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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 31.01.2002
Aktenzeichen: 4 UE 2231/95
Rechtsgebiete: HBO 1993


Vorschriften:

HBO 1993 § 6 Abs. 1 Satz 1
HBO 1993 § 6 Abs. 9
HBO 1993 § 42 Abs. 1
1. § 42 Abs. 1 HBO hat insoweit nachbarschützenden Charakter, als von baulichen Anlagen kein Oberflächenwasser auf Nachbargrundstücke abgeleitet werden darf, durch das dem Nachbarn unzumutbare Nachteile oder Belästigungen entstehen.

2. Eine Baugenehmigung ist wegen Verstoßes gegen § 42 Abs. 1 HBO rechtswidrig, wenn von einem genehmigten Pflanzwall Oberflächenwasser auf das Nachbargrundstück geleitet wird und dort zur Vernässung führt.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

4. Senat

4 UE 2231/95

Verkündet am 31. Januar 2002

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts,

hier: Nachbarklage gegen Erdaufschüttung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 4. Senat - durch Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Koch, Richter am Hess. VGH Dr. Dittmann, ehrenamtliche Richterin Herrmann-Kirchberg, ehrenamtliche Richterin Heß

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Kassel vom 17. Mai 1995 sowie die Nachtragsbaugenehmigung des Beklagten vom 12. August 1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Kassel vom 20. Juli 1994 aufgehoben.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gutachten:

Der Kläger wendet sich im Wege der Nachbarklage gegen die den Beigeladenen erteilte Nachtragsbaugenehmigung für eine Freiflächengestaltung. Er ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung F., Flur ..., Flurstück ... (G.er Weg 19), das mit einem Einfamilienhaus bebaut ist. Dieses Grundstück grenzt im Nordosten an das ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaute Flurstück .../1 (G.er Weg 21) und im Südosten an das Flurstück .../2 (G. Straße 29). Das Grundstück .../2 steht im Eigentum der Beigeladenen und hat mit dem klägerischen Grundstück eine gemeinsame Grundstücksgrenze von 22,5 m. Im Bereich des Grundstücks G.er Weg 19 und G.er Straße 29 fällt das Gelände vor der Bebauung von Südwesten nach Nordosten ab.

Unter dem 23.07.1992 erteilte der Beklagte dem Kläger die Baugenehmigung für den Neubau eines Wohnhauses auf dem damals noch ungeteilten Flurstück ... (jetzt .../2).

Mit Telefax vom 27.04.1993 wandte sich der Kläger an den Beklagten und teilte mit, dass auf dem Grundstück der Beigeladenen Geländeerhöhungen (Wallaufschüttung mit Wallböschung zu seinem Grundstück) vorgenommen worden seien. Er bat den Beklagten, sofort den Weiterbau dieser Maßnahmen zu untersagen und zu veranlassen, dass das ursprünglich vorhandene Geländeniveau unter Einhaltung der Abstandsfläche wiederhergestellt werde. Zur Begründung machte er geltend, bei Sturzregenfällen und noch mehr bei gleichzeitiger Schneeschmelze würde das auf die Außenböschung fallende Wasser auf sein Grundstück abgeleitet. Mit Verfügung vom 29.04.1993 ordnete der Beklagte gegenüber den Beigeladenen die Einstellung der Arbeiten für die wallartige Geländeauffüllung mit Sofortvollzug an. Gleichzeitig forderte er die Beigeladenen auf, für die Geländeveränderungen die bauaufsichtliche Genehmigung zu beantragen.

Mit am 07.05.1993 bei dem Beklagten eingegangenem Antrag begehrten die Beigeladenen die Erteilung der nachträglichen bauaufsichtlichen Genehmigung für die bereits weitgehend vorgenommene Freiflächengestaltung. In der Beschreibung der Freiflächengestaltung heißt es, die Planung sehe die Aufschüttung eines Pflanzwalls (Höhe ca. 60 cm) vor, der den Gartenbereich fassen und zur Strukturierung und Modellierung des vormals ebenen Freiraums beitragen solle. Um zu verhindern, dass durch die Böschung Oberflächenwasser auf fremdes Gelände geleitet werde, hätten die Bauherren eine Drainageringleitung entlang der Grundstücksgrenze gelegt. Diese Drainage verhindere ebenfalls, dass anfallendes Oberflächenwasser der Nachbargrundstücke im Grenzbereich übermäßig lang anstehe. Entlang der Grenze werde ein 40 bis 50 cm breiter Sickerstreifen mit direktem Anschluss an die Drainage angelegt. Sollten die geplanten Maßnahmen zur Abführung des Oberflächenwassers nicht ausreichen, müssten vom Bauherrn Nacharbeiten ausgeführt werden, bis Abhilfe geschaffen sei.

In der Folgezeit wandte sich der Kläger weiter gegen die Freiflächengestaltung und wies u. a. darauf hin, dass die angelegte Ringdrainage mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wegen Mängel bei der Verlegung eine wirkungslos Scheindrainage sei und selbst bei fachgerechter Verlegung nur eine bestimmte, nicht ausreichende Maximalmenge an Oberflächenwasser aufnehmen könne.

