reihe, da das Bauvorhaben selbst nicht freisteht, sondern einen Anbau an das bereits vorhandene Einfamilienhaus darstellt. Insgesamt entsteht ein einheitlicher, wenn auch lang gestreckter, Baukörper in erster Reihe und übrigens auch kein Doppelhaus im Sinne des § 22 Abs. 2 BauNVO, sondern ein Einzelhaus mit zwei aneinander gebauten selbständigen Wohneinheiten, das nach allen Seiten einen Grenzabstand einhält. Unter einem Doppelhaus im Sinne des § 22 Abs. 2 BauNVO ist ein Gebäude zu verstehen, dessen beide Hälften auf verschiedenen Buchgrundstücken stehen und an einer Seite aneinander gebaut sind (Hess. VGH, Beschluss vom 11.09.1998 - 4 TZ 4364/97 -, HSGZ 1999, 149 und Urteil vom 25.11.1999 - 4 UE 2222/92 - ESVGH 50, 156). Das Bauvorhaben erreicht allerdings eine Bebauungstiefe von ca. 34 m, gemessen vom Krautweg. Eine solche Bebauungstiefe ist in der näheren Umgebung des Bauvorhabens nicht vorzufinden und überschreitet daher den aus der Umgebungsbebauung ableitbaren Rahmen. Trotzdem fügt sich das Bauvorhaben in seine Umgebung ein, denn es erzeugt keine bodenrechtlichen Spannungen und auch keine (negative) Vorbildwirkung. Die geringe Bebauungstiefe auf dem Grundstücken an der Südwestseite der Panoramastraße östlich des Krautweges beruht nämlich darauf, dass diese Grundstücke nur wenig mehr als 20 m tief sind und schon deshalb einer tieferen Bebauung nicht offen stehen. Bei einer Grundstückstiefe des Baugrundstücks von bis zu 42,62 m wirkt die genehmigte Bebauungstiefe von bis zu 34 m den Grundstücksverhältnissen des Baugrundstücks angepasst und könnte allenfalls bei einer künftigen Baulandausweisung durch einen einfachen Bebauungsplan gemäß § 30 Abs. 3 BauGB für eine künftige Bebauung am Krautweg maßstabbildend wirken. Eine Bebauungstiefe von 34 m ist auf den Grundstücken unmittelbar am Panoramaweg nicht möglich, weil keines dieser Grundstücke überhaupt diese Tiefe erreicht. Das verhältnismäßig große Grundstück Panoramastraße 5 B mit einer Tiefe von ca. 31 m ist bereits mit einer Tiefe von ca. 25,5 m bebaut, weist also zur rückwärtigen Grundstücksgrenze lediglich einen Abstand von ca. 5,5 m auf, während das Bauvorhaben zur rückwärtigen Grundstücksgrenze einen Abstand von mehr als 6,5 m wahrt. Auch das Wohnhaus der Antragsteller wahrt keinen größeren rückwärtigen Grenzabstand.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht dargelegt, dass das Bauvorhaben sich nach dem Maß der baulichen Nutzung, also nach seiner Grundflächenzahl, der Geschossflächenzahl und nach der Anzahl der Vollgeschosse in seine Umgebung einfügt. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung des Bauvorhabens in dieser Hinsicht. Der Antragsteller macht in diesem Zusammenhang geltend, die Bauaufsicht und das Verwaltungsgericht habe die Angaben zur Grundflächenzahl nicht zutreffend prüfen können, da die hierzu erforderlichen Angaben nach Nr. 3 C und E der Anlage 2 zum Bauvorlagenerlass vom 22.08.2002 fehlten. Dieses Vorbringen verkennt, dass in Nr. 3 der Anlage 2 zum Bauvorlagenerlass keine zwingenden Vorschriften enthalten sind, sondern lediglich bestimmt wird, was der Freiflächenplan in der Regel enthält. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Unterlagen für die Berechnung der Grundflächenzahl hat die Bauaufsichtsbehörde mit Schreiben vom 08.10.2003 nachgefordert und sind von dem Beigeladenen unter dem 25.10.2003 nachgereicht worden (Blatt 31 bis 39 der Behördenakte - BA -). Anhand dieser Unterlagen war eine korrekte Berechnung der Grundflächenzahl möglich und ist auch erfolgt.

