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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 23.11.2005
Aktenzeichen: 5 UE 1546/05
Rechtsgebiete: GG, KAG, ZwstS der Gemeinde Schmitten


Vorschriften:

GG Art. 105 Abs. 2a
GG Art. 20
KAG § 7 Abs. 2
ZwstS der Gemeinde Schmitten
1. Eine kommunale Zweitwohnungssteuersatzung kann zur Bemessung der Steuer zulässigerweise auf einen Preisindex verweisen, der bereits vor Entstehung der Steuerschuld feststeht und aus öffentlichen Quellen entnommen werden kann.

2. Eine Satzung, die die Hochrechnung der Jahresrohmiete zur Bemessung der Steuer bis Januar 1995 entsprechend der Steigerung der Wohnungsmieten (Bruttomiete) nach dem Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im früheren Bundesgebiet und ab Januar 1995 entsprechend der Steigung der Wohnungsmieten (Nettomiete) nach dem Preisindex im gesamten Bundesgebiet, die vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht werden, vornimmt, entspricht ab dem Jahr 2000 dem Bestimmtheitsgebot.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 UE 1546/05

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Zweitwohnungssteuer

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof -5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider, ehrenamtlicher Richter Lecke, ehrenamtlicher Richter Mauch

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Januar 2005 - 10 E 4804/03(1) - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Aufhebung ihrer Zweitwohnungssteuerbescheide gegenüber der Klägerin durch das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Wochenendhauses im Ortsteil der Beklagten C-Stadt, C-Straße.

Mit Bescheiden vom 27. Dezember 2001 zog die Beklagte die Klägerin aufgrund ihrer Zweitwohnungssteuersatzung vom 20. Dezember 2001 zu Zweitwohnungssteuer für die Jahre 1997 bis 2002 heran. Die geforderte Steuer betrug für das Jahr 1997 786,98 €, für das Jahr 1998 806,80 €, für das Jahr 1999 818,24 €, für das Jahr 2000 825,87 €, für das Jahr 2001 835,78 € und für das Jahr 2002 845,69 €. Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin unter dem 17. Januar 2002 Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2003 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin gegen die sechs Steuerbescheide zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 25. August 2003 zugestellt.

Mit Schreiben vom 25. September 2003 - eingegangen beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am selben Tag - hat die Klägerin Klage erhoben.

Zur Begründung hat sie sich im Wesentlichen auf die Gründe eines Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 9. September 2003 (10 E 2431/99) bezogen. Auch die geänderte Fassung der Satzung erlaube als Steuermaßstab keine nachvollziehbare Berechnung der Steuerschuld. Weder seien die steuerbegründenden Tatbestände einschließlich Bemessungsgrundlage nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß so bestimmt und begrenzt gefasst, dass die Steuerlast voraussehbar und für den Steuerpflichtigen mess- und berechenbar sei, noch handele es sich um eine einfache und klare Regelung. Außerdem verletze die Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten Art. 6 Grundgesetz, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stelle. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung sei eine Zweitwohnung jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehabe. Durch die Regelung werde der Ehemann und die Familie der Klägerin mit der Belastung durch die Zweitwohnungssteuer schlechter gestellt, als derjenige, der etwa nicht verheiratet sei, die Wohnung aber für seinen nicht ehelichen Lebensgefährten oder dessen Familie innehabe. Im Übrigen stehe die Steuer in unzulässiger Konkurrenz mit der Einkommenssteuer. Die Fiktion des Mietwerts der Wohnung als Besteuerungsgrundlage sei gleichzusetzen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des Einkommenssteuergesetzes, für das jedoch der Bund gesetzgebungskompetent sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Steuerbescheide vom 27. Dezember 2001 für die Jahre 1997 bis 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2003 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 18. Januar 2005 hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main die angefochtenen Steuerbescheide der Beklagten aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Satzung sei nichtig, weil der Verweis auf andere - als aus der Satzung selbst zu entnehmende - Kalkulationsgrundlagen nur dann zulässig sei, wenn diese Grundlagen - hier der jeweilige Preisindex - für den betroffenen Steuerpflichtigen in der gleichen Weise zugänglich seien, wie es die den Steuertatbestand begründende Norm sei. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Die der Veranlagung zugrunde liegende Norm erweise sich insbesondere wegen der in § 4 Abs. 2 Satz 2 ZwStS enthaltenen dynamischen Verweisung auf die Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes als nichtig. Das im Rechtsstaatsprinzip begründete Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze zwinge den Gesetzgeber zwar nicht, den Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben, er sei aber gehalten, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich sei. Es genüge, wenn die betroffenen Normadressaten die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten könnten. Diesen Anforderungen werde § 4 Abs. 2 Satz 2 ZwStS nicht gerecht, denn die dort bezeichnete Hochrechnung sei nur dann bestimmt (nachvollziehbar), wenn anhand des genannten Monatsindexes die Steigerung der Wohnungsmieten berechnet werden könne. Den Steigerungsbetrag selbst zu ermitteln, um ihn mit der Jahresrohmiete entsprechend zu kombinieren und mit einer Rechnung zu dem Steuerbetrag zu kommen, sei für die Steuerpflichtigen zwar nicht unmöglich, aber nicht zumutbar.

Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 1. Juni 2005 - 5 UZ 603/05 - die Berufung zugelassen.

Zur Begründung trägt die Beklagte vor, die Berufung sei begründet. Das Verwaltungsgericht habe die Klage abweisen müssen. Zutreffend gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass nach dem auf dem Rechtsstaatsprinzip basierenden Bestimmtheitsgebot steuerbegründende Tatbestände einschließlich der Bemessungsgrundlage nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß so bestimmt gefasst und begrenzt sein müssten, dass die Steuerlast voraussehbar und für den Steuerpflichtigen mess- und berechenbar sei. In seiner Entscheidung vom 15. Dezember 1989 führe das Bundesverfassungsgericht weiter aus, dass eine Indexregelung in einem Steuergesetz nur mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar sei, wenn der Bürger den Umfang seiner steuerlichen Verpflichtung hinreichend deutlich aus der Norm entnehmen könne. Erforderlich, aber auch ausreichend für die Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit der Steuerlast sei nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Daten, die zur Indexierung herangezogen würden, bereits vor Entstehung der Steuerschuld festständen und aus öffentlichen Quellen entnommen werden könnten. Unter diesen Voraussetzungen könne der Steuerpflichtige seine Steuerschuld hinreichend deutlich der Satzung über die Zweitwohnungssteuer entnehmen. Die Verweisung eines Gesetzgebers auf Tatsachen oder Kenntnisse begegne jedenfalls dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn diese durch öffentlich-rechtliche Institutionen ermittelt oder bestimmt worden seien. Dieser Sichtweise habe sich das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen. Die Frage der Zulässigkeit der Bemessung der Zweitwohnungssteuer nach einem der Steigerung der Wohnungsmieten folgenden Preisindex sei rechtsgrundsätzlich und im bejahenden Sinne entschieden. Von diesen Grundsätzen weiche das Urteil des Verwaltungsgerichts ab, ohne dass in tatsächlicher Hinsicht Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung bestanden hätten. Das stattgebende Urteil beruhe ausschließlich auf der Erwägung, dass - entgegen der zitierten Rechtsprechung - die Bemessung der Zweitwohnungssteuer anhand einer Hochrechnung auf Grundlage von Preisindizes nicht mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot im Einklang stehe. Diese fehlgehende Rechtsauffassung bilde den zentralen tragenden Urteilsgrund für die Entscheidung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Januar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der Auskünfte des Statistischen Bundesamtes vom 24. Mai 2005 und vom 16. Oktober 2005, der Akte Verwaltungsgericht Frankfurt am Main 10 E 1073/97 (V) sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (3 Hefter) verwiesen, die insgesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat mit Beschluss vom 1. Juni 2005 - 5 UZ 603/05 - zugelassene Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet.

Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil zu Unrecht die Bescheide der Beklagten vom 27. Dezember 2001 über die Heranziehung der Klägerin zu einer Zweitwohnungssteuer für die Jahre 1997 bis 2002 zu Unrecht aufgehoben.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, 349, Kammerbeschlüsse vom 15. Dezember 1989 - 2 BvR 436/88 -, NVwZ 1990, 356, und vom 29. Juni 1995 - 1 BvR 1800/94 und 2480/94 -, GemHH 1995, 237 = NVwZ 1996, 97) und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 10. Oktober 1995 - 8 C 40.93 -, BVerwGE 99, 303, vom 6. Dezember 1996 - 8 C 49.95 -, NVwZ 1998, 178, vom 12. April 2000 - 11 C 12.99 -, BVerwGE 111, 122 und vom 29. Januar 2003 - 9 C 3.02 -, BVerwGE 117, 345; Beschlüsse vom 26. Oktober 1989 - 8 B 36.89 -, NVwZ 1990, 568 = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 5 und vom 27. Oktober 2003 - 9 B 102.03 -, Juris), dass eine Zweitwohnungssteuer als örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz - GG - erhoben werden kann. Es handelt sich damit um eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird. Örtliche Aufwandsteuern erfassen den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung. Sie besteuern die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Dabei kommt es schon aus Gründen der Praktikabilität nicht darauf an, dass diese Leistungsfähigkeit in jedem einzelnen Fall konkret festgestellt wird. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Diese grundsätzliche Zulässigkeit der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer ist auch von Klägerseite her nicht in Zweifel gezogen worden.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts bestehen auch keine Bedenken gegen die Bemessung der Steuer nach dem Mietwert der Wohnung, der durch die Jahresrohmiete bestimmt wird und nach einem der Steigerung der Wohnungsmieten folgenden Preisindex jeweils für das Erhebungsjahr auf den September des Vorjahres hochgerechnet wird. Zwar ist es richtig, dass nach dem aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Bestimmtheitsgebot steuerbegründende Tatbestände einschließlich der Bemessungsgrundlage nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß so bestimmt gefasst und begrenzt sein müssen, dass die Steuerlast für den Steuerpflichtigen voraussehbar und berechenbar ist. Diesen Anforderungen genügt jedoch grundsätzlich der Maßstab einer nach der Mietpreisentwicklung indexierten Jahresrohmiete (vgl. dazu: BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 1989, a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 29. Januar 2003 - 9 C 3.02 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 20, S. 24, vom 6. Dezember 1996 - 8 C 49.95 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 12, S. 20). Bedenken gegen eine derartige Regelung mit Blick auf § 3 Satz 2 Währungsgesetz als Ausdruck des Nominalwertprinzips, §§ 1 und 16 Abs. 1 Stabilitätsgesetz und das aus Art. 109 Abs. 2 GG folgende Gebot, die Belange des gemeinwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten, hat das Bundesverwaltungsgericht, bestätigt durch das Bundesverfassungsgericht, zurückgewiesen (BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 1988 - 8 B 162.87 -, Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 3, S. 1; BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 1989, a.a.O.). Verweist die kommunale Steuersatzung zur Bemessung der Steuer auf die Hochrechnung nach einem Preisindex, der bereits vor der Entstehung der Steuerschuld feststeht und aus öffentlichen Quellen entnommen werden kann, kann der Steuerpflichtige seine Steuerschuld hinreichend deutlich der Satzung über die Zweitwohnungssteuer entnehmen. Ein Verstoß gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Bestimmtheitsgebot liegt nicht vor (BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 1989, a.a.O.).

Die Steuersatzung der Beklagten vom 20. Dezember 2001, die sich Rückwirkung bis für das Steuerjahr 1997 beimisst, genügt als Ermächtigungsgrundlage jedoch nur für die Steuerbescheide für die Jahre 2000 bis 2002.

Aus den vom Senat eingeholten Auskünften des Statistischen Bundesamtes ergibt sich folgendes: Seit den 60iger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde in den Monatsberichten der Fachserie 17 vom Statistischen Bundesamt der Teilindex "Wohnungsmiete" aus dem damaligen Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte für das frühere Bundesgebiet veröffentlicht. Inhaltlich gab dieser Teilindex die Entwicklung der Bruttokaltmiete wieder. Nach der Wiedervereinigung wurde dieser Preisindex "Wohnungsmiete" für die "alten Bundesländer" bis zum Dezember 1998 - veröffentlicht im Januar 1999 - fortgesetzt. Für die neuen Bundesländer einschließlich Berlin-Ost hat das Statistische Bundesamt erstmals im Jahresbericht 1991 - im Mai 1992 veröffentlicht - einen Teilindex "Wohnungsmiete" veröffentlicht. Für das gesamte Gebiet des wiedervereinigten Deutschlands veröffentlichte das Statistische Bundesamt ab dem Monatsbericht August 1995 - erschienen im November 1995 - einen Teilindex "Wohnungsmiete". Bis Dezember 1998 wurden neben diesem Index die Teilindizes "Wohnungsmiete" für das Gebiet der "alten" und das Gebiet der "neuen" Bundesländer einschließlich Berlin-Ost veröffentlicht. Bis Januar 1999 wurde auch der Teilindex "Wohnungsmieten" für das gesamte Gebiet des wiedervereinigten Deutschlands allein als "Bruttokaltmiete" veröffentlicht. Ab Februar 1999 wurde stattdessen ein Teilindex "Nettokaltmiete" für das gesamte Bundesgebiet zurück bis Januar 1995 berechnet und veröffentlicht. Neben diesem Teilindex wird seitdem auch ein Index für die "Wohnungsnebenkosten" veröffentlicht, so dass diese beiden Indizes zusammen einen Index für die "Bruttokaltmiete" ergeben.