Bei einer am 03.06.1993 durchgeführten Ortsbesichtigung, an der der Kläger, der Bevollmächtigte der Beigeladenen sowie Vertreter der Bauaufsicht des Beklagten teilgenommen hatten, wurde festgestellt, dass auf dem Grundstück der Beigeladenen entlang der Grenze zum Grundstück des Klägers der angelegte Erdwall teilweise beseitigt und teilweise bis auf einen Abstand von 2,50 bis 3 m zur Grundstücksgrenze zurückgenommen worden war. Der Bevollmächtigte der Beigeladenen erklärte dabei, dass ein mit Schotter gefüllter Sickergraben auf einer Drainageleitung angelegt worden sei. Der Beklagte teilte daraufhin dem Kläger mit Schreiben vom 04.06.1993 mit, dass die geschaffene Gartengestaltung im rückwärtigen Bereich des Grundstücks G.er Straße 29 in der jetzigen Form keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften verletze und keinen Anlass gebe, hiergegen einzuschreiten. Nachdem der Kläger erneut seine Bedenken am fachgerechten Einbau des am Geländerand verlegten Drainagerohres mit näherer Begründung dargelegt hatte, ersuchte der Beklagte das Wasserwirtschaftsamt Kassel um Auskunft, ob die Geländeauffüllung entscheidenden Einfluss auf den Wasserabfluss in diesem Bereich habe und ob und welche Beeinträchtigungen auf dem Nachbargrundstück zu erwarten seien. Mit Schreiben vom 16.07.1993 teilte das Wasserwirtschaftsamt Kassel dem Beklagten mit, dass es eine örtliche Überprüfung der Angelegenheit vorgenommen und dabei festgestellt habe, dass durch die auf dem Grundstück der Beigeladenen vorgenommene Geländeauffüllung der ursprüngliche Wasserlauf in nordöstlicher Richtung vom angrenzenden Gelände aus südwestlicher Richtung unterbunden worden sei. Für die Aufnahme und Ableitung von eventuell anfallendem Oberflächenwasser vom Pflanzwall sowie dem Entgegenwirken eventueller Staunässe im unmittelbaren Grundstücksbereich zum Kläger als Oberlieger sei das eingebaute Drainrohr (Vollfilterrohr) geeignet und wirksam, sofern der Drainstrang fachgerecht verlegt und entsprechend an die Grundstücksentwässerungsanlage angeschlossen sei. Mit Schreiben vom 08.08.1993 an den Beklagten gab sich der Kläger mit der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes nicht zufrieden und bat um Beantwortung verschiedener Fragen. Bevor sich das um Beantwortung dieser Fragen ersuchte Wasserwirtschaftsamt hierzu geäußert hatte, genehmigte der Beklagten den Beigeladenen mit Nachtragsbaugenehmigung vom 12.08.1993 die beantragte Freiflächengestaltung. Nach der genehmigten Bauzeichnung besteht die Freiflächengestaltung aus einem Pflanzwall, der im Südosten des Grundstücks gegenüber dem Flurstück .../2 ohne Abstandsfläche beginnt und sich über Eck entlang des Grundstücks des Klägers auf einer Länge von etwa 9 m fortsetzt. Der Fuß des Pflanzwalls ist im Bereich des Grundstücks des Klägers 2,60 m von der Grundstücksgrenze entfernt (vgl. Schnitt 3-3 Bl. 7 B der Bauakten). Entlang der Grundstücksgrenze zum Grundstück des Klägers ist weiter eine Drainage mit darüber liegendem Kiesfilter genehmigt.

Hiergegen erhob der Kläger mit am 06.09.1993 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben Widerspruch, mit dem er u. a. geltend machte, die Baugenehmigung verstoße gegen § 58 HBO 1990, da die einwandfreie Beseitigung des Niederschlagswassers von der aufgeschütteten Böschung nicht gesichert sei. Die Drainage sei nicht dauersicher und auch nicht frostsicher. Sie stelle keine sichere Wasserableitung dar.

In einer ergänzenden Stellungnahme zu den vom Kläger mit Schreiben vom 08.08.1993 gestellten Fragen führte das Wasserwirtschaftsamt Kassel in einem Schreiben vom 27.10.1993 an den Beklagten aus, Sinn und Zweck einer Drainanlage sei es nicht, gestautes Oberflächenwasser, sondern grundwasservernässten, stauwasservernässten oder haftnassen Boden sowie versickerndes Niederschlagswasser zu entwässern bzw. abzuleiten. Ein Drainrohr könne und solle auch nicht das maximal mögliche gestaute Oberflächenwasser abführen. Hierfür sei nur eine separate Entwässerungsanlage in der Lage.

