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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.06.2001
Aktenzeichen: 4 UZ 1428/01
Rechtsgebiete: BauNVO


Vorschriften:

BauNVO § 14 Abs. 1 Satz 1
Eine insgesamt 17,6 m hohe Amateurfunkantenne auf einem 15 m hohen Stahlgittermast kann der Eigenart eines reinen Wohngebietes widersprechen.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

4 UZ 1428/01

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts (Nachtragsbaugenehmigung für Amateurfunkantenne und Beseitigungsverfügung)

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 4. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Koch, Richter am Hess. VGH Dr. Dittmann

am 26. Juni 2001 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 13. März 2001 - 1 E 2771/99 - wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Zulassungsverfahren auf 10.350,-- DM festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor dieses Beschlusses näher bezeichnete Urteil der Vorinstanz ist gemäß § 124 Abs. 2 VwGO zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Denn die von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 VwGO sind nicht gegeben.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen unter Berücksichtigung der Darlegungen des Klägers in seinem Zulassungsantrag nicht. Für die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ist erforderlich, dass ein Antragsteller sich mit den Entscheidungsgründen auseinandersetzt und im Einzelnen anführt, welche Erwägungen er für unzutreffend hält, aus welchen Gründen sich die Unrichtigkeit ergeben soll und warum dies im konkreten Fall entscheidungserheblich ist.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Empfang von ausländischen Rundfunksendern im Kurz-, Mittel- und Langwellenbereich in den Gewährleistungsbereich des Grundrechts auf Informationsfreiheit i. S. d. Art. 5 Abs. 2 GG falle, so dass der Schutz des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes vor ästhetischen Beeinträchtigungen durch eine für den Empfang solcher Sender erforderlichen Antennenanlage nicht schlechthin den Vorrang vor dem Grundrecht beanspruchen könne. Wo die Grenze des im Interesse der Informationsfreiheit noch hinzunehmenden verlaufe, sei nach Maßgabe von Größe und Anzahl der Antennenanlagen im Verhältnis zu dem jeweiligen örtlichen Umfeld zu bestimmen. Diese vom Bundesverfassungsgericht (B. v. 11.12.1991 - BvR 1541 bis 1543/91 - DVBl. 1992, 556 f.) geforderte Abwägung habe das Verwaltungsgericht Gießen nicht vorgenommen. Insbesondere sei zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht keine Ortsbesichtigung durchgeführt habe, sondern die angegriffene Entscheidung einzig und allein auf der Grundlage der vorhandenen Lichtbilder erlassen habe, die die örtlichen Gegebenheiten nicht zutreffend wiedergäben. Die streitgegenständliche Antennenanlage widerspreche nicht der Eigenart des Wohngebietes. Er, der Kläger, habe den Antennenmast unmittelbar an seinem Wohnhaus im rückwärtigen Teil seines Grundstücks errichtet. Dies bewirke keine nachhaltige optische Störung. Es liege auch kein rücksichtsloser Eingriff in die Eigenart des Wohngebietes vor. Da es sich bei der Umgebungsbebauung um eine "normales" Wohngebiet mit bis zu 13 m hohen Wohnhäusern handele, sei die Antennenanlage kein störender Fremdkörper.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu begründen. Im Hinblick auf die Gewährleistung des Grundrechtes auf Informationsfreiheit hatte das Verwaltungsgericht keine Veranlassung zu näheren Ausführungen, da der Kläger weder in den Bauvorlagen noch in seinem erstinstanzlichen Vorbringen erklärt hat, inwiefern er den streitigen Antennenmast zusätzlich zu den bereits auf seinem Wohngrundstück vorhandenen Empfangsanlagen zur Gewährleistung seines Grundrechts auf Informationsfreiheit benötigt. Zur Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung wäre es erforderlich, konkret vorzutragen, welche Sender der Kläger mit seinen sonstigen, bereits vorhanden Antennenmasten empfangen kann, welche zusätzlichen Informationsquellen durch die streitgegenständliche Anlage zur Verfügung stünden und warum er gehindert war, diese Tatsachenangaben bereits dem erstinstanzlichen Gericht zu unterbreiten. An derartigen Darlegungen fehlt es jedoch. Entgegen der Auffassung des Klägers gibt auch der Umstand, dass das Verwaltungsgericht keine Ortsbesichtigung vorgenommen hat, keinen Anlass zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der Entscheidung. Die Lichtbilder und Planzeichnungen, die sich bei den Akten befinden, erlauben ohne Weiteres eine Beurteilung der örtlichen Situation des Baugrundstücks und der streitigen Antennenanlage, ohne dass es noch einer Ortsbesichtigung bedarf. Die bloße Behauptung des Klägers, die örtlichen Gegebenheiten würden nicht zutreffend wiedergegeben, rechtfertigen keine andere Beurteilung. Dazu bedürfte es näherer Darlegungen, inwiefern die vorhandene Lichtbilder die Situation unzutreffend wiedergeben, etwa wegen perspektivischer Verzerrungen, eines einseitigen Blickwinkels oder wegen der fehlenden Darstellung charakteristischer Einzelheiten des Bauvorhabens oder seiner Umgebung. Auch an solchen Darlegungen fehlt es hier.

