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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: 5 UE 1567/05
Rechtsgebiete: HVwKostG, VersG, VwKostO-MdI


Vorschriften:

HVwKostG § 2 Abs. 1
VersG § 15 Abs. 1
VwKostO-MdI § 1
Werden mit schriftlichen Festsetzungen zum Ablauf einer angemeldeten Versammlung /Demonstration nur die Modalitäten im Hinblick auf abstrakte Gefahrentatbestände festgelegt, so handelt es sich nicht um "Auflagen" im eigentlichen Sinne, die nach der Gebührenziffer 472 des Kostenverzeichnisses zur Verwaltungskostenordnung des Ministeriums des Innern und für Sport die Erhebung einer Verwaltungsgebühr rechtfertigen können.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 5 UE 1567/05

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Verwaltungsgebühren

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof -5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann, Richter am Hess. VGH Dr. Apell, Richter am Hess. VGH Schneider, ehrenamtliche Richterin Wendel, ehrenamtlicher Richter Bretthauer

ohne mündliche Verhandlung am 26. April 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts A-Stadt vom 27. April 2005 - 6 E 2548/04 - abgeändert.

Der Bescheid des Oberbürgermeisters der Stadt A-Stadt vom 17. September 2004 wird insoweit aufgehoben, als er die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 40,-- € enthält.

Die Beklagte hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen die Abweisung seiner Klage, die gegen seine Heranziehung zu einer Verwaltungsgebühr für die Festsetzung einer versammlungsrechtlichen Auflage im Bescheid der Beklagten vom 17. September 2004 gerichtet ist.

Mit Schreiben vom 15. September 2004 meldete der Kläger einen Aufzug sowie eine Kundgebung mit dem Thema "Sozialabbau/Hartz IV" für den 20.09.2004 an. Zu den Modalitäten, insbesondere der Demonstrationsroute wird auf das vorgenannte Schreiben Bezug genommen. Am 16. September 2004 fand eine Besprechung statt, an der neben einem Vertreter des Klägers und der Beklagten das Polizeipräsidium Kassel und Vertreter der Verkehrsgesellschaften teilnahmen. Ausweislich des anlässlich dieser Besprechung gefertigten Kurzprotokolls wurden u.a. die Themen Streckenverlauf, und der Einsatz von Megaphonen und Lautsprecherwagen behandelt. Das als Formblatt gestaltete Kurzprotokoll enthält eine weitere Rubrik: Auflagen (§ 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz). In dem Unterabschnitt standardisierte Auflagen werden die Zahl der Ordner, die Dauer der Zwischenkundgebung und die Länge der Transparentstangen festgelegt. Im Unterabschnitt individuelle Auflagen heißt es: "PP-relevant - werden zwischen PP und Herrn Maar telefonisch erledigt" (PP = Polizeipräsidium).

Durch Bescheid vom 17. September 2004 bestätigte die Beklagte die Anmeldung und verfügte im Weiteren wie folgt:

"Nach § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes ordne ich hiermit folgende Auflagen an:

Der Aufzug ist ab 17.20/spätestens 17.30 Uhr wie nachstehend aufgeführt durchzuführen:

Vom Opernplatz über die Obere Königsstraße, Rathaus, Fünffensterstraße (entgegen der Fahrbahn), Steinweg, Schöne Aussicht, Steinweg, "Friedrichsplatz-Randstraße", Obere Königsstraße zum Opernplatz.

Die Versammlungen (Kundgebungen) sind wie nachstehend aufgeführt durchzuführen: Auftaktkundgebung um 17.00 Uhr am Opernplatz. Abschlusskundgebung am Opernplatz; Zwischenkundgebung in der Schönen Aussicht. Die Zwischenkundgebung in der Schönen Aussicht wird auf die Dauer von maximal 20 Minuten zeitlich begrenzt.

Als verantwortlicher Leiter haben Sie bei bis zu 700 Versammlungsteilnehmern 38 Teilnehmer als Ordner einzusetzen. Je angefangene 100 weitere Versammlungsteilnehmer sind zusätzlich je weitere 5 Ordner einzusetzen. Die Ordner müssen volljährig und durch weiße Armbinden mit der Aufschrift "Ordner" zu erkennen sein.

Flugblätter dürfen von der Fahrbahn aus nur in Fahrtrichtung zum rechten Fahrbahnrand bzw. Gehsteig hin verteilt werden; Flugblätter dürfen nicht über die Gegenfahrbahn verteilt werden.

Die Flugblätter müssen mit einem Impressum versehen sein und dürfen keinen strafbaren Inhalt haben.

