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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 06.05.2009
Aktenzeichen: 5 A 2017/08
Rechtsgebiete: HessKAG, Straßenbeitragssatzung


Vorschriften:

HessKAG § 11 Abs. 1
HessKAG § 11 Abs. 3
Straßenbeitragssatzung Stadt Bad Hersfeld vom 21.02.2002
Davon ausgehend, dass in der durch eine geschlossene Mauer oder Gebäudewand bewirkten "Verschließung" des Grundstücks zur angrenzenden Straße ein "unbeachtliches Hindernis" zu sehen ist (BVerwG, U. v. 15.01.1988 - 8 C 111/86 - NVwZ 1988, 630, 631; U. v. 27.09.2006 - 9 C 4/05 - NVwZ 2007, 81, 83), kann auch der Festsetzung eines Straßenbeitrags für ein hinter einem solchen Grundstück gelegenes und mit ihm einheitlich genutztes Hinterliegergrundstück desselben Eigentümers nicht entgegengehalten werden, auf Grund dieses Hindernisses entfalle die Möglichkeit der vorteilhaften Inanspruchnahme der um- und ausgebauten Straße. Dies gilt - unter den genannten Voraussetzungen - auch dann, wenn es sich bei dem hinteren Grundstück um ein "nicht gefangenes" Hinterliegergrundstück handelt, welches an eine weitere Anbaustraße unmittelbar angrenzt.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 A 2017/08

Verkündet am 6. Mai 2009

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Heranziehung zu Straßenbeiträgen

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider, ehrenamtlichen Richter Janda, ehrenamtlichen Richter Weber

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 6. August 2008 - 6 E 352/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind von dem Kläger zu 1) zur Hälfte und von den Klägern zu 2) bis 5) zu je 1/8 zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger sind in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümer der Grundstücke Gemarkung C-Stadt, Flur ..., Flurstücke .../3 (X...straße 2), .../7 (X...straße 2 A) und .../8 (Y...straße). Der Miteigentumsanteil des Klägers zu 1) beträgt für jedes Grundstück 1/2, derjenige der anderen Kläger je 1/8. Das als Eckgrundstück im Westen an die Y...straße, im Süden an die X...straße angrenzende Grundstück X...straße 2 ist mit einem Wohnhaus und einem für einen Weinhandel genutzten kleineren Anbau bebaut. Östlich dieses Grundstücks liegt das Grundstück X...straße 2 A, welches ebenfalls mit einem zu Wohnzwecken genutzten Gebäude bebaut ist. Im rückwärtigen Grundstücksbereich schließt sich seitlich an dieses Gebäude ein ehemaliges Möbellager an. Dessen Baukörper liegt zu einem geringen Teil noch auf dem Grundstück X...straße 2 A, überdeckt im Übrigen aber in voller Breite den rückwärtigen Grundstücksbereich der im Norden der Grundstücke X...straße 2 und 2 A angrenzenden Parzelle .../8. Das Lagergebäude wird derzeit für den Betrieb einer Tanzschule genutzt. Die Parzelle .../8 ist auf ihrer an die Y...straße angrenzenden Seite mit einer Garagenzeile überbaut, die derzeit überwiegend für Abstell- und Fahrradräume genutzt wird und deren Zufahrts- bzw. Zugangsseite dem befestigten Innenhof dieser Parzelle zugewendet ist. Die Garagenzeile setzt sich nach Norden auf den Nachbarparzellen .../9 und .../5 und nach Süden auf dem Grundstück X...straße fort. Die Zufahrt zur Parzelle .../8 und zu den hier errichteten Baulichkeiten erfolgt von der X...straße über eine zwischen den Gebäuden X...straße 2 und X...straße 2 A angelegte Einfahrt.