Die Meinung des Antragstellers, die Geschossflächenzahl sei falsch berechnet, weil die Wohnfläche im Dachgeschoss nicht berücksichtigt worden sei, ist im Hinblick auf § 20 Abs. 3 Satz 1 BauNVO unzutreffend, da nach dieser Vorschrift nur die Flächen in Vollgeschossen maßgebend sind. Durch Bebauungsplan kann allerdings festgesetzt werden, dass auch Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind. Dass im vorliegenden Fall eine derartige Regelung in einem wirksamen Bebauungsplan vorliegen würde, macht der Antragsteller jedoch selbst nicht geltend. Im Gegenteil, der Antragsteller führt aus, dass der Bebauungsplan der Gemeinde A-Stadt nicht wirksam sei. Aus diesem Grund kann der Antragsteller dem Bauvorhaben auch nicht entgegenhalten, dass es mit seiner Terrasse und dem südöstlichen Giebelvorbau die im Bebauungsplan festgesetzte Baugrenze überschreitet.

Aus dem Beschwerdevorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, dass sich das Bauvorhaben hinsichtlich der Anzahl der Vollgeschosse nicht in seine Umgebung einfügt. Der Antragsteller führt nämlich lediglich aus, aus dem zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Lageplan ergebe sich, dass in der näheren Umgebung des Bauvorhabens lediglich eingeschossige Gebäude mit Dachgeschoss vorhanden seien. Damit greift der Antragsteller zu kurz. Der von ihm in Bezug genommene Lageplan enthält nämlich nur Angaben zu dem "Altbau" auf dem Baugrundstück sowie zu den Flurstücken 217, 218 und 219 (Panoramastraße 12, 14 und 16). Damit ist jedoch nicht die gesamte gemäß § 34 BauGB maßstabbildende Umgebung umfasst. Mit Recht hat das Verwaltungsgericht nämlich ausgeführt, dass als maßstabbildende Umgebung mindestens die Bebauung entlang der Panoramastraße mit einzubeziehen ist, soweit sie in der Anlage zur Ermittlung der Umgebungsbebauung (Blatt 39 der Beiakte) dargestellt ist, also Panoramastraße 1 bis 5 B und Panoramastraße 2 bis 18. In diesem Bereich hat das Verwaltungsgericht während des Ortstermins auch zweigeschossige Bebauung ausgemacht. Diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts wird durch das lediglich die Häuser A-Straße bis 16 erfassende Beschwerdevorbringen nicht in Frage gestellt.

Weiterhin macht der Antragsteller mit seiner Beschwerde geltend, dass das Vorhaben gegen zwingende nachbarschützende Vorschriften der Bausatzung der Gemeinde A-Stadt über die zulässige Höhe der Gebäude und die erforderliche Dachneigung von Gebäuden verstoße. Der Senat lässt offen, ob das Bauvorhaben insoweit gegen die Vorschriften des § 5 Abs. 2 und des § 6 Abs. 1 der Bausatzung der Gemeinde A-Stadt verstößt, wie der Antragsteller näher darlegt. Von entscheidender Bedeutung ist, dass es sich bei der Bausatzung ausschließlich um eine Baugestaltungsvorschrift handelt, die keine nachbarschützenden Wirkungen entfaltet, sondern lediglich das Ziel einer Pflege des Ortsbildes verfolgt. Soweit der Antragsteller geltend macht, die Satzung sei insofern nachbarschützend als sie bewirke, dass das Vorhaben sich nicht in die rechtskonform gebaute Umgebung einfüge, ist ihm entgegen zu halten, dass auf Landesrecht gestützte örtliche Baugestaltungsvorschriften wie die hier vorliegende Bausatzung der Gemeinde A-Stadt gerade keine bodenrechtlichen Regelungen "im Gewande von Baugestaltungsvorschriften" sein dürfen (BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 1997, 4 NB 15.97, BRS 59 Nr. 19). Enthielte die Bausatzung nachbarschützende Regelungen über das Einfügen eines Bauvorhabens in seine nähre Umgebung, so wären dies bodenrechtliche Vorschriften ohne die erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage; sie wären also nichtig. Danach steht fest, dass der Antragsteller aus § 5 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 der Bausatzung der Gemeinde A-Stadt keinen Nachbarschutz herleiten kann.

