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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.10.2008
Aktenzeichen: 5 A 1820/08.Z
Rechtsgebiete: StAG


Vorschriften:

StAG § 12 a a.F.
StAG § 8
StAG § 9
Die "besondere Härte" im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG idF des Gesetzes vom 19. August 2007 muss gerade durch die Nichteinbürgerung hervorgerufen worden sein oder durch die Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 A 1820/08.Z

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Einbürgerung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 21. Oktober 2008 beschlossen:

Tenor:

Auf den Antrag des Beklagten wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 4. August 2008 - 6 K 574/08.WI (V) - zugelassen.

Das Verfahren wird als Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen 5 A 2255/08 fortgeführt.

Gründe:

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 4. August 2008 ist zulässig und auch begründet. Aufgrund der Ausführungen des Beklagtenvertreters zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) hat auch der Senat derartige Zweifel.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage seine Einbürgerung, die der Beklagte im Wesentlichen mit Hinweis auf eine strafrechtliche Verurteilung durch das Amtsgericht B-Stadt abgelehnt hat. Das Verwaltungsgericht hat den Ablehnungsbescheid des Beklagten aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über den Einbürgerungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht auf Fehler bei der Ausübung seines Ermessens nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a. F. und - seiner Auffassung nach entscheidend - auf das Fehlen einer nach § 8 Abs. 2 StAG erforderlichen Ermessensprüfung abgestellt.

An der Richtigkeit dieser Argumentation wecken die dagegen gerichteten Ausführungen des Vertreters des Beklagten auch beim Senat ernstliche Zweifel.

Zweifelhaft erscheint dem Senat die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe sein Ermessen nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a. F. nicht fehlerfrei ausgeübt, da er die Umstände nicht ausreichend ermittelt habe, somit nicht von einer ausreichenden Tatsachengrundlage bei der Ermessensausübung ausgegangen sei. Die hier zu Gunsten des Klägers gemäß § 40 c StAG noch anwendbare Bestimmung des § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a. F. lässt der Behörde die Möglichkeit, im Einzelfall Straftaten, die über das Maß der in § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 - 3 StAG festgelegten Grenzen hinausgehen, außer Betracht zu lassen. Hierzu hat der Beklagte in seinem ablehnenden Bescheid vom 30. April 2008 ausdrücklich Ermessenserwägungen angestellt. Als Entscheidungsgrundlage lag ihm dabei der vom Kläger eingereichte Strafbefehl des Amtsgerichts B-Stadt vor, aus dem sich die wesentlichen Umstände der Verurteilung ergeben. Diese Ermessenserwägungen hat der Beklagte im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 114 Satz 2 VwGO ausdrücklich ergänzt. In diesen Ergänzungen hat der Beklagte sich vertieft mit zusätzlichen Umständen, die zu Gunsten des Klägers angeführt werden könnten, wie sein Gesundheitszustand oder unterschiedliche Staatsangehörigkeiten in seiner Familie, auseinandergesetzt, bei der Abwägung jedoch dem öffentlichen Interesse an der derzeitigen Nichteinbürgerung den Vorrang eingeräumt. Vor diesem Hintergrund erscheint es überzogen, von dem Beklagten weitere Feststellungen zur Ausübung seines Ermessens zu verlangen.

Entscheidend hat das Verwaltungsgericht allerdings darauf abgestellt, dass der Beklagte im Rahmen der Regeleinbürgerung nach § 9 Abs. 1 StAG als Ehegatte einer deutschen Staatsangehörigen eine nach § 8 Abs. 2 StAG vorgeschriebene Ermessensüberprüfung unterlassen habe. Auch dies erscheint ernstlich zweifelhaft. Nach § 9 Abs. 1 sollen Ehegatten oder Lebenspartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 StAG eingebürgert werden, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 9 StAG vorliegen. Zu den Voraussetzungen des § 8 gehört, dass der Einbürgerungsbewerber nicht wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt ist (Abs. 1 Nr. 2), was auf den Kläger jedoch zutrifft. Von dieser Voraussetzung kann die Behörde aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte absehen. Hier hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung zur Ausübung des Abweichungsermessens angenommen, da beim Kläger aufgrund seiner besonderen gesundheitlichen Situation - er lebt derzeit nur mit einem Kunstherz - eine besondere Härte gegeben sei. Diese Annahme verkennt jedoch den Wortlaut und den Sinn und Zweck dieser Ausnahmeregelung. Der Begriff der "besonderen Härte" muss in diesem Zusammenhang vielmehr im Lichte des einbürgerungsrechtlichen Verfahrens betrachtet werden, denn sie soll durch die Einbürgerung vermieden werden. Es muss sich demnach um Umstände handeln, die gerade durch die Nichteinbürgerung die besondere Härte hervorrufen oder bei denen die Einbürgerung die Härte beseitigen oder zumindest abmildern kann. Hier steht jedoch der ernste Gesundheitszustand des Klägers diesbezüglich in keinem Zusammenhang zu der begehrten Einbürgerung und kann durch sie auch nicht verbessert werden. Somit fehlt es bereits an der tatbestandlichen Voraussetzung für eine Ermessensausübung nach § 8 Abs. 2 StAG.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens folgt der Kostenentscheidung im Berufungsverfahren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen ist. Die Begründung ist beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Ende der Entscheidung

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