Durch Widerspruchsbescheid vom 20.07.1994 wies das Regierungspräsidium Kassel den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte es aus, dem Kläger stehe kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht gegen die angefochtene Baugenehmigung zu. Das Vorhaben sei bauplanungs- und bauordnungsrechtlich unbedenklich. Die Aufschüttung sei innerhalb der Abstandsfläche zulässig, da von ihr keine Wirkungen wie von Gebäuden ausgehe. Nach fachtechnischer Überprüfung des Grundstücks sei festgestellt worden, dass die Geländeaufschüttung nach heutigem fachlichen Wissensstand keinen entscheidenden Einfluss auf den Wasserablauf im Bereich der Grenze zum Grundstück des Klägers habe und im Hinblick auf den verlegten Drainstrang daher nicht mit einer Vernässung des Nachbargrundstücks zu rechnen sei.

Am 22.08.1994 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Kassel Klage erhoben. Er hat seine Auffassung bekräftigt, dass die Baugenehmigung § 58 HBO 1990 verletze. Diese Vorschrift habe insoweit nachbarschützenden Charakter, als sie die Ableitung von Oberflächenwasser auf Nachbargrundstücke untersage. Für die Beschaffung der für die einwandfreie Beseitigung von Niederschlagswasser erforderlichen Anlagen gelte § 58 Satz 2 HBO. Seinen Anforderungen genüge die von dem Beigeladenen angelegte Drainage nicht. Bis zum Baubeginn auf dem Gelände der Beigeladenen habe es infolge erheblicher Regenmengen Wasserstaus an den Stellen gegeben, an denen sich jetzt das Gebäude befinde. Im Extremfall habe dies zur Ausdehnung und zu starken Bodennässen mit Versumpfung auf seinem, des Klägers, Grundstücke geführt. Er habe dieses Problem durch den Bau von 3 Kiesschächten mit ableitenden Drainagerohren beseitigen können. Infolge der Erhöhung des Grundstücks der Beigeladenen und der ungenügenden Entwässerung habe sich dieser frühere Wasserstau zu den südlichen Nachbargrundstücken verlagert und trete nun stark vergrößert auf seinem Grundstück auf. Dies zeige deutlich, dass die von der Beigeladenen installierte Drainage nicht einwandfrei funktioniere und die Entwässerung nicht gesichert sei. Darüber hinaus verstoße die Baugenehmigung gegen § 8 Abs. 10 HBO 1990. Bei der Erdaufschüttung handele es sich um eine bauliche Anlage, die nicht innerhalb der Mindestabstandsfläche von 2,50 m habe genehmigt werden dürfen. Es komme nicht darauf an, ob der eigentliche Pflanzwall innerhalb oder außerhalb der 2,50 m tiefen Abstandsfläche liege; maßgebend sei vielmehr, dass mit der Erdaufschüttung direkt an der Grenze begonnen und auf diese Weise das natürliche Gefälle verändert worden sei. Durch die streitige Erdaufschüttung seien auf dem Grundstück der Beigeladenen Veränderungen vorgenommen worden, die die Fließrichtung des Oberflächenwassers zu seinen Ungunsten verändert hätten. Die Auffassung des Widerspruchsbescheids, die Bodenaufschüttung sei keine Anlage, von der Wirkungen wie von Gebäuden ausginge, sei unzutreffend. In Bezug auf die Ableitung von Oberflächenwasser gingen von ihr Wirkungen wie von Gebäuden aus.

Der Kläger hat beantragt,

die mit Bauschein Nr. 10-0309/92 N 1 erteilte Nachtragsbaugenehmigung vom 12.08.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Kassel vom 20.07.1994 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die angefochtene Baugenehmigung verteidigt und geltend gemacht, sie verstoße nicht gegen § 58 HBO 1990, da die einwandfreie Beseitigung des auf dem rückwärtigen Grundstücksteils der Beigeladenen anfallenden Niederschlagswassers dauerhaft gewährleistet sei. Eine Ableitung dieses Niederschlagswassers auf das Grundstück des Klägers finde nicht statt. Ein Übertreten eventuell nicht versickernden Oberflächenwassers auf das Nachbargrundstück werde durch ein entlang der Grundstücksgrenze eingebautes Drainrohr mit Sickergraben unterbunden.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und sich auch nicht zur Sache geäußert.

Durch Gerichtsbescheid vom 17.05.1995 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das genehmigte Vorhaben verstoße nicht gegen die hier maßgebliche Abstandsregelung des § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 9 HBO 1993. Erdaufschüttungen müssten als bauliche Anlagen nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 9 HBO eine Abstandsfläche einhalten, wenn von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden ausgingen. Dies sei hier nicht der Fall. Nach Sinn und Zweck des § 6 Abs. 9 HBO seien insoweit die Gefahren, Nachteile und Belästigungen im bauordnungsrechtlichen Sinne maßgebend, von denen die Regelungen der Absätze 1 bis 8 des § 6 HBO schützen sollen. Dies seien die objektive Gefahr der Brandübertragung, eine unzumutbare Verschattung, unzureichende Lüftung des Nachbargrundstücks sowie die Beeinträchtigung des Nachbarfriedens. Eine Beeinträchtigung dieser Belange sei hier schon allein auf Grund der geringen Höhe der Aufschüttungen nicht gegeben.