Nach § 4 Abs. 1 der Zweitwohnungssteuersatzung - ZwStS - der Beklagten vom 20. Dezember 2001 bemisst sich die Steuer nach dem Mietwert der Wohnung. Als Mietwert gilt nach Abs. 2 dieser Bestimmung die Jahresrohmiete. Diese vom Finanzamt auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 festgestellte Jahresrohmiete wird zur Bemessung der Steuer jeweils für das Erhebungsjahr auf den September des Vorjahres hochgerechnet. Die Hochrechnung erfolgt gemäß § 4 Abs. 2 Sätze 3 und 4 ZwStS bis Januar 1995 entsprechend der Steigerung der Wohnungsmieten (Bruttomiete) nach dem Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im früheren Bundesgebiet, der monatlich vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wird. Ab Januar 1995 erfolgt die Hochrechnung entsprechend der Steigerung der Wohnungsmieten (Nettokaltmiete) nach dem Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im gesamten Bundesgebiet, der vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wird. Aus diesem differenzierten Preisindex ergibt sich eindeutig, auf welches Gebiet jeweils für die Hochrechnung sich dieser Index beziehen soll. Damit sind Unklarheiten, die sich in nicht geänderten kommunalen Zweitwohnungssteuersatzungen deshalb finden, weil das dem Index zugrunde zu legende Gebiet nicht eindeutig bestimmt ist und das Statistische Bundesamt zeitweise mehrere Indizes für verschiedene Gebiete nebeneinander veröffentlichte, von dem aktuellen Wortlaut der Satzung der Beklagten vermieden worden. Insofern genügt die Satzung als wirksame Ermächtigungsgrundlage für die Bescheide für die Jahre nach ihrem Inkrafttreten, d.h. die Jahre 2002 ff., den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots und der Abgabenklarheit.

Für die zurückliegenden Steuerjahre, die zwischen den Beteiligten im Streit sind, - nämlich die Jahre 1997 bis 2001 - ergibt sich ein differenziertes Bild. Die Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten vom 20. Dezember 2001 misst sich nach § 9 der Satzung rückwirkende Geltung bis zum 1. Januar 1997 zu. Das bedeutet, dass der von der Satzung gewählte differenzierte Index für die Jahre bis 1995 (Steigerung der Bruttomiete nach dem Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im früheren Bundesgebiet) und ab 1. Januar 1995 (Steigerung der Nettokaltmiete nach dem Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im gesamten Bundesgebiet) bereits ab dem Jahre 1997 rückwirkend angewendet werden soll. Wie oben dargelegt, veröffentlichte das Statistische Bundesamt jedoch bis Januar 1999 den Teilindex "Wohnungsmieten" für das gesamte Gebiet des wiedervereinigten Deutschlands allein als "Bruttokaltmiete". Erst ab Februar 1999 wurde auch ein Teilindex "Nettokaltmiete" für das gesamte Bundesgebiet - dann allerdings zurück bis Januar 1995 - berechnet und veröffentlicht. Dies bedeutet, dass es in den Jahren 1996 bis 1998 keinen Teilindex in den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes gab, der die "Nettokaltmiete" wiedergab. Insofern konnte sich die Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten vom 20. Dezember 2001 für diese Jahre mit der von ihr verwandten Indexregelung keine wirksame Rückwirkung beimessen.

Nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 -, BVerfGE 13, 261, 271; Beschluss vom 23. März 1971 - 2 BvL 2/66, 2 BvR 168 u.a./66 -, BVerfGE 30, 367, 385) handelt es sich hier um eine sogenannte unechte (retrospektive) Rückwirkung, d.h. um die Einwirkung des Normgebers auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte, im Gegensatz zur echten (retroaktiven) Rückwirkung, bei der nachträglich in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen wird. Hier hat die Beklagte mit ihrer rückwirkenden Satzungsregelung in noch nicht bestandskräftig abgewickelte Steuerforderungen gegenüber den Steuerpflichtigen eingegriffen, um eine ausreichende Rechtsgrundlage zu schaffen. Eine derartige unechte Rückwirkung zur Beseitigung unklarer, eventuell rechtswidriger Rechtslagen, ist grundsätzlich zulässig. Ein schützenswertes Vertrauen der Steuerpflichtigen stand dem insofern nicht entgegen, als die Beklagte bereits zuvor auch in diesen Jahren Zweitwohnungssteuersatzungen mit unterschiedlichen Indexregelungen hatte. Die Steuerpflichtigen mussten deshalb immer mit der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer rechnen. Rückwirkend konnte jedoch nur eine Indexregelung eingeführt werden, die auch bereits in den Jahren, für die sie Geltung beansprucht, für die Steuerpflichtigen praktizierbar gewesen wäre. Da jedoch in den Jahren 1996 bis 1998 noch keine Nettokaltmiete in der Indexveröffentlichung des Statistischen Bundesamtes angegeben war, die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 der Satzung der Beklagten vom 20. Dezember 2001 für die Hochrechnung jedoch jeweils auf den September des Vorjahres abstellt, mussten die Steuerpflichtigen in den Jahren 1997 bis 1999 auch nicht mit der Einführung einer Indexregelung rechnen, die sich auf einen zu dieser Zeit noch nicht veröffentlichten Index bezog.

Letztlich wirkt sich dies jedoch nicht auf die Rechtmäßigkeit der Bescheide für die Jahre 1997 bis 1999 aus. Die durch die Satzung vom 20. Dezember 2001 rückwirkend ersetzte Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten vom 17. Dezember 1998 sah nämlich in § 4 Abs. 2 Satz 3 vor, dass die Hochrechnung entsprechend der Steigerung der Wohnungsmieten nach dem Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im früheren Bundesgebiet - vor Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland - vorgenommen worden, der monatlich vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wurde. Auch diese Satzung maß sich Rückwirkung zu, und zwar auf den 1. Januar 1996. Diese Indexregelung, die sowohl das zugrunde zu legende Gebiet für die Indexbestimmung eindeutig bestimmte, als auch von der damals veröffentlichten Bruttomiete im Rahmen der Indexveröffentlichung ausging, ist unter dem Gesichtspunkt der Abgabenbestimmtheit und -klarheit nicht zu beanstanden. Fällt deshalb die Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten vom 20. Dezember 2001 für die Jahre 1997 bis 1999 als Ermächtigungsgrundlage aus - ist also die Ersetzung für diese Jahre unwirksam -, ist die Satzung der Beklagten vom 17. Dezember 1998 mit der genannten Regelung weiterhin zugrunde zu legen. Aus der Ersetzungsregelung des § 9 der Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten vom 20. Dezember 2001 ergibt sich nämlich nicht, dass die ersetzte Satzung etwa auch für den Fall außer Kraft treten sollte, dass sich die Rückwirkungsregelung als (teilweise) unwirksam erweisen sollte. Der Rückwirkung der Satzung vom 17. Dezember 1998 bis in das Jahr 1996 stehen nach den oben dargelegten Grundsätzen Bedenken auch nicht entgegen. Da nach der von der Beklagten auf Aufforderung des Berichterstatters vorgelegten Vergleichsberechnung sich die Steuerbeträge , die sich aufgrund der Berechnung nach der nunmehr zugrunde zu legenden Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten vom 17. Dezember 1998 ergeben, für die Jahre 1997 und 1998 zu den angefochtenen Bescheiden nur um 78 bzw. 55 Cent unterscheiden und für das Steuerjahr 1999 sogar um 2,43 € höher wäre als nach der Zweitwohnungssteuersatzung vom 20. Dezember 2001, die die Beklagte zugrunde gelegt hat, ergibt sich aufgrund dieser Berechnung eine wirksame Rechtsgrundlage für die streitigen Bescheide auch für die Jahre 1997 bis 1999.

Für die Jahre 2000 und 2001, für die sich die Zweitwohnungssteuersatzung vom 20. Dezember 2001 ebenfalls Rückwirkung beimisst, ist diese nach den oben dargelegten Rechtsgrundsätzen nicht zu beanstanden. Für diese Jahre - die Indexregelung stellt immer auf den September des dem Steuerjahr vorhergehenden Jahres ab - war in den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes die Nettokaltmiete bereits enthalten.

Somit verfügen letztlich alle Bescheide der Beklagten vom 27. Dezember 2001 für die Jahre 1997 bis 2002 über eine wirksame satzungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage. Aus diesem Grund ist der Berufung der Beklagten stattzugeben und in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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