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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.03.2009
Aktenzeichen: 5 A 2640/08.Z
Rechtsgebiete: StAG


Vorschriften:

StAG § 12 Abs. 1 Nr. 5
Die Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 StAG, die die Hinnahme der Mehrstaatigkeit ermöglicht, wenn dem Einbürgerungswilligen bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, beinhaltet die Pflicht des Einbürgerungsbewerbers, Entstehung oder Umfang der drohenden Nachteile zu vermeiden oder zu vermindern, soweit er diese beeinflussen kann.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF

BESCHLUSS

5 A 2640/08.Z

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Einbürgerung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 2. März 2009 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 10. November 2008 - 5 E 223/07 (3) - wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Zulassungsverfahren auf einen Betrag von 10.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 10. November 2008 bleibt ohne Erfolg.

Die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) wecken beim Senat keine derartigen Zweifel.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband bei Beibehaltung seiner türkischen Staatsangehörigkeit abgewiesen. Zur Begründung hat es zum einen ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass der durch die freiwillige Rentenbeitragsnachzahlung des Klägers am 26. Dezember 2005 bei der türkischen Sozialversicherungsanstalt erworbene Rentenanspruch nach deren Auffassung nicht durch das türkisch-deutsche Sozialversicherungsabkommen geschützt sei, so dass Stornierungen oder Rückerstattungen solange ausschieden, wie eine Rückkehr in die Türkei und der Nachweis eines Bezugs einer ausländischen Rente möglich sei, sowie die türkische Staatsangehörigkeit vorliege. Die verbliebene Unklarheit darüber, ob eine Rückerstattung der Beiträge erfolgen könne, wenn der Ruhestandseintritt bei türkischer Staatsangehörigkeit nicht mehr erfüllbar sei, also ob dem Kläger bei Aufgabe der türkischen Staatsangehörigkeit ein erheblicher Nachteil im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 5 StAG entstehen würde, gehe zu seinen Lasten, da er keinen entsprechenden Nachweis vorgelegt habe. Zum anderen sei die Klage aber auch bereits deshalb unbegründet, weil der Kläger im Bewusstsein seines laufenden Einbürgerungsverfahrens die freiwillige Beitragszahlung getätigt habe, so dass er den von ihm geltend gemachten Nachteil selbst hervorgerufen habe.

An der Richtigkeit des Ergebnisses des Urteils wecken die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten keine ernstlichen Zweifel im oben genannten Sinn. Dabei kann offen bleiben, ob die von Klägerseite vorgelegten Unterlagen ausreichen, um eine weitergehende Aufklärung, als sie vom Verwaltungsgericht vorgenommen worden ist, geboten erscheinen zu lassen. Für das Entstehen nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 StAG beachtlicher Nachteile ist nämlich grundsätzlich der Einbürgerungsbewerber darlegungs- und materiell beweispflichtig (vgl. Berlit in: GK-StAR, Stand: März 2008, IV - 2 § 12 Rdnr 227). Jedenfalls ist die weitere vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegte selbstständig tragende Begründung nicht zu beanstanden, der Kläger habe - bei Unterstellung des Fehlens einer Rückerstattungsmöglichkeit bei Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit - durch sein eigenes Verhalten diesen Nachteil im Bewusstsein des laufenden Einbürgerungsverfahrens hervorgerufen und könne sich deshalb auf diesen nicht berufen. Dem hält der Klägerbevollmächtigte entgegen, das Verhalten des Klägers könne nicht als treuwidrig eingestuft werden. Die Absicherung seiner Altersvorsorge sei ein nachvollziehbares und allgemein anerkanntes Motiv und könne nicht als unredliches Verhalten bewertet werden. Es seien rein wirtschaftliche Interessen, die für ihn im Vordergrund gestanden hätten.

Die Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 StAG, die die Hinnahme der vom Gesetzgeber grundsätzlich nicht gewollten Mehrstaatigkeit ermöglicht, wenn dem Einbürgerungswilligen bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, will mit der Aufgabe der ursprünglichen Staatsangehörigkeit zwingend verbundene Härten verhindern. Dies beinhaltet allerdings die Pflicht des Einbürgerungswilligen, Entstehung oder Umfang der drohenden Nachteile zu vermeiden oder zu vermindern, soweit er diese beeinflussen kann (vgl. Berlit a.a.O., Rdnr 228). Mit dieser Pflicht steht es nicht in Einklang, wenn der Einbürgerungswillige - wie hier der Kläger - in Ansehung des Einbürgerungsverfahrens selbst die Voraussetzungen für erhebliche wirtschaftliche Nachteile bei Aufgabe seiner bisherigen Staatsangehörigkeit schafft. Hier hatte der Kläger bereits im Januar 2001 einen ersten Antrag auf Einbürgerung gestellt. Mehrfach hatte ihm gegenüber die Behörde deutlich gemacht, dass eine Einbürgerung bei Beibehaltung der türkischen Staatsangehörigkeit, wie er es wolle, für seine Person nicht in Betracht komme. Wenn unter diesen Umständen der Kläger dann im Dezember 2005 eine einen türkischen Rentenanspruch begründende freiwillige Beitragsleistung erbracht hat, um dann im März 2006 unter Berufung auf diese Rente ausdrücklich seine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit zu beantragen, hat er zumindest nicht alles Zumutbare unternommen, um ihm durch den Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit drohende Nachteile zu vermeiden. Vielmehr hat er diese sehenden Auges in Kauf genommen.

Auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ergibt sich nicht aus denen Ausführungen des Klägerbevollmächtigten.

Wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht, so muss, um dem gesetzlichen Darlegungserfordernis zu genügen, dargetan werden, welche konkrete und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechtsfrage oder welche bestimmte und für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle bedeutsame Frage tatsächlicher Art im Berufungsverfahren geklärt werden soll und inwieweit diese Frage einer (weitergehenden) Klärung im Berufungsverfahren bedarf. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der vorgenannten verfahrensrechtlichen Bestimmung hat ein Verwaltungsstreitverfahren nur dann, wenn es eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung bedarf.

Die vom Klägerbevollmächtigten benannte allgemeine Frage, ob der Verlust der Rentenanwartschaften als schwerwiegender Nachteil im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 5 StAG zu bewerten sei, ist bereits nicht entscheidungserheblich, da das Verwaltungsgericht seine Entscheidung tragend auch auf eine weitere Begründung gestützt hat. Im Übrigen dürfte diese Frage in dieser Allgemeinheit auch nicht klärungsbedürftig sein.

Letztlich führt auch der Zulassungsgrund eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels, der geltend gemacht wird und vorliegt und auf dem die Entscheidung beruhen können muss (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht zur Zulassung der Berufung. Der Klägerbevollmächtigte beruft sich insoweit darauf, das Verwaltungsgericht sei seiner aus § 86 Abs. 1 VwGO folgenden Amtsermittlungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Es habe mangels Erteilung von Auskünften durch die türkische Sozialversicherungsanstalt und die deutsche Rentenversicherung zur Frage der Möglichkeit einer Rückerstattung der Rentenbeiträge bei Verlust der türkischen Staatsbürgerschaft an den Kläger ein Rechtsgutachten einholen müssen. Auch insofern fehlt es bereits - bei Unterstellung eines derartigen Verfahrensfehlers - an der Entscheidungserheblichkeit, da sich dieser auf die weitere, selbstständig tragende Begründung des angefochtenen Urteils nicht auswirken würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf den §§ 52 Abs. 1, 47 Gerichtskostengesetz - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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