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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.04.2001
Aktenzeichen: 5 N 947/00
Rechtsgebiete: Richtlinie 85/73/EWG des Rates i. d. Fassung d. Richtlinie 96/43/EG d. Rates v. 26.06.1996, GG, FIHG, VetkontrKostG, VwKostO f. d. Geschäftsbereich d. Sozialministeriums i.d. Fassung d. 3. ÄndVO v. 26.08.1999


Vorschriften:

Richtlinie 85/73/EWG des Rates i. d. Fassung d. Richtlinie 96/43/EG d. Rates v. 26.06.1996
GG Art. 20 Abs. 3
GG Art 74 Nr. 20
FIHG § 24
VetkontrKostG
VwKostO f. d. Geschäftsbereich d. Sozialministeriums i.d. Fassung d. 3. ÄndVO v. 26.08.1999
Der hessische Gesetz- und Verordnungsgeber durfte durch das Veterinärkontroll-Kostengesetz und die auf dessen Grundlage erlassene Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Sozialministeriums in der Fassung vom 26. August 1999 in den Gebührennummer 550811, 550812, 550851, 550852 und 550853 bei der Bestimmung der Gebührenhöhe die tatsächlichen Untersuchungskosten anstelle der gemeinschaftsrechtlichen Pauschalbeträge zugrundelegen.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

5 N 947/00

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Fleischuntersuchungsgebühren

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vizepräsidenten des Hess. VGH Dr. Klein, Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Dr. Bark, Richter am Hess. VGH Dr. Göbel-Zimmermann

am 26. April 2001 beschlossen:

Tenor:

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf einen Betrag von 3.660.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die Frage der Wirksamkeit der Gebührentatbestände Nrn. 5508111, 5508112, 5508151, 5508152 und 5508153 aus dem Verwaltungskostenverzeichnis zur Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Sozialministeriums vom 14. September 1997 (GVBl. I S. 302) in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Ministeriums für Frauen, Arbeit und Sozialordnung vom 26. August 1999 (GVBl. I S. 398).

Die streitigen Gebührentatbestände legen in Abweichung von den in europäischem Gemeinschaftsrecht geregelten - niedrigeren - Pauschalgebühren für die Untersuchung von Schlachteinheiten einschließlich Rückstandskontrollen und bakteriologischen Fleischuntersuchungen für Schlachtungen ab dem 1. Juli 1997 (Nr. 5508) in Großbetrieben (Betriebe, in denen im Durchschnitt des vergangenen Kalenderjahres mindestens 1.500 Tiere im Kalendermonat geschlachtet worden sind, Nr. 55081 in Verbindung mit Nr. 55011) für Schweinefleisch einschließlich Trichinenuntersuchung (Nr. 550811) bei weniger als 25 kg je Einheit eine Gebühr von 1,94 DM je Einheit (Nr. 5508111), ab 25 kg je Einheit eine Gebühr von 5,05 DM je Einheit, für Schaf- und Ziegenfleisch (Nr. 550815) bei weniger als 12 kg je Einheit eine Gebühr von 1,03 DM je Einheit (Nr. 5508151), von 12 bis 18 kg je Einheit eine Gebühr von 2,06 DM je Einheit (Nr. 5508152) und bei mehr als 18 kg je Einheit eine Gebühr von 2,94 DM je Einheit (Nr. 5508153) fest.

Die Antragstellerin, die ein Schlachtunternehmen betreibt, schlachtet im Wesentlichen Schweine, in geringerem Umfange auch Schafe und Ziegen. Mit Gebührenbescheid vom 16. November 1999 zog sie der Landrat des Landkreises Marburg-Biedenkopf für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Oktober 1999 für die Untersuchung von Schlachttieren zu Gebühren in Höhe von insgesamt 871.736,92 DM heran. Dieser Bescheid ist zur Zeit noch nicht bestandskräftig.

