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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.02.2007
Aktenzeichen: 5 TG 198/07
Rechtsgebiete: SchfG


Vorschriften:

SchfG § 16 Abs. 2
SchfG § 25 Abs. 4
Die Regelung in § 16 Abs. 2 Satz 3 SchfG, nach der rückständige Umlagen eines Bezirksschornsteinfegermeisters von der zuständigen Verwaltungsbehörde nach den für sie geltenden Vorschriften der Verwaltungsvollstreckung beigetrieben werden, beinhaltet keine gesetzliche Ermächtigung für diese Behörde zum Erlass eines Leistungsbescheides über die Zahlung der Umlage als Vollstreckungsgrundlage. Diese Ermächtigung steht vielmehr nach § 16 Abs. 2 Satz 2, letzter Halbsatz SchfG der Lehrlingskostenausgleichskasse als nichtrechtsfähiger Einrichtung (öffentlichen Rechts) der Schornsteinfegerinnungen zu.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 TG 198/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Beitreibung von Umlagerückständen

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 20. Februar 2007

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen am 2. Januar 2007 - 8 G 3962/06 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner an die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf einen Betrag von 1288,45 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 2. Januar 2007 ist zulässig, aber nicht begründet. Der Senat hat - wie das Verwaltungsgericht - ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 14. August 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2006, die es nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO rechtfertigen, die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Klage anzuordnen.

Nachdem die Lehrlingskostenausgleichskasse des Schornsteinfegerhandwerks Hessen beim Antragsteller - einem Bezirksschornsteinfegermeister - offenstehende Umlagezahlungen für die Jahre 2003 und 2004 vergeblich angemahnt hatte, übergab sie den Vorgang dem Antragsgegner - dem Kreisausschuss des Kreises als zuständiger Verwaltungsbehörde - zur Eintreibung der rückständigen Umlagen. Dieser setzte mit Bescheid vom 14. August 2006 rückständige Umlagen in Höhe von 3860,25 € zzgl. 5,10 € Auslagen gegenüber dem Antragsteller fest. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Antragstellers wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 14. November 2006 zurück. Auf Antrag des Antragstellers ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Anfechtungsklage an, da die gesetzliche Ermächtigung zur Beitreibung rückständiger Umlagen durch den Antragsgegner nicht die Zuständigkeit zur einseitigen verbindlichen Festsetzung der Umlagen umfasse. Mit Beitreibung sei lediglich die Vollstreckung wegen Geldleistungspflichten gemeint. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners.

Gemäß § 16 Abs. 2 Schornsteinfegergesetz - SchfG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. August 1998 (BGBl. I, S. 2071) werden zum Ausgleich der dem einzelnen Bezirksschornsteinfegermeister durch eine Lehrlingsausbildung entstehenden Kosten von den Schornsteinfegerinnungen Ausgleichkassen errichtet, wobei mehrere Innungen eine gemeinsame Kasse errichten können. Die für diese Einrichtung erforderlichen Vorschriften erlässt die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle durch Rechtsverordnung mit der Maßgabe, dass jeder Bezirksschornsteinfegermeister, der im Innungsbereich einen Lehrling ausbildet, bis zu 25% des tariflich vereinbarten Gesellenlohnes der höchsten Lohnstufe erhält und dass die Mittel für die Ausgleichszahlungen und die für die Ausgleichskasse erforderlichen Verwaltungskosten von den Bezirksschornsteinfegern des Innungsbezirks zu gleichen Teilen durch Umlagen aufgebracht werden. Rückständige Umlagen, die trotz Mahnung nicht entrichtet sind, werden auf Antrag des Innungsvorstandes von der zuständigen Verwaltungsbehörde nach den für sie geltenden Vorschriften der Verwaltungsvollstreckung beigetrieben. Zuständige Behörde für die Beitreibung rückständiger Umlagen ist nach § 52 SchfG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 1 c) der Verordnung über Zuständigkeiten im Schornsteinfegerwesen vom 24. November 1981 (GVBl. I S. 425) in den Landkreisen der Kreisausschuss, in den kreisfreien Städten der Magistrat. Die Einzelheiten der Errichtung der Lehrlingskostenausgleichskasse hat in Hessen der Verordnungsgeber durch die Verordnung vom 23. September 1971 (GVBl. I S. 250) geregelt.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist in dieser gesetzlichen Regelung keine Ermächtigungsgrundlage für ihn zum Erlass eines Leistungsbescheides über die Erhebung einer Umlage gegenüber dem Antragsteller als Bezirksschornsteinfeger enthalten. Auch der Senat sieht in der gesetzlichen Formulierung: "Rückständige Umlagen ... werden ... von der zuständigen Verwaltungsbehörde nach den für sie geltenden Vorschriften der Verwaltungsvollstreckung beigetrieben" eine rein vollstreckungsrechtliche Bestimmung der zuständigen Vollstreckungsbehörde. Ermächtigt zum Erlass eines Umlagebescheides gegenüber einem umlagepflichtigen Bezirksschornsteinfegermeister ist vielmehr die Lehrlingskostenausgleichskasse als nichtrechtsfähige Einrichtung öffentlichen Rechts. Dies ergibt sich aus der Formulierung, "dass die Mittel für die Ausgleichszahlungen und die für die Ausgleichskasse erforderlichen Verwaltungskosten von den Bezirksschornsteinfegermeistern des Innungsbezirks zu gleichen Teilen durch Umlagen aufgebracht werden". Ein derartiger Umlagebescheid kann dann von der zuständigen Verwaltungsbehörde - auch dem Antragsgegner - nach den Vorschriften der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden. Nur diese Aufgabenverteilung entspricht auch der Systematik der Vorschrift. Bei dem vom Antragsgegner für richtig gehaltenen Erlass des Umlagebescheides durch die Vollstreckungsbehörde müsste diese - insofern inhaltlich nicht kompetente - Behörde auch die materielle Berechtigung der Umlageerhebung überprüfen.