Die Stangen der mitgeführten Transparente müssen aus nicht leitendem Material hergestellt sein. Die Stangen dürfen nicht länger als 2,5 m sein und müssen bei ausgestrecktem Arm der Trägerin bzw. des Trägers mindestens 1 m von der Stromoberleitung entfernt bleiben.

...

Der verantwortliche Leiter hat das Ende der Versammlung am 20.09.2004 um spätestens 19.00 Uhr am Opernplatz förmlich zu erklären."

Die im Bescheid enthaltene Kostenentscheidung hat folgenden Wortlaut:

"Gemäß § 21 Abs. 1 des Hessischen Verwaltungskostengesetzes und Ziffer 472 der HessVwKostO wird für die Festsetzung der Auflagen zu dieser Bestätigung eine Verwaltungsgebühr von 40,00 € (vierzig Euro) erhoben."

Zur Begründung der am 19. Oktober 2004 erhobenen Klage führt der Kläger aus, die angefochtene Verwaltungsgebühr verletze das Grundrecht auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit und sei deshalb verfassungswidrig. Einschränkungen seien nur zur Gefahrenabwehr, also zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässig. Soweit die Ausübung des Demonstrationsrechts mit einer Gebührenerhebung verbunden werde, verletze dies zudem den Gleichbehandlungsgrundsatz. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit sei nur dann gewährleistet, wenn jeder Bürger oder Veranstalter - unabhängig von seinen wirtschaftlichen Verhältnissen - Gelegenheit erhalte, eine Demonstration anzumelden und durchzuführen, sofern er die polizeilichen Vorgaben beachte.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 17. September 2004 insoweit aufzuheben, als dieser eine Kostenentscheidung über die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 40,00 € enthält.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trat der Klage entgegen und verwies auf Ziffer 472 des Verwaltungskostenverzeichnisses zur Verwaltungskostenordnung des Ministeriums des Innern vom 16. Dezember 2003, wonach die Beklagte für die Festsetzung von Auflagen nach § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz eine Verwaltungsgebühr zu erheben habe. Mit der Verfügung vom 17. September 2004 habe sie den Aufzug und die Versammlung des Klägers am 20. September 2004 versammlungsrechtlich bestätigt und Auflagen verfügt, so dass die Verwaltungsgebühr zu erheben gewesen sei.

Nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt haben, hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 27.April 2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt es aus, die angefochtene Gebührenfestsetzung sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Rechtsgrundlage für die festgesetzte Verwaltungsgebühr sei § 2 Abs. 1 Satz 1 des Hessischen Verwaltungskostengesetzes i.V.m. § 1 der Hessischen Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern und für Sport vom 16. Dezember 2003 i.V.m. Ziffer 472 des dazu erlassenen Verwaltungskostenverzeichnisses. Nach der genannten Ziffer würden für Amts-handlungen im Bereich des Versammlungswesens für das Verbot oder das Festlegen von Auflagen nach §§ 5 oder 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes eine Rahmengebühr von 15,00 bis 200,00 € erhoben. Ausgehend davon habe die Beklagte die Verwaltungsgebühr in Höhe von 40,00 € zu Recht erhoben, da in dem streitbefangenen Bescheid vom 17. September 2004 Auflagen im Sinne des § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz angeordnet worden seien, ohne dass dagegen beachtliche verfassungsrechtliche Bedenken bestünden. Die Gebühr werde weder für die Anmeldung der Versammlung erhoben, noch werde etwa die Durchführung der erlaubnisfreien Versammlung von der Entrichtung der Gebühr konditional abhängig gemacht, so dass formal das Recht auf Versammlungsfreiheit nicht eingeschränkt werde. Die vorgenannten Vorschriften sähen die Erhebung von Kosten für das Verbot oder die Festlegung von Auflagen nach §§ 5 oder 15 Versammlungsgesetz vor, also für Amtshandlungen, die die Versammlungsbehörde von Amts wegen verfüge. Das Versammlungsgesetz sehe Möglichkeiten des Verbots oder der Auflösung einer Versammlung nur in den dort explizit genannten Fällen vor. Die Festlegung von Auflagen durch die Versammlungsbehörde diene letztlich der Durchführung der Versammlung. Auflagen stellten Vorkehrungen zum störungsfreien Verlauf der Veranstaltung und zum Schutz anderer Rechtsgüter dar. Von der konkreten Ausgestaltung der einzelnen Versammlung, so wie sie der Veranstalter vorsehe, hänge es ab, ob nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 VersG aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Auflagen veranlasst seien. Die entsprechende Prüfung obliege der Versammlungsbehörde und die Festlegung von Auflagen sei eine Amtshandlung im Sinne des Kostengesetzes, so dass die Erhebung der Verwaltungsgebühr nicht verfassungswidrig sei. Auch der Höhe nach verstoße die für die genannte Amtshandlung erhobene Verwaltungsgebühr nicht gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, denn sie sei in ihrer konkreten Höhe nicht geeignet, das verfassungsrechtliche Recht auf Versammlungsfreiheit zu beschränken oder gar auszuhöhlen. Soweit der Kläger auf die Unvereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz hinweise, weil durch die Gebührenerhebung mittellose Personen an der Wahrnehmung ihres Grundrechts gehindert seien, greife auch diese Rüge nicht durch. Denn der Gesetzgeber habe mit den §§ 16 und 17 HVwKostG Regulative vorgesehen, aus den dort genannten Gründen die Kosten zu ermäßigen oder von der Erhebung abzusehen, sie zu stunden, niederzuschlagen oder zu erlassen. Im Tenor seines Urteils hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen.