Der Kläger könne ein Abwehranspruch auch nicht mit Erfolg auf einen Verstoß der Baugenehmigung gegen § 42 Abs. 1 Satz 1 HBO stützen. Es könne dahingestellt bleiben, ob diese Vorschrift verletzt sei, jedenfalls sei nicht erkennbar, inwieweit der Kläger durch die Ausführung oder Benutzung des genehmigten Vorhabens tatsächlich spürbar und messbar beeinträchtigt sein solle. Mit der bloßen Befürchtung der Folgen eines sogenannten Wassergaus, die zu berücksichtigen seien, sei jedoch der Grad einer tatsächlich spürbaren Wertminderung des Eigentums an der betreffenden unbebauten Grundstücksfläche nicht erreicht.

Gegen das ihm am 06.06.1995 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.07.1995 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe nicht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden dürfen, da die Sache in tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten aufweise und deshalb einer Augenscheinseinnahme sowie der Einholung eines hydrologischen Sachverständigengutachtens bedurft hätte. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht einen Verstoß der Baugenehmigung gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 HBO 1993 mit der Begründung verneint, dass von der Aufschüttung keine Wirkungen wie von Gebäuden ausgingen. Die Gefahr der Vernässung sei mindestens so gravierend wie die der Verschattung eines Grundstücks. Zu berücksichtigen sei auch, dass die flächendeckende Aufschüttung auf dem Grundstück der Beigeladenen mindestens 300 cbm umfasse und als grüne Terrasse zur Erweiterung der Hausterrasse diene. Sie sei 1997 über die gesamte warme Jahreszeit mit einer terrassenüblichen Möblierung bis nahe an die Nachbargrundstücke genutzt worden. Bei derartiger Nutzung einer Aufschüttung seien an die eine Abstandsfläche auslösende Mindesthöhe geringere Anforderungen zu stellen als sonst üblich. Sinn und Zweck des § 6 Abs. 9 HBO sei es, schädliche Einwirkungen jedweder Art auf die Nachbargrundstücke zu vermeiden, die bei einem zu engen Heranrücken bauliche Anlagen an die Nachbargrenze auftreten können. Hierzu zähle auch die Vernässung bzw. Versumpfung eines Grundstücks.

Das Verwaltungsgericht hätte ihm, dem Kläger, zumindest einen Abwehranspruch aus § 42 Abs. 1 Satz 1 HBO zubilligen müssen, dessen nachbarschützende Wirkung es grundsätzlich bejaht habe, soweit es um das Verbot der Ableitung von Oberflächenwasser auf Unterliegergrundstücke gehe. Die Zweifel des Gerichts an der tatsächlichen Verletzung der Nachbarrechte seien unbegründet. Er habe vorgetragen, dass es bereits vor der Grundstücksbebauung des Grundstücks der Beigeladenen im südlichen Bereich seines Grundstücks zu Versumpfungen gekommen sei. Die hierdurch entstandenen Wasserprobleme in den Kellerräumen und der Hausdrainage habe er vor über 12 Jahren durch den Bau von 3 Kiesschächten und ableitenden Drainagerohren beheben können. Erst nach den baulichen Maßnahmen der Beigeladenen seien erneut ca. 8mal Überlastungen der Hausdrainage aufgetreten, die nicht akzeptable Probleme mit sich gebracht hätten. Da er die Gefahr einer noch größeren Beeinträchtigung bei außergewöhnlichen Regenmassen behaupte, hätte das Gericht hierüber ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Wenn Belastungen im Frühjahr 1995 während einer langanhaltenden Regenperiode nicht erwähnt worden seien, so könne daraus nicht geschlossen werden, dass damit keine Beeinträchtigungen aufgetreten seien, zumal mehrfach deutlich gemacht worden sei, dass es sich bei der Vernässung seit den Baumaßnahmen der Beigeladenen um ein Dauerproblem handele. Die geltend gemachten Beeinträchtigungen führten zu einer Wertminderung seines Grundstücks, weil der Verkehrswert eines feuchten Grundstücks geringer sei als der eines trockenen. Aus der Tatsache, dass es nach der Anlage des Pflanzwalls auf den südlich gelegenen Grundstücksparzellen Nrn. 205, 208 und 209 zu bis dahin dort nicht aufgetretenen Stauwasseransammlungen gekommen sei, folgere das Gericht zu Unrecht, dass sich die Situation seines Grundstücks insbesondere im südlichen Bereich verbessert haben müsse. Am 06.01.1994 habe nach anhaltenden Regenfällen im südlichen Bereich des Grundstücks Kirschner eine Pfützenbildung festgestellt werden können, während dies auf seinem Grundstück nicht der Fall gewesen sei. Damit sei belegt, dass die Pfützenbildung im südlichen Bereich des Grundstücks der Beigeladenen nicht auf zugeflossenes, sondern dort abgeregnetes Wasser zurückzuführen sei. Der Pflanzwall der Beigeladenen sei so ausgerichtet, dass er den Zufluss von Niederschlagswasser aus südwestlicher Richtung auf das eigene Grundstück unterbinde und das auf das Grundstück von den Oberliegern zufließende Wasser sowohl nach Osten als auch nach Südwesten auf das klägerische Grundstück ableite. Somit fließe ein Teil des abgeleiteten Wassers zwangsläufig auf sein Grundstück. Dem vermehrten Abwasserzufluss auf sein Grundstück werde auch nicht durch die Drainage Rechnung getragen, da diese nicht fachmännisch verlegt worden sei. Sie sei auch nicht geeignet, weiterfließendes Wasser aufzuhalten. Hierfür sei entsprechend der Empfehlung des Wasserwirtschaftsamtes Kassel zusätzlich entlang der Grundstücksgrenze eine Entwässerungsrinne anzulegen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Kassel vom 17.05.1995 die mit Bauschein vom 12.08.1993 erteilte Nachtragsbaugenehmigung in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Kassel vom 20.07.1994 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er nimmt Bezug auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen und den Gerichtsbescheid vom 17.05.1995. Ergänzend trägt er vor, er teile nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts über den nachbarschützenden Charakter des § 42 Abs. 2 HBO. Diese Vorschrift diene ebenso wie die vergleichbaren bauplanungsrechtlichen Vorschriften über eine gesicherte Erschließung ausschließlich dem Schutz der Allgemeinheit. Die Aufschüttung genüge auch den Anforderungen des § 42 Abs. 1 HBO. Die einwandfreie Beseitigung des auf dem Grundstück der Beigeladenen anfallenden Abwassers sei dauerhaft gewährleistet. Die dazu notwendigen Anlagen seien vorhanden. Die Drainage sei ordnungsgemäß eingebaut worden und funktioniere. § 6 HBO sei ebenfalls nicht verletzt. Die die Geländeoberfläche nur unwesentlich überragende Anschüttung löse keine Abstandsfläche aus. Der vom Kläger behauptete Abfluss von Oberflächenwasser treffe nicht zu. Die rückwärtigen Grundstücksflächen zwischen G.er Weg, G.er Straße und G.er Straße seien fast tischeben, so dass mit bloßem Auge nur schwer ein Gefälle feststellbar sei. Das hier niedergehende Niederschlagswasser versickere fast vollständig. Sollte es auf Grund extremer Witterungsverhältnisse tatsächlich zu einem Abfluss kommen, so erfolge dieser nicht auf das Grundstück des Klägers, sondern überwiegend in Richtung Osten und Südosten.