Die Antragstellerin hält die festgesetzten Gebühren insoweit für rechtswidrig, als sie die pauschalen Gebührensätze der Richtlinie (RL) 85/73/EWG in der Fassung der RL 96/43/EG vom 26. Juni 1996 überschreiten. Nach den Pauschalgebühren ergebe sich für den vom Bescheid erfassten Zeitraum nur ein Betrag von 419.305,27 DM. Dem Antragsgegner stehe keine bundesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung, um höhere als die EG-Pauschalgebühren geltend zu machen. Die Verwaltungskostenordnung in der Fassung vom 26. August 1999 in Verbindung mit dem zugehörigen Verwaltungskostenverzeichnis sei nichtig, weil sie gegen Bundesrecht verstoße. Nach § 24 Abs. 2 Satz 2 Fleischhygienegesetz - FlHG - seien die Fleischuntersuchungsgebühren nach Maßgabe der RL 85/73/EWG und der nachfolgenden Gemeinschaftsrechtsakte zu bemessen. Das bedeute, dass der Bundesgesetzgeber die EG-Pauschalgebühren verbindlich für die Bundesländer vorgegeben habe. Soweit das Land in seinem Veterinärkontroll-Kostengesetz vom 3. November 1998 in Verbindung mit der genannten Verwaltungskostenordnung höhere Gebühren für die Fleischuntersuchung ausweise, seien diese landesgesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen nichtig, weil sie gegen Bundesrecht verstießen. Insoweit werde auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 1997 Bezug genommen. Die sachentsprechende Begrenzung der Höhe der Fleischuntersuchungsgebühren habe vom Landesgesetzgeber dergestalt zu erfolgen, dass er landesgesetzliche Vorschriften dahingehend erlasse, dass die nachgeordneten Gebietskörperschaften die Obergrenze der EG-Pauschalgebührensätze bei der Abrechnung der Kosten der Fleischuntersuchung gegenüber dem Gebührenpflichtigen einzuhalten hätten. Es bestehe keine bundesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Anhebung der Gebühren über die EG-Pauschalgebührensätze hinaus. Zwar habe der Mitgliedsstaat nach den Gemeinschaftsrechtsakten die Möglichkeit, Gebühren für die Fleischuntersuchung in seinem Hoheitsgebiet auch über die Pauschalgebührensätze hinaus anzuheben. Es müsse sich dabei jedoch um eine Anhebung für das gesamte Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaates handeln. Das einzelne Bundesland sei zu einer derartigen Abweichung nicht berechtigt. Der Bundesgesetzgeber habe eine Erhöhung der Gebührensätze für sein Hoheitsgebiet gerade nicht vorgenommen, weil er dem Harmonisierungsgedanken für Fleischuntersuchungsgebühren habe Rechnung tragen wollen, um möglichst einheitliche Fleischuntersuchungsgebühren im europäischen Wirtschaftsraum zu gewährleisten. Dass grundsätzlich die Gesamtkosten des Mitgliedsstaates zu ermitteln und bei einer Anhebung der EG-Pauschalgebührensätze zugrunde zu legen seien, zeige sich bereits an der ursprünglichen Fassung der zugrunde liegenden RL 85/73/EWG vom 29. Januar 1985, in deren Art. 2 Abs. 2 es heiße, die Mitgliedsstaaten könnten einen höheren Betrag erheben als in Abs. 1 vorgesehen, sofern die erhobene Gesamtgebühr je Mitgliedsstaat die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreite. Nur die Festlegung der Gebührentatbestände bleibe den Bundesländern vorbehalten. Die Höhe der Gebühren richte sich ausschließlich nach den vorgenannten Gemeinschaftsrechtsakten. Diese Rechtsauffassung stehe auch ganz eindeutig im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Aus dessen Urteil vom 9. September 1999 sei zu erkennen, dass nur der Mitgliedsstaat nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechtsakts berechtigt sei, von den EG-Pauschalgebühren abzuweichen. Ein Rückgriff auf den Abs. 1 des § 24 FlHG sei nicht zulässig, da der Abs. 2 die speziellere Vorschrift sei, wonach die Festlegung nach dem europäischen Recht zu erfolgen habe. Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lasse einen solchen Zirkelschluss nicht zu. Danach dürfe das bundesstaatliche Kompetenzengeflecht vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips zu keiner verwirrenden und gegenläufigen Gesetzeslage führen. Landesrecht und Bundesrecht dürften nicht in einer Weise sich widersprechen, bei der eine Rechtsanwendung unmöglich gemacht und der Bürger rechtlos gestellt werde. Die rechtliche Begründung der Anwendung von § 24 Abs. 1 FlHG als Ermächtigungsgrundlage für eine kostendeckende Gebührenerhebung bei der Fleischuntersuchung stehe auch nicht im Einklang mit der Verpflichtung des Mitgliedsstaates Bundesrepublik Deutschland, sich als Vertragspartei gemeinschaftstreu zu verhalten. Auch insoweit könne die Vorschrift nicht anders ausgelegt werden als in dem Sinne, dass § 24 Abs. 2 FlHG die spezielle und vorrangige Regelung gegenüber Abs. 1 darstelle. Im Übrigen genieße das Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht. Der Verstoß des Landes Hessen gegen Bundesrecht sei offensichtlich. Es habe landesrechtliche Rechtsgrundlagen erlassen, die die Gebietskörperschaften des Landes Hessen ermächtigten, abweichend von den EG-Pauschalgebührensätzen ohne bundesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage höhere Gebühren für die Fleischuntersuchung festzusetzen. Eine derartige landesgesetzliche Regelung verstoße gegen Bundesrecht, denn der Bundesgesetzgeber habe gerade die EG-Pauschalgebührensätze verbindlich den Bundesländern zur Abrechnung ihrer Kosten für die nach dem Fleischhygienegesetz vorzunehmenden Fleischuntersuchungen vorgegeben. Dies habe auch das Oberverwaltungsgericht Hamburg in seiner Entscheidung vom 3. Februar 1999 deutlich gemacht. Die landesgesetzlichen Regelungen seien auch deswegen zu beanstanden, weil neben den Fleischuntersuchungsgebühren, die nicht den EG-Pauschalgebührensätzen entsprächen, auch noch die Erhebung von Gebühren für die Trichinenuntersuchung und die bakteriologische Fleischuntersuchung vorgesehen sei. Eine derartige Gebührenerhebung sei unzulässig, denn die Bestimmung von § 2 Nr. 1 Buchstabe b) Fleischhygieneverordnung - FlHV - sehe vor, dass diese Untersuchungen Bestandteil der Fleischuntersuchung seien. Zwar habe das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die Erhebung derartiger Gebühren neben den EG-Pauschalgebühren für zulässig erachtet, jedoch habe das Bundesverwaltungsgericht diese Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt. Mit der Erhebung der Gebühren über die EG-Pauschalgebührensätze hinaus verstoße das Land auch in ganz eindeutiger Weise gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, das die Anwendung der EG-Pauschalgebührensätze ausdrücklich vorsehe. Dies führe bereits zur Nichtigkeit der nationalen Rechtsgrundlage, was sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergebe. Das Bundesverwaltungsgericht gehe offensichtlich von der Vorstellung aus, dass grundsätzlich die EG-Pauschalgebühren vom Bundesland zu erheben seien. Von diesen könnten das einzelne Bundesland oder die ihm nachgeordneten Gebietskörperschaften Abweichungen nur dann vornehmen, wenn die besonderen Voraussetzungen nach Nr. 4 a, Kapitel I des Anhanges A der neu kodifizierten RL 85/73/EWG in der Fassung der RL 96/43/EG vom 26. Juni 1996 vorlägen. Eine Wahlfreiheit des Landesgesetzgebers dahingehend, welche Gebührenhöhe das einzelne Bundesland flächendeckend festlegen wolle, bestehe insoweit nicht. § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG habe die Bindung an die EG-Pauschalgebühren eindeutig festgelegt. Das bedeute, dass eine flächendeckende Anhebung allein für das Gebiet des Landes Hessen schon deswegen rechtswidrig sei, weil diese Hebung eindeutig gemeinschaftswidrig wäre. Es komme nur dem Mitgliedsstaat die Anhebung der Untersuchungsgebühren über die Pauschalgebührensätze zu. Wollte man den Bundesländern und - was auch teilweise in anderen Verordnungen von Bundesländern geschehe - deren Gebietskörperschaften die Befugnis zur flächendeckenden Anhebung der EG-Pauschalgebührensätze für das jeweilige Hoheitsgebiet übertragen, wäre das Ziel der Gemeinschaftsrechtsakte, für die Fleischuntersuchung eine harmonisierte Gebührenerhebung im europäischen Wirtschaftsraum für Fleischuntersuchungen herbeizuführen, nicht mehr zu gewährleisten. Insoweit habe der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 9. September 1999 die Befugnis zur Anhebung nach der Bestimmung von Nr. 4 b ausschließlich dem Mitgliedsstaat überantwortet. Zwar weise das Land Hessen die Gebühren für die bakteriologische Fleischuntersuchung und für die Trichinenuntersuchung nicht gesondert aus, sondern bilde sowohl für die Fleisch- als auch für Trichinenuntersuchung und die bakteriologischen Fleischuntersuchungen eine Gesamtgebühr, die den EG-Pauschalgebührensatz überschreite. Eine Berechnung derartiger Gebühren zusätzlich zur Pauschalgebühr sei gemeinschaftswidrig, gleichgültig, ob sie gesondert neben der Gebühr ausgewiesen werde oder aber - wie hier - zusätzlich in die Untersuchungsgebühr hineingerechnet werde. Was die rückwirkende Anwendung der Gemeinschaftsrechtsakte anbelange, bestünden bereits aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erhebliche Bedenken. Dieser verlange, dass der Gemeinschaftsrechtsakt sich noch in Kraft befinde, die Dauer der Rückwirkung sich nur auf einen kurzen Zeitraum erstrecke, die bisher erworbenen Rechte des Gemeinschaftsbürgers gewahrt würden und der Gemeinschaftsrechtsakt in seiner Textfassung eine Rückwirkungsregelung enthalte. Diese vier Voraussetzungen lägen nicht vor, d. h. bis zur Verkündung des Veterinärkontroll-Kostengesetzes am 3. November 1998 könne eine derartige rückwirkende Regelung wie sie in § 7 des Gesetzes vorgesehen sei, nicht eingreifen. Die Gemeinschaftsrechtsakte enthielten keinerlei Rückwirkungsregelung, was jedoch für unabdingbar angesehen werde, damit ein solcher Gemeinschaftsrechtsakt überhaupt rückwirkend angewendet werden könne. Grundlegend müsse man davon ausgehen, dass der Mitgliedsstaat, soweit er den Gemeinschaftsrechtsakt nicht ordnungsgemäß in nationales Recht vollständig umgesetzt habe, auch nicht von den Abweichungsmöglichkeiten nach Nr. 4 Buchstabe a) und b) Kapitel I des Anhanges A der RL 85/73/EWG in der Fassung der RL 96/43/EG Gebrauch machen könne. Von den Abweichungsmöglichkeiten hätten der Mitgliedsstaat Bundesrepublik Deutschland bzw. seine Bundesländer schon deswegen keinen Gebrauch machen können, weil die Bundesländer für diese Gemeinschaftsrechtsakte nicht innerhalb der Umsetzungsfrist die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hätten. Des Weiteren stehe aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 8. März 2001 fest, dass eine ordnungsgemäße Umsetzung des Gemeinschaftsrechtsaktes, das bedeute der RL 85/73/EWG in der Fassung der RL 96/43/EG nicht erfolgt sei. Die Bundesrepublik Deutschland sei ausweislich des Tenors des Urteils wegen Vertragsverletzung verurteilt worden, weil sie gegen ihre Verpflichtung aus Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 der RL 96/43/EG verstoßen habe. Sie habe nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen. Sei somit die Umsetzung des Gemeinschaftsrechtsaktes nicht vollständig und ordnungsgemäß vollzogen, so könnten sich weder der Mitgliedsstaat noch die einzelnen Bundesländer auf Abweichungsmöglichkeiten nach Nr. 4 Buchstaben a) und b) Kapitel I des Anhangs A der Richtlinie berufen. Dies habe zur Folge, dass insoweit die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtsaktes, soweit sie für den Einzelnen günstiger seien, unmittelbar gelten würden. Eine vollständige und ordnungsgemäße Umsetzung wäre für den Mitgliedsstaat Bundesrepublik erst dann gegeben, wenn alle Bundesländer diese vorgenommen hätten. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte verstoße die Anwendung der Verwaltungskostenordnung über § 7 des Veterinärkontroll-Kostengesetzes gegen das verfassungsrechtlich statuierte Rückwirkungsverbot, weil sie, die Antragstellerin, auf der Rechtsfolgenseite mit höheren Kosten für abgeschlossene Tatbestände belastet werde, als wenn auf der Basis der vorgenannten Gemeinschaftsrechtsakte in Höhe der EG-Pauschalgebühren für die Kosten der Fleischuntersuchung abgerechnet würde.

