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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: 5 TG 2725/07
Rechtsgebiete: GG, HessKAG, Spielapparatesteuersatzung


Vorschriften:

GG Art. 105 Abs. 2a
GG Art. 105 Abs. 3
HessKAG § 7 Abs. 2
Spielapparatesteuersatzung der LdsHauptstadt Wiesbaden v 8.12.2006
Gegen eine Bemessung der Spielapparatesteuer nach dem als "Summe der Spieleinsätze (Geldeinwürfe) abzüglich der von dem Gerät ausgeworfenen Geldbeträge" definierten "Einspielergebnis je Apparat (Bruttokasse)" bestehen jedenfalls bei summarischer Überprüfung keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, obwohl sich diese Anknüpfung mit Blick auf den tatsächlich investierten Spieleraufwand als weniger wirklichkeitsnah darstellt als die Anknüpfung an die "elektronisch gezählte Kasse zuzüglich Röhrenentnahmen abzüglich Röhrenauffüllungen, Falschgeld und Fehlgeld" im Sinne des "Saldo 2".
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 TG 2725/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Heranziehung zur Spielapparatesteuer;

hier: Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 17. April 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 22. November 2007 - 1 G 951/07 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 6.460,65 € festgesetzt.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Heranziehung zur Spielapparatesteuer für das erste Quartal 2007 gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alternative VwGO anzuordnen, abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben. Ausgehend von den von der Antragstellerin dargelegten Gründen, auf die sich die Überprüfung im Beschwerdeverfahren zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergeben sich auch für den Senat keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Heranziehung, die es nach der im gerichtlichen Aussetzungsverfahren entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO rechtfertigen können, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin anzuordnen.

Zweifel dieser Art löst zum einen nicht die in § 3 Buchstabe a der Spielapparatesteuersatzung der Antragsgegnerin vom 8. Dezember 2006 (im Folgenden: SpAppStS) vorgesehene Steuerbemessung nach dem "Einspielergebnis je Apparat (Bruttokasse)" aus. Unter "Einspielergebnis" ist nach der genannten Satzungsregelung "die Summe der Spieleinsätze (Geldeinwürfe) abzüglich der von dem Gerät ausgeworfenen Geldbeträge" zu verstehen. Entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung vom 6. Februar 2008 und dem - unrichtigen - Hinweis in dem von ihr verwandten Vordruck zur Spielapparatesteuer-Erklärung wird damit nicht etwa an die als "elektronisch gezählte Kasse zuzüglich Röhrenentnahmen und abzüglich Röhrenauffüllungen, Falschgeld und Fehlgeld" definierte Bruttokasse im Sinne des "Saldo 2" angeknüpft. Bei der als Saldo 2 ausgewiesenen Bruttokasse verbleiben die auf Gewinnauszahlungen entfallenden Beträge ("Röhrenentnahmen") im Kasseninhalt, während andererseits aufwandsfremde Positionen wie Röhrenauffüllungen durch den Apparateaufsteller sowie Falsch- und Fehlgeld ausgesondert werden. Eine Steuerbemessung in dieser Weise zeichnet sich mit Blick auf den tatsächlich investierten Spieleraufwand durch besondere Wirklichkeitsnähe aus. Sie wird deshalb von dem Senat in mittlerweile ständiger Rechtsprechung gebilligt (so zuletzt durch Urteil vom 20.02.2008 - 5 UE 82/07 - mit ausführlicher Begründung). Die Antragsgegnerin stellt in ihrer Spielapparatesteuersatzung nicht auf diesen Begriff der Bruttokasse ab, sondern auf das Kassenergebnis, welches dem "Saldo 1" entspricht. Die Nähe zum tatsächlich investierten Spielaufwand ist bei diesem Anknüpfungspunkt geringer, denn zum einen bleiben die als Gewinn ausgeworfenen Beträge unberücksichtigt, obwohl auch sie aus Spieleraufwand resultieren, und zum anderen findet eine Bereinigung um "aufwandsfremde" Geldeinwürfe nicht statt. Gleichwohl sind - jedenfalls bei summarischer Betrachtung, wie sie im Eilverfahren nur möglich ist - auch gegen diese Art der Bemessung der Spielapparatesteuer durchgreifende Bedenken mit der Folge, dass die Bemessungsregelung ungültig wäre, nicht zu erheben. Die auf die Einwürfe aus Fehl-, Falsch-, Prüf- und Wechselgeld entfallenden Beträge bewegen sich regelmäßig in einer so geringen Größenordnung, dass sie vernachlässigt werden können und sich ihr Nichtabzug als unschädlich darstellt (in diesem Sinne: OVG Münster, B. v. 06.12.2006 - 14 B 2418/06 - Juris). Der Abzug von Gewinnauszahlungen kann wiederum deshalb hingenommen werden, weil die Gewinnquoten an den einzelnen Geräten in etwa konstant bleiben dürften. Nennenswerte Verschiebungen im proportionalen Verhältnis zwischen investiertem Spieleraufwand und der Gesamtsteuerbelastung beim einzelnen Gerät sind damit nicht zu erwarten. Dementsprechend hat der Bundesfinanzhof in einem Beschluss vom 1. Februar 2007 - II B 58/06 - auch entschieden, dass der Steuergesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt - wenn auch nicht verpflichtet - ist, die Steuer auf der Grundlage der nach der Auszahlung von Gewinnen verbleibenden Einspielergebnisse zu bemessen.