Die Beigeladenen sind der Auffassung, dass eine tatsächliche Verletzung etwaiger Nachbarrechte des Klägers nicht gegeben sei. Die von dem Kläger behauptete Gefahr einer Vernässung bestehe nicht. Auch außergewöhnliche Regenmengen seien von der vorhandenen Anlage und der eingebrachten Drainage optimal aufgefangen und abgeleitet worden. Es treffe nicht zu, dass sich auf dem Grundstück des Klägers vermehrt Stauwasser sammele. Im Übrigen sei die durch die Aufschüttung erfolgte Erhöhung ihres Grundstücks so gering, dass hierdurch keinerlei negative Wirkungen auf das klägerische Grundstück ausgingen.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Der Senat hat durch Beschluss vom 04.09.1998 ein schriftliches Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. Johannes Sauer, Baunatal, dazu eingeholt, ob Wassereinbrüche im südlichen Kellerraum des klägerischen Grundstücks und eine flächenhafte Versumpfung des Grundstücks auf die genehmigten Geländeveränderungen auf dem Grundstück der Beigeladenen zurückzuführen sind und ob der entlang der Grundstücksgrenze der Beigeladenen zum Grundstücks des Klägers angelegte Kiesstreifen mit Drainageleitung den Abfluss von Oberflächenwasser vom Grundstück der Beigeladenen auf das Grundstück des Klägers nur unzureichend hemmt. Der Sachverständige kommt in seinem schriftlichen Gutachten vom 07.02.2001 zu dem Ergebnis, dass die Drainung an der Grenze des Flurstücks .../2 zur schnellen Ableitung des sowohl oberirdischen als auch oberflächennahen Abflüsse unter der Mutterbodenschicht ungeeignet sei. An der Südseite des Flurstücks .../2 überdecke die aufgeschüttete Böschung die Drainleitung und deren Sickerkörper. Für die Ableitung des oberirdischen Abflusses sei dieser Leitungsteil unwirksam. Die mangelhafte Funktion des Drains zur Ableitung der oberirdischen Abflüsse löse aus, dass der am Tiefpunkt der Flurstücke .../1, .../2 und .../2 entstehende Stau zusätzlich nach Westen in das Grundstück des Klägers abfließe. Die Geländeveränderungen auf dem Flurstück .../2 lösten zusätzliche Vernässungen auf dem Flurstück ... aus, weil die Drainleitung funktionsuntüchtig sei. Mit der Umleitung der Oberflächenabflüsse zum Flurstück ... nähmen auf ihm auch die oberflächennahen Grundwasserabflüsse wegen der äußerst geringen Versickerungsrate zu. Das konzentrierte Übertreten von Oberflächenwasser vom Flurstück .../2 zum Flurstück ... könne verhindert werden durch den Bau eines Fanggrabens oder einer -mulde oder einer Rigole entlang der Süd- und Westgrenze des Flurstücks .../2 mit einem Anschluss an die Ortsentwässerung.