Insgesamt stehen dem Antragsteller in bauplanungsrechtlicher Hinsicht keine Abwehrrechte gegen das Bauvorhaben zur Verfügung.

Ob das Bauvorhaben die bauordnungsrechtlich gebotene Abstandsfläche (§ 6 HBO) einhält, ist im Rahmen des hier gegebenen vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens von der Bauaufsichtsbehörde lediglich anhand der in den Bauvorlagen enthaltenen Nordost-Ansicht überschlägig geprüft worden. Im Text der Baugenehmigung wird überdies ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Frage der Einhaltung der Abstandsfläche nicht durch die Baugenehmigung beantwortet wird, so dass der Bauherr und sein Entwurfsverfasser hierfür allein verantwortlich sind. Ergibt sich aus den Bauvorlagen eine Abweichung von der bauordnungsrechtlich gebotenen Abstandsfläche und ist die Genehmigung einer solchen Abweichung nicht beantragt, so ist die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erteilte Baugenehmigung materiell rechtswidrig (Allgeier/von Lutzau, HBO, Kommentar, 7. Aufl. Seite 430).

Ob das Bauvorhaben die bauordnungsrechtliche gebotene Abstandsfläche zum Grundstück des Antragstellers hin einhält, lässt sich anhand der vorliegenden Bauvorlagen nicht beantworten. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Darstellung des Geländeniveaus am linken Rand der Nordostansicht und am rechten Rand der Südostansicht, obwohl sie identisch sein müsste, um 0,30 m abweicht. Diese Abweichung ist auch erheblich, denn bei Geltung des niedrigeren Geländeniveaus müsste die gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 HBO auf volle 10 cm abzurundende Tiefe der Abstandsfläche 3,60 m betragen, wie der Antragsteller zutreffend rechnerisch nachweist. Demgegenüber beträgt die Tiefe der Abstandsfläche nach dem Freiflächenplan nur 3,50 m. Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 HBO ist bei der Beurteilung des Bauvorhabens für die Höhe der Geländeoberfläche zunächst die Festsetzung eines Bebauungsplans oder die Regelung in der Baugenehmigung maßgebend. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist davon auszugehen, dass ein wirksamer Bebauungsplan für das Baugrundstück nicht existiert. Auch in der Baugenehmigung ist - entgegen der Meinung des Antragsgegners - keine Bestimmung der Höhe der Geländeoberfläche erfolgt. Abgesehen davon, dass diese Frage im Baugenehmigungsverfahren nicht erkennbar geprüft worden ist, trifft die Baugenehmigung auch nicht etwa mit Grüneintrag eine Regelung, ob das Geländeniveau an der östlichen Ecke des Bauvorhabens 314,93 m oder 315,23 m über NN betragen soll. Angesichts dieser Diskrepanz kann von einer verbindlichen Festlegung der Geländeoberfläche keine Rede sein. Fehlt es an einer Festsetzung der Geländeoberfläche im Bebauungsplan und an einer entsprechenden Bestimmung in der Baugenehmigung, so ist gemäß § 2 Abs. 5 Satz 2 HBO die natürliche Geländeoberfläche maßgebend. Diese ist in den Bauvorlagen jedoch an der östlichen Ecke des Bauvorhabens - wie bereits dargelegt - unterschiedlich dargestellt und lässt sich, wie die Bauaufsichtsbehörde im Beschwerdeverfahren einräumt, auch nicht mehr zweifelsfrei feststellen. Entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts vermag der