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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.01.2000
Aktenzeichen: 4 TG 3662/99
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO, BImSchG


Vorschriften:

BauGB § 34 Abs. 1
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 5 Abs. 2 Nr. 1
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2
BImSchG § 5 Abs. 1 Nr. 1
Für den Bestandsschutz, den eine betriebliche Nutzung genießt mit der Folge, dass die damit verbundenen Beeinträchtigungen von der Umgebung als Situationsbelastung hinzunehmen sind, ist Voraussetzung, dass für die betreffende Nutzung eine bauaufsichtliche Genehmigung erteilt worden ist. Darüber hinausgehende ungenehmigte Nutzungen müssen bei der Zumutbarkeit nach § 15 I 2 a. E. BauNVO außer Betracht bleiben (im Anschluss an BVerwG, NVwZ-RR 1998, 540).
Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die dem Beigeladenen zu 1 auf ihrem Nachbargrundstück erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses. Die Antragstellerin ist Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebs, der im Haupterwerb mit geringer Tierhaltung als Ackerbaubetrieb geführt wird und im Wesentlichen Saatgutproduktion, Getreideaufbereitung und Trocknung sowie Versand des Getreides umfasst. Neben Getreide (ca. 174 ha) wird Raps (ca. 72 ha) angebaut und die erforderliche Stilllegungsfläche (ca. 22 ha) bewirtschaftet. Zu den im Betrieb genutzten Gerätschaften gehört neben einem Durchlauftrockner eine mobile Trocknungsanlage. Das Hofgrundstück befindet sich in der ... Straße 45 in ... und umfasst die Grundstücke Flur 3, Nrn. 303 und 304 sowie Flur 1, Nrn. 115, 117/2 und 122 und weist eine zusammenhängende Bebauung auf, die aus Wohnhaus, Büro, Wirtschaftsgebäuden und Werkstatt besteht. Das Grundstück verläuft von Südosten nach Nordwesten. Parallel zur nordöstlichen Grundstücksgrenze verläuft in einem Abstand von etwa 45 bis 48 m die Wiesenstraße. Die zwischen den Grundstücken der Antragstellerin und der Wiesenstraße liegenden Grundstücke sind zur Wiesenstraße hin mit Wohnhäusern bebaut. In nördlicher Richtung schließt sich an das Hofgrundstück das mit einem Wohnhaus bebaute Flurstück 116/2 an, dem weiter in nördlicher Richtung das ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaute Flurstück 116/1 folgt. Das im Streit befindliche Grundstück des Beigeladenen zu 1 grenzt in südöstlicher Richtung an das bereits erwähnte Flurstück 116/2 an. Es soll in seinem hinteren, dem nordwestlichen Ende des Grundstückes der Antragstellerin zugewandten Bereich mit einem Wohnhaus bebaut werden. Die auf dem Hofgrundstück der Antragstellerin befindlichen Wirtschaftsgebäude weisen zur Wohnbebauung Wiesenstraße 10 und 12 einen Abstand von 28 bis 30 m auf.

Nachdem der Antragsgegner dem Beigeladenen zu 1 mit Bauvorbescheid vom 20.03.1997 die Baugenehmigung für eine Wohnbebauung auf dem Flurstück 114 in zweiter Reihe in Aussicht gestellt hatte, erteilte er ihm unter dem 03.03.1999 die Baugenehmigung für den Neubau eines Zweifamilienwohnhauses mit 4 Pkw-Stellplätzen. Das genehmigte Vorhaben weist zu den Wirtschaftsgebäuden der Antragstellerin einen geringsten Abstand von 26,5 m auf.

Die Antragstellerin, die sich bereits vor Erteilung der Baugenehmigung gegen das Vorhaben unter Hinweis auf die entstehende Konfliktsituation auf Grund der betrieblichen Emissionen und der Wohnbebauung gewandt hatte, erhob gegen die Baugenehmigung mit Schreiben vom 16.03.1999 Widerspruch.

Mit am gleichen Tag beim Verwaltungsgericht Wiesbaden eingegangenem Antrag hat die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs beantragt. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, sie sei berechtigt, eine Bebauung abzuwehren, die an ihren nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierten Betrieb heranrücke und die weitere Ausnutzung dieser Privilegierung störe.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, die Antragstellerin werde durch die dem Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung nicht in eigenen Rechten verletzt. Das Grundstück der Beigeladenen zu 1 liege innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Das Gebiet sei als Dorfgebiet zu beurteilen, in dem sowohl das Wohnhaus als auch landwirtschaftliche Betriebe zulässig seien. Die Baugenehmigung verstoße nicht gegen das in § 34 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Bereits jetzt müsse der Betrieb der Antragstellerin auf die Umgebungsbebauung Rücksicht nehmen. Das genehmigte Bauvorhaben rücke nicht wesentlich näher an den Betrieb der Antragstellerin heran als die andere tatsächlich bereits vorhandene Wohnbebauung. Dies gelte insbesondere, wenn dabei die nicht genehmigten Betriebsteile, nämlich die ca. 10 m x 22 m x 5 m große Gerätehalle hinter dem Scheunengebäude unberücksichtigt bliebe.