Im Jahre 2003 wurde die Y...straße zwischen den Einmündungen in die X...straße im Süden und in die Z...straße im Norden umfassend erneuert. Hieran anknüpfend zog die Beklagte mit gesonderten Bescheiden vom 17. Mai 2004 die Kläger entsprechend ihrem jeweiligen Miteigentumsanteil zu Straßenbeiträgen für die Grundstücksparzellen .../3, .../7 und .../8 heran. Im vorliegenden Verfahren wenden sich die Kläger gegen die Bescheide für die Parzelle .../7 (X...straße 2 A) mit einer Heranziehung des Klägers zu 1) in Höhe von 1.143,14 € und Heranziehungen der Kläger zu 2) bis 5) in Höhe von jeweils 285,79 €. Nach Zustellung dieser Bescheide am 18. Mai 2004 legte der Kläger zu 1) mit Schreiben vom 15. Juni 2004 im Namen der Erbengemeinschaft Widerspruch ein, den die Beklagte mit "an die Erbengemeinschaft A./C./E./K, zu Händen Herrn A." gerichteten Widerspruchsbescheiden vom 9. Februar 2005 zurückwies. Am 9. März 2005 erhoben hierauf die Kläger beim Verwaltungsgericht Kassel Klage. Mit ihr machten sie u. a. geltend:

Die Straßenbeitragssatzung der Beklagten sei nichtig, da sie für das streitbefangene Grundstück trotz Mehrfacherschließung keine Eckgrundstücksvergünstigung vorsehe. Wegen Nichtgewährung der gebotenen Ermäßigung der Beitragsbelastung sei die streitige Heranziehung zumindest der Höhe nach zu beanstanden. Im Übrigen sei die Parzelle .../7 an die X...straße angebunden, und es gebe zu ihr von der Y...straße aus keine Zufahrt. Über die bestehende Einfahrt von der X...straße auf die Parzelle .../7 seien auch die Parzellen .../3 und .../8 zu erreichen. Den Klägern sei es nicht zuzumuten, die bestehenden Garagengebäude auf den Parzellen .../3 und bzw. oder .../8 abzureißen, um eine Zufahrt zur Parzelle .../7 von der Y...straße aus anlegen zu können. Die Kosten für eine derartige Maßnahmen seien auf ca. 13.500,-- € zu veranschlagen. Hinzu komme der Verlust von Mieteinnahmen. Die Beitragsabrechnung der Beklagten leide auch an dem Mangel, dass das Flurstück .../4 nicht in die Aufwandsverteilung einbezogen worden sei.

Die Kläger beantragten,

die sie betreffenden Straßenbeitragsbescheide vom 17. Mai 2004 für das Grundstück X...straße 2 A, Flur ..., Flurstück .../7, und die jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 9. Februar 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragte,

die Klagen abzuweisen.

Sie machte im Klageverfahren geltend, dass die Klage der Kläger zu 2) bis 5) bereits unzulässig sei, da der Prozessbevollmächtigte ausweislich der vorgelegten Prozessvollmacht im Auftrag des Klägers zu 1) handele; dieser wiederum sei, ausgehend von der ihm erteilten Vollmacht, lediglich zur Vertretung der Erbengemeinschaft als solcher berechtigt.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 6. August 2008 ab. In den Entscheidungsgründen heißt es:

Auch die Klagen der Kläger zu 2) bis 5) seien entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig, denn die dem Kläger zu 1) erteilte Vollmacht sei gemäß § 133 BGB so auszulegen, dass der in der Vollmacht benannte Miterbe als Vertreter jedes einzelnen Miterben bei der Verfolgung der ihnen als Rechtsnachfolgern zustehenden Ansprüche habe eingesetzt werden sollen. Die Klage sei aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Rechtsgrundlage für die streitige Beitragsfestsetzung ergebe sich aus § 11 Abs. 1 und 10 des Hessischen Gesetzes über kommunale Abgaben (KAG) i.V.m. den Bestimmungen der Straßenbeitragssatzung der Beklagten vom 21. Februar 2002. Das veranlagte Grundstück unterliege dem Grunde nach der Beitragspflicht für den durchgeführten Um- und Ausbau der Y...straße, denn ihm werde durch diese Straße eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit vermittelt. Das Grundstück stelle sich in Bezug auf diese Straße als ein - wegen seines unmittelbaren Angrenzens an die X...straße - "nicht gefangenes" Hinterliegergrundstück dar. Für die Bejahung der vorteilhaften Inanspruchnahmemöglichkeit komme es daher - in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 30. Mai 1997 (8 C 27/96, NVwZ-RR 1997, 67) - darauf an, ob die anderen Betragspflichtigen schutzwürdig die Einbeziehung des fraglichen Grundstücks in die Verteilung des Um- und Aufbauaufwands der Y...straße erwarten könnten. Die Parzelle .../7 werde mit der an die Y...straße unmittelbar angrenzenden Parzelle .../8 bei identischem Eigentum parzellenübergreifend einheitlich genutzt. Die einheitliche Nutzung ergebe sich bereits aus der auf beide Parzellen bezogenen steuerlichen Einkunftsart "Vermietung und Verpachtung" und werde überdies in der vorhandenen Bebauung mit dem Gebäude des ehemaligen Möbellagers und in den für beide Grundstücke eingerichteten Stellplätzen auf der Parzelle .../8 sichtbar. Aus der Sicht der übrigen Beitragspflichtigen werde aufgrund der einheitlichen Nutzung die Grenze zwischen den beiden Parzellen "verwischt", so dass diese äußerlich wie ein einziges Grundstück in Erscheinung träten. Damit aber teile die Parzelle .../7 im Ergebnis die Anliegereigenschaft der Parzelle .../8. Soweit die Garagenzeile längs der Y...straße ein tatsächliches Zufahrtshindernis darstelle, komme es unter Zugrundelegung der "Hinwegdenkens-Theorie" darauf an, was ein "vernünftiger" Eigentümer an Mitteln aufzubringen bereit sei, um den Grundbesitz von der Y...straße erreichbar werden zu lassen. Auszugehen sei von Kosten des Abrisses einer einzelnen Garage in Höhe von 13.500,-- € für die Schaffung einer Zufahrt von der Y...straße aus. Ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Eigentümer werde Kosten in dieser Höhe im Interesse der Nutzbarkeit eines als Gewerbefläche ausgewiesenen Grundbesitzes aufbringen. Auch der Höhe nach begegne die streitige Heranziehung keinen Bedenken. Die Kläger könnten die in der Straßenbetragssatzung vorgesehene Eckgrundstücksvergünstigung nicht für sich in Anspruch nehmen, da nicht beide Verkehrsanlagen voll in der Baulast der Beklagten stünden und die Vergünstigung zudem nicht für Grundstücke in Gewerbegebieten gelte. Eine Beteiligung auch des Flurstücks .../4 an der Aufwandsverteilung komme nicht in Betracht, da dieses Flurstück über die Wegeparzelle ... erschlossen werde, die im Eigentum der Beklagten stehe und ein öffentlicher Weg sei. Der Weg sei - wie sich aus dem vorgelegten Lichtbildmaterial ergebe - von seiner Breite her befahrbar und stelle eine selbständige Verkehrsanlage dar, für die ihrerseits im Falle eines Ausbaus ein Beitrag erhoben werden könne.

Die Kläger haben am 16. September 2008 gegen das ihnen am 20. August 2008 zugestellte Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zu deren Begründung tragen sie vor:

Eine einheitliche Nutzung der Parzellen .../7 und .../8 sowie auch der Parzelle .../3 liege entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht vor, denn diese Parzellen würden durch unterschiedliche Mieter zu einem jeweils anderen Zweck genutzt. Die Überbauung der Parzellen .../8 und .../7 mit einem parzellenübergreifenden Gebäude führe zu keinem anderen Ergebnis. Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen die tatsächlichen Gegebenheiten bei der Zuwegung außer Acht gelassen. Von der Y...straße aus gebe es keine Zufahrt zur Parzelle .../7, weil Gewerberäume und Garagen dem entgegenstünden. Desgleichen fehle es an der Möglichkeit einer Zufahrt über die Parzelle .../3. Ein Abriss der Garagen unter Aufwendung der Abrisskosten und Verzicht auf künftige Mieteinnahmen sei nicht realistisch, da sich ein solches Verhalten als wirtschaftlich "absolut unvernünftig" darstelle. Das Grundstück .../7 ermögliche durch die bestehende Grundstückseinfahrt an der X...straße die Nutzung der Parzellen .../3 und .../8; nicht sei es umgekehrt so, dass die Nutzung der Parzelle .../7 zuwegungsmäßig durch die Parzellen .../3 und .../8 ermöglicht werde. Für eine Anwendung der Hinwegdenkens-Theorie sei kein Raum, denn die Parzelle .../7 grenze lediglich an die X...straße an und werde damit nicht durch zwei Anbaustraßen erschlossen. Im Übrigen setze auch die Anwendung dieser Theorie das Bestehen der vollen Baulast der Gemeinde für beide Anbaustraßen voraus.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 6. August 2008 - 6 E 352/05 - abzuändern und die sie betreffenden Straßenbeitragsbescheide vom 17. Mai 2004 für das Grundstück X...straße 2 A in der Fassung des jeweiligen Widerspruchsbescheides aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts und macht darüber hinaus geltend: Die Garagenbebauung auf der Parzelle .../8 könne nicht als beachtliches Hindernis für eine Zufahrt über diese Parzelle zur Parzelle .../7 angesehen werden, da es sich um ein vom Grundstückseigentümer selbst errichtetes Hindernis handele. Im Übrigen sei dieses Hindernis mit zumutbarem finanziellem Aufwand auszuräumen. Der Abriss einer einzigen Garage auf der Parzelle .../8 reiche hierfür aus. Eine solche Maßnahme sei mit Abrisskosten in Höhe von lediglich etwa 2.500,-- € verbunden. Die Parzelle .../7 sei im Übrigen auch mit Blick auf das nach Westen vorgelagerte Grundstück .../3 als ein durch die Y...straße erschlossenes Hinterliegergrundstück anzusehen. Dafür sprächen die einheitliche Nutzung sowie die Eigentümeridentität, ferner gemeinschaftliche Einrichtungen wie Stellplätze und gemeinschaftliche Zufahrt. Die Gewährung einer Eckgrundstücksvergünstigung komme schon wegen der Lage der Parzelle .../7 im Gewerbegebiet nicht in Betracht. Damit erübrige sich eine Befassung mit der Frage, ob die X...straße eventuell künftig in die Baulast der Stadt C-Stadt fallen werde. Zumindest im Zeitpunkt der Abrechnung des streitigen Um- und Ausbaus sei die Stadt jedenfalls noch nicht Straßenbaulastträgerin für die X...straße gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger ist aufgrund erfolgter Zulassung durch das Verwaltungsgericht und fristgemäßer Begründung zulässig, kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen, denn die Heranziehung der Kläger zu Straßenbeiträgen für das Grundstück X...straße 2 A im Stadtgebiet der Beklagten entsprechend den Eigentumsanteilen der Kläger ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Rechtsgrundlage für diese Heranziehung ergibt sich aus § 11 Abs. 1 und 3 des Gesetzes über Kommunale Abgaben in Hessen (HessKAG) in Verbindung mit den Bestimmungen der Satzung der Beklagten über das Erheben von Straßenbeiträgen (StrBS) vom 28. April 1988 in der Fassung vom 21. Februar 2002. Nach § 11 Abs. 1 HessKAG können die Gemeinden und Landkreise zur Deckung des Aufwands für die Schaffung, Erweiterung und Erneuerung öffentlicher Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen nicht nur vorübergehende Vorteile bietet. Für den Fall des Um- und Ausbaus von Straßen, Wegen und Plätzen als öffentliche Einrichtungen sieht § 11 Abs. 3 HessKAG in Abhängigkeit vom Überwiegen einer bestimmten Verkehrsart Mindestanteile des Aufwands vor, die von der Gemeinde zu tragen sind. Die auf dieser gesetzlichen Grundlage erlassene Straßenbeitragssatzung der Beklagten weist den durch § 2 Abs. 1 Satz 2 HessKAG vorgeschriebenen Mindestinhalt auf und entspricht auch im Übrigen den gesetzlichen Vorgaben.

Die Beklagte war grundsätzlich berechtigt, für die im Juli 2003 tatsächlich fertig gestellte und durch Magistratsbeschluss vom 16. Februar 2004 für fertig gestellt erklärte grundhafte Erneuerung der Y...straße zwischen der Z...straße und der Einmündung in die X...straße Straßenbeiträge zu erheben, denn es handelt sich bei dieser Baumaßnahme um den beitragsfähigen "Um- und Ausbau" einer Straße im Sinne des § 11 Abs. 3 HessKAG und des einschlägigen Satzungsrechts der Beklagten. Die Kläger halten ihrer Heranziehung entgegen, dass ihr Grundstück X...straße 2 A (Parzelle .../7) aufgrund seines nicht unmittelbaren Angrenzens an die Y...straße nicht zu den Grundstücken gehöre, denen diese Straße einen nicht nur vorübergehenden Vorteil der Inanspruchnahme biete. Ihr Grundstück sei deshalb nicht an der Verteilung des umlagefähigen Um- und Ausbauaufwands dieser Straße zu beteiligen. Diesem Einwand kann, wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, nicht gefolgt werden.

Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass auch für Hinterliegergrundstücke die vorteilhafte Inanspruchnahmemöglichkeit zu bejahen ist, soweit die um- und ausgebaute Straße vom Hinterliegergrundstück aus erreicht werden kann. Stehen das vordere - unmittelbar an die Straße angrenzende - und das dahinterliegende Grundstück im Eigentum desselben Eigentümers (Fall der "Eigentümeridentität"), so ist regelmäßig schon deswegen und damit unabhängig vom Vorliegen einer beide Grundstücke erfassenden einheitlichen Nutzung der die vorteilhafte Möglichkeit der Inanspruchnahme eröffnende Zugang zur Straße vom Hinterliegergrundstück aus gewährleistet (so OVG Lüneburg, B. v. 13.06.2000 - 9 N 1349/00 - NdsVBl. 2001, 18; sinngemäß ebenso Senatsbeschluss vom 09.11.2004 - 5 TG 2850/04 - NVwZ-RR 2005, 355 = HSGZ 2005, 111). Ob sich der Eigentümer den Zugang zur Straße für sein hinteres Grundstück auch tatsächlich anlegt, ist dann unerheblich. Es reicht aus, dass aufgrund eben der Eigentümerstellung und der damit verbundenen Gestaltungs- und Einwirkungsmöglichkeiten der Anlegung eines solchen Zugangs Hinderungsgründe tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht entgegenstehen.