Etwas anderes folgt nach Auffassung des Senats auch nicht aus der durch Gesetz vom 20. Juli 1994 (BGBl. I S. 1624) geänderten Fassung der Regelung über die Einziehung rückständiger Gebühren und Auslagen von Bezirksschornsteinfegermeistern in § 25 Abs. 4 Satz 4 SchfG. Nach dieser Regelung werden rückständige Gebühren- und Auslagenforderungen von Bezirksschornsteinfegermeistern, die trotz Mahnung nicht entrichtet worden sind, von der zuständigen Verwaltungsbehörde auf Antrag des betreffenden Bezirksschornsteinfegermeisters durch Bescheid festgestellt und nach den für sie geltenden Vorschriften der Verwaltungsvollstreckung beigetrieben. Vor der Änderung war diese Regelung im Wortlaut entsprechend der Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 3 SchfG formuliert, das heißt eine ausdrückliche Ermächtigung zum Erlass eines Feststellungsbescheides über rückständige Gebühren fehlte. Soweit der Antragsgegner insofern unter Berufung auf Musielak/Schira/Manke, Kommentar zum Schornsteinfegergesetz (6. Auflage, Rdn 1 zu § 25) die Auffassung vertritt, diese Gesetzesänderung in § 25 Abs. 4 Satz 4 SchfG habe allein klarstellende Funktion gehabt und entspreche der bereits vorher geltenden Rechtslage, ist ihm zuzugeben, dass der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 29. Juli 1993 (2 S 246/93 -, ESVGH 44,35 = NVwZ 1994, 1135) schon zur alten Gesetzesfassung des § 25 Abs. 4 SchfG die Auffassung vertreten hat, sie biete mit der Formulierung "beitreiben" auch die Ermächtigung zur Erlass eines Leistungsbescheides als Grundlage der dann durchzuführenden Vollstreckung. Allerdings hat der Gesetzgeber in seiner Begründung zur Einfügung der Ermächtigungsgrundlage für Bescheide über rückständige Schornsteinfegergebühren in § 25 Abs. 4 Satz 4 SchfG ausdrücklich ausgeführt, mit der Regelung werde eine gesetzliche Ermächtigung geschaffen für den Erlass behördlicher Gebührenbescheide über rückständige Schornsteinfegergebühren (BT-Drs.12/5928, S. 13 zu Nr. 12 (§ 25 SchfG)a.E.). Dies spricht dafür, dass er eine derartige Ermächtigung unter der vorher geltenden, der heutigen Formulierung in § 16 Abs. 4 Satz 3 SchfG entsprechenden Fassung nicht gesehen hat. Zu der alten Fassung hatte auch der Senat bereits vor langer Zeit die Auffassung vertreten, dass der Bezirksschornsteinfeger, der die Gebühren nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SchfG "erhebt", nach der alten Gesetzesfassung ermächtigt war, selbst den Gebührenbescheid zu erlassen (Urteil vom 15. Juni 1967 - V OE 67/67 -, ESVGH 18, 86), und damit nicht etwa die Vollstreckungsbehörde. Zu der Regelung in § 16 Abs. 4 Satz 3 SchfG hat der Gesetzgeber keine Ermächtigung zum Erlass eines Umlagebescheides durch die zuständige Verwaltungsbehörde als Vollstreckungsbehörde geschaffen. Damit bleibt es bei der sich aus der Systematik der gesetzlichen Bestimmung ergebenden Aufgabenverteilung zwischen Lehrlingskostenausgleichskasse und Vollstreckungsbehörde.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die Höhe des Streitwerts aus den §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetzes - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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