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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.12.2005
Aktenzeichen: 5 TG 2812/05
Rechtsgebiete: GG, SpielAppStS d Stadt Kassel, 1.ÄndS v 15.12.1997


Vorschriften:

GG Art. 3
SpielAppStS d Stadt Kassel v 21.11.1995
1.ÄndS v 15.12.1997
Ab 01.01.1997 waren die Kommunen gehalten zu überprüfen, ob in ihrem Gebiet der sogenannte "Stückzahlmaßstab" bei der Bemessung der Spielapparatesteuer noch den Anforderungen des Art. 3 GG genügte. Eine Überlegungsfrist stand ihnen nicht zu.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 TG 2812/05

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Spielapparatesteuern

hier: Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider

am 28. Dezember 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 13. Oktober 2005 - 6 G 1280/05 - abgeändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers (VG Kassel 6 E 69/05(3) wird hinsichtlich der Spielapparatesteuer für das Jahr 1997 angeordnet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Antragstellerin zu einem Anteil von drei Vierteln, die Antragsgegnerin zu einem Anteil von einem Viertel zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf einen Betrag von 15.683,03 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Heranziehung zu Spielapparatesteuern für die Jahre 1994 bis 1997 durch die Antragsgegnerin ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 13. Oktober 2005 ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich des Jahres 1997 begründet. Nur insoweit hat der Senat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Steuerbescheide, die es nach der im Verfahren auf Anordnung der vorläufigen Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO rechtfertigen, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin anzuordnen.

Mit Beschluss vom 12. August 2004 hat der Senat in dem Normenkontrollverfahren 5 N 4228/98 die Spielapparatesteuersatzung der Stadt Kassel vom 21. November 1995 in der Fassung der Spielapparatesteuer-Änderungssatzung vom 15. Dezember 1997 für ungültig erklärt, soweit diese das Benutzen öffentlich zugänglicher Spiel- und Geschicklichkeitsapparate besteuert (HSGZ 2004, 362 = GemHH 2005, 38). Der Senat ist in dieser Entscheidung zu der Auffassung gelangt, dass die Verwendung des Stückzahlenmaßstabs für Gewinnspielgeräte im Satzungsrecht der Antragsgegnerin ab dem 1. Januar 1997 keinen rechtlichen Bestand mehr haben kann (vgl. Seite 27 des amtlichen Abdrucks). Insoweit wird auf die Ausführungen in dem den Beteiligten bekannten Beschluss verwiesen. Allerdings war in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Verfahren allein die ab 1. Januar 1998 geltende Fassung der Spielapparatesteuersatzung der Antragsgegnerin im Streit. Die gegen diese Entscheidung seitens der Antragsgegnerin eingelegte Revision hat vor dem Bundesverwaltungsgericht keinen Erfolg gehabt (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2005 - 10 CN 1.05 -). Allerdings liegt diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bisher noch nicht schriftlich vor.

Wie vom Senat in seiner o.g. Entscheidung (Seite 25 des amtlichen Abdrucks) ausgeführt, ist seit dem 1. Januar 1997 sichergestellt, dass Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit von diesem Zeitpunkt an mit einem manipulationssicheren Zählwerk ausgestattet sind. Zwischen den Herstellern von Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit und den Verbänden der Unterhaltungsautomatenwirtschaft einerseits sowie dem Bundesministerium für Wirtschaft und dem Bundesministerium für Jugend, Familien, Frauen und Gesundheit andererseits kam es 1989/1990 zu einer selbstverpflichtenden Vereinbarung über den Einbau von manipulationssicheren Zählwerken (vgl. BT-Drucks. 11/6224 vom 15. Januar 1990 und die Ergänzung zur selbstverpflichtenden Vereinbarung vom 1. Oktober 1990). Danach wurden Zulassungen für Geldspielgeräte ohne manipulationssicheres Zählwerk bis einschließlich Januar 1993 befristet und nicht verlängert. Bis 1. Januar 1993 konnten zugelassene Spielgeräte ohne manipulationssicheres Zählwerk für jeweils vier Jahre aufgestellt und in Betrieb genommen werden, was eine Aufstelldauer solcher Geräte bis längstens 31. Dezember 1996 ergab. Damit war ab dem 1. Januar 1997 - aber erst ab diesem Zeitpunkt - sicher gestellt, dass kein Spielgerät ohne manipulationssicheres Zählwerk mehr aufgestellt sein durfte, da solche Geräte gemäß § 7 SpielVO aufgrund der abgelaufenen Aufstelldauer vorher unverzüglich aus dem Verkehr zu ziehen waren.

Zu Recht hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts der Antragsgegnerin nach dem 1. Januar 1997 keine Überlegungsfrist mehr einzuräumen war. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. April 2005 (- 10 C 5.04 -, Städte- und Gemeinderat 2005, 29; Juris) ausdrücklich festgestellt. Da die Tauglichkeit des Stückzahlmaßstabs bei Erhebung der Spielautomatensteuer schon lange vor 1997 im Streit gestanden hatte und die technische Umstellung auf Spielautomaten mit manipulationssicheren Zählwerk bis Anfang des Jahres 1997 bereits vorher absehbar war, war auch die Antragsgegnerin gehalten, den umstrittenen Steuermaßstab rechtzeitig darauf zu überprüfen, ob er rechtmäßiger Weise beibehalten werden konnte.

Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Antragstellerin greifen die Bedenken gegen die Geeignetheit des Stückzahlmaßstabs jedoch für die Zeit vor dem 1. Januar 1997 noch nicht durch. Da - wie oben ausgeführt - bis zu diesem Zeitpunkt nicht zwingend sichergestellt war, dass flächendeckend alle Gewinnspielgeräte mit manipulationssicheren Zählwerk ausgestattet sein mussten, konnte von den Kommunen eine Umstellung des Stückzahlmaßstabs noch nicht verlangt werden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die Höhe des Streitwerts auf den §§ 52 Abs. 3, 47, 53 Abs. 3 Nr. 2 Gerichtskostengesetz - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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