Die Antragstellerin beantragt,

die Dritte Verordnung zur Änderung der Verwaltungskostenordnung für den Bereich des Ministeriums für Frauen, Arbeit und Sozialordnung vom 26. August 1999 für nichtig zu erklären, soweit Art. 2 dieser Verordnung unter Änderung des Verwaltungskostenverzeichnisses über Nr. 5508 in Großbetrieben nach Nr. 55081 (55011) für die Schlachtungen höhere Fleischuntersuchungsgebühren vorsieht, als die nachfolgend dargelegten Gebührensätze berechnet nach Nr. 1 Kap. I des Anhanges A der Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 96/43/EG vom 26. Juni 1996:

Nr. 5508111 Schweinefleisch weniger als 25 kg je Einheit 0,5 ECU/Tier = 0,98 DM

Nr. 5508112 Schweinefleisch ab 25 kg je Einheit 1,30 ECU/Tier = 2,54 DM

Nr. 5508151 Schaf- und Ziegenfleisch weniger als 12 kg je Einheit 0,175 ECU/Tier = 0,34 DM

Nr. 5508152 Schaf- und Ziegenfleisch von 12 kg bis 18 kg je Einheit 0,35 ECU/Tier = 0,68 DM

Nr. 5508153 Schaf- und Ziegenfleisch mehr als 18 kg je Einheit 0,5 ECU/Tier = 0,98 DM.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, die zentrale These der Antragstellerin, der Bundesgesetzgeber habe mit der Regel des § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG die EG-Pauschalgebühren verbindlich für die Bundesländer vorgegeben, sei nicht haltbar. Dies habe das Verwaltungsgericht Kassel in einem Beschluss vom 17. Februar 2000 ausgeführt. Das Bundesverwaltungsgericht sei in seiner Entscheidung vom 29. August 1996 ohne Zweifel davon ausgegangen, dass der Landesgesetzgeber nicht nur die gebührenpflichtigen Tatbestände, sondern auch die Gebührenhöhe selbst auf der Grundlage des § 24 Abs. 2 FlHG festlegen könne. Anders als in der damals der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhaltsgestaltung enthalte die angegriffene Verwaltungskostenordnung keine Rahmengebühren, sondern feste Gebühren und zwar auch nicht für die Exekutivbehörden anderer Gebietskörperschaften. Die Verordnung verstoße auch nicht in den Gebührensätzen gegen übergeordnetes Gemeinschaftsrecht. Diese Auffassung sei nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 9. September 1999 nicht mehr haltbar. Dort sei ausgeführt, dass ein Mitgliedsstaat, wenn er die Befugnis zur Erhebung der Gebühren gemäß der Richtlinie den kommunalen Behörden übertragen habe, von den in der Richtlinie festgesetzten Pauschalbeträgen bis zur Höhe der diesen Behörden tatsächlich entstandenen Kosten nach oben abweichen könne. Die Richtlinie lasse außer der Erhebung von pauschalierten Gebühren die Erhebung von höheren Kosten zu, die die tatsächlich entstandenen Untersuchungskosten deckten. Die Richtlinie habe keine Gebühren in einheitlicher Höhe für die gesamte Gemeinschaft einführen sollen. Im Lichte dieser Entscheidung könne auch nicht verlangt werden, dass die Gesamtkosten innerhalb der Bundesrepublik zu ermitteln seien und dann Gegenstand einer Einheitsgebühr in den einzelnen Untergliederungen bis hinunter zu kommunalen Behörden sein müssten. Nicht nachvollziehbar seien schließlich die Ausführungen, wonach die landesgesetzlichen Erhebungen zur Regelung der Fleischuntersuchungsgebühren auch deswegen zu beanstanden seien, weil neben den Fleischuntersuchungsgebühren auch noch die Erhebung von Gebühren für Trichinenuntersuchung und bakteriologische Fleischuntersuchung vorgesehen sei. Aus Nr. 5508 und 550811 der Verwaltungskostenordnung ergebe sich eindeutig, dass in den Gebühren die Rückstandskontrollen, die bakteriologischen Fleischuntersuchungen und die Untersuchung auf Trichinen enthalten seien. Daneben werde keine Gebühr erhoben. Wenn - wie die Antragstellerin selbst ausführe - diese Untersuchungen Hygienekontrollen im Sinne der RL 85/73/EWG darstellten, die mit der Zahlung der EG-Pauschalgebühr vollständig abgegolten würden, so gelte dies gleichermaßen für den Fall, in dem von der EG-Pauschalgebühr nach oben abgewichen werden könne. In diesen Fällen seien die Kosten der genannten Untersuchungen in der von der EG-Pauschalgebühr abweichenden kostendeckenden Gebühr enthalten. Der Hinweis auf die Einschließlichkeit der Rückstandskontrollen, der bakteriologischen Fleischuntersuchung und der Trichinenuntersuchung zeige gerade, dass eine gesonderte Gebühr nicht erhoben werde. Die Auffassung der Antragstellerin, aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2000 gehe hervor, dass die EG-Pauschalgebührensätze den Bundesländern verbindlich vom Bundesgesetzgeber nach § 24 Abs. 2 FlHG vorgegeben seien, finde in dem Urteil in keiner Weise Bestätigung. Zu der Abweichungsbefugnis nach Anhang A Kapitel I Nr. 4 b der RL 85/73/EWG in der Fassung der RL 96/43/EG habe der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 9. September 1999 entschieden, dass von dieser Abweichungsbefugnis ohne weitere Voraussetzungen Gebrauch gemacht werden könne, soweit die tatsächlichen Kosten nicht überschritten würden. Nach dessen Feststellungen komme es dabei auf die Kosten in der Gebietskörperschaft an, auf die der Mitgliedsstaat die Befugnis zur Erhebung der Gebühren übertragen habe, hier also auf die dem Land Hessen entstandenen Kosten. Dem stehe nicht entgegen, dass der Europäische Gerichtshof von "Mitgliedsstaat" spreche. Er weise selbst darauf hin, dass es jedem Mitgliedsstaat freistehe, die Zuständigkeiten auf innerstaatlicher Ebene zu verteilen und die nicht unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechtsakte mittels Maßnahmen regionaler oder örtlicher Behörden durchzuführen, sofern diese Zuständigkeitsverteilung eine ordnungsgemäße Durchführung der betreffenden Gemeinschaftsrechtsakte ermögliche. Der Europäische Gerichtshof habe ausdrücklich erklärt, dass die Richtlinie keine Gebühren in einheitlicher Höhe für die gesamte Gemeinschaft habe einführen sollen. Vielmehr sei es Ziel der Richtlinie gewesen, Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, die sich aus der Anwendung von je nach Mitgliedsstaat unterschiedlichen Regeln für die Finanzierung der durch das Gemeinschaftsrecht eingeführten Untersuchungen und Hygienekontrollen ergeben könnten.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie eines Ordners mit vom Bevollmächtigten der Antragstellerin eingereichten Unterlagen Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