Senat der Nordostansicht in den Bauvorlagen keine größere Bedeutung zuzumessen als der Südostansicht. Beide Ansichten haben gleich große Dignität, widersprechen einander jedoch. Überdies bestehen gewisse Zweifel daran, ob sich die Darstellung des Geländeverlaufs in der Nordostansicht vor dem einzigen Fenster des Gästezimmers im Kellergeschoss des Bauvorhabens mit § 42 Abs. 2 HBO (Belichtung und Belüftung) vereinbaren lässt. Unter diesen Umständen ist gegenwärtig offen, ob das Bauvorhaben die bauordnungsrechtlich gebotene Abstandsfläche wahrt und ob die Baugenehmigung überhaupt im vereinfachten Verfahren erteilt werden durfte. Diese Unsicherheit, die der Antragsteller auf Dauer nicht hinzunehmen braucht, weil sie die Einhaltung einer unmittelbar nachbarschützenden Vorschrift betrifft, rechtfertigt im vorliegenden Fall nicht die beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers. Denn es ist verhältnismäßig einfach möglich, im Wege einer Nachtragsbaugenehmigung auf der Basis der in den Bauvorlagen vorhandenen Nordostansicht - Blatt 66 BA - (eventuell mit einer gewissen Modifikation bezüglich des Fensters des Gästezimmers im Kellergeschoss) bei entsprechender Anpassung der Südostansicht die Geländeoberfläche so festzulegen, dass die von dem bereits im Rohbau errichteten Bauwerk eingehaltene Tiefe der Abstandsfläche von 3,5 m mit den Bestimmungen des § 6 HBO in Einklang steht. Eine solche Modifikation wäre rechtlich ohne Weiteres zulässig, da es sich insoweit nicht um eine willkürliche Manipulation und Benachteilung des Antragstellers handelt. Vielmehr dient die Festlegung lediglich dazu, eine Unstimmigkeit der Bauvorlagen auszuräumen. Die Höhenstellung des Bauvorhabens mit einer Höhe des Fertigfußbodens im Erdgeschoss von 316,24 m über NN ist im Hinblick darauf, dass die natürliche Geländeoberfläche auf der Südwestseite des Bauvorhabens 316,08 m über NN betrug, der Topografie durchaus angepasst. Die Festlegung der Geländeoberfläche ist eine wertende Entscheidung, bei der auch die Belange des Nachbarn zu berücksichtigen sind und die im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtsbehörde steht; eine Festlegung abweichend von der natürlichen Geländeoberfläche ist nur zulässig, wenn hierfür ein sachlicher Grund gegeben ist (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 07.05.2001 - 3 N 27/01 -, NordÖR 2001, 482 f., OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.05.1995 - 7 B 1187/95 - und VGH Baden-Württemberg vom 22.08.1994 - 3 S 1798/94 - BRS 56 Nr. 113). Ein solcher sachlicher Grund ist im vorliegenden Fall schon deshalb gegeben, weil sich die natürliche Geländeoberfläche an der östlichen Ecke des Bauvorhabens nicht mehr zentimetergenau zweifelsfrei rekonstruieren lässt. Fest steht lediglich, dass das ursprüngliche natürliche Geländeniveau an der der Ostecke des Bauvorhabens gegenüberliegenden Grundstücksgrenze zum Grundstück des Antragstellers 314,62 m über NN betrug und von dort zur Südwestseite des Baugrundstücks bis auf 316,92 m über NN ansteigt. Unter diesen Umständen ist eine etwaige kleine Auffüllung des Geländes an der Ostecke des Bauvorhabens um etwa 0,30 m auf eine Höhe von 315,23 m über NN ohne Weiteres genehmigungsfähig.

