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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.01.2005
Aktenzeichen: 5 TG 2633/04
Rechtsgebiete: HRG, StuGuG, VwFHSchG


Vorschriften:

HRG § 1
HRG § 27 Abs. 4
HRG § 73 Abs. 2
StuGuG § 1
StuGuG § 3
VwFHSchG § 1
Der Abschluss der Verwaltungsfachhochschule stellt einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss im Sinne des § 1 StuGuG dar.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

5 TG 2633/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Studiengebühren

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 11. Januar 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 5. August 2004 - Az.: 12 G 3023/04(V) - abgeändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf einen Betrag von 166,66 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 5. August 2004 ist zulässig und begründet. Anders als das Verwaltungsgericht hat der Senat nach Überprüfung der von der Antragsgegnerin vorgebrachten Beschwerdegründe keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids der Antragsgegnerin vom 16. Februar 2004 über Studiengebühren, die es nach der in Verfahren nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO rechtfertigen, den Vollzug dieses Bescheides auszusetzen.

Nach § 3 Abs. 1 Hessisches Studienguthabengesetz - StuGuG - vom 18. Dezember 2003 (GVBl. I S. 513) erheben die Hochschulen von Studierenden, die nicht über ein Studienguthaben verfügen, für jedes Semester Gebühren. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 StuGuG beträgt die Gebühr für Studierende, die über einen Abschluss im Sinne von § 1 verfügen, 500,-- € für jedes Semester. In § 1 StuGuG ist die Gebührenfreiheit geregelt. Nach dieser Bestimmung wird an den Hochschulen des Landes das gebührenfreie Studium bis zum Erwerb eines ersten berufsqualifizierenden Studienabschlusses sowie im Rahmen von konsekutiven Studiengängen eines weiteren berufsqualifizierenden Abschlusses durch Studienguthaben gewährleistet. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hat der Antragsteller mit dem Erwerb des Abschlusses Diplom-Finanzwirt (FH) an der Verwaltungsfachhochschule in Rotenburg an der Fulda bereits einen ersten berufsqualifizierenden Studienabschluss erreicht, so dass ihm kein Studienguthaben für ein Erststudium zusteht.

