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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.05.2001
Aktenzeichen: 4 UE 858/94
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO


Vorschriften:

VwGO § 173
ZPO § 240 Satz 1
Ein im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage geltend gemachter Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterlassung eines Verwaltungsaktes ist mangels Vermögenswertes von vornherein ungeeignet, im Insolvenzverfahren rechtlich zur Masse zu gehören, wenn der beabsichtigte Amtshaftungsprozess, der mit der Fortsetzungsfeststellungsklage vorbereitet werden soll, offenkundig und zweifelsfrei aussichtslos ist. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei führt in einem derartigen Fall nicht zu einer Verfahrensunterbrechung kraft Gesetzes.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

4 UE 858/94

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts (Fortsetzungsfeststellungsklage wegen Versagung eines Bauvorbescheides für einen dreigeschossigen Laden- und Bürokomplex mit einem "Drive-in-Restaurant"),

hier: Nichtzulassungsbeschwerde

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 4. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Schröder, Richter am Hess. VGH Dr. Dittmann

am 4. Mai 2001 beschlossen:

Tenor:

Der Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Senats vom 8. Februar 2001 - 4 UE 858/94 - wird nicht abgeholfen.

Gründe:

Der Senat hilft der Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in seinem Urteil vom 08.02.20001 nicht ab, da die von der Klägerin geltend gemachten Gründe die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Senat nicht unter Verstoß gegen § 240 ZPO, der über § 173 VwGO für das verwaltungsgerichtliche Verfahren entsprechend Anwendung findet, entschieden. Nach § 240 Satz 1 ZPO wird das Verfahren im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Die Voraussetzungen des § 240 Satz 1 ZPO waren zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht erfüllt. Zwar war bereits vor Erlass des angegriffenen Senatsurteils durch das Amtsgericht Mainz als Insolvenzgericht mit Beschluss vom 30.11.2000 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin eröffnet worden. Auch würde der Umstand, dass dem Senat bei Erlass eines Urteils die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin nicht bekannt war, einer Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 Satz 1 ZPO nicht entgegenstehen, da diese unabhängig von einer Kenntnis des Gerichts kraft Gesetzes mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt, soweit die weiteren Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind. Diese waren und sind jedoch nicht erfüllt, da der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht die Insolvenzmasse betrifft. Wegen des gesetzlichen Merkmals der Massebetroffenheit wird nur dasjenige anhängige Verfahren durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei unterbrochen, welches einen Verfahrensgegenstand hat, der geeignet ist, im Insolvenzverfahren rechtlich zur Masse zu gehören (Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., Rdnr. 16 zu § 240 ZPO). Der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist aber von vornherein ungeeignet, im Insolvenzverfahren zur Masse zu gehören und diese zu betreffen. Dem im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterlassung eines Verwaltungsaktes, der den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet, kann von vornherein offensichtlich und eindeutig keinerlei Vermögenswert zukommen, da der beabsichtigte Amtshaftungsprozess, der mit der Fortsetzungsfeststellungsklage vorbereitet werden soll, aus den vom Senat im Berufungsverfahren bereits dargelegten Gründen offenkundig und zweifelsfrei aussichtslos ist. Die vorliegende Fallgestaltung ist damit nicht mit den Fällen vergleichbar, in denen die Rechtsprechung (vgl. BGH LM, § 146 KO Nr. 4 bzw. BAG NJW 1984, 998) eine Unterbrechung des Prozesses für eine Feststellungs- oder Gestaltungsklage, die den Rechtsstreit über ein zur Masse gehörendes Recht vorbereiten soll, angenommen hat.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs berufen. Insoweit macht sie geltend, der Senat habe es unterlassen, den Insolvenzverwalter der Klägerin zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden. Zwar ist es zutreffend, dass zur mündlichen Verhandlung ausschließlich der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin geladen worden ist, der auch bestätigt hat, die Ladung erhalten zu haben (Bl. 95 R Gerichtsakte). Diese Verfahrensweise erklärt sich schon daraus, dass der Senat von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin und der Bestellung eines Insolvenzverwalters keine Kenntnis hatte, da ihm von dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 17.01.2001 (Bl. 190 Gerichtsakte) nur mitgeteilt worden war, dass ein "Liquidationsverwalter" bestellt worden sei. Der Insolvenzverwalter der Klägerin war aber auch nicht zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden, da mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Vollmacht des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht erloschen war. Zwar führt die Insolvenz des Vollmachtgebers grundsätzlich zum Erlöschen der Prozessvollmacht, wenn über das Vermögen des Vollmachtgebers das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Doch ist der Eintritt dieser Rechtsfolge nach den insoweit einschlägigen §§ 115, 116 InsO daran geknüpft, dass der vom Schuldner erteilte Auftrag sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Insoweit wird auf die obigen Darlegungen des Senats zur Nichtbetroffenheit der Insolvenzmasse verwiesen. Darüber hinaus hat die Klägerin jedenfalls nicht alles ihr Mögliche und Zumutbare getan hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs kann sich aber nur derjenige mit Erfolg berufen, der dieser Obliegenheit nachgekommen ist. Der Insolvenzverwalter der Klägerin hatte Kenntnis von der Ladung der Klägerin zur mündlichen Verhandlung. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem schon genannten Schriftsatz des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 17.01.2001 (Bl. 190 Gerichtsakte). Darin hat der Prozessbevollmächtigte nämlich mitgeteilt, dass Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt worden sei, der "Liquidationsverwalter" aber noch keine Entscheidung darüber getroffen habe, ob das Verfahren fortgeführt werden solle, so dass er, der Prozessbevollmächtigte, aus diesem Grund den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahrnehmen könne. Im Hinblick darauf, dass für die Klägerin bzw. ihren Insolvenzverwalter keine Anzeichen dafür vorlagen, dass der Senat den Termin zur mündlichen Verhandlung aufheben würde - der Senat hatte im Gegenteil im Hinblick auf das Rubrum um Mitteilung der Anschrift des Liquidationsverwalters und den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin zusätzlich um Bestätigung der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung gebeten -, dass ferner dem Senat, obwohl das Insolvenzverfahren schon am 30.11.2000 eröffnet worden war, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zur Kenntnis gebracht wurde und schließlich der Insolvenzverwalter der Klägerin selbst Kenntnis von dem anberaumten und anstehenden Termin zur mündlichen Verhandlung hatte, hätte es ihm für die Klägerin oblegen, sich selbst rechtliches Gehör zu verschaffen und gegebenenfalls um Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu bitten. Dieser Obliegenheit ist der Insolvenzverwalter der Klägerin jedoch nicht nachgekommen, so dass diese sich nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs berufen kann.

Ende der Entscheidung

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