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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.09.2008
Aktenzeichen: 5 B 1644/08
Rechtsgebiete: GebOSt, StVG


Vorschriften:

GebOSt Anlage zu § 1
StVG § 6a
Nr. 254 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr (Anlage zu § 1 GebOSt) gilt auch für Maßnahmen zur Durchsetzung einer Verfügung über die Stilllegung eines Kfz (wie VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8.April 2008 - 10 S 2860/07 -).
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 B 1644/08

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Straßenverkehrsgebühren

hier: Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 2. September 2008 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 27. Juni 2008 - 4 L 587/08. DA (2) - abgeändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf einen Betrag von 50,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 27. Juni 2008 ist zulässig und begründet. Anders als das Verwaltungsgericht hat der Senat unter Berücksichtigung der Beschwerdegründe der Antragsgegnerin (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides, die es nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO rechtfertigen, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers anzuordnen.

Nachdem ihr die Kraftfahrzeugsteuerstelle mitgeteilt hatte, dass der Antragsteller für sein Kraftfahrzeug die zu entrichtenden Steuer nicht gezahlt hatte, hatte die Antragsgegnerin mit Verfügung vom 25. Oktober 2007 dem Antragsteller den Betrieb seines Kraftfahrzeugs mit sofortiger Wirkung untersagt und ihn aufgefordert, die Kennzeichenschilder zur Entwertung und gleichzeitig den Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief vorzulegen. Sollte er dieser Aufforderung nicht bis zum 4. November 2007 nachkommen, werde das Fahrzeug zwangsweise und kostenpflichtig außer Betrieb gesetzt. Auf dafür anfallende Gebühren wies die Antragsgegnerin hin. Nachdem der Antragsteller diesen Aufforderungen nicht nachgekommen war, erhob die Antragsgegnerin mit Gebührenbescheid vom 14. Januar 2008 Gebühren in Höhe von insgesamt 150, - € für Maßnahmen zur zwangsweisen Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs, nämlich Auftragserstellung für den Vollzugsdienst und Tätigwerden des Vollzugsdienstes. Auf Antrag des Antragstellers ordnete das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage des Antragstellers gegen den Gebührenbescheid an, da in dem Gebührentatbestand der Nr. 254 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr keine Ermächtigungsgrundlage zur Erhebung einer Gebühr bei Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung zur Entstempelung eines Kraftfahrzeugs gegeben sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. Diese hat Erfolg.

Anders als das Verwaltungsgericht geht der Senat - wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urteil vom 8. April 2008 - 10 S 2860/07 -, VerkMitt 2008 Nr. 51) - davon aus, dass Nr. 254 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr (Anlage zu § 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebOSt - vom 26. Juni 1970, BGBl. I Seite 865, berichtigt Seite 1298, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. August 2006, BGBl. I Seite 2108) auch eine Grundlage zur Gebührenerhebung für Maßnahmen der Behörde zur Durchsetzung einer Stilllegungsverfügung im Wege der Verwaltungsvollstreckung darstellt.

Der Gebührentatbestand des § 254 lautet in der hier maßgeblichen Fassung:

"Sonstige Anordnungen nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz 1994, der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, der Fahrerlaubnis-Verordnung oder der Verordnung über internationalen Kraftfahrzeugverkehr."

Dafür ist eine Rahmengebühr von 14,30 € bis 286,00 € vorgesehen. Dem Gebührentatbestand ist als Satz 2 hinzugefügt:

"Die Gebühr ist auch fällig, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung erst nach Einleiten der Zwangsmaßnahme beseitigt sowie nachgewiesen worden sind."

Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass "Anordnungen" im Sinne dieses Gebührentatbestandes keine Vollziehungshandlungen sein können, die der Durchsetzung der verfügten Stilllegung dienen.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seiner oben genannten Entscheidung bereits auf die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die dieser Gebührenerhebung zugrundeliegenden Verordnung hingewiesen. Gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 Straßenverkehrsgesetz - StVG - werden Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Stilllegung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern. Bereits diese weite Formulierung ("Maßnahmen im Zusammenhang mit der Stilllegung") spricht dafür, dass der Gesetzgeber eine Grundlage für die Gebührenpflicht für sämtliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Stilllegung von Kraftfahrzeugen schaffen wollte. Dem entsprechend waren auch die bereits vom Verwaltungsgericht im Einzelnen wörtlich aufgeführten Vorgängerfassungen des heutigen Gebührentarifs Nr. 254 ausdrücklich so formuliert, dass konkrete Vollzugshandlungen der Gebührenpflicht unterlagen. Auch in diesen Fassungen fand sich jeweils die Regelung, dass die Gebühr auch fällig sei, wenn die Voraussetzungen für die zwangsweise Einziehung erst nach Einleiten der Zwangsmaßnahme beseitigt wurden. Noch in der Fassung der Dreizehnten Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 6. Oktober 1993 (BGBl. I Seite 1683) fand sich hinter dem Tatbestandsmerkmal "Sonstige Anordnungen nach der StVZO" der klarstellende Klammerzusatz "z. B. zwangsweise Einziehung des Führerscheins", der erkennen lässt, dass vom Verordnungsgeber auch Vollzugshandlungen als gebührenpflichtig angesehen wurden. Erst mit der Fassung des Gebührentatbestandes durch die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. August 1998 (BGBl. I Seite 2214) entfiel dieser klarstellende Hinweis auf Vollzugshandlungen. Allerdings verfolgte der Verordnungsgeber mit der Änderung (Einfügung der Fahrerlaubnis-Verordnung und der Verordnung über den internationalen Kraftfahrzeugverkehr in die Reihe der im Gebührentatbestand genannten Rechtsnormen) lediglich eine redaktionelle Anpassung (vgl. BT-Drs. 443/98, Seite 341 zu Art. 5 Nr. 3 e). Ausführlich hat dies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem oben genannten Urteil ausgeführt. Betrachtet man somit die hier maßgebliche Fassung des Gebührentatbestandes Nr. 254 im Gesamtzusammenhang seiner Entstehung kann nicht davon ausgegangen werden, dass - gerade - der verfügten Stilllegung dienende Vollzugshandlungen, deren gebührenmäßige Erfassung die Ermächtigungsgrundlage in § 6a Abs. 1 Nr. 3 StVG zulässt, aus der Gebührenpflicht mit der aktuell geltenden Fassung herausgenommen werden sollten. Für diese - weitere - Auslegung spricht auch - wie ebenfalls der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg dargelegt hat - der Wortlaut des Satzes 2 der Gebührennummer 254, wonach die Gebühr auch fällig ist, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung erst nach Einleiten der Zwangsmaßnahme beseitigt sowie nachgewiesen sind. Für die eigentliche Stilllegungsverfügung wäre eine derartige Regelung überflüssig, da eine Gebührenpflicht für einen rechtmäßig erlassenen Verwaltungsakt auch ohne eine derartige Regelung nicht entfällt, wenn der Pflichtige seiner Pflicht nach dem Erlass nachkommt.

Da somit der Gebührenbescheid der Antragsgegnerin über eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage verfügt, bestehen keine ernstlichen Zweifel gegen seine Rechtmäßigkeit. Für die vom Antragsteller bei Einleitung seines Verfahrens geäußerten Zweifel, ob überhaupt Versuche, sein Kfz stillzulegen, stattgefunden haben, lässt sich, insbesondere angesichts der dezidierten Angaben in den Verwaltungsakten, keine sachliche Grundlage erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die Höhe des Streitwerts auf den §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1, 47 Gerichtskostengesetz - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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