Nach den vom Kläger selbst eingereichten Bauvorlagen weist sein eigenes Wohnhaus eine Firsthöhe von 8 m auf, die beiden Nachbarhäuser haben eine Firsthöhe von 5 bis 6 m. Nach Angaben des Klägers erreicht die Umgebungsbebauung eine Höhe von bis zu ca. 13 m. Es handelt es sich um ein reines Wohngebiet mit typischer Einfamilienhausbebauung. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die 17,6 m hohe Amateurfunkantenne auf einem ca. 15 m hohen Stahlgittermast der Eigenart des Baugebietes widerspricht (§ 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO), weil sie die Erholungsfunktion des Grünbereiches, der sich um das Wohnhaus des Klägers und die benachbarten Wohnhäuser der näheren Umgebung erstreckt, stören würde. Der Wohnwert des als reines Wohngebiet qualifizierten Umgebungsbereich hängt maßgeblich von der Erhaltung der in dem rückwärtigen Grundstücksbereichen befindlichen Grünzone ab. Dieser Bereich ist besonders gegen Störungen empfindlich, wie sie von dem errichteten Antennenmast ausgehen. Der Antennenmast ist durch die Gestaltung als Stahlgittermast und durch die am höchsten Punkt waagerecht angeordneten Antennenstäbe ein überdimensionierter Fremdkörper in dem vornehmlich gärtnerisch genutzten Grünflächen.

Der vom Kläger geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor. Es bestand weder Anlass zu einer weiteren Sachaufklärung noch zu einer Beweisaufnahme durch Einnahme richterlichen Augenscheins, da davon auszugehen ist, dass die örtlichen Gegebenheiten auf der Grundlage der vorliegenden Pläne, Zeichnungen und Fotografien zutreffend beurteilt werden konnten. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass bzw. inwiefern diese bei den Akten befindlichen Unterlagen einen unzutreffenden Eindruck vermitteln. Überdies hat der Kläger ausweislich der Verhandlungsniederschrift gar keinen Beweisantrag vor dem Verwaltungsgericht gestellt.

Im Hinblick darauf, dass der vorliegende Antrag einstimmig abgelehnt wird, sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab (§ 124 a Abs. 2 Satz 2 VwGO).

Der Kläger hat gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Die Billigkeit gebietet es nicht, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, zumal diese keinen Antrag gestellt und damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO kein Kostenrisiko auf sich genommen hat.

Die Festsetzung des Streitwertes richtet sich nach der Bedeutung der Sache für den Kläger gemäß § 13 Abs. 1, § 14 GKG. Der Senat folgt der erstinstanzlichen Wertfestsetzung auch für das Verfahren auf Zulassung der Berufung.

Hinweis: Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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