Der Kläger ist der Auffassung, dass der Sachverständige seinen Sachvortrag bestätigt habe.

Der Beklagte meint, im vorliegenden Verfahren komme es nicht darauf an, ob die Drainage auf dem Grundstück der Beigeladenen ordnungsgemäß ausgeführt sei, sondern darauf, ob die erteilte Nachtragsbaugenehmigung rechtswidrig sei und den Kläger in eigenen Rechten verletze. Dies sei jedoch nicht der Fall. Zwar stelle der Gutachter fest, dass die Drainung an der Grenze des Flurstücks .../2 zur schnellen Ableitung sowohl der oberirdischen als auch der oberflächennahen Abflüsse unter der Mutterbodenschicht ungeeignet sei, zu diesem Ergebnis komme der Gutachter jedoch nur, weil die Drainage nicht fachgerecht ausgeführt sei. Mit keinem Wort stelle der Gutachter fest, dass die genehmigte Drainage bei fachgerechter Ausführung ungeeignet sei, die ordnungsgemäße Entwässerung des Grundstücks der Beigeladenen zu bewirken. Vielmehr führe er ausdrücklich aus, dass die Geländeveränderungen auf dem Flurstück .../2 nur deshalb zusätzliche Vernässungen auf dem Flurstück ... auslösten, weil die Drainleitung funktionsuntüchtig sei. Im Übrigen komme der Gutachter zu dem Ergebnis, dass eine Kausalität zwischen den genehmigten Geländeveränderungen und den Wassereinbrüchen im südöstlichen Kellerraum des Hauses des Klägers nicht festgestellt werden könne. Dass die Vernässung eine tatsächliche Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers darstelle, lasse sich dem Gutachten nicht entnehmen. Eine Verletzung des hier zur Anwendung kommenden § 8 Abs. 5 HBO 1990 sei nicht gegeben. Danach betrage die einzuhaltende Abstandsfläche 2,50 m, der Pflanzwall halte jedoch eine Abstandsfläche von 2,60 m ein. Abfließendes Oberflächenwasser stelle auch keine sonstige schädliche Einwirkung auf die Nachbarschaft dar.

Die die angefochtene Baugenehmigung betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Hefter) waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung. Auf ihren Inhalt wird ebenso wie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg, denn die angefochtene Baugenehmigung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Entscheidung leidet nicht deshalb an einem Verfahrensmangel, weil das Verwaltungsgericht durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung des Gerichts kann im Rechtsmittelverfahren nur darauf überprüft werden, ob sie von offensichtlich sachfremden Erwägungen beeinflusst war oder ihr eine grobe Fehleinschätzung zu Grunde lag (BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 35.87 - BVerwGE 84, 220 [223]; Beschluss vom 10.04.1992 - 9 B 142.91 -, NVwZ-RR 1992, 890 [891]; Eyermann-Geiger, VwGO, 11. Aufl., § 84 Rn. 11). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Es stellt keine grobe Fehleinschätzung dar, wenn das Verwaltungsgericht auf Grund der verschiedenen Ortsbesichtigungen der streitbefangenen Grundstücke durch die Beteiligten sowie der Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamtes davon ausgegangen ist, dass der Sachverhalt keine besonderen Schwierigkeiten aufweist.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der baurechtlichen Nachbarklage des Klägers ist die Sach- und Rechtslage, die im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsaktes, d. h. der Erteilung der Baugenehmigung gegeben war. Nur nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn sind zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 23.04.1998 - 4 B 40.98 - BauR 1998, 995). Da nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Gegenstand der Anfechtungsklage der Verwaltungsakt in der Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, ist der Zeitpunkt der Entscheidung der Widerspruchsbehörde als der letzten behördlichen Entscheidung maßgebend. Zwar bestimmt § 84 Abs. 1 Satz 3 HBO 1993, dass die Entscheidung nach dem zur Zeit der Antragstellung geltenden materiellen Recht verlangt werden kann, wenn ein Antrag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gestellt worden ist. Da ein derartiger Antrag von den Beigeladenen nicht gestellt worden ist, findet die im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.1994 gemäß § 88 Abs. 1 HBO 1993 am 01.06.1994 in Kraft getretene HBO 1993 Anwendung.