Nachdem der Bevollmächtigten des Klägers das Urteil am 4. Mai 2005 zugestellt wurde, hat sie mit Schriftsatz vom 25. Mai 2005 - bei dem Verwaltungsgericht Kassel am 30. Mai 2005 eingegangen - Berufung eingelegt. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 25. Januar 2005 - 2 E 2638/04 - und der dort in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vertritt der Kläger die Auffassung, die Erhebung der Verwaltungsgebühr sei verfassungswidrig. Die Gebührenerhebung beeinträchtige das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit unmittelbar. Zwar sei es zutreffend, dass es sich bei der streitigen Verwaltungsgebühr nicht um eine "Anmeldegebühr", sondern um eine Gebühr für die Festsetzung von Auflagen nach dem Versammlungsgesetz handele. Dennoch sei es für den jeweiligen Betroffenen nicht von vornherein kalkulierbar, ob er von der Gebührenpflicht betroffen sei, weil er nicht vorhersehen könne, ob und in welchem Umfang die Behörde auf das Instrumentarium des § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz zugreife oder nicht. Unbeeinflussbar durch den Betroffenen bleibe auch, ob die Behörde nach Erlass eines auf § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz gestützten Verwaltungsaktes von der Regelung des § 17 Abs. 1 Hessisches Verwaltungskostengesetz Gebrauch mache. Der Veranstalter einer Versammlung sei danach einem nicht kalkulierbaren Kostenrisiko ausgesetzt, wobei es sich sowohl bei der Höchstgebühr von 200,00 € als auch von der hier streitigen Gebühr in Höhe von 40,00 € nicht um Bagatellbeträge handele. Vielmehr seien diese Beträge ohne Weiteres geeignet, "abschreckende" Wirkung zu entfalten und einen Veranstalter von der Durchführung einer Versammlung abzuhalten. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verletze die Erhebung der Verwaltungsgebühr auch den Gleichbehandlungsgrundsatz, da sich die Anwendung der §§ 17, 18 Verwaltungskostengesetz weitestgehend der Beeinflussbarkeit durch den Veranstalter entziehe.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Kassel vom 27. April 2005 - 6 E 2548/04 - den Bescheid der Beklagten vom 17. September 2004 insoweit aufzuheben, als dieser eine Kostenentscheidung über die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 40,00 € enthält.

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt und sich auch zur Berufungsbegründung nicht geäußert.

Mit Schriftsätzen vom 13. und 14. September 2005 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs (1 Heftstreifen, Bl. 1 - 13) Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.

Entscheidungsgründe:

Die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht begründet worden.

Die Berufung des Klägers ist auch begründet, denn der (allein angefochtene) gebührenrechtliche Teil des Bescheides der Beklagten vom 17. September 2004 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Als Rechtsgrundlage für die festgesetzte Verwaltungsgebühr kommt allein § 2 Abs. 1 Satz 1 des Hessischen Verwaltungskostengesetzes - HVwKostG - in Verbindung mit Ziffer 472 des Verwaltungskostenverzeichnisses zu § 1 der Hessischen Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern und für Sport vom 16. Dezember 2003 - VwKostO-MdI - (GVBl. I S. 350 ff.) in Betracht. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 HVwKostG erheben die Behörden des Landes für Amtshandlungen, die sie auf Veranlassung einzelner vornehmen, oder die in einer besonderen Rechtsvorschrift für kostenpflichtig erklärt werden, Kosten (Gebühren und Auslagen) nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die einzelnen Amtshandlungen, für die Kosten zu erheben sind, und die Höhe der Kosten bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung (Verwaltungskostenordnung), § 2 Abs. 1 Satz 1 HVwKostG. Nach Ziffer 472 des Kostenverzeichnisses zu der vorgenannten Verwaltungskostenordnung des Ministeriums des Innern und für Sport erhebt die Verwaltungsbehörde für ein Verbot oder die Festlegung von Auflagen nach § 5 oder § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes - VersG - eine Gebühr von 15,-- bis 200,-- €.