Die Möglichkeit der Schaffung eines Zugangs für das im Hintergelände der um- und ausgebauten Straße gelegene Grundstück kann im Einzelfall wegen weitgehender Überbauung des unmittelbar angrenzenden - vorderen - Grundstücks ausgeschlossen sein (dazu: Senatsbeschluss vom 09.11.2004, a.a.O., in dem vorangegangenen Eilverfahren der Kläger, sowie OVG Lüneburg, B. v. 13.06.2000, a.a.O.). Die Kläger meinen, dass bei dem hier streitbefangenen Grundstück von einer solchen Konstellation auszugehen sei, denn die Überbauung der Parzelle .../8 auf ihrer an die Y...straße angrenzenden Seite mit einer Garagenzeile in voller Grundstücksbreite schließe es aus, sich über diese Parzelle hinweg von der hinteren Parzelle .../7 eine Zuwegung zur Y...straße anzulegen. Richtig ist an diesem Vorbringen, dass die zur Hofseite sich öffnende Garagenzeile auf der Parzelle .../8 das Grundstück zur Straße hin abriegelt ("verschließt"). Das damit verbundene Zuwegungshindernis wirkt sich mit Blick auf die Y...straße auch für die hinter der Parzelle .../8 gelegene Parzelle .../7 als Erreichbarkeitshindernis aus. Die Besonderheit dieses Hindernisses besteht nun freilich darin, dass es vom - jetzigen oder damaligen - Eigentümer selbst geschaffen worden ist. Dieser hat sich - aus welchen Gründen auch immer - dafür entschieden, unmittelbar an der Straße eine Garagenzeile zu errichten, zu der wegen ihrer straßenabgekehrten Öffnungsseite nur vom Innenhof des Grundstücks aus Zugang und Zufahrt genommen werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für den Fall einer vom Grundstückseigentümer errichteten Mauer, die es ausschließt, unmittelbar von der um- und ausgebauten Straße auf das Grundstück fahren bzw. dieses von dort aus betreten zu können, in aller Regel von einem "unbeachtlichen" Hindernis auszugehen. Es kann, wie das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung ausführt, nicht in das Belieben des Eigentümers gestellt sein, sein angrenzendes Grundstück durch die Errichtung einer solchen Mauer gleichsam mit der beitragsrechtlichen Folge zu "verschließen", dass das Grundstück zu Lasten der übrigen erschlossenen bzw. bevorteilten Grundstücke bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands unberücksichtigt bleibt (vgl. BVerwG, U. v. 15.01.1988 - 8 C 111/86 - NVwZ 1988, 630, 631; U. v. 27.09.2006 - 9 C 4/05 - NVwZ 2007, 81, 83). Dem Fall einer derartigen Mauer gleich zu erachten ist die hier zu beurteilende "Verschließung", die von der geschlossenen Rückwand einer längs der Straße errichteten Garagenzeile mit straßenabgewandter Zufahrtsseite bewirkt wird. Auch in diesem Fall kann der Grundstückseigentümer seiner Beteiligung am umlagefähigen Aufwand nicht entgegenhalten, das von ihm oder seinem Rechtsvorgänger errichtete bauliche Hindernis hindere die Auffahrt bzw. das Betreten des Grundstücks von der angrenzenden Straße aus, weshalb es nicht an der durch die Straße vermittelten Inanspruchnahmemöglichkeit teilnehme. Wie hoch im Einzelfall die Kosten sind, deren es zur Hindernisbeseitigung - hier bestehend in der Öffnung der Garagenzeile durch Beseitigung zumindest einer Garageneinheit - bedarf und ob ein "wirtschaftlich vernünftig" denkender Grundstückseigentümer bereit wäre, diesen Aufwand und einen etwa hinzukommenden Einnahmeausfall aus der Vermietung auf sich zu nehmen, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Ein Hindernis, welches der Grundstückseigentümer "aus freien Stücken", d.h. ohne erkennbaren äußeren Zwang, selbst geschaffen hat, ist auch dann "unbeachtlich", wenn sich seine spätere Beseitigung im Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Nutzen, der sich mit der Wiederherstellung der bestimmungsgemäßen Inanspruchnahmemöglichkeit erzielen lässt, als vergleichsweise kostspielig und deshalb gegebenenfalls als "unwirtschaftlich" erweist. Im vorliegenden Fall bedeutet das, dass es für die Annahme der Unbeachtlichkeit der Garagenzeile als Hindernis nicht auf die von den Beteiligten kontrovers diskutierte - und auch vom Verwaltungsgericht problematisierte - Frage ankommen kann, welche Kosten mit einer straßenseitigen Öffnung der Garagenzeile tatsächlich verbunden wären und ob ein "wirtschaftlich vernünftig handelnder" Grundstückseigentümer bereit wäre, im Interesse der Erreichbarkeit seines Grundbesitzes von der um- und ausgebauten Straße solche Kosten auf sich zu nehmen.