Er ist statthaft, denn er ist auf die Überprüfung der Gebührentatbestände der Nrn. 5508111, 5508112, 5508151, 5508152 und 5508153 des Verwaltungskostenverzeichnisses zur Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Sozialministeriums vom 14. September 1997 (GVBl. I S. 302) in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Ministeriums für Frauen, Arbeit und Sozialordnung vom 26. August 1999 (GVBl. I S. 398) gerichtet und damit auf die Überprüfung von unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Dafür sieht § 47 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit § 11 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung eine Überprüfungsmöglichkeit durch den Hessischen Verwaltungsgerichtshof vor. Der Prüfungskompetenz des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs steht dabei auch nicht die Prüfungskompetenz des Landesverfassungsgerichts entgegen. Art. 132 der Verfassung des Landes Hessen behält dem Hessischen Staatsgerichtshof nur Entscheidungen über die Vereinbarkeit von Gesetzen und Rechtsverordnungen mit der Hessischen Verfassung vor. Eine Überprüfung der Vereinbarkeit einer Rechtsverordnung mit dem Grundgesetz sowie mit einfachgesetzlichen Vorschriften durch den Hessischen Verwaltungsgerichtshof ist demnach zulässig.

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt, denn sie hat gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend gemacht, durch die Anwendung der angefochtenen Gebührentatbestände in der angegriffenen Fassung in dem Kostenbescheid des Landrats des Landkreises Marburg-Biedenkopf vom 16. November 1999 in ihren Rechten verletzt zu sein. Inhaltlich beziehen sich die angefochtenen Gebührentatbestände auf den Zeitraum ab 1. Juli 1997 und damit auf einen Zeitraum, der zumindest - auch - rückwirkend vor den Verkündungszeitpunkt der Verwaltungskostenordnung in der angegriffenen Fassung zurückreicht. Insoweit ist die Antragstellerin jedoch nur antragsbefugt für den Gültigkeitszeitraum ab dem 1. Januar 1999, da sie nur dargelegt hat, ab diesem Zeitpunkt von Gebührenforderungen des Antragsgegners - des Landes Hessen - betroffen zu sein.

Der am 13. März 2000 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangene Normenkontrollantrag ist auch fristgerecht gestellt, da er die Frist von zwei Jahren nach Bekanntmachung der angefochtenen Rechtsvorschrift (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) wahrt.

Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.

Bedenken gegen das formell einwandfreie Zustandekommen der streitigen Gebührenverordnung sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.

Auch in materieller Hinsicht sind die angefochtenen Gebührentatbestände nicht zu beanstanden. Die angefochtenen Gebührentatbestände Nrn. 5508111, 5508112, 5508151, 5508152 und 5508153 legen als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Verwaltungsgebühren für die Untersuchung von Schlachteinheiten einschließlich Rückstandskontrollen und bakteriologischen Fleischuntersuchungen für Schlachtungen ab dem 1. Juli 1997 für Schweinefleisch und Schaf- und Ziegenfleisch Gebühren pro Einheit in verschiedenen Gewichtsklassen fest. Diese Gewichtsklasseneinteilung folgt der Einteilung in Anhang A Kapitel I Nr. 1 Buchstabe c) und d) der Richtlinie (RL) 85/73/EWG in der Fassung der RL 96/43/EG des Rates vom 26. Juni 1996 (ABl. EG Nr. L 162/1), in der die gemeinschaftsrechtlich geregelten Pauschalbeträge vorgegeben werden. Allerdings legen die angefochtenen, oben genannten Gebührentatbestände im Vergleich zu den Pauschalbeträgen der Richtlinie deutlich erhöhte Gebühren pro Einheit fest, die für Schweinefleisch ungefähr dem doppelten, bei Schaf- und Ziegenfleisch ungefähr dem dreifachen Wert der Pauschalbeträge entsprechen. Die landesgesetzliche Grundlage für die Regelung der Gebührentatbestände in der Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Sozialministeriums in der Fassung vom 26. August 1999 findet sich in dem Gesetz zur Durchführung des § 24 des Fleischhygienegesetzes, des § 26 des Geflügelfleischhygienegesetzes und des § 46a, auch in Verbindung mit § 46b, des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes - Veterinärkontroll-Kostengesetz - VetkontrKostG - vom 3. November 1998 (GVBl. I S. 414). Dieses Gesetz regelt im Einzelnen die Voraussetzungen, nach denen die Landesregierung in der Verwaltungskostenordnung die kostenpflichtigen Tatbestände und für den Bereich des Landes Hessen auch die Höhe der Gebühren bestimmt. Nach § 3 VetkontrKostG sind die Gebühren nach Maßgabe der von den Organen der Europäischen Gemeinschaft erlassenen Rechtsakte in der jeweils geltenden Fassung zu bemessen. Für die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von Fleisch wird dabei ausdrücklich auf die oben genannte RL 85/73/EWG in der Fassung der RL 96/43/EG verwiesen. Nach § 3 Abs. 3 VetkontrKostG ist in den aufgrund des Hessischen Verwaltungskostengesetzes erlassenen Verwaltungskostenordnungen die Höhe der Gebühren für die veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen im Rahmen der gemeinschaftsrechtlich zulässigen Abweichungen von den durchschnittlichen Pauschalbeträgen und Gemeinschaftsgebühren den tatsächlichen Kosten entsprechend festzusetzen. Die Gebührenhöhe für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung von lebenden Schlachttieren und Fleisch im Sinne des Anhangs A Kapitel I der RL 85/73/EWG einschließlich der Hygienekontrollen in Schlachtbetrieben, der Untersuchungen auf Trichinen und der bakteriologischen Fleischuntersuchung wird dabei bestimmt je Tier, unterschieden nach Tierart und Schlachtgewicht. In die Berechnung der Gebühren sind dabei die Löhne und Sozialabgaben der Untersuchungsstellen und die durch die Durchführung der Untersuchungen und Kontrollen entstehenden Verwaltungskosten, denen die Kosten der Fortbildung des Untersuchungspersonals hinzugerechnet werden können, einzustellen (§ 4 Abs. 5 VetkontrKostG), wobei für Betriebe mit mehr als 1.500 Schlachtungen pro Monat im Jahresdurchschnitt (Großbetriebe), die der Kontrolle und Überwachung durch Behörden der Landesverwaltung unterliegen, aufgrund gesonderter gruppenbezogener Ermittlung der entstandenen Aufwendungen spezifische Gebühren bestimmt werden können (§ 4 Abs. 6 VetkontrKostG). Neben dieser eingehenden Regelung der Voraussetzungen der Gebührenfestlegung gibt § 7 VetkontrKostG die Möglichkeit, die Gebührenregelungen für Amtshandlungen nach dem Fleischhygienegesetz und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen mit Wirkung vom 1. Januar 1991 in Kraft zu setzen, wobei die Anwendung dieses Gesetzes und der nach dessen Maßgabe erlassenen Kostenvorschriften auf vor Inkrafttreten dieses Gesetzes vorgenommene Amtshandlungen, für die Kostenbescheide noch nicht oder nicht bestandskräftig erlassen worden sind, zu keiner insgesamt höheren Kostenfestsetzung führen darf, als eine Berechnung nach den früher geltenden Vorschriften (§ 8 VetkontrKostG). Diesen gesetzlichen Vorgaben entspricht die Regelung der hier streitigen Gebührentatbestände in der Verwaltungskostenordnung. Dies wird auch von der Antragstellerin nicht in Zweifel gezogen. Ebenso wenig bestreitet sie, dass - wie der Antragsgegner, das Land Hessen, den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechend geltend macht - die in den streitigen Gebührensätzen festgelegte Höhe den tatsächlichen Verwaltungskosten auf Landesebene unter Einbeziehung der in § 4 Abs. 5 VetkontrKostG genannten Kostenpositionen entspricht. Streitig ist vielmehr, ob der Verordnungsgeber die tatsächlichen Kosten auf Landesebene nach bundes- und gemeinschaftsrechtlichen Maßstäben zugrunde legen durfte.