§ 1 StuGuG legt die Gebührenfreiheit an den Hochschulen des Landes bis zum Erwerb eines ersten berufsqualifizierenden Studienabschlusses fest. Damit regelt diese Vorschrift den Bereich der Hochschulen, an dem diese Gebührenfreiheit gilt, nämlich an den Hochschulen des Landes. Keine Aussage enthält die Vorschrift darüber, an welchen Hochschulen der dort genannte "erste berufsqualifizierende Studienabschluss" erworben werden kann. Die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, aus § 1 StuGuG ergebe sich zwingend der Verweis auf die in § 2 Abs. 1 Satz 1 Hessisches Hochschulgesetz - HHG - aufgezählten Hochschulen des Landes, unter denen die Verwaltungsfachhochschule nicht aufgeführt ist, geht somit fehl. Vielmehr greift die Regelung des § 1 StuGuG nahezu wörtlich die Rahmenregelung in § 27 Abs. 4 Hochschulrahmengesetz - HRG - in der Fassung des Gesetzes vom 8. August 2002 (BGBl. I S. 3138) auf. In dieser bundesrechtlichen Rahmenregelung ist festgelegt, dass das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und das Studium in einem konsekutiven Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss führt, studiengebührenfrei ist. Diese Formulierung verwendet auch § 1 StuGuG. Daraus wird deutlich, dass der Landesgesetzgeber mit dieser Regelung an § 27 Abs. 4 HRG anknüpfen und den dort für landesgesetzliche Regelungen offengelassenen Spielraum voll ausschöpfen wollte. So lässt § 1 StuGuG nur den Bereich studiengebührenfrei, den § 27 Abs. 4 HRG zwingend von Studiengebühren ausnimmt. Aus diesem inhaltlichen Bezug auf das Hochschulrahmenrecht wird aber deutlich, dass der Landesgesetzgeber mit der Formulierung "erster berufsqualifizierender Studienabschluss" die Regelung des Hochschulrahmengesetzes aufgegriffen hat. Somit sind derartige Hochschulabschlüsse all diejenigen Abschlüsse, die an Hochschulen im Sinne des Hochschulrahmengesetzes erworben worden sind. Hochschulen im Sinne des Hochschulrahmengesetzes sind nach § 1 HRG die Universitäten, die pädagogischen Hochschulen, die Kunsthochschulen, die Fachhochschulen und die sonstigen Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Staatliche Hochschule nach hessischem Landesrecht ist auch die Verwaltungsfachhochschule in Rotenburg. Diese wird nach § 1 des Verwaltungsfachhochschulgesetzes vom 12. Juni 1979 (GVBl. I S. 97, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. November 1998, GVBl. I S. 431) als nichtrechtsfähige Anstalt des Landes geführt. In Anbetracht dieser staatlichen Trägerschaft ist ihre Eigenschaft als staatliche Hochschule des Landes Hessen nicht zweifelhaft (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 15. August 1989 - 9 UE 838/88 -, ESVGH 40, 316; BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1989 - 5 B 135.89 -, Buchholz 436.36 § 2 BAföG Nr. 20; ebenso für bayerisches Recht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 28. März 2001 - 7 B 00.963 -, VGHE 54, 52). Auch die besondere Regelung in § 73 Abs. 2 HRG, nach der für staatliche Hochschulen, deren Ausbildungsgänge ausschließlich auf den öffentlichen Dienst ausgerichtet sind, durch Landesrecht von den Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes abweichende Regelung getroffen werden können, zeigt, dass derartige Verwaltungsfachhochschulen zu den Hochschulen im Sinne des Hochschulrahmengesetzes zu zählen sind.

Da somit § 1 StuGuG als "ersten berufsqualifizierenden Studienabschluss" auch den Abschluss eines Studiums an der Verwaltungsfachhochschule erfasst, ist das Studium der Rechtswissenschaften durch den Antragsteller nicht deshalb gebührenfrei, weil es zum Erwerb eines ersten berufsqualifizierenden Studienabschlusses führen soll.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers handelt es sich bei seinem Studium der Rechtswissenschaften auch nicht etwa um einen "konsekutiven Studiengang", in dessen Rahmen das Studium bis zum Erreichen eines weiteren berufsqualifizierenden Abschlusses gebührenfrei sein soll. Sowohl aus den Materialien zu § 27 Abs. 4 HRG (BT-Drs. 14/8361, Seite 5) als auch zum Hessischen Studienguthabengesetz (LT-Drs. 16/861, Seiten 15, 16) wird deutlich, dass sich die Formulierung "konsekutiver Studiengang" auf Bachelor- und Master-Studiengänge sowie auf Studiengänge, die sich in Diplom 1 und Diplom 2 aufteilen - wie etwa an der Universität Kassel -, beschränken soll. Es genügt daher nicht, wenn der Zweitstudiengang eine sinnvolle Weiterbildung oder Ergänzung des ersten Studienabschlusses darstellt. Im vorliegenden Fall ist der angestrebte Studienabschluss erstes Staatsexamen Rechtswissenschaften bezogen auf das Studium des Antragstellers an der Verwaltungsfachhochschule in Rotenburg mit dem Abschluss Diplom-Finanzwirt somit kein konsekutiver Studiengang.

Da somit der Antragsteller über einen Abschluss im Sinne des § 1 StuGuG bereits verfügt, hat die Antragsgegnerin zu Recht gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 StuGuG eine Gebühr von 500,-- € für das Sommersemester 2004 festgesetzt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die Höhe des Streitwerts auf den §§ 52 Abs. 1, 47, 53 Abs. 3 Nr. 2 Gerichtskostengesetz - GKG - in der ab dem 1. Juli 2004 geltenden Fassung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).



Ende der Entscheidung

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