Zu Recht macht der Antragsteller im Beschwerdeverfahren darauf aufmerksam, dass die Baugenehmigung im Bezug auf den zweiten Stellplatz unklar und deshalb rechtswidrig ist. Auch diese Unklarheit hat nachbarrechtliche Bedeutung, so dass der Antragsteller einen Anspruch auf eine verbindliche Klärung unter Wahrung seiner Nachbarrechte hat. Der insoweit bestehende Mangel der Baugenehmigung rechtfertigt jedoch ebenfalls keinen Baustopp, da er ebenso wie die Frage der Höhe der Geländeoberfläche im Wege einer Nachtragsgenehmigung auf der Grundlage einer ergänzten Bauvorlage behoben werden kann. Aus den bisher vorhandenen Bauvorlagen (Blatt 20 BA) ist allerdings zweifelsfrei zu entnehmen, dass zusätzlich zu beiden Stellplätzen im Bestand (vorhandene Garage und offener Stellplatz an der südwestlichen Grundstücksgrenze) ein weiterer Garagenplatz und ein weiterer Außenstellplatz geschaffen werden sollen. In den Bauvorlagen zum Kellergeschoss (Blatt 69 BA) ist die vorgesehene Garage dargestellt. Im Freiflächenplan (Blatt 64 BA) fehlt aber eine konkrete Darstellung des zweiten Außenstellplatzes. Denn in diesem Plan sind lediglich im nordöstlichen Grundstücksteil zwei Personenkraftwagen zeichnerisch dargestellt, von denen sich einer schräg vor der Einfahrt zur Kellergarage und ein weiterer unter Wahrung eines Grenzabstandes von ca. 2,50 m zur nordöstlichen Grundstücksgrenze unmittelbar am Krautweg (im Freiflächenplan fälschlich als Panoramastraße bezeichnet) befindet. Diese Darstellungen ermöglichen keine Identifikation des genehmigten zweiten Stellplatzes. Daher ist auch nicht geklärt, ob der zweite Außenstellplatz die gebotene Tiefe der Abstandsfläche einhält. Sollte der unmittelbar am Krautweg dargestellte Personenkraftwagen einen Stellplatz bezeichnen, so würde dieser die gemäß § 6 Abs. 5 Satz 4 HBO erforderliche Tiefe der Abstandsfläche von 3 m nicht wahren. Danach steht fest, dass die angefochtene Baugenehmigung insoweit rechtswidrig ist, als sie die genaue Lage des zweiten Außenstellplatzes nicht klärt, so dass offen ist, ob insoweit die Nachbarrechte des Antragstellers gewahrt werden. Diese Rechtswidrigkeit rechtfertigt nicht Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers, weil es nach Lage der Akten ebenfalls mit verhältnismäßig einfachen Mitteln möglich ist, den zweiten Außenstellplatz im Wege einer Nachtragsbaugenehmigung örtlich festzulegen, und zwar so, dass insbesondere auch die nachbarschützenden Bestimmungen des § 6 HBO eingehalten werden.

Soweit der Antragsteller, gestützt auf § 5 Abs. 2 HGaVO geltend gemacht, die Fahrgassenbreite zu der neu vorgesehenen Garage sei mit einer tatsächlichen Breite von 4,59 m um nahezu einen Meter zu schmal, ist dem entgegenzuhalten, dass nach der von ihm herangezogenen Vorschrift eine Fahrgassenbreite von 5,5 m nur dann erforderlich ist, wenn der Einstellplatz lediglich eine Breite von 2,50 m aufweist. Dem gegenüber hat nach den genehmigten Bauvorlagen die Garage eine Einfahrtsbreite von mindestens 2,8 m und einen 4,5 m breiten Innenraum. Angesichts dieser großzügigen Dimensionen ist eine Fahrgassenbreite von 4,59 m nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Anlass zu einer Kostenentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen aus Billigkeitsgründen hat der Senat nicht, da die Beigeladenen im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und somit kein eigenes Kostenrisiko eingegangen sind (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 53 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GKG und entspricht der vom Senat geschätzten Bedeutung der Sache für den Antragsteller.

Hinweis: Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).



Ende der Entscheidung

Zurück