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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.09.2008
Aktenzeichen: 5 A 1486/08.Z
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO


Vorschriften:

VwGO § 60 Abs. 1
VwGO § 173
ZPO § 85 Abs. 2
Werden einem Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung - etwa zur Fertigung der Rechtsmittelbegründung - die Akten vorgelegt, hat er in jedem Fall den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen eigenverantwortlich zu überprüfen. Von dieser Verpflichtung können ihn Anweisungen an das Büropersonal zur Fristkontrolle nicht befreien (wie BVerwG, Beschluss vom 7. März 1997 - 9 C 930.94 -, Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 194).
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 A 1486/08.Z

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Straßenreinigungsgebühren

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 24. September 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Mai 2008 - 6 E 1243/07 (1) - wird abgelehnt.

Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Zulassungsverfahren auf einen Betrag von 2.561,90 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Mai 2008 ist bereits unzulässig.

Gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO muss der Antrag auf Zulassung der Berufung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils durch Darlegung der Zulassungsgründe begründet werden. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht - hier dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof - einzureichen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist den Bevollmächtigten der Kläger am 12. Juni 2008 zugestellt worden. Die Frist zur Einreichung der Begründung des Zulassungsantrags lief damit am 12. August 2008 ab. Die Begründung des Zulassungsantrags der Kläger ist allerdings beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof erst per Telefax am 14. August 2008 - und damit verspätet - eingegangen.

Entgegen ihrem Antrag ist den Klägern gegen die Versäumung der Frist zur Begründung des Berufungszulassungsantrages auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren, da die Versäumung der Frist auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Kläger beruht, das sich diese gemäß § 173 VwGO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 Zivilprozessordnung zurechnen lassen müssen.

Übernimmt ein Rechtsanwalt eine Prozessvertretung, wird die Wahrung der prozessualen Fristen eine seiner wesentlichen Aufgaben, der er besondere Sorgfalt widmen muss. Er muss die Wahrung der Fristen eigenverantwortlich überwachen, was allerdings nicht ausschließt, dass er die Notierung, Berechnung und Kontrolle der üblichen Fristen in Rechtsmittelsachen, die in seiner Praxis häufig vorkommen und deren Berechnung keine Schwierigkeiten macht, gut ausgebildetem und sorgfältig beaufsichtigtem Büropersonal überlässt. Zu diesen üblichen Fristen, deren Feststellung und Berechnung er gut ausgebildetem und sorgfältig beaufsichtigtem Büropersonal überlassen darf, gehören aber nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu beachtenden Rechtsmittelbegründungsfristen grundsätzlich nicht (BVerwG, Beschluss vom 7. März 1995 - 9 C 390.94 -, Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 194 = NJW 1995, 2122, mit vielen weiteren Nw). Ob zu den Fristen, die der Prozessbevollmächtigte zulässigerweise der eigenverantwortlichen Notierung und Berechnung seiner Angestellten überlassen darf, überhaupt auch die Frist für die Einreichung der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung gehört, kann der Senat offen lassen. Selbst wenn nämlich ein Rechtsanwalt die Notierung, Berechnung und Überwachung der üblichen und in seiner Praxis häufig vorkommenden Fristen in Rechtsmittelsachen zulässigerweise seinem Büropersonal überlässt, so hat er in jedem Fall den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen dann eigenverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt werden. Von dieser Verpflichtung können auch Anweisungen an das Büropersonal bezüglich der Fristwahrung ihn nicht befreien (BVerwG, Beschlüsse vom 7. März 1995, a.a.O. und vom 30. Juli 1997 - 11 B 23.97 -, Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 212 = NJW 1997, 3390). Hier ist dem Bevollmächtigten ausweislich seines eigenen Vortrags, die Akte zur eingetragenen Vorfrist am 7. August 2008, das heißt fünf Tage vor Ablauf der Begründungsfrist, zur Bearbeitung und Fertigung der Begründung vorgelegt worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte er selbstständig prüfen müssen, wann die Begründungsfrist ablief - dies war aus der Akte zu erkennen - und ob der Ablauf der Begründungsfrist richtig notiert war. Hätte er diese Prüfung mit der gebotenen Sorgfalt vorgenommen, hätte er die Falschnotierung rechtzeitig erkannt und die Begründung fristgerecht eingereicht. In diesem Unterlassen ist ein schuldhaftes Verhalten im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO zu sehen, dass eine Wiedereinsetzung ausschließt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die Höhe des Streitwerts auf den §§ 52 Abs. 3, 47 Gerichtskostengesetz - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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