Davon ausgehend, dass aus den genannten Gründen die geschlossene Garagenzeile an der Y...straße kein beachtliches Erreichbarkeitshindernis für die Parzelle .../8 darstellt, muss gleiches auch für die dahinterliegende - hier streitbefangene - Parzelle .../7 gelten. Zu einem anderen Ergebnis führt nicht etwa die Tatsache, dass die Parzelle .../7 in Bezug auf die Y...straße kein "gefangenes Hinterliegergrundstück", sondern ein nicht gefangenes "anderes" Hinterliegergrundstück ist, welches an eine weitere Anbaustraße - die X...straße - unmittelbar angrenzt (zur Differenzierung zwischen gefangenen und nicht gefangenen Hinterliegergrundstücken in der neueren Hinterliegergrundstücksdogmatik: Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeitragsrecht, 8. Auflage 2007, § 17 Rn. 85 ff., § 35 Rn. 19 ff.). Bei den nicht gefangenen ("anderen") Hinterliegergrundstücken reicht für die Annahme der vorteilhaften Inanspruchnahmemöglichkeit in Bezug auf die nicht unmittelbar angrenzende Anbaustraße nicht schon ohne Weiteres aus, dass deren Inanspruchnahme durch Anlegung einer Zuwegung über das vorgelagerte Grundstück nur noch vom Willen des Eigentümers des Hinterliegergrundstücks abhängt. Vielmehr kommt es hier zusätzlich darauf an, ob nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die um- und ausgebaute Verkehrsanlage von dem hinteren Grundstück in einem relevanten Umfang auch tatsächlich in Anspruch genommen wird. Das wiederum ist nur dann zu bejahen, wenn die Möglichkeit der Inanspruchnahme auch dieser Verkehrsanlage für das hintere Grundstück "von Wert" ist, d.h. einen Vorteil in noch nennenswertem Umfang eröffnet. Ist Letzteres nicht der Fall, so scheidet das Hinterliegergrundstück für die Verteilung des Um- und Ausbauaufwandes der nicht unmittelbar angrenzenden Anbaustraße aus dem Kreis der zu beteiligenden Grundstücke aus (so zutreffend für das Straßenbeitragsrecht: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 401 Buchst. i und j; ferner das dort zitierte Urteil des OVG Magdeburg vom 3. April 2007 - 4 L 230/06 - KStZ 2007, 278). Bei einer Bewertung des aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Y...straße resultierenden Vorteils für die Parzelle .../7 unter diesem Aspekt könnte man zunächst daran denken, dass es sich wegen des Hindernisses der verschließenden Garagenzeile auf der Parzelle .../8 um eine Möglichkeit "ohne Wert" handelt. Mit einer derartigen Sichtweise würde indessen die dargelegte "Unbeachtlichkeit" des fraglichen Hindernisses außer Betracht gelassen. Diese Unbeachtlichkeit schlägt, wie oben ausgeführt, auch auf die Parzelle .../8 durch, und das bedeutet, dass auch für die Bewertung des Vorteils für diese Parzelle das Hindernis fiktiv hinweggedacht werden muss. Bei zu unterstellendem Nichtbestehen des fraglichen Hindernisses kann es aber keinem Zweifel unterliegen, dass die Erreichbarkeit der Y...straße für die Parzelle .../7 über die vorgelagerte Parzelle .../8 einen Vorteil darstellt, der keineswegs zu vernachlässigen ist. Die beiden Parzellen sind nicht nur durch die Eigentümeridentität, sondern darüber hinaus durch eine einheitliche Nutzung verbunden, wie sie sich in der parzellenübergreifenden Bebauung mit dem Gebäude des ehemaligen Möbellagers, welches derzeit für den Betrieb einer Tanzschule genutzt wird, sowie in den auf der Parzelle .../8 eingerichteten Einstellplätzen auch für die gewerblich genutzten Parzellen .../7 und .../3 manifestiert. Eine unmittelbare Zufahrt von der Y...straße aus würde das Erreichen der Einstellflächen erheblich erleichtern, denn die stattdessen angelegte Zufahrt zwischen den Gebäuden X...straße 2 und X...straße 2 A von der X...straße aus ist als solche nicht ideal, da weniger gut erkennbar und umständlich zu befahren. Das rechtfertigt die Annahme, dass mit einiger Wahrscheinlichkeit auch für das Erreichen der Parzelle .../7 von einer über die Parzelle .../8 angelegten Zufahrt von der Y...straße aus tatsächlich Gebrauch gemacht werden würde. Daraus folgt, dass die Parzelle .../7 als bevorteiltes Hinterliegergrundstück zur Y...straße angesehen und in dieser Eigenschaft auch in die Verteilung des umlagefähigen Aufwands für den Um- und Ausbau dieser Straße einbezogen werden muss.

Die von den Klägern außerdem erhobenen Einwände gegen ihre Heranziehung zu dem streitigen Straßenbeitrag sind aus den vom Verwaltungsgericht dargelegten Gründen ebenfalls unbegründet. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, ist das Flurstück .../4 nicht als belastbares Grundstück in die Aufwandsverteilung einzubeziehen, denn dieses Grundstück grenzt an das Flurstück ..., welches als befahrbarer öffentlicher Weg gegebenenfalls in Zukunft als Erschließungsanlage ausgebaut werden wird. Soweit des Weiteren die Kläger die Gewährung der Eckgrundstücksvergünstigung für sich in Anspruch nehmen, scheitert dies schon daran, dass es sich bei ihrem Grundstück aufgrund entsprechender Gebietsausweisung um ein gewerblich nutzbares Grundstück handelt, für welches das Satzungsrecht der Beklagten eine Vergünstigung wegen Mehrfacherschließung ausschließt.

Die Berufung der Kläger ist nach allem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 167 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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