Die Erhebung von Gebühren für die Untersuchung und Hygienekontrolle von frischem Fleisch ist in weiten Teilen den Mitgliedsstaaten durch Gemeinschaftsrecht vorgegeben. Hinsichtlich der Gebühren für die Untersuchung im Zusammenhang mit Schlachttätigkeiten für den Zeitraum ab dem 1. Juli 1997, die hier streitig sind, ist maßgeblich die bereits oben genannte RL 85/73/EWG in der Fassung der RL 96/43/EG des Rates vom 26. Juni 1996. Der Bundesgesetzgeber hat in dieser Hinsicht durch § 24 Fleischhygienegesetz - FlHG - (hier maßgeblich in der Fassung vom 17.07.1996, BGBl. I S. 991) von seiner ihm nach § 74 Abs. 1 Nr. 20 Grundgesetz - GG - zustehenden konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht (BVerwG, Urteile vom 29.08.1996 - 3 C 7.95 -, BVerwGE 102, 39, 40 f.; und vom 27.04.2000 - 1 C 7.99 -, Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 19 = NVwZ 2001, 330; so auch bereits Beschluss des Senats vom 23.07.1996 - 5 TG 479/96 -, LRE 34, 122). Nach dessen Abs. 1 werden für die Amtshandlungen nach diesem Gesetz und den zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften kostendeckende Gebühren und Auslagen erhoben. Nach Abs. 2 werden die kostenpflichtigen Tatbestände dafür durch Landesrecht bestimmt und die Gebühren nach Maßgabe der von der Europäischen Gemeinschaft erlassenen Rechtsakte über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von Fleisch bemessen. Damit hat es der Bundesgesetzgeber zulässigerweise innerhalb der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit dem Landesgesetzgeber überlassen, die einzelnen kostenpflichtigen Tatbestände zu normieren und somit das Gemeinschaftsrecht in nationales Recht umzusetzen. Zu diesem dem Landesgesetzgeber übertragenen Regelungsauftrag gehören nicht nur die Bestimmung der Gebührentatbestände, sondern auch die der dazu gehörenden Gebühren, was das Bundesverwaltungsgericht aus dem Wort "kostenpflichtig" herleitet (vgl. Urteil vom 27.04.2000 - 1 C 7.99 -, a. a. O.), wofür aber ebenfalls die Formulierung in § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG spricht, nach der die Gebühren nach Maßgabe des europäischen Gemeinschaftsrechts bemessen werden. Bemessung der Gebühren bedeutet auch die Befugnis, ihre Höhe, d. h. den Gebührensatz, zu bestimmen (vgl. auch Beschlüsse des Senats vom 30.05.2000 - 5 TZ 1010/00 -, und vom 06.02.2001 - 5 TZ 3773/00 -). Dabei sind die Länder allerdings durch § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG bereits bundesrechtlich an die dort genannten gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben gebunden. Zu der dem Landesrecht überlassenen Gebührenfestlegung gehört auch die durch Rechtssatz zu treffende Entscheidung, ob die gemeinschaftsrechtlichen "durchschnittlichen Pauschalbeträge" zu erheben sind oder ob und gegebenenfalls wie hiervon unter den gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Voraussetzungen abgewichen werden soll (BVerwG, Urteile vom 27.04.2000 - 1 C 7.99 -, vom 29.08.1996, jeweils a. a. O.; Beschluss vom 21.04.1999 - 1 B 26.99 -, Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 18). Damit steht den Ländern bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts nach § 24 FlHG eine originäre, eigene Gesetzgebungskompetenz (Art. 72 Abs. 1 GG) zu.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin hat der Bundesgesetzgeber also nicht etwa mit der Regelung in § 24 FlHG bereits die RL 85/73/EWG in der Fassung der RL 96/43/EG dergestalt umgesetzt, dass er die EG-Pauschalgebühren zwingend vorgegeben hätte und damit nur selbst über eine Abweichung von diesen Gebühren entscheiden könnte. Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin sich für seine Ansicht auf das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Februar 1999 (- Bf V 49/96 -, HmbJVBl. 1999, 119) beruft, führt diese Argumentation nicht weiter. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat dort allerdings erklärt, der Bundesgesetzgeber habe mit der Verweisung auf die RL 85/73/EWG (in § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG a. F.) die Gebührenhöhe bereits entsprechend dem Gemeinschaftsrecht selbst bundesrechtlich festgelegt, so dass die dortige - vom selben Bevollmächtigten vertretene - Klägerin nicht verlangen konnte, niedrigere Gebühren zu zahlen. Diese Auffassung hat allerdings das Bundesverwaltungsgericht bereits zutreffend als falsch bezeichnet, weil der Bundesgesetzgeber - wie oben ausgeführt - die Gebührenbestimmung den Ländern übertragen hat (Urteil vom 27.04.2000 - 1 C 7.99 -, a. a. O.). Davon, dass der Landesgesetzgeber bei der Gebührenbestimmung nicht mehr die Möglichkeit habe, von den gemeinschaftsrechtlichen Abweichungsmöglichkeiten (für höhere Gebühren) Gebrauch zu machen, ist allerdings auch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht nicht ausgegangen (siehe S. 25 des amtlichen Abdrucks).

Der hessische Gesetz- und Verordnungsgeber hat mit den angefochtenen Gebührentatbeständen und dem zugrunde liegenden Veterinärkontroll-Kostengesetz die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entsprechend der Regelung in § 24 Abs. 2 FlHG auf regionaler, d. h. Landesebene, national umgesetzt.