Der Beigeladene zu 1 verteidigt die angefochtene Baugenehmigung.

Das Verwaltungsgericht hat nach einer Augenscheinseinnahme durch Beschluss vom 17.08.1999 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Baugenehmigung vom 03.03.1999 angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, das nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilende Vorhaben sei bei summarischer Prüfung als unzulässig anzusehen und verletze die Antragstellerin in Rechten aus nachbarschützenden Vorschriften. Ein landwirtschaftlicher Betrieb sei wegen seiner besonderen Schutzwürdigkeit in der Regel berechtigt, eine heranrückende, die weitere Ausnutzung der Privilegierung störende Bebauung abzuwehren. Es könne dahingestellt bleiben, ob es sich um ein Dorf- oder Mischgebiet handele, da von dem Betrieb der Antragsteller ausgehende Geräuschemissionen die für derartige Gebiete zulässigen Werte teilweise erheblich überschritten. Auf Grund der Stellungnahme des ARLL Limburg zum Betriebsablauf auf dem Hof der Antragstellerin sowie der Geräuschemissionsmessung des Staatlichen Umweltamtes Wiesbaden ergäben sich immerhin an etwa 200 Tagen Geräuschentwicklungen mit Spitzenwerten, die weit über 60 dB(A) hinausgingen. Sie stellten bereits eine erhebliche Belästigung dar. Hinzu komme, dass die mobile Trocknungsanlage mit 68 dB(A) tagsüber und mit 45 dB(A) nachts den zulässigen Richtwert überschreite. Unter Zugrundelegung einer Betriebstätigkeit der Trocknungsanlage von durchschnittlich 6 Wochen im Jahr in den Monaten Juli bis Oktober bei 24-Stunden-Betrieb und des Betriebes des Belüftungsgebläses nach der Ernte mit 5 bis 8 Wochen im Dauerbetrieb sowie daran anschließend in einem Zeitraum von ca. 3 bis 4 Monaten nochmals 6 Wochen im Intervallbetrieb liege es auf der Hand, dass auch der im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme von Nachbarn hinzunehmende Grenzwert von Lärm überschritten werde.

Der Senat hat durch Beschluss vom 18.11.1999 auf Antrag des Beigeladenen zu 1 dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 17.08.1999 zugelassen.

Die Bauakten des Antragsgegners (Nr. 400/70 - Wohnhaus mit Stallanbau -, 560/76 - Mehrzweckhalle -; BA-1667/98 - Neubau Wohnhaus Beigeladener zu 1 -; BV 83/96 - Voranfrage Wohnhaus Beigeladener zu 1 - und die Akten des Verwaltungsgerichts Wiesbaden III E 557/87 waren Gegenstand der Beratung.

II.

Die vom Senat zugelassene Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die dem Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung vom 03.03.1999 zur Errichtung eines Zweifamilienwohnhauses angeordnet.

Der zulässige Antrag der Antragstellerin ist unbegründet. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Antrag eines Dritten auf Aussetzung der Vollziehung begründet, wenn sein Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes das Interesse des Bauherrn an der Ausnutzung der Baugenehmigung überwiegt. Das ist dann der Fall, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Dritten in Rechten aus nachbarschützenden Vorschriften verletzt. Umgekehrt ist der Rechtsschutzantrag abzulehnen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist. In allen anderen Fällen entscheidet bei summarischer Beurteilung des Sachverhalts eine Abwägung der beteiligten widerstreitenden Interessen. In die Abwägung ist neben dem Gewicht und dem Ausmaß der Betroffenheit der beteiligten Interessen auch einzustellen, welche Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg des Rechtsbehelfs des Dritten - unterhalb der Stufe der Offensichtlichkeit besteht.

Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse des Beigeladenen zu 1 an der sofortigen Vollziehung (Ausnutzung) der Baugenehmigung das Interesse der Antragstellerin an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur endgültigen Entscheidung über ihren Widerspruch. Bei der hier vorzunehmenden überschlägigen Prüfung der Sach- und Rechtslage anhand des derzeitigen Erkenntnisstandes ergibt sich, dass der Widerspruch der Antragstellerin und eine eventuell folgende Klage mit dem Ziel der Aufhebung der Baugenehmigung voraussichtlich keinen Erfolg haben kann, weil die Baugenehmigung die Antragstellerin nicht in Rechten aus nachbarschützenden Vorschriften verletzt. Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben nach § 34 BauGB. Der Senat folgt der insoweit zutreffenden Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass das Baugrundstück sowie das Hofgrundstück der Antragstellerin innerhalb eines Bebauungszusammenhangs liegen, der von der Wiesenstraße, Schwalbacher Straße und dem Wegegrundstück Nr. 117/2 gebildet wird. Dieser Bereich wird geprägt durch die entlang der Wiesenstraße und dem Grundstück Schwalbacher Straße 43 vorhandene Wohnbebauung und das sich von der Schwalbacher Straße 45 entlang dem Wegegrundstück 117/2 erstreckende Hofgrundstück mit landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden. Ob es sich dabei um ein Dorfgebiet handelt, wie dies der Flächennutzungsplan der beigeladenen Gemeinde darstellt und auch von dem Antragsgegner so beurteilt wird, oder ob es sich entlang der Wiesenstraße um ein allgemeines Wohngebiet handelt, an welches das Hofgrundstück des Antragstellers als Dorfgebiet angrenzt, kann hier offen bleiben, weil beide Bewertungen der Antragstellerin kein nachbarliches Abwehrrecht vermitteln. Anhaltspunkte dafür, das Gebiet auch als Mischgebiet zu qualifizieren, wie dies das Verwaltungsgericht getan hat, vermag der Senat nicht zu sehen, da die für ein Mischgebiet typischen Nutzungsarten nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 bis 8 BauNVO hier nicht gegeben sind. Innerhalb des durch Wiesenstraße, Schwalbacher Straße und das Wegegrundstück 117/2 umschlossene Gebiet ist das auf dem Flurstück 114 genehmigte Wohnhaus des Beigeladenen zu 1 gemäß § 34 Abs. 2 BauGB sowohl in einem Dorf- als auch in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig (§§ 4 Abs. 2 Nr. 1, 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO).

Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur dann durchdringen, wenn die Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Für einen solchen Verstoß reicht es nicht aus, dass ein Vorhaben sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, der durch die Bebauung der Umgebung gebildet wird. Es muss objektiv-rechtlich hinzukommen, dass es im Verhältnis zu seiner Umgebung bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugt, die potentiell ein Planungsbedürfnis nach sich ziehen, und subjektiv-rechtlich, dass es die gebotene Rücksichtnahme speziell auf die in seiner Umgebung vorhandene Bebauung vermissen lässt (BVerwG, Beschluss vom 13.11.1997 - 4 B 195/97 - NVwZ-RR 1998, 540). Dabei gilt, dass derjenige, der ein Vorhaben verwirklichen will, es hinnehmen muss, dass Beeinträchtigungen, die von einem legal genutzten, vorhandenen Bestand ausgehen, bei der Interessenabwägung als Vorbelastung berücksichtigt werden, die seine Schutzwürdigkeit mindern. § 15 Abs. 1 BauNVO stellt sich im überplanten Bereich als besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots dar, das gewährleisten soll, dass Konflikte, die durch unterschiedliche Nutzungen hervorgerufen werden, möglichst vermieden werden. Die Vorschrift ist auch im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB zu beachten (BVerwG, Beschluss vom 12.02.1990 - 4 B 240.89 -, BauR 1990, 326). Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind bauliche Anlagen u. a. unzulässig, wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Emissionen, die das nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulässige Maß nicht überschreiten, begründen auch unter dem Gesichtspunkt des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots keine Abwehr- oder Schutzansprüche. Faktische Vorbelastungen können dazu führen, dass die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme sich vermindert und Beeinträchtigungen in weiterem Maße zumutbar sind, als sie sonst in dem betreffenden Baugebiet hinzunehmen wären. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, ist der Existenz eines Betriebes, von dem Störungen ausgehen, Rechnung zu tragen. Der Bestandsschutz, den eine Nutzung genießt, ist Bestandteil der Situation, in die das Grundstück und seine Umgebung hineingestellt sind. Das bedeutet in Bezug auf etwaige mit der Nutzung verbundene Beeinträchtigungen, dass der Bestandsschutz nach der einen Seite als Situationsberechtigung und nach der anderen Seite als Situationsbelastung wirkt. Die Richtwerte der TA Lärm können für Anlagen, die gemäß § 22 BImSchG keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, als Anhalt dienen und bei der Beurteilung der Frage, ob sich ein Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 BauGB einfügt oder ob es wegen der von ihm ausgehenden oder betroffenen Emissionen gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt, berücksichtigt werden (BVerwG, Beschluss vom 22.07.1998 - 4 B 88/98 -, NVwZ-RR 1998, 431). Die Antragstellerin kann daher nur dann mit Erfolg ein nachbarliches Abwehrrecht gegen die Baugenehmigung geltend machen, wenn ihr Betrieb mit den dabei festgestellten Lärmbeeinträchtigungen Bestandsschutz genießt und durch die Lärmbeeinträchtigungen ein Wohnen auf dem Grundstück des Beigeladenen zu 1 ohne Gesundheitsgefahren nicht möglich ist. Werden gesunde Wohnverhältnisse allerdings gewahrt, bietet § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO keine Handhabe, die Baugenehmigung für die auf dem Grundstück des Beigeladenen zu 1 baurechtlich allgemein zulässige Wohnnutzung zu versagen. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ergibt sich, dass die genehmigte Wohnbebauung gegenüber dem Betrieb der Antragstellerin einen Abstand wahrt, der sicherstellt, dass sie keinen unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgesetzt wird. Die Antragstellerin betreibt im Haupterwerb Saatgutproduktion, Getreideaufbereitung und Trocknung. Diese Tätigkeiten und die dabei eingesetzten landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte erfolgen, soweit sie in bauaufsichtlich genehmigten Räumlichkeiten stattfinden, im Rahmen der durch § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässigen landwirtschaftlichen Nutzung, ohne dass für eine diesen Rahmen übersteigende Lärmbeeinträchtigung eine Bestandsschutz vermittelnde bauaufsichtliche Genehmigung erteilt worden ist. Hinzu kommt, dass sich hinter dem Scheunengebäude im Nordwesten zum Grundstück des Beigeladenen eine ca. 10 m x 22 m x 5 m große Gerätehalle befindet, für die - ebenso wie für das Silo - nach den unwidersprochenen Ausführungen des Vertreters des Antragsgegners im Ortstermin des Verwaltungsgerichts vom 14.05.1999 bisher keine Baugenehmigung erteilt worden ist. Es sind somit keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin durch Baugenehmigung gestattet hat, in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb eine lärmverursachende Tätigkeit auszuüben, die den für ein Dorfgebiet zulässigen Rahmen überschreitet. Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch keine Anhaltspunkte vorgetragen, aus denen sich ein materieller Bestandsschutz für eine Betriebsnutzung mit Lärmwerten ergibt, die den hier maßgeblichen Lärmpegel von 60 dB(A) am Tage und 45 dB(A) in der Nacht übersteigen. Der Gebietscharakter Dorfgebiet lässt auch unter Berücksichtigung der Verwendung nicht genehmigungspflichtiger Maschinen und Anlagen nur eine Wirtschaftsweise zu, bei der die vorgenannten Lärmwerte nicht überschritten werden. Damit fehlt es insoweit an einer bestandsgeschützten Nutzung, an der sich die Zumutbarkeitsbetrachtung des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO auszurichten hat. Auf die Stellungnahme des Amtes für Regionalentwicklung, Landschaftspflege und Landwirtschaft Limburg vom 04.06.1999 sowie das Gutachten des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 23.07.1999 kann die Antragstellerin einen nachbarlichen Abwehranspruch nicht stützen, da diese von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen sind und das Gutachten des Regierungspräsidiums Darmstadt nach eigenen Angaben eine Messunsicherheit von +/- 3 dB(A) aufweist und der kritische Mittelungspegel von 68 dB(A) bei der mobilen Trocknungsanlage gemessen worden ist, die auch an anderer Stelle betrieben werden kann. Hinzu kommt, dass selbst für den Fall, dass die Antragstellerin eine bestandsgeschützte Tätigkeit ausüben würde, die von dem Regierungspräsidium Darmstadt festgestellten Lärmwerte ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren nicht ausschließen würde.

Ob ein Abwehrrecht der Antragstellerin auch daran scheitert, dass die Wohnbebauung Wiesenstraße 10 und 12 mit 28 m bzw. 30 m von der nordöstlichen Außenwand des Betriebsgebäudes der Antragstellerin nur unwesentlich weiter entfernt liegt als das 26,5 m entfernte Vorhaben des Beigeladenen zu 1 und dieses daher nicht stärkeren im Sinne eines Mittelwertes zumutbaren Belastungen ausgesetzt wird als die bereits vorhandene Wohnbebauung (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 26.06.1997 - 4 B 97/97 -, NVwZ-RR 1998, 357), kann dagegen nicht beantwortet werden, weil es insoweit an gesicherten Feststellungen fehlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 werden erstattet, weil sein Rechtsmittel Erfolg hat, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 und 3 sind nicht erstattungsfähig, da sie sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert haben.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 und 14 Abs. 1 (analog) GKG und ist durch den Wert des Streitgegenstandes der ersten Instanz begrenzt. Der Senat folgt bei der Bewertung der Bedeutung der Sache für die Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren dem Verwaltungsgericht und legt dabei in ständiger Rechtsprechung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Hälfte des Hauptsachestreitwertes zugrunde. Dies ergibt einen Streitwert von 24.000,--DM. Die Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG.

Hinweis: Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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