Die dem Kläger auferlegte Gebühr für die im Bescheid der Beklagten vom 17. September 2004 als Auflagen nach § 15 Abs. 1 VersG bezeichneten Ausführungen / Festlegungen hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, weil bereits die begrifflichen Voraussetzungen des Gebührentatbestandes - Auflagen nach § 15 Abs. 1 VersG - nicht vorliegen.

Gemäß § 15 Abs. 1 VersG kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Auflagen in Sinne dieser Vorschrift sind selbstständige belastende Verwaltungsakte, die von dem Veranstalter ein Tun, Dulden oder Unterlassen verlangen und nicht Nebenbestimmungen zu einem Verwaltungsakt, da Versammlungen keiner Erlaubnis bedürfen. Die Auflagen müssen erforderlich und geeignet sein, die Gefahren zu verhindern, denen sie begegnen sollen und sich auf das zum Schutz höherwertiger Rechtsgüter unbedingt notwendige Maß unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beschränken. Voraussetzung ist, dass sie in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Durchführung der Versammlung und dem geplanten Ablauf stehen und dass sie den Zweck haben, die Versammlung trotz entgegenstehender Verbotsgründe zu ermöglichen. Die zuständige Behörde kann die Versammlung deshalb (nur) von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Die im pflichtgemäßen Ermessen der Versammlungsbehörde stehende Beschränkung der in Art. 8 Abs. 1 GG gewährleisteten Versammlungsfreiheit durch die Erteilung von Auflagen setzt eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung voraus. Sie verlangt eine Gefahrenprognose durch die Behörde, die nach dem Wortlaut auf "erkennbaren Umständen", also auf Tatsachen, Sachverhalten oder sonstigen konkreten Erkenntnissen beruhen muss. Ein bloßer Verdacht oder lediglich eine Vermutung reichen hingegen nicht aus (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 24. September 1994 - 1 S 2664/94 -, NVwZ-RR 1995, 273; Köhler/Dürig-Friedel, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Auflage 2001, § 15 VersG Rdnr. 15 m.w.N.).

Bei den der vorliegenden Anmeldebestätigung beigegebenen Ausführungen / Festlegungen handelt es sich um allgemeine Verhaltensanweisungen, mit denen Auflagen im vorgenannten Sinne nicht intendiert sind: So wird zunächst die in der Anmeldung beschriebene Demonstrationsroute einschließlich einer Zwischenkundgebung wiederholt, allenfalls konkretisiert. Es folgen Hinweise bzw. Festlegungen hinsichtlich der einzusetzenden Ordner, des Verteilens von Flugblättern und des Mitführens von Transparenten. Die Ausführungen schließen mit dem Hinweis, dass die Polizei befugt sei, während der Versammlung weitere erforderliche Auflagen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu erteilen.

Diese allgemeinen Verhaltensanweisungen erfüllen bereits begrifflich nicht die Voraussetzungen des Gebührentatbestandes, denn sie zielen nicht auf eine auf erkennbaren Umständen beruhende konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Davon geht die Beklagte offensichtlich auch selbst aus: Denn ausweislich des Kurzprotokolls über das Kooperationsgespräch am 16. September 2004 werden in dem Bescheid vom 17. September 2004 lediglich die im Kurzprotokoll als "standardisierte Auflagen" bezeichneten Festlegungen umgesetzt. Diese werden offensichtlich neben dem Merkblatt für Versammlungsleiter- und Ordner bei öffentlichen Versammlungen jeder versammlungsrechtlichen Bestätigung beigegeben und betreffen abstrakt gefährliche Tatbestände (etwa Straßenverkehr, stromführende Straßenbahnoberleitung etc.), ohne dass im Hinblick auf die angemeldete Versammlung erkennbare Umstände für eine dahingehende konkrete Gefahr bestehen. Dies genügt indes den tatbestandlichen Voraussetzungen einer versammlungsrechtlichen Auflage nicht.

Dementsprechend ist der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 40,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 3, 47 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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