Die RL 85/73/EWG in der Fassung der RL 96/43/EG gibt den Mitgliedsstaaten gemäß Art. 1 auf, nach Maßgabe des Anhangs A dafür Sorge zu tragen, dass für die Kosten, die durch die Untersuchungen und Kontrollen der Erzeugnisse im Sinne des Anhangs entstehen, eine Gemeinschaftsgebühr erhoben wird. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie werden die Gemeinschaftsgebühren in der Weise festgelegt, dass die Kosten der Behörde, die sie für Löhne und Sozialabgaben der Untersuchungsstelle aufwendet sowie die durch die Durchführung der Untersuchungen und Kontrollen entstehenden Verwaltungskosten, denen noch die Kosten der Fortbildung des Untersuchungspersonals hinzugerechnet werden können, gedeckt werden. Allerdings können gemäß Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie die Mitgliedsstaaten einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühren erheben, sofern die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet. Diese Gebühren sind entsprechend diesen Vorgaben pauschal für die Europäischen Gemeinschaften in Anhang A Kapitel I Nr. 1 a) - e) für die verschiedenen Fleischsorten festgelegt, darunter - soweit für die hier streitigen Gebührentatbestände von Bedeutung - für Schweinefleisch für Tiere mit einem Schlachtgewicht von weniger als 25 kg auf 0,5 ECU/Tier, von 25 kg oder mehr auf 1,30 ECU/Tier, bei Schaf- und Ziegenfleisch für Tiere mit einem Schlachtgewicht von weniger als 12 kg auf 0,175 ECU/Tier, von 12 kg bis 18 kg auf 0,35 ECU/Tier und von mehr als 18 kg auf 0,5 ECU/Tier. Zur Deckung höherer Kosten sieht Nr. 4 des Anhangs A Kapitel I Nr. 4 zwei Möglichkeiten vor, nach denen die Mitgliedsstaaten die Pauschalbeträge bei der nationalen Umsetzung der Richtlinie anheben können. Nach Nr. 4 a) können die Beträge für bestimmte Betriebe bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen angehoben werden, die gerade in diesem Betrieb vorliegen müssen. Nach Nr. 4 b) können die Mitgliedsstaaten aber auch eine Gebühr erheben, die die tatsächlichen Kosten deckt. Hier hat der hessische Gesetz- und Verordnungsgeber die Festlegung der Gebührenhöhe auf die tatsächlichen Untersuchungskosten auf die letztgenannte Möglichkeit gestützt und ist somit deutlich über die gemeinschaftsrechtlichen Pauschalbeträge hinausgegangen (vgl. § 3 Abs. 3 VetKontrKostG). Das ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht zu beanstanden.

Dabei kann der Senat offen lassen, ob sich die Antragstellerin überhaupt gemeinschaftsrechtlich auf die RL 85/73/EWG in der Fassung der RL 96/43/EG berufen kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. etwa: EuGH, Slg. 1998, I-5337 Rdnr. 42) kann sich der Einzelne in all den Fällen, in denen Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber dem Mitgliedsstaat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt hat. Dies hat der Senat für die frühere Fassung der Richtlinie in Verbindung mit der zu ihrer Ausführung ergangenen Entscheidung 88/408/EWG des Rates vom 15. Juni 1988 (ABl. EG Nr. L 194/24) bejaht (Beschluss vom 23.07.1996 - 5 TG 479/96 -, a. a. O.). Zweifel könnten aber nunmehr bestehen, weil der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 9. September 1999 (C-374/97, Slg. 1999, I-5153) ausgeführt hat, ein Einzelner könne sich höheren Gebühren als den EG-Pauschalgebühren nicht widersetzen, sofern diese Gebühren die tatsächlich entstandenen Kosten nicht überschreiten. Dies macht die Antragstellerin nicht geltend. Allerdings wertet das Bundesverwaltungsgericht die Vorgabe des § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG, dass die Länder bei der Umsetzung die Voraussetzungen der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zu beachten haben, als Bundesrecht, dessen Verletzung eine landesrechtliche Umsetzung schon wegen Verstoßes gegen Bundesrecht unwirksam machen würde (BVerwG, Urteile vom 29.08.1996 und vom 27.04.2000 - 1 C 7.99 -, jeweils a. a. O.; Beschluss vom 21.04.1999, a. a. O.).

Im Ergebnis kann diese Frage jedoch offen bleiben, da der hessische Gesetz- und Verordnungsgeber bei der Festlegung der streitigen Gebührenhöhe die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beachtet hat. Er hat - wie oben bereits ausgeführt - von der Möglichkeit des Anhangs A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b) der Richtlinie Gebrauch gemacht und Gebühren festgesetzt, die die tatsächlichen Untersuchungskosten decken. Dabei hat er - wie § 4 Abs. 5 VetKontrKostG ausweist - als Kostenpositionen genau diejenigen berücksichtigt, die auch die Richtlinie in Art. 5 Abs. 1 vorgegeben hat. Dies wird auch von der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. Vielmehr hält sie den Landesgesetz- und -verordnungsgeber zu einer derartigen Festlegung für das Land Hessen für nicht befugt, da die Regelung der Richtlinie über eine Abweichung von den Pauschalbeträgen nur von dem Mitgliedsstaat in Anspruch genommen werden könnte, was hier die Bundesrepublik Deutschland und nicht deren Untergliederungen sei. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.

Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits zu den Vorgängerfassungen der Richtlinie 85/73/EWG ausdrücklich geklärt, dass jeder Mitgliedsstaat berechtigt ist, die Zuständigkeiten auf innerstaatlicher Ebene zu verteilen und die nicht unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechtsakte mittels Maßnahmen regionaler oder örtlicher Behörden durchzuführen, sofern diese Zuständigkeitsverteilung eine ordnungsgemäße Durchführung der betreffenden Gemeinschaftsrechtsakte ermöglicht (EuGH, Urteile vom 10.11.1992, C-156/91, Slg. 1992, I-5597 Rdnr. 23, und vom 09.09.1999, C-374/97, a. a. O., Rdnr. 33). In dieser Berechtigung ist ausdrücklich auch die Befugnis enthalten, dass die regionalen Entscheidungsträger höhere Gebühren als die gemeinschaftsrechtlichen Pauschalgebühren bis zur Höhe der tatsächlich entstandenen Untersuchungskosten erheben (EuGH, Urteil vom 09.09.1999, a. a. O., Rdnr. 39 f.; vgl. dazu: Gündisch, EuZW 2000, 25; Kunze, NVwZ 2001, 291). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. die oben genannten Entscheidungen), des Senats (vgl. Beschlüsse vom 23.07.1996, a. a. O.; vom 30.05.2000 - 5 TZ 1010/00 - und vom 06.02.2001 - 5 TZ 3773/00 -) und der übrigen Obergerichte (Nds. OVG, Beschluss vom 18.01.2000 - 11 K 5275/98 -, LRE 38, 221; Bay. VGH, Urteil vom 02.08.2000 - 4 B 96.3727 -, KStZ 2001, 38; OVG NW, Urteil vom 15.12.1998 - 9 A 2561/97 -, LRE 36, 361).

Der Landesgesetzgeber konnte auch durch § 3 Abs. 3 VetKontrKostG die Festsetzung auf die tatsächlichen Untersuchungskosten in der Verwaltungskostenordnung bezüglich der hier streitigen Gebührentatbestände anordnen.