Die Aufschüttung auf dem Grundstück der Beigeladenen gilt als bauliche Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 HBO, so dass nach § 6 Abs. 9 HBO die Absätze 1 - 8 entsprechende Anwendung finden, wenn von ihr Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Nach § 6 Abs. 5 Satz 4 HBO beträgt die Tiefe der Abstandsfläche mindestens 3 m. Diese Mindestabstandsfläche hält der genehmigte Pflanzwall mit einer Abstandsfläche von 2,60 m nicht ein (vgl. Schnitt 3-3), er braucht sie jedoch auch nicht einzuhalten, da von ihm keine Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen, so dass nach § 6 Abs. 9 HBO die Absätze 1 - 8 und damit auch nicht Abs. 5 Satz 3 Anwendung finden. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass entsprechend dem Sinn und Zweck des § 6 Abs. 9 HBO 1993 die Gefahren, Nachteile und Belästigungen im bauordnungsrechtlichen Sinne maßgebend sind, vor denen die Regelungen der Absätze 1 - 8 des § 6 HBO 1993 schützen sollen. Das ist die Gefahr der Brandübertragung, die Gefahr einer unzumutbaren Verschattung oder unzureichenden Durchlüftung sowie die Beeinträchtigung des Nachbarfriedens. Hierunter fallen dagegen nicht die Gefahren, Nachteile und Belästigungen, die durch das Ableiten von Oberflächenwasser entstehen, da diese von der insoweit spezielleren Regelung des § 42 Abs. 1 HBO 1993 erfasst werden.

Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29.09.1995 - 11 B 1258/95 -, BauR 1996, 230 [232] beruft, können die dort geltend gemachten Bedenken nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Das OVG NW hat in der vorgenannten Entscheidung Zweifel geäußert, ob von einer Anschüttung mit Terrassenbildung auch dann Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen, wenn ihre Höhe das Maß von 1 m nicht deutlich übersteigt. Eine derartige Anschüttung mit Terrassenbildung ist hier jedoch nicht Gegenstand der Baugenehmigung.

Eine Beeinträchtigung der oben dargelegten Belange ist vorliegend nicht gegeben, da der Pflanzwall mit seinem Fuß nur in geringer Höhe in die Abstandsfläche hineinragt, so dass es nicht der Beantwortung der Frage bedarf, auf welches Höhenmaß hier als "Grenzwert" abzustellen ist.