Entgegen dem diesbezüglichen Vorbringen der Bevollmächtigten der Antragstellerin, die insoweit auf einen Aufsatz von Paschke Freiherr von Senden (Gewerbearchiv 2007 S. 280 ff.) hinweist, bedarf es für die Bemessung der Spielapparatesteuer nach einem wie immer definierten Kasseninhalt auch nicht der Bereinigung um die in den Spielereinsätzen enthaltene Vergnügungssteuer. Der Senat hat in seinem Urteil vom 20. Februar 2008 (5 UE 82/07) zu diesem Einwand ausgeführt:

"Es ist auch nicht so, dass der Kasseninhalt, auf den die in § 4 Abs. 1 SpAppStS 2006 genannten Steuersätze anzuwenden sind, zuvor um den Anteil gezahlter Spielapparatesteuer, der als Bestandteil der Spielentgelte in die Kasse gelangt ist, bereinigt werden müsste. Soweit nach dem Umsatzsteuergesetz Basis der Berechnung des prozentual bemessenen Steuerbetrags der Nettopreis - also der um die Steuer verminderte Bruttopreis - ist (§ 10 Abs. 4 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes), besteht kein Zwang, dies auf die Bemessung der Spielapparatesteuer zu übertragen. Den Modus der Berechnung der Steuerhöhe legt der Satzungsgeber nach seinem Ermessen fest. Es steht ihm frei, ob er hierfür auf einen bestimmten Prozentsatz der Bruttokasse oder aber der Nettokasse zurückgreift. Die Anknüpfung an die "unbereinigte" Bruttokasse für die Bemessung der Spielapparatesteuer liegt deshalb nahe, weil die Steuer vom Spieler als Teil seines Spielentgelts entrichtet und sodann vom Apparateaufsteller an die Gemeinde als Steuergläubiger abgeführt wird. So gesehen wird der Steueranteil der gezahlten Entgelte aus dem Kasseninhalt wieder "herausgezogen". Bemessung der Steuer auf 10 % der Bruttokasse bei Gewinnspielgeräten und 5 % der Bruttokasse bei Nichtgewinnspielgeräten (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SpAppStS 2006) ist also nichts anderes als die Berechnung der von den Spielern für das Spielen am jeweiligen Gerät entrichteten Steuer anhand des Kasseninhalts."

Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass die in § 4 der Spielapparatesteuersatzung der Antragsgegnerin vorgesehene "Höchstbetragsveranlagung" je Gerät der rechtlichen Überprüfung nicht standhalte, kann auch dem nicht gefolgt werden. In dem Senatsurteil vom 20. Februar 2008 heißt es dazu:

"Richtig ist, dass sich durch die Anwendung der Höchstbetragsregelung bei entsprechend hoher Bruttokasse die auf die einzelnen Spiele am jeweiligen Gerät entfallende Steuerbelastung gleichmäßig anteilig verringert. Der Rückgang der steuerlichen Belastung je absolviertem Spiel fällt umso stärker aus, je stärker die tatsächlich erzielte Bruttokasse den zur Anwendung der Höchstbetragsregelung erforderlichen Kasseninhalt übersteigt. Für die darin liegende steuerliche Ungleichbehandlung gibt es indessen sachlich rechtfertigende Gründe. Soweit der Satzungsgeber den Steuerertrag, der mit einem einzelnen Spielgerät zu erzielen ist, ab einer bestimmten Höhe des Kasseninhalts nicht weiter steigert, sondern bei einem bestimmten Höchstbetrag Halt macht, liegt dem die Überlegung zugrunde, dass das fragliche Gerät ein genügendes Steueraufkommen erwirtschaftet hat, damit von einem angemessenen Ausgleich für die Belastung ausgegangen werden kann, die mit der Flächeninanspruchnahme durch Spielhallen und andere Aufstellörtlichkeiten für den baulich nutzbaren Raum innerhalb der Kommune verbunden ist. Diese Belastung äußert sich bei jedem einzelnen Gerät unabhängig davon, wieviel Spiele an ihm absolviert werden und wie hoch das damit verbundene Einspielergebnis ist. Je weniger an einem Gerät gespielt wird und je geringer infolgedessen der erwirtschaftete Ertrag ist, umso mehr erweist sich vor dem Hintergrund der beschriebenen Belastung seine Aufstellung und seine Bespielung als ein besonderer "Luxus". Das wiederum rechtfertigt eine vergleichsweise stärkere Besteuerung des Spielens an Spielapparaten, die ein für die Anwendung der steuerlichen Höchstbelastung ausreichendes Kassenergebnis nicht erzielen. Durch eine derartige Steuerbemessung kann, wie der Senat in seinem Beschluss vom 10. April 2007 (5 TG 3116/06 - KStZ 2007, 131 = HSGZ 2007, 205) zum Ausdruck gebracht hat, zugleich Lenkungswirkung zugunsten des legitimerweise verfolgten Zwecks ausgeübt werden, das Spielen an Spielgeräten auf eine wegen guter "Auslastung" insgesamt geringere Anzahl aufgestellter Spielgeräte zu konzentrieren und der Neigung, den erforderlichen Ertrag durch die Aufstellung einer Vielzahl relativ ertragsschwacher Geräte zu erwirtschaften, entgegenzuwirken. Auch wenn diese Lenkung unmittelbar nur das Aufstellverhalten der Apparateaufsteller zu beeinflussen vermag, ergeben sich aus ihr - objektiv - auch Auswirkungen auf das vom Apparateangebot abhängige Spielerverhalten. Für die auf die Besteuerungszeiträume in der Vergangenheit bezogene Besteuerung kann Lenkung zwar nicht mehr entfaltet werden. Unabhängig davon bleibt es aber auch hier bei der Belastung für den baulich nutzbaren innerörtlichen Raum, die von der Geräteaufstellung als solcher ausgeht und damit eine Differenzierung entsprechend der Höchstbetragsveranlagung zu rechtfertigen vermag."

Auf durchgreifende rechtliche Bedenken stößt auch nicht die Regelung in § 5 Abs. 2 SpAppStS, wonach der Steuerpflichtige anstelle der Besteuerung nach der Bruttokasse eine Veranlagung nach den in § 4 Abs. 1 genannten Höchstbeträgen als Festbeträgen beantragen kann. Wie der Senat in dem vorgenannten Urteil ausgeführt hat (S. 18 f. des amtlichen Abdrucks), ist darin keine unzulässige "Option" zugunsten des von der Rechtsprechung für ungeeignet befundenen Stückzahlmaßstabs zu sehen. Die Satzung will vielmehr mit der genannten Regelung auf der Grundlage einer Besteuerung nach der Bruttokasse den Verzicht auf den Nachweis des konkreten Einspielergebnisses ermöglichen. Letzteres wird dadurch erreicht, dass das steuerpflichtige Unternehmen die Möglichkeit erhält, sich für eine Besteuerung in der Höhe zu entscheiden, die der jeweils einschlägigen Kappungsgrenze in § 4 der Satzung entspricht. Die Rechtfertigung für die damit verbundene Zugrundelegung des Höchstbetrages ergibt sich aus der der Gemeinde zustehenden Schätzungsbefugnis bei Nichtvorlage der erforderlichen Belege. Die tatsächlich erzielte - aber nicht nachgewiesene - Bruttokasse wird auf eine Höhe eingeschätzt, die für die Anwendung des vorgesehenen Höchstbetrages jedenfalls ausreicht. Dagegen sind durchgreifende Bedenken nicht zu erheben. Der Annahme einer gerechtfertigten Schätzung kann nicht entgegengehalten werden, es fehle an den im Gesetz geregelten Voraussetzungen für die Vornahme einer solchen Schätzung. Gegenstand der Schätzung bei der Höchstbetragsveranlagung ist nicht, wie die Antragstellerin meint, die Steuerhöhe, sondern die Höhe der erzielten Bruttokasse als Besteuerungsgrundlage, aus der sich sodann die Berechtigung ergibt, die Steuer in Höhe des Höchstbetrages festzusetzen.

Keinen Anlass für ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Steuererhebung geben schließlich die im Beschwerdeverfahren durch Verweisung auf erstinstanzliches Vorbringen wiederholten Einwände der Antragstellerin, die Spielapparatesteuersatzung der Antragsgegnerin trage dem Differenzierungsgebot nicht Rechnung, weil sie keine unterschiedlich hohen Steuersätze für Spielhallen- und Gaststättenaufstellung vorsehe, und außerdem verstoße die Erhebung von Spielapparatesteuer nach einem umsatzbezogenen Maßstab gegen europarechtliche Vorgaben. Wie das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss ausführlich und zutreffend dargelegt hat, sind beide Einwände unberechtigt. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann seinerseits der Senat auf diese Ausführungen vollinhaltlich Bezug nehmen.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach allem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 47, 53 Abs. 3 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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