Der Europäische Gerichtshof hat für die nahezu identische Vorgängerregelung der RL 85/73/EWG in der Fassung der RL 93/118/EG des Rates vom 22. Dezember 1993 (ABl. EG 1993 Nr. L 340/15) - dort lautete die Regelung des Anhangs A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b): "... oder eine spezifische Gebühr erheben, die die tatsächlichen Kosten deckt" - entschieden, dass von dieser Möglichkeit ohne weitere Voraussetzungen nach dem Ermessen des Mitgliedsstaates unter der alleinigen Voraussetzung Gebrauch gemacht werden kann, dass die Gebühr die tatsächlich entstandenen Kosten nicht überschreitet (EuGH, Urteil vom 09.09.1999, a. a. O., Rdnr. 31 f.). In der hier maßgeblichen Fassung ist allein das Wort "spezifische" nicht mehr enthalten, ohne dass dies aber inhaltliche Konsequenzen hätte, denn zusätzliche Voraussetzungen sind gerade nicht für die Abweichungsbefugnis aufgenommen worden. Die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs gelten demgemäß auch hier. Er hat in dieser Entscheidung (a. a. O., Rdnr. 39 ff.) ausgeführt, dass für die Höhe der tatsächlichen Untersuchungskosten auf die Kosten der Behörden auf der innerstaatlichen Stufe des Mitgliedsstaates abgestellt werden kann, denen die Erhebungsbefugnis innerstaatlich übertragen worden ist. Damit kann aber auch nicht mehr - wie von der Antragstellerin gefordert - für die Abweichungsvoraussetzungen auf die tatsächlichen Untersuchungskosten in der gesamten Bundesrepublik Deutschland, dem Mitgliedsstaat insgesamt abgestellt werden (ebenso: Nds. OVG, Beschluss vom 18.01.2000, a. a. O.). Überholt ist insoweit die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 12. März 1997 (- 3 NB 3.94 -, Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 17) zu der ursprünglichen Regelung der nationalen Abweichungsbefugnis vertretene Meinung. Art. 2 Abs. 2 der Entscheidung des Rates 88/408/EWG vom 15. Juni 1988 sah insofern vor, dass die Mitgliedsstaaten die in Art. 2 Abs. 1 der Entscheidung festgelegten Pauschalbeträge auf den Stand der tatsächlichen Kosten senken bzw. anheben konnten, in denen die Lohnkosten, die Struktur der Betriebe und das Verhältnis zwischen Tierärzten und Fleischbeschauern von dem Gemeinschaftsdurchschnitt abwichen. Das Bundesverwaltungsgericht stellte für diese Fassung fest, für die Ausübung der Senkungs- oder Anhebungsbefugnis müsse die Abweichung der genannten Voraussetzungen (Lohnkosten u. ä.) gemessen am Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland und im Gesamtergebnis in Bezug auf den Gemeinschaftsdurchschnitt vorliegen. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 9. September 1999 lässt sich dies zumindest für die jetzt geltende Fassung nicht mehr vertreten. Der Europäische Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang auch klargestellt, dass Zweck der RL 85/73/EWG in der Fassung der RL 93/118/EG des Rates - der Vorgängerfassung der hier zugrunde zu legenden Fassung - nicht die Einführung einheitlicher Gebühren für die gesamte Gemeinschaft, sondern die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sei, die sich aus der Anwendung von je nach Mitgliedsstaat unterschiedlichen Regeln für die Finanzierung der gemeinschaftsrechtlich eingeführten Untersuchungen und Hygienekontrollen ergeben könnten. Die Erhebung von höheren Gebühren als den pauschalierten lasse die Richtlinie ausdrücklich zur Deckung der tatsächlichen Untersuchungskosten zu (a. a. O., Rdnr. 40; anders noch: BVerwG, Beschluss vom 12.3.1997, a. a. O., S. 7, das dem Vereinheitlichungsinteresse vor dem Kostenerstattungsinteresse eindeutig den Vorrang eingeräumt hat). Diese Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs überzeugen, denn mit der Zielrichtung der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sollten offensichtlich nicht Mitgliedsstaaten zur Erhebung nichtkostendeckender Gebühren, also letztlich zur Subventionierung der die gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen Untersuchungen in Anspruch nehmenden Betriebe, verpflichtet werden. Vielmehr sollte Subventionierungen gerade entgegen gewirkt werden.

Im Ergebnis konnte damit der Verordnungsgeber, ohne weitere Voraussetzungen zu prüfen, die Gebührenhöhe den tatsächlich den Landesbehörden bei Einbeziehung der in Art. 5 Abs. 1 RL 85/73/EWG in der Fassung der RL 96/43/EG genannten Positionen entstandenen Kosten anpassen. Dies hat der Landesgesetzgeber in § 4 Abs. 5 VetKontrKostG sichergestellt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht etwa - wie vom Bevollmächtigten der Antragstellerin angesprochen - aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 8. März 2001 (C-316/99). In diesem Verfahren war die Bundesrepublik Deutschland von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften wegen Vertragsverletzung verklagt worden, weil sie gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag und aus der RL 96/43/EG des Rates zur Änderung und Kodifizierung der RL 85/73/EWG dadurch verstoßen habe, dass sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist alle erforderlichen Maßnahmen erlassen habe, um dieser Richtlinie nachzukommen. Dies bezog sich auf die Umsetzung der Änderungsrichtlinie 96/43/EG des Rates vom 26. Juni 1996 in Art. 4 Abs. 1, Unterabsätze i) - iii). Verurteilt wurde die Bundesrepublik Deutschland nur wegen nicht rechtzeitiger Umsetzung des Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz i) der RL 96/43/EG. Dort ist allein - neben dem neu gefassten Art. 7 der RL 85/73/EWG, der sich mit dem Umrechnungskurs bei der Umrechnung der vorgesehenen ECU-Beträge in die Landeswährung befasst - Anhang A Kapitel I Nr. 1 e) genannt, der sich mit den Untersuchungspauschalbeträgen für Geflügelfleisch befasst. Die Pauschalbeträge für Rindfleisch, Einhufer, Schweinefleisch und Schaf- und Ziegenfleisch sind jedoch in den Buchstaben a) bis d) des Anhangs A Kapitel I Nr. 1 geregelt. Insoweit ist die Umsetzung der Richtlinie in der Bundesrepublik Deutschland durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht in Frage gestellt. Vielmehr wurde die Klage der Kommission wegen Vertragsverletzung im Übrigen abgewiesen. Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin nun aus der fehlenden vollständigen Umsetzung dieses Teils der Richtlinie hinsichtlich Geflügelfleisches zum vorgeschriebenen Stichtag folgern möchte, deshalb könne bei den übrigen Gebühren nicht von der Abweichungsbefugnis in Höhe der tatsächlichen Kosten nach Anhang A Kapitel I Nr. 4 b) der Richtlinie Gebrauch gemacht werden, ist dies nicht nachvollziehbar. Auch wenn ein abtrennbarer Teilbereich einer gemeinschaftsrechtlichen Richtlinie von einem Mitgliedsstaat nicht umgesetzt worden ist, kann - ja muss - die Umsetzung der übrigen Teilbereiche doch nach allen Vorschriften der Richtlinie erfolgen.

Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin anführt, der Antragsgegner - das Land Hessen - habe rechtswidrigerweise Gebühren für die bakteriologische Fleischuntersuchung und die Trichinenuntersuchung in der Verwaltungskostenordnung festgesetzt, obwohl diese bereits in den EG-Pauschalbeträgen enthalten seien, und sich zur Begründung seiner Ansicht auf zwei Vorlagebeschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts an den Europäischen Gerichtshof vom 27. April 2000 (- 1 C 8.99 -, GewArch 2000, 384, und - 1 C 12.99 -, GewArch 2000, 385 = Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 21) bezieht, weckt dies keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gebührenregelung. Dieser Vortrag des Bevollmächtigten der Antragstellerin liegt bereits deshalb neben der Sache, weil in der Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Sozialministeriums in der Fassung vom 26. August 1999 in den maßgeblichen Gebührentatbeständen der Nrn. 55 ff. keine gesonderten Gebühren für bakteriologische Fleisch- und Trichinenuntersuchungen ausgewiesen sind, sondern diese Untersuchungen - so wie das der Bevollmächtigten der Antragstellerin auf Grund der Systematik der EG-Pauschalbeträge für richtig hält - in den allgemeinen, allerdings aufgrund der Ausnahmevorschrift erhöhten Untersuchungsgebühren enthalten sind. Den vom Bundesverwaltungsgericht dem Europäischen Gerichtshof vorgelegten Verfahren liegt jedoch die nordrhein-westfälische Rechtslage zugrunde, nach der grundsätzlich die EG-Pauschalbeträge erhoben werden und daneben gesonderte Gebühren für Trichinen- und bakteriologische Untersuchungen vorgesehen sind. Das dort zur Vorlage führende Problem stellt sich demnach in Hessen nicht. Insofern überzeugt auch das Argument der Antragstellerin nicht, mit der Erhöhung der Gebühren auf die Höhe der tatsächlichen Untersuchungskosten habe der hessische Verordnungsgeber im Ergebnis Gebühren für Trichinen- und bakteriologische Untersuchungen gesondert berechnet. Gerade wenn man - wie der Bevollmächtigte der Antragstellerin - davon ausgeht, mit dem Pauschalbetrag seien diese Untersuchungen grundsätzlich mit abgegolten, diese Pauschalbeträge aber - wie oben ausgeführt - auf die Höhe der tatsächlichen Kosten angehoben werden dürfen, so sind offensichtlich auch in den erhöhten Gebühren die tatsächlichen Kostenanteile der Trichinen- und bakteriologischen Untersuchungen enthalten (vgl. dazu auch: BVerwG, Beschlüsse vom 27.04.2000, a. a. O.). Gerade dies bringen auch die hier streitigen Gebührentatbestände zum Ausdruck (vgl. die übergeordneten Nrn. 5508 und 550811). Inhaltlich wendet sich die Antragstellerin mit dieser Argumentation also erneut gegen die - oben bereits für zulässig erkannte - Erhöhung der Pauschalgebühr auf die Höhe der tatsächlichen Untersuchungskosten.

Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin ausführlich zu der seiner Ansicht nach unzulässigen Rückwirkung des Hessischen Veterinärkontroll-Kostengesetzes und der darauf beruhenden Verwaltungskostenordnung vorträgt, ist dies für das vorliegende Normenkontrollverfahren nur in geringem Umfang von Bedeutung. Zwar misst sich die Verwaltungskostenordnung in verschiedenen Gebührentatbeständen Rückwirkung bis zum 1. Januar 1991 zu. Diese Regelungen sind aber nicht Gegenstand der durch die Antragstellerin angefochtenen Gebührentatbestände. Die angefochtenen Gebührennummern beziehen sich allein auf den Zeitraum ab dem 1. Juli 1997, wobei - wie oben erläutert - die Antragstellerin nach ihrem eigenen Vortrag erst ab dem 1. Januar 1999 antragsbefugt ist, da sie nur insofern von den angefochtenen Regelungen betroffen ist. Zu prüfen ist insofern im Rahmen des Normenkontrollverfahrens also allein die Rückwirkung der streitigen Gebührentatbestände bis zum 1. Januar 1999, d. h. ca. acht Monate vor ihrer Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt am 9. September 1999. Das zugrundeliegende Veterinärkontroll-Kostengesetz ist am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (§ 10 des Gesetzes), bemisst sich also für den hier streitigen Zeitraum keine Rückwirkung zu.

Nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben ist der hier zu beurteilende Rückwirkungszeitraum nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Urteil vom 19.12.1961 - 2 BvL 6/59 -, BVerfGE 13, 261, 271; Beschluss vom 23.03.1971 - 2 BvL 2/66, 2 BvR 168 u. a. /66 -, BVerfGE 30, 367, 385). Es handelt sich hier um eine so genannte unechte (retrospektive) Rückwirkung, d. h. um die Einwirkung des Normgebers auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte, im Gegensatz zur echten (retroaktiven) Rückwirkung, bei der nachträglich in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen wird. Hier waren die Gebührenforderungen des Antragsgegners bezüglich der vom Gemeinschaftsrecht beeinflussten Landesrechtslage unklar, teilweise die gesetzliche Grundlage nach Gerichtsentscheidungen nicht ausreichend (vgl. Beschluss des Senats vom 23.07.1996, a. a. O.). Der Gesetz- und der Verordnungsgeber greifen nur in noch nicht gebührenrechtlich abgeschlossene Fälle ein, um diesen eine ausreichende Rechtsgrundlage zu verschaffen (vgl. § 8 VetkontrKostG). Diese unechte Rückwirkung der Gebührenregelung bis zum 1. Januar 1999 - nur soweit ist hier zu entscheiden - war auch zulässig. Die Neuregelung durfte die unklare und teilweise rechtswidrige bestehende Rechtslage, auch unter Berücksichtigung der Umsetzungsverpflichtung hinsichtlich des Gemeinschaftsrechts, bereinigen. Die betroffenen Betriebe mussten aufgrund der Vorgaben im Gemeinschafts- und Bundesrecht, aber auch schon im Landesrecht mit einer Gebührenregelung rechnen, insbesondere mit einer rückwirkenden Heilung für rechtswidrig erkannter Normen. Ein Vertrauen etwa darauf, für in Anspruch genommene Amtshandlungen keine Gebühren oder nur die EG-Pauschalbeträge entrichten zu müssen, konnte in schutzwürdiger Weise nicht entstehen. Dies entspricht der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung sogar für den Rückwirkungszeitraum bis zum Jahr 1991 (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27.04.2000, a. a. O.; OVG NW, Urteil vom 15.12.1998, a. a. O.; Nds. OVG, Beschluss vom 18.01.2000, a. a. O., Urteil vom 16.03.1999 - 11 L 1429/98 -, LRE 36, 377 = NdsVBl. 1999, 240).

Die Ausführungen des Bevollmächtigten der Antragstellerin zu der seiner Ansicht nach vorliegenden Unzulässigkeit der Rückwirkung aufgrund der vom Europäischen Gerichtshof bezüglich des Gemeinschaftsrechts aufgestellten Rechtsgrundsätze liegen neben der Sache. Diese Voraussetzungen gelten für Fälle, in denen Gemeinschaftsrecht rückwirkend angewendet werden soll. Darum handelt es sich hier jedoch nicht. Das Gemeinschaftsrecht - hier die zugrunde liegenden Richtlinien - bemaß sich allein Wirkung für die Zukunft zu und gewährte sogar den Mitgliedsstaaten entsprechende Umsetzungsfristen. Die Frage, inwieweit sich nationales Recht, das der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht dienen soll, Rückwirkung beimessen kann, die jedoch nicht vor den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gemeinschaftsrechts zurückgreift, beurteilt sich allein nach nationalem Recht, denn zur Entscheidung dieser Frage enthält das Europäische Gemeinschaftsrecht keine Regelung und es fehlt dem Europäischen Gerichtshof auch bereits an der Entscheidungskompetenz, da er nur über Europäisches Gemeinschaftsrecht und dessen Auslegung zu entscheiden hat.

Die angefochtenen Gebührenregelungen entsprechen auch den Vorgaben des Hessischen Verwaltungskostengesetzes in der Fassung vom 3. Januar 1995 (GVBl. I S. 2, zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Januar 1998, GVBl. I S. 562). Dieses ist - soweit nicht die spezial-gesetzlichen Regelungen des Veterinärkontroll-Kostengesetzes eingreifen - vom Verordnungsgeber ebenfalls zu beachten. Insofern sind auch von der Antragstellerin keine Bedenken geäußert worden.

Da demnach der Normenkontrollantrag ohne Erfolg bleibt, trägt die Antragstellerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung - ZPO - in entsprechender Anwendung in Verbindung mit § 167 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz - GKG -. Dabei ist der Senat von dem von der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Oktober 1999 vorgelegten Gebührenbescheid vom 16. November 1999 ausgegangen. Da die Antragstellerin aber sich gegen die mit dem Normenkontrollantrag angefochtenen Gebührenregelungen nicht nur zur Vermeidung dieses Gebührenbetrages wendet, sondern sich ihr Interesse auch auf weitere, zukünftige Zeiträume erstreckt, hat der Senat das Interesse der Antragstellerin bewertet und einen Betrag zugrunde gelegt, der ungefähr dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag entspricht. In entsprechender Anwendung des § 9 ZPO in Verbindung mit § 173 VwGO legt der Senat bei wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen den dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges zugrunde.

Ende der Entscheidung

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