Die Baugenehmigung verstößt jedoch gegen § 42 Abs. 1 HBO. Nach Satz 1 dieser Vorschrift dürfen bauliche Anlagen nur errichtet werden, wenn die einwandfreie Beseitigung der Abwässer dauernd gesichert ist. Der Begriff "Abwasser" umfasst - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch das Niederschlagswasser. Satz 2 des § 42 Abs. 1 HBO bestimmt, dass die Anlagen dafür so anzuordnen, herzustellen und zu unterhalten sind, dass sie dauerhaft und betriebssicher sind und Gefahren oder unzumutbare Nachteile und Belästigungen nicht entstehen. Die Regelung entspricht inhaltlich dem § 58 Abs. 1 HBO 1990. Die Errichtung des genehmigten Pflanzwalls stellt eine Ursache für die oberirdischen Abflüsse vom Flurstück .../2 der Beigeladenen auf das Flurstück ... des Klägers dar und führt dort zu einer zusätzlichen Verwässerung. Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats aus dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Sauer vom 07.02.2001 sowie der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes Kassel vom 27.10.1993, denen der Senat folgt. Der Sachverständige Dipl.-Ing. S. kommt in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Drainung der Grenze des Flurstücks .../2 zur schnellen Ableitung der sowohl oberirdisch als auch oberflächennahen Abflüsse unter der Mutterbodenschicht ungeeignet ist. Die Geländerveränderungen auf dem Flurstück .../2 lösten zusätzlich Vernässungen auf dem Flurstück ... aus, weil die Drainleitung funktionsuntüchtig sei. Diese Ausführungen des Sachverständigen können entgegen der Auffassung des Beklagten nicht dahingehend ausgelegt werden, dass es bei ordnungsgemäßer Verlegung der Drainage nicht zu einer Vernässung des klägerischen Grundstücks kommen würde. Sie können vielmehr nur so verstanden werden, dass er die angelegte Drainage als ungeeignet für eine ordnungsgemäße Entwässerung in diesem Bereich hält und eine zusätzliche Vernässung darauf zurückführt, dass die Drainage nicht funktionstüchtig ist. Dies ergibt sich auch aus der Beantwortung der Frage 3 des Beweisbeschlusses vom 04.09.1998 durch den Sachverständigen. Die Frage, auf welche Weise wassertechnisch verhindert werden könne, dass Oberflächenwasser vom Baugrundstück auf das Grundstück G.er Weg 19 konzentriert übertritt, hat der Sachverständige dahingehend beantwortet, dass dies durch den Bau eines Fanggrabens oder einer -mulde oder einer Rigole entlang der Süd- und Westgrenze des Flurstücks .../2 mit einem Anschluss an die Ortsentwässerung geschehen könne. Diese Ausführungen des Sachverständigen ergäben keinen Sinn, wenn der Mangel der Entwässerung auch dadurch behoben werden könnte, dass die Funktionstüchtigkeit der Drainleitung wieder hergestellt würde. Der Senat hat daher auch von der Anordnung abgesehen, dass der Sachverständige sein Gutachten erläutere, zumal auch von den Beteiligten keine entsprechende Anregung erfolgt ist. Die Ausführungen des Sachverständigen stimmen insoweit auch mit der vom Wasserwirtschaftsamt Kassel in seinem Schreiben vom 27.10.1993 an den Beklagten vertretenen Auffassung überein, dass es nicht Sinn und Zweck einer Drainanlage sei, gestautes Oberflächenwasser abzuleiten, sondern grundwasservernässten, stauwasservernässten oder haftnassen Boden sowie versickerndes Niederschlagswasser zu entwässern. Ein Drainrohr könne und solle auch nicht das maximal mögliche gestaute Oberflächenwasser abführen. Hierfür sei nur eine separate Entwässerungsanlage in der Lage. Damit hat der Beklagte eine bauliche Maßnahme unter Verstoß gegen § 42 Abs. 1 HBO genehmigt. Durch diesen Verstoß wird der Kläger zugleich in eigenen Rechten verletzt, denn § 42 Abs. 1 HBO hat nachbarschützenden Charakter. Ob und in welchem Umfang eine Vorschrift unmittelbaren Drittschutz gewährt, ist im Einzelfall zu ermitteln. Drittschutz vermitteln nur solche Vorschriften des öffentlichen Baurechts, die - gegebenenfalls auch nur partiell - auch der Rücksichtnahme auf individuelle Interessen oder deren Ausgleich untereinander dienen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 8.84 -, BauR 1987, 70 [71/72], dem der Senat folgt, ausgeführt, dass nicht jede Norm des materiellen Baurechts diese Zielrichtung habe. Es bedürfe deshalb für die jeweilige Norm der Klärung, ob sie ausschließlich objektiv-rechtlichen Charakter habe oder ob sie (auch) dem Schutz individueller Interessen diene, ob sie also Rücksichtnahme auf Interessen Dritter gebiete. Sofern sich aus dem Wortlaut der Vorschrift hierfür keine Anhaltspunkte ergäben, sei die Norm nach Sinn und Zweck auszulegen. Allerdings sei Drittschutz nicht in jedem Fall ohne Rücksicht auf den Grad der Beeinträchtigung zu gewähren. Die Auslegung einer im Grundsatz Drittschutz vermittelnden Vorschrift könne ergeben, dass Drittschutz nur zu gewähren sei, wenn eine bestimmte Schwelle der Beeinträchtigung erreicht werde. Die §§ 34, 35 Abs. 2 BauGB, § 15 Abs. 1 BauNVO seien daher nur bei qualifizierten Verstößen, die zu unzumutbaren Beeinträchtigungen führten, als drittschützend angesehen worden. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze, die auch auf bauordnungsrechtliche Vorschriften übertragen werden können, ergibt sich, dass der Regelung des § 42 Abs. 1 HBO insoweit nachbarschützender Charakter zuzumessen ist, als von baulichen Anlagen kein Abwasser auf Nachbargrundstücke abgeleitet werden darf, durch das für den Nachbarn unzumutbare Nachteile oder Belästigungen entstehen (vgl. Simon, Bay. BauO, Stand. Juli 1999, Art. 42 Rn. 1; Bay. VGH, Urteil vom 18.12.1990 - 20 B 88.318 -). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Errichtung des Pflanzwalls ohne den vom Wasserwirtschaftsamt Kassel und dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Sauer für eine ordnungsgemäße Entwässerung für erforderlich gehaltenen Fanggraben führt zu einer Vernässung des Grundstücks des Antragstellers, die für ihn zu einer Wertminderung seines Grundstücks und damit zu einem unzumutbaren Nachteil führt. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Klägers ist es seit den vorgenommenen Aufschüttungen und der Errichtung des Pflanzwalls auf dem Grundstück der Beigeladenen mehrfach zu einer Überlastung seiner bereits großzügig dimensionierten Hausdrainage gekommen. Die Vernässung in dem dem Pflanzwall gegenüberliegenden Bereich stelle sich als ein Dauerproblem dar. Im südlichen Bereich des Grundstücks aufgetretene Wasserstaus und Versumpfungen seien bereits flächendeckend vorhanden und zeitweise könne das Gelände nur mit Gummistiefeln betreten werden. Ob Wassereinbrüche im südöstlichen Kellerraum des klägerischen Wohnhauses auf die Geländeauffüllung zurückzuführen sind, konnte der Sachverständige nicht beantworten. Eine Beantwortung dieser Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, weil der Pflanzwall bereits zu einer für den Kläger unzumutbaren Vernässung seines rückwärtigen Grundstücksbereichs führt.

Der Beklagte hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist. Den Beigeladenen können gemäß §154 Abs. 3 VwGO keine Kosten auferlegt werden, da sie keinen Antrag gestellt haben. Ihre außergerichtlichen Kosten sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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